Rudolf Goclenius der Jüngere: Unterschied zwischen den Versionen

Rudolf Goclenius der Jüngere: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Brackenheim
K (+ link auf Jean Roberti)
 
imported>Miriquidus0980
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Gocjr.jpg|miniatur| Rudolf Goclenius als Professor in Marburg]]
[[Datei:Gocjr.jpg|miniatur| Rudolf Goclenius als Professor in Marburg]]
'''Rudolf Goclenius der Jüngere''' (Rudolph Göckel) (* [[22. August]] [[1572]] in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]; † [[3. März]] [[1621]] in [[Marburg]]) war ein deutscher [[Arzt]] und Professor für [[Physik]] (1608), Medizin (1611), [[Mathematik]] (1613) an der [[Philipps-Universität Marburg|Universität Marburg]], der sich neben [[Astronomie]] und [[Astrologie]] besonders mit der Untersuchung [[Magnetismus|magnetischer Phänomene]] befasste.
'''Rudolf Goclenius der Jüngere''' (* [[22. August]] [[1572]] in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]; † [[3. März]] [[1621]] in [[Marburg]]) war ein deutscher Gelehrter, der nacheinander eine Professur für [[Physik]], Medizin und [[Mathematik]] an der [[Philipps-Universität Marburg|Universität Marburg]] bekleidete. Er trat mit astrologischen und medizinischen Veröffentlichungen hervor und ließ sich auf eine literarische Auseinandersetzung um die Wirksamkeit der [[Waffensalbe]] ein.


== Biografie ==
== Leben ==
Er ist der älteste Sohn des Lexikographen und Logikers [[Rudolf Goclenius der Ältere|Rudolf Goclenius des Älteren]]. Als Arzt befasste sich Rudolf Goclenius d. J. mit einem akuten Problem, der [[Pest]]. Bekannt wurde er jedoch durch die Kontroverse über „magnetische Wundheilungen“ mittels Fernwirkung: Aufbauend auf den [[Alchemie|alchemistisch]]-[[Astrologie|astrologischen]] Prinzipien des [[Paracelsus]] entwickelte Goclenius die Vorstellung, dass das Auftragen eines [[Sympathetisches Pulver|Sympathetischen Pulvers]] (auch [[Waffensalbe]] genannt) auf eine Waffe, die eine Wunde verursacht hatte, die Wunde schließen sollte. Gegen diese 1608 publizierte Heilmethode wandte sich der belgische Jesuit [[Jean Roberti]], der den Protestanten Goclenius des Bundes mit Dämonen bezichtigte. Heute würde man zwar eher von [[Quacksalber]]ei sprechen, doch war die damalige Medizin eh mit unseren heutigen Vorstellungen nicht zu vergleichen, und Goclenius stand nicht allein. 1621 wurden ähnliche Vorstellungen von dem flämischen Arzt [[Johan Baptista van Helmont]] veröffentlicht, die auch sofort von der [[Geschichte der Universität Löwen#Die alte Universität (1425–1797)|Universität Löwen]] verurteilt wurden. Trotzdem wurde das „Sympathetische Pulver“ im 17. Jahrhundert viel beachtet. Petrus Servius publizierte 1642 eine lateinische ''„Dissertatio“'', die auch auf deutsch verbreitet war (so z. B. in Carl von Goglers „Hauß- und Feld-Apotheck“, die auch noch eine deutsche Fassung von Digbys Diskurs enthält). [[Sir Kenelm Digby]] hielt 1657 während einer Kur an der [[Universität Montpellier]] einen Diskurs vor einer „gelehrten Versammlung“. Er wurde von R. White publiziert und mehrmals nachgedruckt. (Digbys Pulver scheint im Wesentlichen [[Kupfersulfat]] – blaues [[Vitriol]] – gewesen zu sein.) Der Alchemist und [[Rosenkreuzer]] [[Robert Fludd]] brachte die Vorstellung nach England, wo sie durch einen Vorschlag zur Längengradbestimmung „verewigt“ wurde:
Goclenius war der älteste Sohn des gleichnamigen Lexikographen und Logikers [[Rudolf Goclenius der Ältere|Rudolf Goclenius des Älteren]]. Er wurde am 22. Dezember 1591 in Marburg zum Magister promoviert, studierte 1599 an der [[Universität Padua]] und wurde am 19. März 1601 wieder in Marburg zum Doktor der Medizin promoviert. Von November 1606 bis in den Juli 1608 war er [[Isenburg-Büdingen|gräflich-isenburgischer]] Leibarzt in [[Büdingen]]. Im April 1608 wurde er auf eine ordentliche Professur für Physik, Astronomie und Arithmetik nach Marburg berufen. Im Februar 1609 erhielt er auch einen Lehrauftrag für Geometrie. Von 1611 bis 1612 war er ordentlicher Professor der Medizin in Marburg, ab Dezember 1612 ordentlicher Professor für Mathematik. Zu seinen Spezialgebieten gehörte auch die [[Handlesen|Chiromantie]].


Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden eine Reihe der abstrusesten Verfahren vorgeschlagen, um den [[Längengrad]] auf See zu bestimmen. In einer Ausgabe des Flugblattes ''Curious Enquiries'' von 1687 wird die Anwendung des ''[[Sympathetisches Pulver|Pulvers der Sympathie]]'' diskutiert: Ein Schiff sollte einen Hund mitnehmen, dem man eine Wunde beigebracht hatte. Jeweils um 12 Uhr Mittags sollte ein Daheimgebliebener das Sympathetische Pulver auf die Waffe aufbringen, woraufhin der Hund vor Schmerz bellen sollte.
Goclenius verheiratete sich 1601 in Lich mit Elisabeth Wolf (1584–1648), mit der er wenigstens drei Kinder hatte, von denen der älteste Sohn Theodor Christoph Goclenius (1602–1672) selbst Arzt wurde.


[[Datei:As8-13-2225.jpg|mini|Der Mondkrater ''Goclenius'' (unten)]]
== Kontroverse um die Waffensalbe ==
Zu alledem sollte man nicht vergessen, dass viele der Anhänger der Waffensalbe im Gegensatz zur damaligen Schulmedizin darauf bestanden, die Wunden mit sauberem Wasser zu waschen und mit sauberen Verbänden zu versorgen, die auch täglich gewechselt werden sollten. Berichte über Erfolge dieser Heilmethode sind daher durchaus glaubwürdig, auch wenn sie nicht auf der „natürlichen Magie“ des Paracelsus beruhen.
Größte Bekanntheit erlangte Goclenius durch seine Kontroverse über „magnetische Wundheilungen“ mittels Fernwirkung. Ausgehend von [[Paracelsus]], versuchte Goclenius, die Wirksamkeit eines [[Sympathetisches Pulver|Sympathetischen Pulvers]] theoretisch zu begründen, das, auf eine Waffe aufgebracht, die mit ihr geschlagene Wunde schließen sollte. Dagegen wandte sich der belgische Jesuit [[Jean Roberti]], der den Protestanten Goclenius des Bundes mit Dämonen bezichtigte. Der Streit wurde in mehreren Publikationen und Gegenpublikationen geführt.


Der [[Mondkrater]] ''[[Goclenius (Mondkrater)|Goclenius]]'' wurde schon 1651 von den Jesuiten [[Giovanni Riccioli|Riccioli]]/[[Francesco Maria Grimaldi|Grimaldi]] auf Grund seiner astronomischen und astrologischen Arbeiten nach ihm benannt. Im Laufe der Zeit verblasste sein Ruhm und er trat in den Schatten seines Vaters.
Wenn mit Erfolgen durch diese Heilmethode argumentiert wurde, ist das durchaus glaubwürdig, da viele der Anhänger der Waffensalbe im Gegensatz zur damaligen Schulmedizin darauf bestanden, die Wunden mit sauberem Wasser zu waschen und mit sauberen Verbänden zu versorgen, die auch täglich gewechselt werden sollten.


== Werke ==
== Werke ==
* R. Goclenius: ''Rodolphi Goclenii Iun. D. Aulae Isenburgic. Medici Ordinar. Uranoscopia, Chiroscopia & Metaposcopia, Hoc est, Coeli Seu Sphaerae Coelestis Syderumque Eius, Linearumque Manus Ac Frontis Contemplatio nova, eruditae & rationalis experientiae testimoniis demonstrata: qua probatur, divinationem ex astris, lineisq[ue] manuum & frontis nec impiam esse, nec superstitiosam, & propterea omnibus rerum Physicarum abditarumq[ue] studiosis concessam'' Lichae: Kezelius, 1603
* ''Aphorismorum chiromanticorum tractatus compendiosus,'' Lich 1597 ([http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00085155/image_5 online]).
* R. Goclenius: ''De Pestis, fabrisque pestilentis causis, subiecto, differentiis et signis cum consilio prophylactico & curatorio, gravissimarumque quaestionum declaratione, tractatus perspicuus & methodicus,...In multorum communem utiltatem conscriptus a Rodolpho Goclenio [Goclenius]'', Marpurgi Cattorum 1607: Hutwelcker
* ''Uranoscopia, chiroscopia et metaposcopia, hoc est coeli seu sphaerae coelestis syderumque eius linearumque manus ac frontis contemplatio nova, eruditae et rationalis experientiae testimoniis demonstrata, qua probatur divinationem ex astris lineisque manuum et frontis nec impiam esse nec superstitiosam et propterea omnibus rerum physicarum abditarumque studiosis concessam,'' Lich 1603 ([https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/14112/5/0/ online]); Frankfurt 1608.
* R. Goclenius: <em>De vita proroganda : h.e. animi corporisque vigore conservando, salubriterque producendo tractatus</em>; Mainz 1608
* ''De pestis febrisque pestilentis causis, subiecto, differentiis et signis cum consilio prophylactico et curatorio gravissimarumque quaestionum declaratione tractatus perspicuus et methodicus,'' Marburg 1607 ([http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN779040910 online]).
* R. Goclenius: ''Rod[olphi] Goc[lenii] M.D. Uranoscopiae, Chiroscopiae, Metoposcopiae, Et Ophtalmoscopiae, Contemplatio: Qua probatur, divinationem ex astris, lineisq[ue] manuu[m], fro[n]te, facie & oculis nec impiam esse nec superstitiosam / Cui acceßit totius Physiognomie solida ex causis & effectis demonstratio'', Editio Nova. Francofurti : Schönwett[er], 1608
* ''De vita proroganda, h.e. animi corporisque vigore conservando salubriterque producendo tractatus,'' Mainz 1608 ([https://reader.digitale-sammlungen.de//resolve/display/bsb11268639.html online]).
* R. Goclenius: <em>Tractatus de magnetica vulnerum curatione</em>, Marburg 1608, Frankfurt 1613
* ''Oratio, qua defenditur vulnus non applicato etiam remedio citra ullum dolorem curari naturaliter posse, si instrumentum tantum vel telum, quod sauciavit, seu quo vulnus est inflictum, peculiari unguento inunctum obligetur,'' Marburg 1608 ([http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN780049217 online]).
* R. Goclenius: ''Urania cum geminis filiabus: hoc est Astronomia, et astrologia speciali: nunc primo in lucem emigrans Rodolpho Goclenio, medic. Doctore et Professore in Acad. Marpurgensi''; Francofurti : Musculus, 1615
* ''Tractatus de portentosis, luxuriosis ac monstrosis nostri seculi conviviis,'' Marburg 1609.
* R. Goclenius: <em>Wiederaufbau zur Verteidigung des Traktats über magnetische Wundheilung: gegen die glücklose Anatomie des Johannes Roberti SJ</em>, Marburg 1617
* ''De magnetica vulnerum curatione [...] tractatus,'' Marburg 1609; Frankfurt 1613 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10391124_00011.html online]).
* R. Goclenius: ''Rod. Goclenii, Med. D. Et Mathem. Professoris ordin. in Acad. Marpurgensi, Acroteleution Astrologicum: Triplex hominum genus circa divinationem ex astris in scenam producens, falsamq[ue] Astrologiam a vera, rationibus, exemplis & experimentis distinguens, contra novas criminationes. Annexus quoq[ue] est tractatus integer correctior quam fuit ante Cypriani Leovitii, Mathematici Excellentiß. de coniunctionibus magnis, eclipsibus solaribus & Cometis, cum eorundem effectuum historica expositione...''. Marpurgi : Egenolphus, 1618
* ''Apologeticus pro astromantia discursus,'' Marburg 1611 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10049146_00005.html online]).
* ''Weiß und Weg, sich für der schweren Seuche der Pestilentz, so nunmehr hin und wieder einschleichet, zu bewahren,'' Marburg 1611.
* ''Idea philosophiae Platonicae,'' Marburg 1612 ([http://diglib.hab.de/drucke/lh-1797/start.htm?image=00005 online]).
* ''Tractatus novus de magnetica vulnerum curatione,'' Frankfurt 1613 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb11268638_00003.html online]).
* ''Loimographia,'' Frankfurt 1613 ([https://reader.digitale-sammlungen.de//resolve/display/bsb11106116.html online]).
* ''Urania cum geminis filiabus: hoc est Astronomia, et astrologia speciali,'' Frankfurt 1615 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10060500_00011.html online]).
* ''Synarthrosis magnetica,'' Marburg 1617 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10391122_00011.html online]); deutsch Hamm 1979.
* ''Acroteleution astrologicum triplex hominum genus circa divinationem ex astris in scenam producens falsamque astrologiam a vera rationibus, exemplis et experimentis distinguens contra novas criminationes,'' Marburg 1618.
* ''Morosophia Johannis Roberti D. Jesuitae,'' Frankfurt 1619 ([https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/79555/3/0/ online]).
* ''Synopsis methodica geometriae, astronomiae, astrologiae, opticae et geographiae,'' Frankfurt 1620 ([http://diglib.hab.de/drucke/522-quod-2s/start.htm online]).
* ''Tractatus physicus et medicus de sanorum diaeta seu de septem rebus non naturalibus,'' ([https://reader.digitale-sammlungen.de//resolve/display/bsb11106116.html online]).
* ''Physiognomica et chiromantica specialia,'' Marburg 1621 ([http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000258D500000005 online]).
* ''Memorabilia experimenta et observationes chiromanticae,'' Marburg 1621 ([http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000258D500000005 online]).
* ''Mirabilium naturae liber concordias et repugnantias rerum in plantis, animalibus animaliumque morbis et partibus manifestans,'' Frankfurt 1643 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10286646_00005.html online]).
 
== Ehrung ==
[[Datei:As8-13-2225.jpg|mini|Der Mondkrater ''Goclenius'' (unten)]]
Der [[Mondkrater]] ''[[Goclenius (Mondkrater)|Goclenius]]'' wurde schon 1651 von den Jesuiten [[Giovanni Riccioli]] und [[Francesco Maria Grimaldi]] auf Grund seiner astronomischen und astrologischen Arbeiten nach ihm benannt. Im Laufe der Zeit verblasste sein Ruhm und Rudolf Goclenius der Jüngere trat in den Schatten seines Vaters zurück.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118717812}}
* {{DNB-Portal|118717812|Rudolf Goclenius den Jüngeren}}
* {{LAGIS|ref=nein|DB=HBN|ID=118717812|titel=Goclenius, Rudolf der Jüngere|datum=2021-04-15}}


{{Normdaten|TYP=p|GND=118717812|LCCN=n/85/313112|VIAF=95297753}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=118717812|LCCN=n/85/313112|VIAF=95297753}}
Zeile 31: Zeile 49:
[[Kategorie:Mediziner (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mediziner (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Philipps-Universität Marburg)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Philipps-Universität Marburg)]]
[[Kategorie:Astrologe (16. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Astrologe (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Mondkrater]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1572]]
[[Kategorie:Geboren 1572]]
Zeile 38: Zeile 59:
{{Personendaten
{{Personendaten
|NAME=Goclenius, Rudolf der Jüngere
|NAME=Goclenius, Rudolf der Jüngere
|ALTERNATIVNAMEN=Göckel, Rudolph; Goclenius, Rudolf
|ALTERNATIVNAMEN=Goclenius, Rudolphus
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Arzt und Physiker
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Arzt und Physiker
|GEBURTSDATUM=22. August 1572
|GEBURTSDATUM=22. August 1572

Aktuelle Version vom 18. Oktober 2021, 19:17 Uhr

Rudolf Goclenius als Professor in Marburg

Rudolf Goclenius der Jüngere (* 22. August 1572 in Wittenberg; † 3. März 1621 in Marburg) war ein deutscher Gelehrter, der nacheinander eine Professur für Physik, Medizin und Mathematik an der Universität Marburg bekleidete. Er trat mit astrologischen und medizinischen Veröffentlichungen hervor und ließ sich auf eine literarische Auseinandersetzung um die Wirksamkeit der Waffensalbe ein.

Leben

Goclenius war der älteste Sohn des gleichnamigen Lexikographen und Logikers Rudolf Goclenius des Älteren. Er wurde am 22. Dezember 1591 in Marburg zum Magister promoviert, studierte 1599 an der Universität Padua und wurde am 19. März 1601 wieder in Marburg zum Doktor der Medizin promoviert. Von November 1606 bis in den Juli 1608 war er gräflich-isenburgischer Leibarzt in Büdingen. Im April 1608 wurde er auf eine ordentliche Professur für Physik, Astronomie und Arithmetik nach Marburg berufen. Im Februar 1609 erhielt er auch einen Lehrauftrag für Geometrie. Von 1611 bis 1612 war er ordentlicher Professor der Medizin in Marburg, ab Dezember 1612 ordentlicher Professor für Mathematik. Zu seinen Spezialgebieten gehörte auch die Chiromantie.

Goclenius verheiratete sich 1601 in Lich mit Elisabeth Wolf (1584–1648), mit der er wenigstens drei Kinder hatte, von denen der älteste Sohn Theodor Christoph Goclenius (1602–1672) selbst Arzt wurde.

Kontroverse um die Waffensalbe

Größte Bekanntheit erlangte Goclenius durch seine Kontroverse über „magnetische Wundheilungen“ mittels Fernwirkung. Ausgehend von Paracelsus, versuchte Goclenius, die Wirksamkeit eines Sympathetischen Pulvers theoretisch zu begründen, das, auf eine Waffe aufgebracht, die mit ihr geschlagene Wunde schließen sollte. Dagegen wandte sich der belgische Jesuit Jean Roberti, der den Protestanten Goclenius des Bundes mit Dämonen bezichtigte. Der Streit wurde in mehreren Publikationen und Gegenpublikationen geführt.

Wenn mit Erfolgen durch diese Heilmethode argumentiert wurde, ist das durchaus glaubwürdig, da viele der Anhänger der Waffensalbe im Gegensatz zur damaligen Schulmedizin darauf bestanden, die Wunden mit sauberem Wasser zu waschen und mit sauberen Verbänden zu versorgen, die auch täglich gewechselt werden sollten.

Werke

  • Aphorismorum chiromanticorum tractatus compendiosus, Lich 1597 (online).
  • Uranoscopia, chiroscopia et metaposcopia, hoc est coeli seu sphaerae coelestis syderumque eius linearumque manus ac frontis contemplatio nova, eruditae et rationalis experientiae testimoniis demonstrata, qua probatur divinationem ex astris lineisque manuum et frontis nec impiam esse nec superstitiosam et propterea omnibus rerum physicarum abditarumque studiosis concessam, Lich 1603 (online); Frankfurt 1608.
  • De pestis febrisque pestilentis causis, subiecto, differentiis et signis cum consilio prophylactico et curatorio gravissimarumque quaestionum declaratione tractatus perspicuus et methodicus, Marburg 1607 (online).
  • De vita proroganda, h.e. animi corporisque vigore conservando salubriterque producendo tractatus, Mainz 1608 (online).
  • Oratio, qua defenditur vulnus non applicato etiam remedio citra ullum dolorem curari naturaliter posse, si instrumentum tantum vel telum, quod sauciavit, seu quo vulnus est inflictum, peculiari unguento inunctum obligetur, Marburg 1608 (online).
  • Tractatus de portentosis, luxuriosis ac monstrosis nostri seculi conviviis, Marburg 1609.
  • De magnetica vulnerum curatione [...] tractatus, Marburg 1609; Frankfurt 1613 (online).
  • Apologeticus pro astromantia discursus, Marburg 1611 (online).
  • Weiß und Weg, sich für der schweren Seuche der Pestilentz, so nunmehr hin und wieder einschleichet, zu bewahren, Marburg 1611.
  • Idea philosophiae Platonicae, Marburg 1612 (online).
  • Tractatus novus de magnetica vulnerum curatione, Frankfurt 1613 (online).
  • Loimographia, Frankfurt 1613 (online).
  • Urania cum geminis filiabus: hoc est Astronomia, et astrologia speciali, Frankfurt 1615 (online).
  • Synarthrosis magnetica, Marburg 1617 (online); deutsch Hamm 1979.
  • Acroteleution astrologicum triplex hominum genus circa divinationem ex astris in scenam producens falsamque astrologiam a vera rationibus, exemplis et experimentis distinguens contra novas criminationes, Marburg 1618.
  • Morosophia Johannis Roberti D. Jesuitae, Frankfurt 1619 (online).
  • Synopsis methodica geometriae, astronomiae, astrologiae, opticae et geographiae, Frankfurt 1620 (online).
  • Tractatus physicus et medicus de sanorum diaeta seu de septem rebus non naturalibus, (online).
  • Physiognomica et chiromantica specialia, Marburg 1621 (online).
  • Memorabilia experimenta et observationes chiromanticae, Marburg 1621 (online).
  • Mirabilium naturae liber concordias et repugnantias rerum in plantis, animalibus animaliumque morbis et partibus manifestans, Frankfurt 1643 (online).

Ehrung

Der Mondkrater Goclenius (unten)

Der Mondkrater Goclenius wurde schon 1651 von den Jesuiten Giovanni Riccioli und Francesco Maria Grimaldi auf Grund seiner astronomischen und astrologischen Arbeiten nach ihm benannt. Im Laufe der Zeit verblasste sein Ruhm und Rudolf Goclenius der Jüngere trat in den Schatten seines Vaters zurück.

Weblinks