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'''Paul Ulrich Villard''' (* [[28. September]] [[1860]] in [[Arrondissement Lyon|Lyon]]; † [[13. Januar]] [[1934]] in [[Bayonne]]) war ein [[Frankreich|französischer]] [[Physiker]] und [[Chemiker]]. Er entdeckte 1900 bei Arbeiten an [[Radium]] die [[Gammastrahlung|γ-Strahlung]] als | '''Paul Ulrich Villard''' (* [[28. September]] [[1860]] in [[Arrondissement Lyon|Lyon]]; † [[13. Januar]] [[1934]] in [[Bayonne]]) war ein [[Frankreich|französischer]] [[Physiker]] und [[Chemiker]]. Er entdeckte 1900 bei Arbeiten an [[Radium]] die [[Gammastrahlung|γ-Strahlung]] als dritten Vertreter der [[Ionisierende Strahlung|ionisierenden Strahlung]]. | ||
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Paul Villard begann 1881 eine Ausbildung an der [[École normale supérieure (Paris)|École normale supérieure]] in [[Paris]], die er 1884 mit der [[Agrégation]] abschloss. Als Lehrer unterrichtete er in den folgenden Jahren an verschiedenen staatlichen [[Lycée]]n in Paris, [[Orléans]], [[Bordeaux]], [[Coutances]], [[Rouen]] und [[Montpellier]]. Mit Unterstützung von [[Marcelin Berthelot]] wurde Villard „Chargé de conférence“ an der naturwissenschaftlichen Fakultät der [[Universität Montpellier]] und konnte dort etwas experimentelle Forschung betreiben. Es zog ihn jedoch zurück nach Paris, daher bat er um die Entbindung von seinen Lehrverpflichtungen. In Paris wandte sich Villard an den Direktor der Chemielaboratorien der École normale supérieure [[Henri Debray]] (1827–1888) und ersucht um Erlaubnis, in seinem Labor arbeiten zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Im Bereich Chemie in der Rue d’Ulm verbrachte er den Rest seiner wissenschaftlichen Laufbahn. 1904 gewährte ihm [[Robert Lespieau]] (1864–1947) ein eigenes kleines Labor. | Paul Villard begann 1881 eine Ausbildung an der [[École normale supérieure (Paris)|École normale supérieure]] in [[Paris]], die er 1884 mit der [[Agrégation]] abschloss. Als Lehrer unterrichtete er in den folgenden Jahren an verschiedenen staatlichen [[Lycée]]n in Paris, [[Orléans]], [[Bordeaux]], [[Coutances]], [[Rouen]] und [[Montpellier]]. Mit Unterstützung von [[Marcelin Berthelot]] wurde Villard „Chargé de conférence“ an der naturwissenschaftlichen Fakultät der [[Universität Montpellier]] und konnte dort etwas experimentelle Forschung betreiben. Es zog ihn jedoch zurück nach Paris, daher bat er um die Entbindung von seinen Lehrverpflichtungen. In Paris wandte sich Villard an den Direktor der Chemielaboratorien der École normale supérieure [[Henri Debray]] (1827–1888) und ersucht um Erlaubnis, in seinem Labor arbeiten zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Im Bereich Chemie in der Rue d’Ulm verbrachte er den Rest seiner wissenschaftlichen Laufbahn. 1904 gewährte ihm [[Robert Lespieau]] (1864–1947) ein eigenes kleines Labor. | ||
1904<ref>''Prix Wilde''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 139, 1904, S. 1122–1124 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=1122 online]).</ref> wurde Villard der ''[[Prix Wilde]]'' und 1907<ref>''Prix La Caze''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 145, 1907, S. 1002–1005 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3099&I=1002 online]).</ref> der ''[[Prix La Caze]]'' verliehen. Am 28. Dezember 1908 wählte ihn die [[Académie des sciences]] als Nachfolger von [[Eleuthère Mascart]] zum Mitglied ihrer Sektion ''Physique Générale''.<ref> | 1904<ref>''Prix Wilde''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 139, 1904, S. 1122–1124 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=1122 online]).</ref> wurde Villard der ''[[Prix Wilde]]'' und 1907<ref>''Prix La Caze''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 145, 1907, S. 1002–1005 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3099&I=1002 online]).</ref> der ''[[Prix La Caze]]'' verliehen. Am 28. Dezember 1908 wählte ihn die [[Académie des sciences]] als Nachfolger von [[Eleuthère Mascart]] zum Mitglied ihrer Sektion ''Physique Générale''.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.academie-sciences.fr/en/Liste-des-membres-depuis-la-creation-de-l-Academie-des-sciences/les-membres-du-passe-dont-le-nom-commence-par-v.html |hrsg=Académie des sciences |titel=Les membres du passé dont le nom commence par V |sprache=fr |zugriff=2017-12-04}}</ref> Dabei behauptete er sich deutlich vor [[Édouard Branly]] und weiteren Mitbewerbern.<ref>''Comité Secret''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 147, 1908, S. 1447 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3101&I=1447 online]).</ref><ref>''Èlectiones''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 147, 1908, S. 1460 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3101&I=1460 online]).</ref> Bei der am 23. November 1908 erfolgten Abstimmung war Villard noch [[Edmond Bouty]] unterlegen.<ref>''Comité Secret''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 147, 1908, S. 949 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3101&I=949 online]).</ref><ref>''Èlectiones''. In: ''[[Comptes rendus de l’Académie des sciences]]''. Band 147, 1908, S. 960 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3101&I=960 online]).</ref> Villard war außerdem Mitglied der [[Société française de physique]], der [[Société française des électriciens]] und der [[Société des amis des sciences]], Ehrenmitglied der [[Société de radiologie médicale de Paris]] und korrespondierendes Mitglied der [[Société industrielle de l'Est]].<ref name="Qui">''Qui est-ce? Ceux dont on parle''. Éditions de la vie moderne, Paris 1934.</ref> | ||
Gegen Ende seines Lebens akzeptierte Villard eine „Pension d’honneur“ der [[Caisse nationale des Sciences]]. Auf Grund seiner sich verschlechternden Gesundheit war er gezwungen, viel Zeit außerhalb von Paris zu verbringen und starb Anfang 1934 in [[Bayonne]]. Villard war [[Offizierskreuz|Offizier]] der [[Ehrenlegion|Légion d’Honneur]].<ref name="Qui" /> | Gegen Ende seines Lebens akzeptierte Villard eine „Pension d’honneur“ der [[Caisse nationale des Sciences]]. Auf Grund seiner sich verschlechternden Gesundheit war er gezwungen, viel Zeit außerhalb von Paris zu verbringen und starb Anfang 1934 in [[Bayonne]]. Villard war [[Offizierskreuz|Offizier]] der [[Ehrenlegion|Légion d’Honneur]].<ref name="Qui" /> | ||
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1897 begann Villard mit Hilfe einer [[Crookes-Röhre]] die kurz zuvor entdeckte [[Röntgenstrahlung]] zu untersuchen. In einer ersten Notiz berichtete er über deren Auswirkungen auf [[Fotoplatte]]n. Villard wollte herausfinden, woher die Materie stammt, aus der die [[Kathodenstrahlen]] gebildet werden. Er bemerkte die [[Reduktionsmittel|reduzierende]] Wirkung der Kathodenstrahlen, wenn sie auf mit [[Bleisulfat]] oder Kupferoxid beschichtete Platten trafen. Daraus zog Villard den (falschen) Schluss, dass die Kathodenstrahlen aus [[Wasserstoff]] beständen, der aus der Röhrenoberfläche stamme. Wasserstoffteilchen bombardierten die [[Kathode]], würden dort negativ geladen und anschließend von der Kathode abgestoßen, um die Kathodenstrahlen zu bilden. Villard revidierte seine Ansicht erst in der zweiten Auflage seines Buches ''Les Rayons cathodiques'' von 1908 und folgte [[Joseph John Thomson]] Darstellung, dass die Kathodenstrahlen aus [[Elektron]] bestehen. | 1897 begann Villard mit Hilfe einer [[Crookes-Röhre]] die kurz zuvor entdeckte [[Röntgenstrahlung]] zu untersuchen. In einer ersten Notiz berichtete er über deren Auswirkungen auf [[Fotoplatte]]n. Villard wollte herausfinden, woher die Materie stammt, aus der die [[Kathodenstrahlen]] gebildet werden. Er bemerkte die [[Reduktionsmittel|reduzierende]] Wirkung der Kathodenstrahlen, wenn sie auf mit [[Bleisulfat]] oder Kupferoxid beschichtete Platten trafen. Daraus zog Villard den (falschen) Schluss, dass die Kathodenstrahlen aus [[Wasserstoff]] beständen, der aus der Röhrenoberfläche stamme. Wasserstoffteilchen bombardierten die [[Kathode]], würden dort negativ geladen und anschließend von der Kathode abgestoßen, um die Kathodenstrahlen zu bilden. Villard revidierte seine Ansicht erst in der zweiten Auflage seines Buches ''Les Rayons cathodiques'' von 1908 und folgte [[Joseph John Thomson]] Darstellung, dass die Kathodenstrahlen aus [[Elektron]] bestehen. | ||
Villard untersuchte im weiteren die chemischen Auswirkungen der Röntgenstrahlen, insbesondere die durch sie hervorgerufene Glasverfärbung. | Villard untersuchte im weiteren die chemischen Auswirkungen der Röntgenstrahlen, insbesondere die durch sie hervorgerufene Glasverfärbung. | ||
Als [[Pierre Curie|Pierre]] und [[Marie Curie]] über ähnliche Auswirkungen der [[Radium]]strahlen berichteten, wurde Villards Interesse an der [[Radioaktivität]] geweckt. Er erhielte einige Millgramm eines schwach radioaktiven Salzes und begann die Reflexions- und Refraktionseigenschaften von Kathodenstrahlen und [[Betastrahlen]] zu untersuchen. Dazu lenkte Villard die von der radioaktiven Quelle ausgesandten Betastrahlen mit einem Magnetfeld ab und registrierte sie auf zwei hintereinander angeordneten, durch eine Aluminiumfolie getrennte Fotoplatten. Dabei entdeckte er eine neue durchdringende Strahlungsart. Seine Ergebnisse wurden am 9. April 1900 während der Sitzung der ''Académie des sciences'' bekanntgegeben. [[Henri Becquerel]], der den Beobachtungen Villards zunächst skeptisch gegenüberstand, bestätigte diese jedoch bald.<ref>Henri Becquerel: ''The Radio-Activity of Matter''. In: ''[[Nature]]''. Band 63, Nummer 1634, 21. Februar 1901, S. 396–396 ([[doi:10.1038/063396d0]]).</ref> Villard gab der neuen Strahlung keinen Namen. Die Bezeichnung [[Gammastrahlung|γ-Strahlung]] geht auf [[Ernest Rutherford]] zurück, der sie 1903<ref>Ernest Rutherford: ''The Magnetic and Electric Deviation of the Easily Absorbed Rays from Radium''. In: ''[[Philosophical Magazine]]''. 6. Folge, Band 5, Nummer 25, 1903, S. 177 ([[doi:10.1080/14786440309462912]]).</ref> in Fortsetzung der 1899<ref>Ernest Rutherford: ''Uranium Radiation and the Electrical Conduction Produced by It''. In: ''[[Philosophical Magazine]]''. 5. Folge, Band 47, Nummer 284, 1899, S. 116 ([[doi:10.1080/14786449908621245]]).</ref> eingeführten Bezeichnungen [[Alphastrahlung|α-]] und [[Betastrahlung|β-Strahlung]] wählte. | Als [[Pierre Curie|Pierre]] und [[Marie Curie]] über ähnliche Auswirkungen der [[Radium]]strahlen berichteten, wurde Villards Interesse an der [[Radioaktivität]] geweckt. Er erhielte einige Millgramm eines schwach radioaktiven Salzes und begann die Reflexions- und Refraktionseigenschaften von Kathodenstrahlen und [[Betastrahlen]] zu untersuchen. Dazu lenkte Villard die von der radioaktiven Quelle ausgesandten Betastrahlen mit einem Magnetfeld ab und registrierte sie auf zwei hintereinander angeordneten, durch eine Aluminiumfolie getrennte Fotoplatten. Dabei entdeckte er eine neue durchdringende Strahlungsart. Seine Ergebnisse wurden am 9. April 1900 während der Sitzung der ''Académie des sciences'' bekanntgegeben. [[Henri Becquerel]], der den Beobachtungen Villards zunächst skeptisch gegenüberstand, bestätigte diese jedoch bald.<ref>Henri Becquerel: ''The Radio-Activity of Matter''. In: ''[[Nature]]''. Band 63, Nummer 1634, 21. Februar 1901, S. 396–396 ([[doi:10.1038/063396d0]]).</ref> Villard gab der neuen Strahlung keinen Namen. Die Bezeichnung [[Gammastrahlung|γ-Strahlung]] geht auf [[Ernest Rutherford]] zurück, der sie 1903<ref>Ernest Rutherford: ''The Magnetic and Electric Deviation of the Easily Absorbed Rays from Radium''. In: ''[[Philosophical Magazine]]''. 6. Folge, Band 5, Nummer 25, 1903, S. 177 ([[doi:10.1080/14786440309462912]]).</ref> in Fortsetzung der 1899<ref>Ernest Rutherford: ''Uranium Radiation and the Electrical Conduction Produced by It''. In: ''[[Philosophical Magazine]]''. 5. Folge, Band 47, Nummer 284, 1899, S. 116 ([[doi:10.1080/14786449908621245]]).</ref> eingeführten Bezeichnungen [[Alphastrahlung|α-]] und [[Betastrahlung|β-Strahlung]] wählte. | ||
1904 hatte Villard eine fast das ganze Jahr andauernde Auseinandersetzung mit [[Henri Pellat]] (1850–1909), der entdeckt zu haben glaubte, dass Kathodenstrahlen beim Durchgang durch ein Magnetfeld einer anisotropen Friktion unterzogen würden. Villard konnte jedoch überzeugend darlegen, dass eine „Magnetofriction“ nicht existiert. | 1904 hatte Villard eine fast das ganze Jahr andauernde Auseinandersetzung mit [[Henri Pellat]] (1850–1909), der entdeckt zu haben glaubte, dass Kathodenstrahlen beim Durchgang durch ein Magnetfeld einer anisotropen Friktion unterzogen würden. Villard konnte jedoch überzeugend darlegen, dass eine „Magnetofriction“ nicht existiert. | ||
Zwischen 1906 und 1908 entwickelte Villard eine Theorie über die [[Polarlicht]]-Erscheinungen. Er berechnete die Wege die Kathodenstrahlen (Elektronen) unter dem Einfluss des [[Erdmagnetfeld]]es zurücklegen. Er versuchte auf dieser Grundlage das Aussehen, die geografische Verteilung und die Bewegungen der Polarlichter zu erklären. | Zwischen 1906 und 1908 entwickelte Villard eine Theorie über die [[Polarlicht]]-Erscheinungen. Er berechnete die Wege die Kathodenstrahlen (Elektronen) unter dem Einfluss des [[Erdmagnetfeld]]es zurücklegen. Er versuchte auf dieser Grundlage das Aussehen, die geografische Verteilung und die Bewegungen der Polarlichter zu erklären. | ||
1908 stellte Villard sein „Radiosklerometer“ (Strahlungshärtemesser) vor, ein Messgerät zur Bestimmung der Durchdringungsfähigkeit („Härte“) der Röntgenstrahlen nach dem [[Elektrometer]]-Prinzip. Als neue Maßeinheit schlug er die Menge der Röntgenstrahlung, die durch [[Ionisation]] in einem Volumen von einem [[Kubikzentimeter]] (1 cm³) Luft bei [[Normalbedingungen]] für [[Temperatur]] und [[Druck (Physik)|Druck]] eine elektrostatischen Einheit (1 [[esu]], Ladungseinheit im [[cgs-System]]) freigesetzt wird, vor. Auf einer ähnlichen Definition basierte die spätere Einheit [[Röntgen (Einheit)|Röntgen]].<ref>R. F. Mould: ''The early history of X-ray diagnosis with emphasis on the contributions of physics | 1908 stellte Villard sein „Radiosklerometer“ (Strahlungshärtemesser) vor, ein Messgerät zur Bestimmung der Durchdringungsfähigkeit („Härte“) der Röntgenstrahlen nach dem [[Elektrometer]]-Prinzip. Als neue Maßeinheit schlug er die Menge der Röntgenstrahlung, die durch [[Ionisation]] in einem Volumen von einem [[Kubikzentimeter]] (1 cm³) Luft bei [[Normalbedingungen]] für [[Temperatur]] und [[Druck (Physik)|Druck]] eine elektrostatischen Einheit (1 [[Elektrostatisches Einheitensystem|esu]], Ladungseinheit im [[cgs-System]]) freigesetzt wird, vor. Auf einer ähnlichen Definition basierte die spätere Einheit [[Röntgen (Einheit)|Röntgen]].<ref>R. F. Mould: ''The early history of X-ray diagnosis with emphasis on the contributions of physics 1895–1915''. In: ''[[Physics in Medicine and Biology]]''. Band 40, 1995, S. 1747 und 1777 ([[doi:10.1088/0031-9155/40/11/001]]).</ref> | ||
Die von ihm erfundene [[Villard-Schaltung]], eine Einweg-Stromrichterschaltung mit Spannungsverdopplung, die vor allem zur Speisung von [[Röntgenröhre]]n eingesetzt wird, ist nach ihm benannt. | Die von ihm erfundene [[Villard-Schaltung]], eine Einweg-Stromrichterschaltung mit Spannungsverdopplung, die vor allem zur Speisung von [[Röntgenröhre]]n eingesetzt wird, ist nach ihm benannt. | ||
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** ''On the chemical action of the X-rays''. In: ''Philosophical Magazine''. 5. Folge, Band 49, Nummer 297, 1900, S. 244 ([[doi:10.1080/14786440009463840]]). | ** ''On the chemical action of the X-rays''. In: ''Philosophical Magazine''. 5. Folge, Band 49, Nummer 297, 1900, S. 244 ([[doi:10.1080/14786440009463840]]). | ||
* ''Sur la décharge des corps électrisés et la formation de l’ozone''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 125–127 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=125 online]). | * ''Sur la décharge des corps électrisés et la formation de l’ozone''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 125–127 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=125 online]). | ||
* ''Sur la discontinuité de l’émission cathodique''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S.1750–1772 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1750 online]). | * ''Sur la discontinuité de l’émission cathodique''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 1750–1772 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1750 online]). | ||
* ''Sur la réflexion et la réfraction des rayons cathodiques et des rayons déviables du radium''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 1010–1012 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1010 online]). | * ''Sur la réflexion et la réfraction des rayons cathodiques et des rayons déviables du radium''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 1010–1012 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1010 online]). | ||
* ''Sur le rayonnement du radium''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 1178–1179 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1178 online]). | * ''Sur le rayonnement du radium''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 130, 1900, S. 1178–1179 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3086&I=1178 online]). | ||
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* ''Sur les rayons cathodiques. Réponse à la Note de M. Pellat''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 139, 1904, S. 42–44 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=42 online]). | * ''Sur les rayons cathodiques. Réponse à la Note de M. Pellat''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 139, 1904, S. 42–44 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=42 online]). | ||
* ''Sur les rayons cathodiques et les lois de l'Electromagnétisme''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 139, 1904, S. 1200–1202 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=1200 online]). | * ''Sur les rayons cathodiques et les lois de l'Electromagnétisme''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 139, 1904, S. 1200–1202 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3093&I=1200 online]). | ||
* ''Sur les actions chimiques de la lumière | * ''Sur les actions chimiques de la lumière – (Réponse à l'article de M. A. Guêbhard)''. In: ''Journal de Physique Théorique et Appliquée''. 4. Folge, Band 4, 1905, S. 619–623 ([[doi:10.1051/jphystap:019050040061901]], [http://hal.archives-ouvertes.fr/docs/00/24/10/39/PDF/ajp-jphystap_1905_4_619_1.pdf PDF]). | ||
* ''Sur le mécanisme de la lumière positive''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 142, 1906, S. 706–709 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3096&I=706 online]). | * ''Sur le mécanisme de la lumière positive''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. Band 142, 1906, S. 706–709 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3096&I=706 online]). | ||
* ''Sur l’aurore boréale''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. | * ''Sur l’aurore boréale''. In: ''Comptes rendus de l’Académie des sciences''. | ||
** [Teil 1]: Band 142, 1906, S. 1330–1333 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3096&I=1330 online]). | ** [Teil 1]: Band 142, 1906, S. 1330–1333 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3096&I=1330 online]). | ||
** [Teil 2]: Band 143, 1906, S. 143–145 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3097&I=143 online]). | ** [Teil 2]: Band 143, 1906, S. 143–145 ([http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-3097&I=143 online]). | ||
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* Leif Gerward: ''Paul Villard and his Discovery of Gamma Rays''. In: ''[[Physics in Perspective]]''. Band 1, Nummer 4, 1999, S. 367–383 ([[doi:10.1007/s000160050028]]). | * Leif Gerward: ''Paul Villard and his Discovery of Gamma Rays''. In: ''[[Physics in Perspective]]''. Band 1, Nummer 4, 1999, S. 367–383 ([[doi:10.1007/s000160050028]]). | ||
* Benoit Lelong: ''Paul Villard, J.-J. Thomson et la composition des rayons cathodiques''. In: ''[[Revue d’histoire des sciences]]''. Band 50, Nummer 1–2, 1997, S. 89–130 ([http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/rhs_0151-4105_1997_num_50_1_1275 online]). | * Benoit Lelong: ''Paul Villard, J.-J. Thomson et la composition des rayons cathodiques''. In: ''[[Revue d’histoire des sciences]]''. Band 50, Nummer 1–2, 1997, S. 89–130 ([http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/rhs_0151-4105_1997_num_50_1_1275 online]). | ||
* Benoit Lelong: ''Paul Villard, J. J. Thomson, and the Composition of Cathode Rays''. In: Jed Z. Buchwald, Andrew Warwick (Hrsg.): ''Histories of the Electron: The Birth of Microphysics''. Mit Press, 2001, ISBN | * Benoit Lelong: ''Paul Villard, J. J. Thomson, and the Composition of Cathode Rays''. In: Jed Z. Buchwald, Andrew Warwick (Hrsg.): ''Histories of the Electron: The Birth of Microphysics''. Mit Press, 2001, ISBN 0-262-02494-2, S. 135–168. | ||
=== Einzelnachweise === | === Einzelnachweise === |
Paul Ulrich Villard (* 28. September 1860 in Lyon; † 13. Januar 1934 in Bayonne) war ein französischer Physiker und Chemiker. Er entdeckte 1900 bei Arbeiten an Radium die γ-Strahlung als dritten Vertreter der ionisierenden Strahlung.
Paul Villard begann 1881 eine Ausbildung an der École normale supérieure in Paris, die er 1884 mit der Agrégation abschloss. Als Lehrer unterrichtete er in den folgenden Jahren an verschiedenen staatlichen Lycéen in Paris, Orléans, Bordeaux, Coutances, Rouen und Montpellier. Mit Unterstützung von Marcelin Berthelot wurde Villard „Chargé de conférence“ an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Montpellier und konnte dort etwas experimentelle Forschung betreiben. Es zog ihn jedoch zurück nach Paris, daher bat er um die Entbindung von seinen Lehrverpflichtungen. In Paris wandte sich Villard an den Direktor der Chemielaboratorien der École normale supérieure Henri Debray (1827–1888) und ersucht um Erlaubnis, in seinem Labor arbeiten zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Im Bereich Chemie in der Rue d’Ulm verbrachte er den Rest seiner wissenschaftlichen Laufbahn. 1904 gewährte ihm Robert Lespieau (1864–1947) ein eigenes kleines Labor.
1904[1] wurde Villard der Prix Wilde und 1907[2] der Prix La Caze verliehen. Am 28. Dezember 1908 wählte ihn die Académie des sciences als Nachfolger von Eleuthère Mascart zum Mitglied ihrer Sektion Physique Générale.[3] Dabei behauptete er sich deutlich vor Édouard Branly und weiteren Mitbewerbern.[4][5] Bei der am 23. November 1908 erfolgten Abstimmung war Villard noch Edmond Bouty unterlegen.[6][7] Villard war außerdem Mitglied der Société française de physique, der Société française des électriciens und der Société des amis des sciences, Ehrenmitglied der Société de radiologie médicale de Paris und korrespondierendes Mitglied der Société industrielle de l'Est.[8]
Gegen Ende seines Lebens akzeptierte Villard eine „Pension d’honneur“ der Caisse nationale des Sciences. Auf Grund seiner sich verschlechternden Gesundheit war er gezwungen, viel Zeit außerhalb von Paris zu verbringen und starb Anfang 1934 in Bayonne. Villard war Offizier der Légion d’Honneur.[8]
Villards erster Forschungsschwerpunkt war die Untersuchung von Gashydraten. Gemeinsam mit Robert Hippolyte de Forcrand (1856–1933) ermittelte er 1888 die Temperaturabhängigkeit von Schwefelwasserstoff- und Chlormethan-Hydraten.[9] Noch im gleichen Jahr gelang es ihm Hydrate von Methan, Ethan, Ethen, Ethin und Distickstoffmonoxid herzustellen, deren physikalisch-chemischen Eigenschaften er in den folgenden Jahren untersuchte. 1890 untersuchte Villard die Hydrate von Propan und 1896 jene von Argon. Zwischen 1888 und 1896 veröffentlichte er neun Artikel über der physikalisch-chemischen Eigenschaften dieser Hydrate in den Comptes rendus de l’Académie des sciences. Diese Arbeiten waren ebenfalls die Grundlage seiner Dissertation.
1897 begann Villard mit Hilfe einer Crookes-Röhre die kurz zuvor entdeckte Röntgenstrahlung zu untersuchen. In einer ersten Notiz berichtete er über deren Auswirkungen auf Fotoplatten. Villard wollte herausfinden, woher die Materie stammt, aus der die Kathodenstrahlen gebildet werden. Er bemerkte die reduzierende Wirkung der Kathodenstrahlen, wenn sie auf mit Bleisulfat oder Kupferoxid beschichtete Platten trafen. Daraus zog Villard den (falschen) Schluss, dass die Kathodenstrahlen aus Wasserstoff beständen, der aus der Röhrenoberfläche stamme. Wasserstoffteilchen bombardierten die Kathode, würden dort negativ geladen und anschließend von der Kathode abgestoßen, um die Kathodenstrahlen zu bilden. Villard revidierte seine Ansicht erst in der zweiten Auflage seines Buches Les Rayons cathodiques von 1908 und folgte Joseph John Thomson Darstellung, dass die Kathodenstrahlen aus Elektron bestehen.
Villard untersuchte im weiteren die chemischen Auswirkungen der Röntgenstrahlen, insbesondere die durch sie hervorgerufene Glasverfärbung. Als Pierre und Marie Curie über ähnliche Auswirkungen der Radiumstrahlen berichteten, wurde Villards Interesse an der Radioaktivität geweckt. Er erhielte einige Millgramm eines schwach radioaktiven Salzes und begann die Reflexions- und Refraktionseigenschaften von Kathodenstrahlen und Betastrahlen zu untersuchen. Dazu lenkte Villard die von der radioaktiven Quelle ausgesandten Betastrahlen mit einem Magnetfeld ab und registrierte sie auf zwei hintereinander angeordneten, durch eine Aluminiumfolie getrennte Fotoplatten. Dabei entdeckte er eine neue durchdringende Strahlungsart. Seine Ergebnisse wurden am 9. April 1900 während der Sitzung der Académie des sciences bekanntgegeben. Henri Becquerel, der den Beobachtungen Villards zunächst skeptisch gegenüberstand, bestätigte diese jedoch bald.[10] Villard gab der neuen Strahlung keinen Namen. Die Bezeichnung γ-Strahlung geht auf Ernest Rutherford zurück, der sie 1903[11] in Fortsetzung der 1899[12] eingeführten Bezeichnungen α- und β-Strahlung wählte.
1904 hatte Villard eine fast das ganze Jahr andauernde Auseinandersetzung mit Henri Pellat (1850–1909), der entdeckt zu haben glaubte, dass Kathodenstrahlen beim Durchgang durch ein Magnetfeld einer anisotropen Friktion unterzogen würden. Villard konnte jedoch überzeugend darlegen, dass eine „Magnetofriction“ nicht existiert.
Zwischen 1906 und 1908 entwickelte Villard eine Theorie über die Polarlicht-Erscheinungen. Er berechnete die Wege die Kathodenstrahlen (Elektronen) unter dem Einfluss des Erdmagnetfeldes zurücklegen. Er versuchte auf dieser Grundlage das Aussehen, die geografische Verteilung und die Bewegungen der Polarlichter zu erklären.
1908 stellte Villard sein „Radiosklerometer“ (Strahlungshärtemesser) vor, ein Messgerät zur Bestimmung der Durchdringungsfähigkeit („Härte“) der Röntgenstrahlen nach dem Elektrometer-Prinzip. Als neue Maßeinheit schlug er die Menge der Röntgenstrahlung, die durch Ionisation in einem Volumen von einem Kubikzentimeter (1 cm³) Luft bei Normalbedingungen für Temperatur und Druck eine elektrostatischen Einheit (1 esu, Ladungseinheit im cgs-System) freigesetzt wird, vor. Auf einer ähnlichen Definition basierte die spätere Einheit Röntgen.[13]
Die von ihm erfundene Villard-Schaltung, eine Einweg-Stromrichterschaltung mit Spannungsverdopplung, die vor allem zur Speisung von Röntgenröhren eingesetzt wird, ist nach ihm benannt.
Villard verfasste unter anderem Beiträge für Comptes rendus de l’Académie des sciences, Journal de physique, Journal le Radium, Annales de chimie et de physique, Bulletin de la Société française des électriciens, Bulletin de la Société d’Encouragement, Revue générale des sciences, Revue scientifique und Bulletin de la Société française de photographie.[8]
Personendaten | |
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NAME | Villard, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Villard, Paul Ulrich |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Physiker und Chemiker, Entdecker der Gammastrahlung |
GEBURTSDATUM | 28. September 1860 |
GEBURTSORT | Lyon |
STERBEDATUM | 13. Januar 1934 |
STERBEORT | Bayonne |