Mikrofluidik: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Mikrofluidik''' beschäftigt sich mit dem Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Dieses kann sich wesentlich von dem Verhalten [[makroskopisch]]er [[Fluid]]e unterscheiden, weil in dieser Größenordnung Effekte dominieren können, welche in der klassischen [[Strömungslehre]] oft vernachlässigt werden. Wenn beispielsweise die Reibungskräfte die Trägheitskräfte dominieren, was einer Strömung bei kleinen [[Reynoldszahl]]en entspricht, entsteht eine [[laminare Strömung]] ohne nennenswerte [[Turbulente Strömung|Turbulenzen]]. Dies erschwert das Mischen von Flüssigkeiten, welches ohne Turbulenz nur noch durch [[Diffusion]] geschieht. Ein weiterer Unterschied ist die mögliche Dominanz von Kapillarkräften gegenüber der [[Gewichtskraft]]. Dies drückt sich in einer kleinen [[Bond-Zahl]] aus und führt dazu, dass beim Transport sehr kleiner Flüssigkeitsmengen entgegen der Alltagserfahrung die Schwerkraft vernachlässigt werden kann.
Die '''Mikrofluidik''' beschäftigt sich mit dem Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Dieses kann sich wesentlich von dem Verhalten [[makroskopisch|makroskopischer]] [[Fluid|Fluide]] unterscheiden, weil in dieser Größenordnung Effekte dominieren können, welche in der klassischen [[Strömungslehre]] oft vernachlässigt werden.


== Anwendungsbeispiele ==
== Technik ==
Beispiele finden sich in vielen Gebieten der Biologie und Medizin. Technische Anwendungen gibt es in der Biotechnologie, Medizintechnik, Prozesstechnik, Sensortechnik und neuerdings auch bei Konsumgütern. Dabei kommen unterschiedliche Technologien und Materialgruppen zum Einsatz, wie beispielsweise [[Glas]] (auch fotostrukturierbares Glas wie zum Beispiel [[Foturan]]), [[Kunststoff]] oder [[Silizium]]. Fluide werden bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert. Dies kann rein passiv, beispielsweise über kapillare Fluidstrukturen gelöst werden. Hier kommen unter anderem zusätzliche externe Antriebsmechanismen wie z. B. CD-Player-ähnliche Systeme zum Einsatz. Unter Nutzung der Zentrifugalkraft als rotatorischen Antrieb des Flüssigkeitstransports kann in den rein passiven Fluidiksystemen eine gezielte Führung des Medientransports erreicht werden. Von einer ''„aktiven Mikrofluidik“'' wird gesprochen, wenn die Manipulation der Arbeitsflüssigkeiten durch aktive (Mikro-) Komponenten wie durch Mikropumpen oder Mikroventile gezielt gesteuert werden. [[Mikropumpe]]n fördern oder dosieren Flüssigkeiten, [[Mikroventil]]e bestimmen die Richtung bzw. den Bewegungsmodus von gepumpten Medien. [[Mikromischer]] ermöglichen ein gezieltes Vermengen von Fluidvolumina. Oft sollen Verfahren, die sonst in einem Labor durchgeführt werden, zur Steigerung der Effizienz und der Mobilität oder zur Verringerung der benötigten Substanzen auf einem einzelnen Chip, dem sogenannten [[Westentaschenlabor|Chiplabor]], durchgeführt werden.
[[Datei:Microfluidics.jpg|mini|Mikrofluidik-Geräte aus Silikon und Glas.<br/>Oben: Bild der Teile<br/>Unten: Foto und Mikroskopische Aufnahme eines Kanals von 15&nbsp;µm Breite]]Kleinste Mengen von Fluiden werden bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert.


== Tropfenbasierte Mikrofluidik ==
=== Besonderheiten ===
Werden zwei nichtmischbare Flüssigkeiten gezielt durch einen Mikrokanal geschickt, so bilden sich Phasengrenzen aus und eine Flüssigkeit bildet Tropfen innerhalb der anderen. Dies bezeichnet man als ''„tropfenbasierte Mikrofluidik“ oder "digitale Mikrofluidik"''. Üblicherweise werden ganze Sequenzen von Tropfen erzeugt. Diese Tropfen stellen Versuchsgefäße dar, in denen chemische Reaktionen und biologische Prozesse<ref>Martin, K.; Henkel, T.; Baier, V.; Grodrian, A.; Schön, T.; Roth, M.; Kohler, J. M. & Metze, J. ''Generation of larger numbers of separated microbial populations by cultivation in segmented-flow microdevices''. In: ''[[Lab Chip]]'', 2003, 3, 202-207</ref> untersucht werden. Auch für die logische Informationsverarbeitung<ref>Prakash, M. & Gershenfeld, N. Microfluidic Bubble Logic Science., 2007, 315, 832-835</ref> können sie verwendet werden. Die tropfenbasierte Mikrofluidik stellt eine (teil-) serielle Alternative zu [[Mikrotiterplatte|Mikrotiterplatten]] dar. Die [[Mikrofluidsegmenttechnik]] ist einen Spezialfall der tropfenbasierten Mikrofluidik. Sie wird u.a. für Partikelsynthesen, für kombinatorische Syntheseexperimente, in [[Durchfluss-Thermocycler|Durchfluss-Thermocyclern]] für die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), in der [[Mikrodurchfluss-Kalorimetrie]], für die Suche nach unbekannten Mikroorganismen und in der [[Mikrotoxikologie]] eingesetzt<ref>Micro-segmented flow. Applications in Chemistry and Biology, ed. J.M. Köhler, B. Cahill, Springer, Berlin-Heidelberg 2014</ref>.
* Reibungskräfte dominieren die Trägheitskräfte. Das entspricht einer Strömung bei kleinen [[Reynoldszahl|Reynoldszahlen]], es entsteht eine [[laminare Strömung]] ohne nennenswerte [[Turbulente Strömung|Turbulenzen]]. Dies erschwert das Mischen von Flüssigkeiten, welches ohne Turbulenz nur noch durch [[Diffusion]] möglich ist.
* Die mögliche Dominanz von Kapillarkräften gegenüber der [[Gewichtskraft]]. Dies drückt sich in einer kleinen [[Bond-Zahl]] aus und führt dazu, dass beim Transport sehr kleiner Flüssigkeitsmengen entgegen der Alltagserfahrung die Schwerkraft vernachlässigt werden kann.
 
=== Passive Bewegung ===
Passive Bewegung kann beispielsweise über kapillare Fluidstrukturen erzeugt werden. Zusätzlich können auch externe Antriebsmechanismen wie z.&nbsp;B. rotierende Systeme zum Einsatz kommen, durch welche die Nutzung der Zentrifugalkraft als Antrieb des Flüssigkeitstransports möglich wird. Damit kann in rein passiven Fluidiksystemen eine gezielte Führung des Medientransports erreicht werden.
 
=== Aktive Bewegung ===
Von einer „aktiven Mikrofluidik“ wird gesprochen, wenn die Manipulation der Arbeitsflüssigkeiten durch aktive (Mikro-)Komponenten wie durch Mikropumpen oder [[Mikroventil|Mikroventile]]<ref name= "ref1" /> gezielt gesteuert werden. [[Mikropumpe|Mikropumpen]] fördern oder dosieren Flüssigkeiten, Mikroventile bestimmen die Richtung bzw. den Bewegungsmodus von gepumpten Medien.<ref name= "ref2" /> [[Mikromischer]] ermöglichen ein gezieltes Vermengen von Fluidvolumina.
 
== Konstruktion ==
Entsprechend der Anwendung/ Anforderung kommen unterschiedliche Technologien und Materialgruppen zum Einsatz, wie beispielsweise [[Glas]] (auch fotostrukturierbares Glas wie zum Beispiel [[Foturan]]), [[Kunststoff]] oder [[Silizium]]. Durch die fortgeschrittene Technik ist es inzwischen möglich, mikrofluidische Produkte sehr preiswert automatisiert herzustellen<ref name="ref9" /> und deren Qualität zu sichern.<ref name="ref10" />
 
=== Prototyping ===
Für die Herstellung von Prototypen wird häufig [[Polydimethylsiloxan]] (PDMS) mit Glas verbunden (siehe [[Rapid Prototyping]]), oder es werden zwei individuelle PDMS Halbteile miteinander verbunden, nachdem die Oberflächen mit reaktivem Sauerstoffplasma aktiviert, bzw. radikalisiert wurden. Eine neue Methode erlaubt auch, PDMS-PDMS Hybride zu machen, welche klare Seitenflächen haben<ref name= "ref3" /> und damit multi-angle imaging ermöglichen.  
Die schnelle Herstellung von Prototypen für die Mikrofluidik mit einem speziellen Epoxy-Harz (SU-8) ist inzwischen auch mit einem [[3D-Druck|3D-Drucker]] möglich. Die Präzision des Verfahrens wird mit einem Musterstück, einem 24-Düsen-Druckkopf mit 100&nbsp;µm-Düsen unter Beweis gestellt.<ref name="ref12" /> Generell geht man seit 2016 davon aus, dass die aufwändige, weil mit viel Handarbeit verbundene Konstruktion von Mikrofluidik-Elementen aus PDMS vollständig durch Produkte aus dem 3D-Drucker ersetzt werden wird.<ref name= "ref13" />
 
== Anwendungsgebiete ==
Anwendungen finden sich in vielen Gebieten der Biologie, Medizin und Technik, häufig unter dem Label [[Lab-on-a-Chip|Chip-Labor]]. Die heute bekannteste Anwendung der Mikrofluidik ist der Druckkopf für Tintendrucker.<ref name="ref11" />
 
=== Zellkulturen ===
In mikrofluidischen Bauteilen werden einzelne Zellen, aber auch komplette Gewebe oder Organteile kultiviert und analysiert.
 
=== Medikamentenforschung ===
Bei der Erforschung neuer Medikamente wird Mikrofluidik erfolgreich eingesetzt.<ref name= "ref4" /><ref name = "ref14" />
 
=== Schnelltests ===
Technische Anwendungen gibt es in der Biotechnologie, Medizintechnik (speziell für [[Point-of-Care-Testing|point-of-care Diagnostik]])<ref name= "ref5" />
 
=== Weitere Anwendungen ===
Weitere technische Anwendungen finden sich in Prozesstechnik, Sensortechnik und neuerdings auch bei der Untersuchung von Konsumgütern der Lebensmittelindustrie.
 
== Form der Anwendung ==
Oft können Verfahren, die sonst in einem Labor durchgeführt werden, zur Steigerung der Effizienz und der Mobilität oder zur Verringerung der benötigten Substanzen auf einem einzelnen Chip, dem sogenannten [[Westentaschenlabor|Chiplabor]], durchgeführt werden.
 
=== Tropfenbasierte Mikrofluidik ===
Werden zwei nichtmischbare Flüssigkeiten gezielt durch einen Mikrokanal geschickt, so bilden sich Phasengrenzen aus und eine Flüssigkeit bildet Tropfen innerhalb der anderen. Dies bezeichnet man als tropfenbasierte Mikrofluidik oder digitale Mikrofluidik. Die tropfenbasierte Mikrofluidik stellt eine (teil-)serielle Alternative zu [[Mikrotiterplatte|Mikrotiterplatten]] dar. Üblicherweise werden ganze Sequenzen von Tropfen erzeugt. Diese Tropfen stellen Versuchsgefäße dar, in denen chemische Reaktionen und biologische Prozesse untersucht werden.<ref name= "ref6" /> Auch für die logische Informationsverarbeitung können sie verwendet werden.<ref name= "ref7" />
 
=== Mikrofluidsegmenttechnik ===
Die [[Mikrofluidsegmenttechnik]] ist ein Spezialfall der tropfenbasierten Mikrofluidik. Sie wird u.&nbsp;a. für Partikelsynthesen, für kombinatorische Syntheseexperimente, in [[Durchfluss-Thermocycler| Durchfluss-Thermocyclern]] für die [[Polymerase-Kettenreaktion]] (PCR), in der [[Mikrodurchfluss-Kalorimetrie]], für die Suche nach unbekannten Mikroorganismen und in der [[Mikrotoxikologie]] eingesetzt.<ref name= "ref8" />
 
== Siehe auch ==
* [[Druckgetriebene Strömungskontrolle]]
 
== Weblinks ==
* {{Internetquelle| autor=Lara Winckler |url=https://www.laborjournal.de/editorials/userdoc/585_1.pdf |titel=Die Entdeckung der Schnelligkeit |hrsg=Labjournal special |datum=2012-03 |abruf=2020-01-12}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
 
<references>
<ref name= "ref1">{{Internetquelle |autor=Matilda Jordanova-Duda |archiv-url=https://web.archive.org/web/20190503001602/https://www.vdi-nachrichten.com/Technik/Ein-starkes-Gedaechtnis |url= https://www.vdi-nachrichten.com/Technik/Ein-starkes-Gedaechtnis |archiv-datum=2019-05-03 |hrsg=VDI-Nachrichten |datum=2019-05-02 |titel=Ein starkes Gedächtnis: Formgedächnislegierung (FGL) als mini-Aktor |abruf=2020-01-12}}</ref>
<ref name= "ref2">{{Internetquelle |autor=Gerhard Vogel |url=https://medizin-und-technik.industrie.de/technik/entwicklung/mini-ventile-fuer-kleinste-medizinprodukte/ |titel=Mini-Ventile: Spezielle Lösung für kleinste Medizinprodukte |hrsg=Medizin & Technik |datum=2018-02-12 |abruf=2019-06-11}}</ref>
<ref name= "ref3">{{Literatur |Autor=Axel Hochstetter |Titel=Presegmentation Procedure Generates Smooth-Sided Microfluidic Devices: Unlocking Multiangle Imaging for Everyone? |Sammelwerk=ACS Omega |Datum=2019-12-02 |ISSN=2470-1343 |DOI=10.1021/acsomega.9b02139 |Seiten=20972-20977 |Online=https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/acsomega.9b02139 |Format=PDF |KBytes=3900  |Sprache=en |Abruf=2019-12-11}}</ref>
<ref name= "ref4">{{Literatur |Autor=C. Regnault, D.S. Dheeman, A. Hochstetter |Titel= Microfluidic Devices for Drug Assays |Sammelwerk= High-Throughput |Nummer=2 |Auflage=2|Datum=2018-06-20 |DOI= 10.3390/ht7020018 |Online= https://www.mdpi.com/2571-5135/7/2/18/htm |Sprache=en |Abruf=2020-01-12}}</ref>
<ref name= "ref5">{{Literatur |Autor=Michael P. Barrett, Jonathan M. Cooper et al. |Titel=Microfluidics-Based Approaches to the Isolation of African Trypanosomes |Sammelwerk=Pathogens |Nummer=6 |Auflage=4|Datum=2017-10-05 |DOI=10.3390/pathogens6040047 |Online=https://www.mdpi.com/2076-0817/6/4/47/html |Sprache=en |Abruf=2020-01-12}}</ref>
<ref name= "ref6">{{Literatur |Autor= Karin Martin, Thomas Henkel et al. |Titel= Generation of larger numbers of separated microbial populations by cultivation in segmented-flow microdevices |Sammelwerk=Lab on a Chip |Nummer=3 |Datum=2003-06-03 |Seiten=202-203 |DOI= 10.1039/b301258c |Online=https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2003/LC/B301258C#!divAbstract |Sprache=en |Abruf=2020-01-12}}</ref>
<ref name= "ref7">{{Literatur |Autor= Manu Prakash, Neil Gershenfeld et al. |Titel=Microfluid Bubble Logic |Sammelwerk=Science |Nummer=315 |Datum=2007-02-09 |Auflage=5813 |Seiten=832-835 |DOI=10.1126/science.1136907 |Online=https://science.sciencemag.org/content/315/5813/832 |Sprache=en |Abruf=2020-01-12}}</ref>
<ref name= "ref8">{{Literatur |Autor=Michael J.Köhler, Brian P. Cahill |Titel=Micro-Segmented Flow |Hrsg=Springer |Ort=Berlin-Heidelberg |ISBN=978-3-642-38779-1 |Datum=2014 |Sprache=en}}</ref>
<ref name="ref9">{{Literatur|Autor=Ryan Pawell, David W. Inglis, Tracie J. Barber |Datum=2013 |Titel=Manufacturing and wetting low-cost microfluidic cell separation devices |Sprache=en |Sammelwerk= Biomicrofluidics |Nummer=7 | Auflage=5 |Seiten=056501 |DOI=10.1063/1.4821315 |Online= https://www.researchgate.net/publication/256487052}}</ref>
<ref name="ref10">{{Literatur|Autor=Ryan Pawell, Robert A. Taylor, Kevin V. Morris et al. |Datum=2015 |Titel=Automating microfluidic part verification |Sprache=en |Sammelwerk= Microfluidics and Nanofluidics |Nummer=18 |Auflage=4 |Seiten=657-665 |DOI=10.1007/s10404-014-1464-1}}</ref>
<ref name="ref11">{{Literatur |Autor=Andrew J. deMello |Datum=2006-07 |Titel=Control and detection of chemical reactions in microfluidic systems |Sammelwerk=Nature |Nummer=442 |Seiten=394–402 |DOI=10.1038/nature05062 |Sprache=en}}</ref>
<ref name="ref12">{{Literatur|Autor= Benjamin Bohl, Reinhard Steger, Roland Zengerle, Peter Koltay |Datum=2005-04 |Titel=Multi-layer SU-8 lift-off technology for microfluidic devices |Sprache=en |Sammelwerk=Journal of Micromechanics and Microengineering |Nummer=6 |Auflage=15 |Online= https://iopscience.iop.org/article/10.1088/0960-1317/15/6/002 |DOI=10.1088/0960-1317/15/6/002}}</ref>
<ref name= "ref13">{{Internetquelle |autor=Anthony K. Au, Wilson Huynh, Lisa F. Horowitz, Albert Folch |url=https://www.researchgate.net/profile/Albert_Folch3/publication/293646376_Mikrofluidik_aus_dem_3D-Drucker/links/5b91b41a4585153a530018f2/Mikrofluidik-aus-dem-3D-Drucker.pdf |format=PDF ; 15.148kByte |datum=2016-02 |abruf=2020-02-10 |titel=3D-Printed Microfluidics |sprache=en}}</ref>
<ref name = "ref14">{{Internetquelle |autor=Eric W. Esch, Anthony Bahinski, Dongeun Huh |url=https://www.nature.com/articles/nrd4539 |werk=nature reviews, drug discovery |titel=Organs-on-chips at the frontiers of drug discovery |sprache=en |datum=2015-03-20 |abruf=2020-02-10}}</ref>
</references>


[[Kategorie:Mikrotechnik]]
[[Kategorie:Mikrotechnik]]
[[Kategorie:Gastechnik]]
[[Kategorie:Gastechnik]]
[[Kategorie:Strömungsmechanik]]
[[Kategorie:Strömungsmechanik]]

Aktuelle Version vom 26. Mai 2021, 19:03 Uhr

Die Mikrofluidik beschäftigt sich mit dem Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Dieses kann sich wesentlich von dem Verhalten makroskopischer Fluide unterscheiden, weil in dieser Größenordnung Effekte dominieren können, welche in der klassischen Strömungslehre oft vernachlässigt werden.

Technik

Mikrofluidik-Geräte aus Silikon und Glas.
Oben: Bild der Teile
Unten: Foto und Mikroskopische Aufnahme eines Kanals von 15 µm Breite

Kleinste Mengen von Fluiden werden bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert.

Besonderheiten

  • Reibungskräfte dominieren die Trägheitskräfte. Das entspricht einer Strömung bei kleinen Reynoldszahlen, es entsteht eine laminare Strömung ohne nennenswerte Turbulenzen. Dies erschwert das Mischen von Flüssigkeiten, welches ohne Turbulenz nur noch durch Diffusion möglich ist.
  • Die mögliche Dominanz von Kapillarkräften gegenüber der Gewichtskraft. Dies drückt sich in einer kleinen Bond-Zahl aus und führt dazu, dass beim Transport sehr kleiner Flüssigkeitsmengen entgegen der Alltagserfahrung die Schwerkraft vernachlässigt werden kann.

Passive Bewegung

Passive Bewegung kann beispielsweise über kapillare Fluidstrukturen erzeugt werden. Zusätzlich können auch externe Antriebsmechanismen wie z. B. rotierende Systeme zum Einsatz kommen, durch welche die Nutzung der Zentrifugalkraft als Antrieb des Flüssigkeitstransports möglich wird. Damit kann in rein passiven Fluidiksystemen eine gezielte Führung des Medientransports erreicht werden.

Aktive Bewegung

Von einer „aktiven Mikrofluidik“ wird gesprochen, wenn die Manipulation der Arbeitsflüssigkeiten durch aktive (Mikro-)Komponenten wie durch Mikropumpen oder Mikroventile[1] gezielt gesteuert werden. Mikropumpen fördern oder dosieren Flüssigkeiten, Mikroventile bestimmen die Richtung bzw. den Bewegungsmodus von gepumpten Medien.[2] Mikromischer ermöglichen ein gezieltes Vermengen von Fluidvolumina.

Konstruktion

Entsprechend der Anwendung/ Anforderung kommen unterschiedliche Technologien und Materialgruppen zum Einsatz, wie beispielsweise Glas (auch fotostrukturierbares Glas wie zum Beispiel Foturan), Kunststoff oder Silizium. Durch die fortgeschrittene Technik ist es inzwischen möglich, mikrofluidische Produkte sehr preiswert automatisiert herzustellen[3] und deren Qualität zu sichern.[4]

Prototyping

Für die Herstellung von Prototypen wird häufig Polydimethylsiloxan (PDMS) mit Glas verbunden (siehe Rapid Prototyping), oder es werden zwei individuelle PDMS Halbteile miteinander verbunden, nachdem die Oberflächen mit reaktivem Sauerstoffplasma aktiviert, bzw. radikalisiert wurden. Eine neue Methode erlaubt auch, PDMS-PDMS Hybride zu machen, welche klare Seitenflächen haben[5] und damit multi-angle imaging ermöglichen. Die schnelle Herstellung von Prototypen für die Mikrofluidik mit einem speziellen Epoxy-Harz (SU-8) ist inzwischen auch mit einem 3D-Drucker möglich. Die Präzision des Verfahrens wird mit einem Musterstück, einem 24-Düsen-Druckkopf mit 100 µm-Düsen unter Beweis gestellt.[6] Generell geht man seit 2016 davon aus, dass die aufwändige, weil mit viel Handarbeit verbundene Konstruktion von Mikrofluidik-Elementen aus PDMS vollständig durch Produkte aus dem 3D-Drucker ersetzt werden wird.[7]

Anwendungsgebiete

Anwendungen finden sich in vielen Gebieten der Biologie, Medizin und Technik, häufig unter dem Label Chip-Labor. Die heute bekannteste Anwendung der Mikrofluidik ist der Druckkopf für Tintendrucker.[8]

Zellkulturen

In mikrofluidischen Bauteilen werden einzelne Zellen, aber auch komplette Gewebe oder Organteile kultiviert und analysiert.

Medikamentenforschung

Bei der Erforschung neuer Medikamente wird Mikrofluidik erfolgreich eingesetzt.[9][10]

Schnelltests

Technische Anwendungen gibt es in der Biotechnologie, Medizintechnik (speziell für point-of-care Diagnostik)[11]

Weitere Anwendungen

Weitere technische Anwendungen finden sich in Prozesstechnik, Sensortechnik und neuerdings auch bei der Untersuchung von Konsumgütern der Lebensmittelindustrie.

Form der Anwendung

Oft können Verfahren, die sonst in einem Labor durchgeführt werden, zur Steigerung der Effizienz und der Mobilität oder zur Verringerung der benötigten Substanzen auf einem einzelnen Chip, dem sogenannten Chiplabor, durchgeführt werden.

Tropfenbasierte Mikrofluidik

Werden zwei nichtmischbare Flüssigkeiten gezielt durch einen Mikrokanal geschickt, so bilden sich Phasengrenzen aus und eine Flüssigkeit bildet Tropfen innerhalb der anderen. Dies bezeichnet man als tropfenbasierte Mikrofluidik oder digitale Mikrofluidik. Die tropfenbasierte Mikrofluidik stellt eine (teil-)serielle Alternative zu Mikrotiterplatten dar. Üblicherweise werden ganze Sequenzen von Tropfen erzeugt. Diese Tropfen stellen Versuchsgefäße dar, in denen chemische Reaktionen und biologische Prozesse untersucht werden.[12] Auch für die logische Informationsverarbeitung können sie verwendet werden.[13]

Mikrofluidsegmenttechnik

Die Mikrofluidsegmenttechnik ist ein Spezialfall der tropfenbasierten Mikrofluidik. Sie wird u. a. für Partikelsynthesen, für kombinatorische Syntheseexperimente, in Durchfluss-Thermocyclern für die Polymerase-Kettenreaktion (PCR), in der Mikrodurchfluss-Kalorimetrie, für die Suche nach unbekannten Mikroorganismen und in der Mikrotoxikologie eingesetzt.[14]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Matilda Jordanova-Duda: Ein starkes Gedächtnis: Formgedächnislegierung (FGL) als mini-Aktor. VDI-Nachrichten, 2. Mai 2019, archiviert vom Original am 3. Mai 2019; abgerufen am 12. Januar 2020.
  2. Gerhard Vogel: Mini-Ventile: Spezielle Lösung für kleinste Medizinprodukte. Medizin & Technik, 12. Februar 2018, abgerufen am 11. Juni 2019.
  3. Anthony K. Au, Wilson Huynh, Lisa F. Horowitz, Albert Folch: 3D-Printed Microfluidics. (PDF ; 15.148kByte) Februar 2016, abgerufen am 10. Februar 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  4. Eric W. Esch, Anthony Bahinski, Dongeun Huh: Organs-on-chips at the frontiers of drug discovery. In: nature reviews, drug discovery. 20. März 2015, abgerufen am 10. Februar 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).