Strahlenkrankheit: Unterschied zwischen den Versionen

Strahlenkrankheit: Unterschied zwischen den Versionen

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| 01-BEZEICHNUNG = Strahlenkrankheit
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Die '''Strahlenkrankheit''' tritt nach akuter, das heißt kurzzeitiger Bestrahlung des menschlichen [[Organismus]] durch [[ionisierende Strahlung]] wie beispielsweise [[Röntgenstrahlung|Röntgen-]] oder [[Gammastrahlung]] auf, zum Beispiel nach [[Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen|Strahlungsunfällen]] oder [[Kernwaffenexplosion]]en.
[[Datei:Deformity of Hand due to X-ray burns.jpg|mini|Durch massive [[Röntgenstrahlung]] hervorgerufene Verbrennungen an einer Hand. ]]
Die '''Strahlenkrankheit''' tritt nach akuter, das heißt kurzzeitiger Bestrahlung des menschlichen [[Organismus]] durch [[ionisierende Strahlung]] wie beispielsweise [[Röntgenstrahlung|Röntgen-]] oder [[Gammastrahlung]] auf, zum Beispiel nach [[Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen|Strahlungsunfällen]] oder [[Kernwaffenexplosion]]en.[[Datei:4866937274 e3e7aff26e b BrûluresRadiations.jpg|mini|Infolge der Strahlen der [[Hiroshimabombe]] entstandene [[Nekrose]]]]


== Pathologie ==
== Pathologie ==
Der Verlauf der Strahlenkrankheit hängt stark von der empfangenen [[Strahlendosis]] ab. Sie kann nur geringe Langzeitschäden, aber auch den Tod innerhalb von Minuten bedeuten. Bei mittleren Dosen zeigen sich Symptome innerhalb von Stunden und Tagen, darunter Hautschäden, [[innere Blutung]]en sowie Veränderungen des [[Blutbild]]es.
Der Verlauf der Strahlenkrankheit hängt stark von der empfangenen [[Strahlendosis]] ab. Sie kann nur geringe [[Strahlenschaden#Strahlenschäden bei Lebewesen|Langzeitschäden]], aber auch den Tod innerhalb von Minuten bedeuten. Bei mittleren Dosen zeigen sich Symptome innerhalb von Stunden und Tagen, darunter Haut- und Schleimhautschäden, [[innere Blutung]]en sowie Veränderungen des [[Blutbild]]es und des Immunsystems.


* [[Dermatologie|Dermatologische]] Symptome:
* [[Dermatologie|Dermatologische]] Symptome:
** [[Erythema]] (juckende Hautrötungen)
** [[Erythema]] (juckende Hautrötungen)
** [[Purpura]]
** [[Purpura]]
** [[Bulla (Dermatologie)|Bullae]] (Blasen)
** [[Hautblase|Bullae]] (Blasen)
** [[Ulcus|Geschwüre]]
** [[Ulcus|Geschwüre]]
** [[Haarausfall]] (bei starken Dosen z. T. dauerhaft)
** [[Haarausfall]] (bei starken Dosen z. T. dauerhaft)
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* [[Hämatopoese|Hämatopoetische]] Symptome ([[Myelosuppression]]):
* [[Hämatopoese|Hämatopoetische]] Symptome ([[Myelosuppression]]):
** erhöhtes [[Infektion]]srisiko aufgrund weniger [[Leukozyt|weißer Blutkörperchen]] ([[Leukopenie]])
** erhöhtes [[Infektion]]srisiko aufgrund weniger [[Leukozyt|weißer Blutkörperchen]] ([[Leukopenie]])
** verstärkte [[Blutung]]en aufgrund weniger [[Thrombozyt|Blutplättchen]]
** verstärkte [[Blutung]]en aufgrund weniger [[Thrombozyt|Blutplättchen]] ([[Thrombozytopenie]])
** [[Anämie|Blutarmut]] aufgrund weniger [[Erythrozyt|roter Blutkörperchen]]
** [[Anämie|Blutarmut]] aufgrund weniger [[Erythrozyt|roter Blutkörperchen]] (Anämie)
** [[Arterielle Hypotonie]]
** [[Arterielle Hypotonie]]
* [[Neurologie|Neurologische]] Symptome:
* [[Neurologie|Neurologische]] Symptome:
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** [[Fieber]]
** [[Fieber]]
** [[Müdigkeit]]
** [[Müdigkeit]]
** [[Unfruchtbarkeit]]
** [[Unfruchtbarkeit]] (temporär bis dauerhaft)


Menschliches und tierisches Gewebe weist gegenüber [[Ionisierende Strahlung|ionisierender Strahlung]] eine je nach Gewebeart unterschiedliche [[Strahlensensibilität]] auf. Früher wurde angenommen, das Gewebe würde umso stärker geschädigt, je höher seine Teilungsrate ist ([[Gesetz von Bergonié und Tribondeau]], 1906). Das ist inzwischen widerlegt. Die Empfindlichkeit eines Organs oder Gewebesystems hängt vielmehr von der Lebensdauer der Funktionszellen und von der Größe der [[Stammzelle|Stammzellfraktion]] ab, denn die Strahlung führt in der Regel nicht zum sofortigen Tod der bestrahlten Zellen, sondern zum Verlust ihrer Teilungsfähigkeit.<ref>{{Literatur|Autor=[[Hans-Peter Beck-Bornholdt]], [[Hans-Hermann Dubben]], H. Willers|Titel=Proliferationsrate und Strahlenempfindlichkeit.Der Irrtum von Bergonié und Tribondeau|Sammelwerk=[[Strahlentherapie und Onkologie]]|Band=173|Nummer=6|Jahr=1997|Seiten=335–337|DOI=10.1007/BF03038917|PMID=9235641}}</ref> Beispielsweise haben [[Haut]] und [[Schleimhaut]] eine sehr hohe tägliche [[Zellmauserung|Zellaustauschrate]]. Wird der Nachschub aus den Stammzellen durch Strahlung ausgeschaltet, so geht innerhalb weniger Tage die gesamte Haut zugrunde. Ein langsam ausgetauschtes Gewebe wie beispielsweise Knochen entwickelt Strahlenschäden dagegen erst nach vielen Monaten. Diesen Umstand macht man sich bei der [[Strahlentherapie]] zunutze, da Tumorgewebe normalerweise einen schnelleren Zellaustausch und eine höhere Wachstumsfraktion aufweist als das umliegende gesunde Gewebe.
Menschliches und tierisches Gewebe weist gegenüber [[Ionisierende Strahlung|ionisierender Strahlung]] eine je nach Gewebeart unterschiedliche [[Strahlensensibilität]] auf. Früher wurde angenommen, das Gewebe würde umso stärker geschädigt, je höher seine Teilungsrate ist ([[Gesetz von Bergonié und Tribondeau]], 1906). Das ist inzwischen widerlegt. Die Empfindlichkeit eines Organs oder Gewebesystems hängt vielmehr von der Lebensdauer der Funktionszellen und von der Größe der [[Stammzelle|Stammzellfraktion]] ab, denn die Strahlung führt in der Regel nicht zum sofortigen Tod der bestrahlten Zellen, sondern zum Verlust ihrer Teilungsfähigkeit.<ref>{{Literatur|Autor=[[Hans-Peter Beck-Bornholdt]], [[Hans-Hermann Dubben]], H. Willers|Titel=Proliferationsrate und Strahlenempfindlichkeit. Der Irrtum von Bergonié und Tribondeau|Sammelwerk=[[Strahlentherapie und Onkologie]]|Band=173|Nummer=6|Jahr=1997|Seiten=335–337|DOI=10.1007/BF03038917|PMID=9235641}}</ref> Beispielsweise haben [[Haut]] und [[Schleimhaut]] eine sehr hohe tägliche [[Zellmauserung|Zellaustauschrate]]. Geht die Teilungsfähigkeit der Stammzellen durch Strahlung verloren, so geht die Haut innerhalb weniger Tage zugrunde. Ein langsam ausgetauschtes Gewebe wie beispielsweise Knochen entwickelt Strahlenschäden dagegen erst nach vielen Monaten. Diesen Umstand macht man sich bei der [[Strahlentherapie]] zunutze, da Tumorgewebe normalerweise einen schnelleren Zellaustausch und eine höhere Wachstumsfraktion aufweist als das umliegende gesunde Gewebe. Das Wachstum der Tumorzellen wird unterbunden, wobei Schäden von gesundem Gewebe wesentlich später auftreten.


Einige Tierarten reagieren wesentlich toleranter auf ionisierende Strahlung als der Mensch. So sollen Skorpione hundertfach resistenter gegenüber schädlicher Gamma-Strahlung sein, was vermutlich auf den geringen [[DNA]]-Gehalt in den Körperzellen der Skorpione zurückgeht.
Einige Tierarten reagieren wesentlich toleranter auf ionisierende Strahlung als der Mensch. So sollen Skorpione hundertfach resistenter gegenüber schädlicher Gamma-Strahlung sein, was vermutlich auf den geringen [[DNA]]-Gehalt in den Körperzellen der Skorpione zurückgeht.
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== Symptome ==
== Symptome ==
Generell gilt für die Strahlenkrankheit: Je höher die Dosis
Generell gilt für die Strahlenkrankheit: Je höher die Dosis,
* desto schwerwiegender sind die Auswirkungen,
* desto schwerwiegender sind die Auswirkungen,
* desto schneller treten die Symptome auf,
* desto schneller treten die Symptome auf,
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Über Verlauf und Überlebenschancen entscheidet die erhaltene [[Äquivalentdosis]]. Sie wird in [[Sievert (Einheit)|Sievert (Sv)]] angegeben.
Über Verlauf und Überlebenschancen entscheidet die erhaltene [[Äquivalentdosis]]. Sie wird in [[Sievert (Einheit)|Sievert (Sv)]] angegeben.


Die folgenden Dosisangaben beziehen sich auf ''akute'' Bestrahlung des gesamten Körpers. Akut bedeutet hier kurzdauernd im Vergleich zur Dauer [[Physiologie|physiologischer]] Heilungsvorgänge. Bei ''protrahierter'', d.&nbsp;h. zeitlich über Stunden oder länger verteilter Aufnahme der gleichen Dosis ist die Schadwirkung geringer, ebenso, wenn nicht der ganze Körper, sondern nur weniger empfindliche Körperteile wie z. B. Arme oder Beine bestrahlt werden.
Die folgenden Dosisangaben beziehen sich auf ''akute'' Bestrahlung des gesamten menschlichen Körpers. Akut bedeutet hier kurzdauernd im Vergleich zur Dauer [[Physiologie|physiologischer]] Heilungsvorgänge. Bei ''protrahierter'', d.&nbsp;h. zeitlich über Stunden oder länger verteilter, Aufnahme der gleichen Dosis ist die Schadwirkung geringer, ebenso, wenn nicht der ganze Körper, sondern nur weniger empfindliche Körperteile wie z. B. Arme oder Beine bestrahlt werden.


Die Zuordnung Dosiswerte → [[Symptom]]e unterscheidet sich in verschiedenen öffentlich zugänglichen Dokumenten etwas, da die Werte nicht experimentell am Menschen „erprobt“ sind. Die im Folgenden angegebenen Werte beruhen hauptsächlich auf Erfahrungen mit [[Röntgenstrahlung|Röntgen-]] oder [[Gammastrahlen]]. Sie wurden aufgrund der Folgen von Atombombenabwürfen und anderen Ereignissen statistisch ermittelt.
Die Zuordnung Dosiswerte → [[Symptom]]e unterscheidet sich in verschiedenen öffentlich zugänglichen Dokumenten etwas, da die Werte nicht experimentell am Menschen „erprobt“ sind. Die im Folgenden angegebenen Werte beruhen hauptsächlich auf Erfahrungen mit [[Röntgenstrahlung|Röntgen-]] oder [[Gammastrahlen]]. Sie wurden aufgrund der Folgen von Atombombenabwürfen und anderen Ereignissen statistisch ermittelt.
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|+ Auswirkungen kurzfristiger Bestrahlung (mit ionisierender Strahlung) des gesamten Körpers
|+ Auswirkungen kurzfristiger Bestrahlung (mit ionisierender Strahlung) des gesamten Körpers
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! Äquivalentdosis
! Äquivalent-<br>dosis (Sv)
! Bewertung
! Be-<br>wertung
! Symptome
! Symptome
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| bis 0,2 Sv
| bis 0,2
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|Mögliche angenommene Spätfolgen: [[Krebs (Medizin)|Krebs]], [[Mutation|Erbgutveränderung]]. Diese zählen nicht zur Strahlenkrankheit im eigentlichen Sinne; sie sind [[stochastisch]]e Strahlenschäden (siehe [[Strahlenrisiko]]).
|Mögliche angenommene Spätfolgen: [[Krebs (Medizin)|Krebs]], [[Mutation|Erbgutveränderung]]. Diese zählen nicht zur Strahlenkrankheit im eigentlichen Sinne; sie sind [[stochastisch]]e Strahlenschäden (siehe [[Strahlenrisiko]]).
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| 0,2 bis 0,5 Sv
| 0,2 bis 0,5
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|Keine Symptome, nur labortechnisch feststellbare Reduzierung der [[Erythrozyt|roten Blutkörperchen]].
|Keine Symptome, nur labortechnisch feststellbare Reduzierung der [[Erythrozyt|roten Blutkörperchen]].
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| 0,5 bis 1 Sv
| 0,5 bis 1
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|Leichter „Strahlenkater“ mit [[Kopfschmerz]]en und erhöhtem [[Infektion]]srisiko. Temporäre [[Unfruchtbarkeit|Sterilität]] beim Mann ist möglich.
|Leichter „Strahlenkater“ mit [[Kopfschmerz]]en und erhöhtem [[Infektion]]srisiko. Temporäre [[Unfruchtbarkeit|Sterilität]] beim Mann ist möglich.
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| 1 Sv bis 2 Sv
| 1 bis 2
|leichte Strahlenkrankheit
|leichte<br>Strahlen-<br>krankheit
|''10 % Todesfälle nach 30 Tagen ([[Letale Dosis]] (LD)&nbsp;10/30).''
|''10 % Todesfälle nach 30 Tagen ([[Letale Dosis]] (LD)&nbsp;10/30).''


Zu den typischen Symptomen zählen – beginnend innerhalb von 3 bis 6 Stunden nach der Bestrahlung, einige Stunden bis zu einem Tag andauernd – leichte bis mittlere [[Übelkeit]] (50 % wahrscheinlich bei 2&nbsp;Sv) mit gelegentlichem Erbrechen. Dem folgt eine Erholungsphase, in der die Symptome abklingen. Leichte Symptome kehren nach 10 bis 14&nbsp;Tagen zurück. Diese Symptome dauern etwa vier Wochen an und bestehen aus [[Appetitlosigkeit]] (50 % wahrscheinlich bei 1,5&nbsp;Sv), Unwohlsein und [[Müdigkeit|Ermüdung]] (50 % wahrscheinlich bei 2&nbsp;Sv). Die Genesung von anderen Verletzungen ist beeinträchtigt, und es besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Temporäre Unfruchtbarkeit beim Mann ist die Regel.
Zu den typischen Symptomen zählen – beginnend innerhalb von 3 bis 6 Stunden nach der Bestrahlung, einige Stunden bis zu einem Tag andauernd – leichte bis mittlere [[Übelkeit]] (50 % wahrscheinlich bei 2&nbsp;Sv) mit gelegentlichem Erbrechen. Dem folgt eine Erholungsphase, in der die Symptome abklingen. Leichte Symptome kehren nach 10 bis 14&nbsp;Tagen zurück. Diese Symptome dauern etwa vier Wochen an und bestehen aus [[Appetitlosigkeit]] (50 % wahrscheinlich bei 1,5&nbsp;Sv), Unwohlsein und [[Müdigkeit|Ermüdung]] (50 % wahrscheinlich bei 2&nbsp;Sv). Die Genesung von anderen Verletzungen ist beeinträchtigt, und es besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Temporäre Unfruchtbarkeit beim Mann ist die Regel.
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| 2 Sv bis 3 Sv
| 2 bis 3
| schwere Strahlenkrankheit
| rowspan="2" | schwere<br>Strahlen-<br>krankheit
|''35 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;35/30).''
|''35 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;35/30).''


Erkrankungen nehmen stark zu und eine signifikante Sterblichkeit setzt ein. Übelkeit ist die Regel (100 % bei 3&nbsp;Sv), das Auftreten von Erbrechen erreicht 50 % bei 2,8&nbsp;Sv. Die Anfangssymptome beginnen innerhalb von einer bis sechs Stunden und dauern ein bis zwei Tage an. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten folgende Symptome auf: [[Haarausfall]] am ganzen Körper (50 % wahrscheinlich bei 3&nbsp;Sv), Unwohlsein und Ermüdung. Der Verlust von weißen Blutkörperchen ist massiv, und das Infektionsrisiko steigt rapide an. Bei Frauen beginnt das Auftreten [[Permanenz|permanenter]] Sterilität. Die Genesung dauert einen bis mehrere Monate.
Erkrankungen nehmen stark zu und eine signifikante Sterblichkeit setzt ein. Übelkeit ist die Regel (100 % bei 3&nbsp;Sv), das Auftreten von Erbrechen erreicht 50 % bei 2,8&nbsp;Sv. Die Anfangssymptome beginnen innerhalb von einer bis sechs Stunden und dauern ein bis zwei Tage an. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten folgende Symptome auf: [[Haarausfall]] am ganzen Körper (50 % wahrscheinlich bei 3&nbsp;Sv), Unwohlsein und Ermüdung. Der Verlust von weißen Blutkörperchen ist massiv, und das Infektionsrisiko steigt rapide an. Bei Frauen kann es zu dauerhafter Sterilität kommen. Die Genesung dauert einen bis mehrere Monate.
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| 3 Sv bis 4 Sv
| 3 bis 4
|schwere Strahlenkrankheit
|''50 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;50/30).''
|''50 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;50/30).''


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[[Durchfall]] (50 % wahrscheinlich bei 3,5 Sv) und unkontrollierte Blutungen im [[Mund]], unter der [[Haut]] und in den [[Nieren]] (50 % wahrscheinlich bei 4 Sv).
[[Durchfall]] (50 % wahrscheinlich bei 3,5 Sv) und unkontrollierte Blutungen im [[Mund]], unter der [[Haut]] und in den [[Nieren]] (50 % wahrscheinlich bei 4 Sv).
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| 4 Sv bis 6 Sv
| 4 bis 6
| schwerste Strahlenkrankheit
| rowspan="4" | schwerste<br>Strahlen-<br>krankheit
|''60 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;60/30).''
|''60 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD&nbsp;60/30).''


Die [[Mortalität|Sterblichkeit]] erhöht sich schrittweise von ca. 50 % bei 4,5&nbsp;Sv bis zu 90 % bei 6&nbsp;Sv (außer bei massiver medizinischer Intensivversorgung). Das Auftreten der Anfangssymptome beginnt innerhalb von 30 bis 120 Minuten und dauert bis zu zwei Tage. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten im Allgemeinen die gleichen Symptome wie bei 3 bis 4&nbsp;Sv verstärkt auf. Die Genesung dauert mehrere Monate bis 1 Jahr. Der Tod tritt in der Regel 2 bis 12 Wochen nach der Bestrahlung durch Infektionen und [[Blutung]]en ein.
Die [[Mortalität|Sterblichkeit]] erhöht sich schrittweise von ca. 50 % bei 4,5&nbsp;Sv bis zu 90 % bei 6&nbsp;Sv (außer bei massiver medizinischer Intensivversorgung). Das Auftreten der Anfangssymptome beginnt innerhalb von 30 bis 120 Minuten und dauert bis zu zwei Tage an. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten im Allgemeinen die gleichen Symptome wie bei 3 bis 4&nbsp;Sv verstärkt auf. Die Genesung dauert mehrere Monate bis 1 Jahr. Der Tod tritt in der Regel 2 bis 12 Wochen nach der Bestrahlung durch Infektionen und [[Blutung]]en ein.
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| 6 Sv bis 10 Sv
| 6 bis 10
| schwerste Strahlenkrankheit
|''100 % Todesfälle nach 14 Tagen (LD&nbsp;100/14).''
|''100 % Todesfälle nach 14 Tagen (LD&nbsp;100/14).''


Die Überlebenschance hängt von der Güte und dem möglichst frühen Beginn der intensivmedizinischen Versorgung ab. Das [[Knochenmark]] ist nahezu oder vollständig zerstört und eine [[Stammzelltransplantation|Knochenmarktransplantation]] ist erforderlich. Das Magen- und Darmgewebe ist schwer geschädigt. Die Anfangssymptome treten innerhalb von 15 bis 30 Minuten auf und dauern bis zu zwei Tage an. Danach setzt eine 5- bis 10-tägige Erholungsphase ein, die als [[Walking-Ghost-Phase]] bezeichnet wird. Die Endphase endet mit dem Eintritt des Todes durch Infektionen und [[innere Blutung]]en. Falls eine Genesung eintritt, dauert sie mehrere Jahre, wobei sie wahrscheinlich nie vollständig erfolgen wird.
Die Überlebenschance hängt von der Güte und dem möglichst frühen Beginn der intensivmedizinischen Versorgung ab. Das [[Knochenmark]] ist nahezu oder vollständig zerstört und eine [[Stammzelltransplantation|Knochenmarktransplantation]] ist erforderlich. Das Magen- und Darmgewebe ist schwer geschädigt. Die Anfangssymptome treten innerhalb von 15 bis 30 Minuten auf und dauern bis zu zwei Tage an. Danach setzt eine 5- bis 10-tägige Erholungsphase ein, die als [[Walking-Ghost-Phase]] bezeichnet wird. Die Endphase endet mit dem Tod durch Infektionen und [[innere Blutung]]en. Falls eine Genesung eintritt, dauert sie mehrere Jahre und ist wahrscheinlich nie vollständig.
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| 10 Sv bis 20 Sv
| 10 bis 20
| schwerste Strahlenkrankheit
|''100 % Todesfälle nach 7 Tagen (LD&nbsp;100/7).''
|''100 % Todesfälle nach 7 Tagen (LD&nbsp;100/7).''


Diese hohe Dosis führt zu spontanen Symptomen innerhalb von 5 bis 30 Minuten. Nach der sofortigen Übelkeit durch die direkte Aktivierung der [[Chemorezeptor]]en im [[Gehirn]] und großer Schwäche folgt eine mehrtägige Phase des Wohlbefindens ([[Walking-Ghost-Phase]]). Danach folgt die Sterbephase mit raschem Zelltod im [[Magen-Darm-Trakt]], der zu massivem Durchfall, Darmblutungen und Wasserverlust sowie der Störung des [[Elektrolyt#Physiologie|Elektrolythaushalts]] führt. Der Tod tritt mit [[Delirium|Fieberdelirien]] und [[Koma]] durch [[Kreislaufversagen]] ein. Behandlung kann nur noch [[Palliativmedizin|palliativ]] erfolgen.
Diese hohe Dosis führt zu spontanen Symptomen innerhalb von 5 bis 30 Minuten. Nach der sofortigen Übelkeit durch die direkte Aktivierung der [[Chemorezeptor]]en im [[Gehirn]] und großer Schwäche folgt eine mehrtägige Phase des Wohlbefindens (Walking-Ghost-Phase). Danach folgt die Sterbephase mit raschem Zelltod im [[Magen-Darm-Trakt]], der zu massivem Durchfall, Darmblutungen und Wasserverlust sowie der Störung des [[Elektrolyt#Physiologie|Elektrolythaushalts]] führt. Der Tod tritt mit [[Delirium|Fieberdelirien]] und [[Koma]] durch [[Kreislaufversagen]] ein. Behandlung kann nur noch [[Palliativmedizin|palliativ]] erfolgen.
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| 20 Sv bis 50 Sv
| 20 bis 50
| schwerste Strahlenkrankheit
|''100 % Todesfälle nach 3 Tagen (LD&nbsp;100/3)'', im Übrigen wie bei „10 bis 20&nbsp;Sv“
|''100 % Todesfälle nach 3 Tagen (LD&nbsp;100/3)'', im Übrigen wie bei „10 bis 20&nbsp;Sv“
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| über 50 Sv
| 50 bis 80
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| Sofortige [[Desorientierung]] und Koma innerhalb von Sekunden oder Minuten. Der Tod tritt in wenigen Stunden durch völliges Versagen des [[Nervensystem]]s ein.
| Sofortige [[Desorientierung]] und Koma innerhalb von Sekunden oder Minuten. Der Tod tritt in wenigen Stunden durch völliges Versagen des [[Nervensystem]]s ein.
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| über 80 Sv
| über 80
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| Die US-Streitkräfte rechnen bei einer Dosis von 80&nbsp;Sv schneller [[Neutronenstrahlung]] mit einem sofortigen Eintritt des Todes.
| Die US-Streitkräfte rechnen bei einer Dosis von 80&nbsp;Sv schneller [[Neutronenstrahlung]] mit einem sofortigen Eintritt des Todes.
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== Vergleich mit Jahresdosiswerten ==
== Vergleich mit Jahresdosiswerten ==
Im Folgenden sind die normalerweise auftretenden und die nach der [[Strahlenschutzverordnung]] zulässigen Jahresdosen angegeben (mSv/a bedeutet Millisievert pro Jahr). Dabei handelt es sich um die allmählich im Lauf eines Jahres angesammelte Dosis. Der Vergleich mit obigen Zahlen zeigt, dass sogar die kurzzeitige Verabreichung der gesamten zulässigen Jahresdosis nicht zur Strahlenkrankheit führen würde.
Im Folgenden sind die normalerweise auftretenden und die nach der deutschen [[Strahlenschutzverordnung (Deutschland)|Strahlenschutzverordnung]] zulässigen Jahresdosen angegeben (mSv/a bedeutet Millisievert pro Jahr). Dabei handelt es sich um die allmählich im Lauf eines Jahres angesammelte Dosis. Der Vergleich mit obigen Zahlen zeigt, dass sogar die kurzzeitige Verabreichung der gesamten zulässigen Jahresdosis nicht zur Strahlenkrankheit führen würde.


{| class="wikitable"
{| class="wikitable"
|-
|-
! Jahresdosis
! Jahresdosis<br>(mSv/a)
! Beschreibung
! Beschreibung
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| 1–5 mSv/a
| 0,5–1,5 || Übliche Exposition durch Umgebung in Deutschland
| Übliche Exposition durch Umgebung, Innenraumatemluft ([[Radon]]), medizinische Untersuchungen (Röntgen) und Flugreisen ([[Kosmische Strahlung]])
|-
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| zusätzlich 1–6 mSv/a
| 0,7–3,5 || Übliche Exposition durch Umgebung in der Schweiz
|nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie B.
|-
| 0,3–6  || Innenraumatemluft (15–300 Bq/m³ [[Radon]])
|-
|-
| zusätzlich 6–20 mSv/a
| 0,01–1 || medizinische Untersuchung (Röntgenaufnahme)
|nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie A (seit 2001).
|-
[[Internationale Strahlenschutzkommission|ICRP]]-Empfehlung aus dem Jahr 1991: 0,05 Sv pro Jahr, 0,1 Sv pro 5 Jahre, 0,4 Sv über die Lebenszeit
| 2–20 || medizinische Untersuchung (Computer-Tomographie)
|-
| 0,03–0,09 || 10 h Flug in geringen/hohen Breitengraden ([[Kosmische Strahlung]])
|-
| zusätzlich: 1–6 || nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie B.
|-
| zusätzlich: 6–20 || nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie A (seit 2001).
[[Internationale Strahlenschutzkommission|ICRP]]-Empfehlung aus dem Jahr 1991: 50 mSv pro Jahr, 100 mSv pro 5 Jahre, 400 mSv über die Lebenszeit
<!-- Jahresgrenzwert in D wurde mit der Strahlenschutzverordnung im Jahr 2001 von 50 mSv/a auf 20 mSv/a reduziert, siehe http://www.umweltbundesamt-umwelt-deutschland.de/umweltdaten/public/theme.do;jsessionid=2A31425E217EDCA468EB179B69E38E75?nodeIdent=2459 -->
<!-- Jahresgrenzwert in D wurde mit der Strahlenschutzverordnung im Jahr 2001 von 50 mSv/a auf 20 mSv/a reduziert, siehe http://www.umweltbundesamt-umwelt-deutschland.de/umweltdaten/public/theme.do;jsessionid=2A31425E217EDCA468EB179B69E38E75?nodeIdent=2459 -->
|}
|}


== Vorbeugung ==
== Vorbeugung ==
Im Fall radioaktiver Kontamination des Patienten erfolgt zuerst eine [[Dekontamination]] (Entfernung der radioaktiven Verunreinigung), um die Einwirkzeit der Strahlung und damit die Dosis zu verringern. Bei Kernreaktorunfällen ist die Gabe von [[Kaliumiodid|Iod]] sinnvoll, um die [[Schilddrüse]] mit nicht radioaktivem Iod zu sättigen, damit möglichst wenig freigesetztes <sup>131</sup>I sich hier anlagert. Wirkungsvoll ist diese Maßnahme allerdings nur, wenn sie vor oder innerhalb von zwei Stunden nach der möglichen Aufnahme von <sup>131</sup>I durchgeführt wird. Durch spätere Einnahme kann immerhin noch die Verweildauer des Radioiods im Körper verkürzt werden.
Im Fall radioaktiver Kontamination des Patienten erfolgt zuerst eine [[Dekontamination]] (Entfernung der radioaktiven Verunreinigung), um die Einwirkzeit der Strahlung zu unterbrechen und damit die Dosis zu verringern. Bei Kernreaktorunfällen ist die Gabe von [[Kaliumiodid|Iod]] sinnvoll, um die [[Schilddrüse]] mit nicht radioaktivem Iod zu sättigen, damit möglichst wenig freigesetztes <sup>131</sup>I sich hier anlagert. Wirkungsvoll ist diese Maßnahme allerdings nur, wenn sie vor oder innerhalb von zwei Stunden nach der möglichen Aufnahme von <sup>131</sup>I durchgeführt wird. Durch spätere Einnahme kann immerhin noch die Verweildauer des Radioiods im Körper verkürzt werden.


== Therapie ==
== Therapie ==
Die hämatologischen Schäden (Schäden im [[Blut]]) werden durch [[Bluttransfusion]]en oder [[Stammzelltransplantation]]en behoben. Es kann versucht werden, durch [[Vitamine|Vitaminpräparate]] die Blutregeneration zu beschleunigen. Weiterhin muss ein Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes stattfinden. Wichtig ist auch das Beheben von Hautschäden, da der Körper nach der Bestrahlung besonders infektionsanfällig ist. Deshalb findet oft eine [[Begleittherapie]] mit [[Antibiotika]] statt.
Die hämatologischen Schäden (Schäden im [[Blut]]) werden mit [[Bluttransfusion]]en oder [[Stammzelltransplantation]]en bzw. Knochenmarktransplantation behandelt. Die Einnahme von [[Vitamine|Vitaminpräparaten]] kann die Blutregeneration beschleunigen. Weiterhin muss ein Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes stattfinden. Wichtig ist auch das Beheben von Hautschäden, da der Körper nach der Bestrahlung besonders infektionsanfällig ist. Deshalb findet oft eine [[Begleittherapie]] mit [[Antibiotika]] statt.
 
Durch starke Strahlung wird die Darmschleimhaut soweit geschädigt oder zerstört, dass [[Darmbakterien]] in die Blutbahn gelangen. Dadurch wird die körpereigene Immunabwehr so stark aktiviert, dass es zu schweren [[Entzündung]]sreaktionen kommt. Wenn sich die Bakterien aufgrund des geschwächten Immunsystems vermehren, kommt es zu einer [[Sepsis]], die intensivmedizinisch behandelt werden muss und oft die Ursache für einen tödlichen Verlauf der Strahlenkrankheit ist. Die medikamentöse Behandlung der Strahlenkrankheit ist daher Teil der Forschung, bei der bereits erste Erfolge gemeldet wurden. So ist es einem Forscherteam aus Boston gelungen, eine medikamentöse Therapie zu entwickeln, die in Tierversuchen bereits deutliche Erfolge zeigte. Dabei wurde stark bestrahlten Mäusen [[Bakterien permeabilisierendes Protein|BPI]] in Kombination mit einem Breitbandantibiotikum verabreicht. BPI ist ein körpereigenes [[Protein]], das nicht nur bei der Bekämpfung der Bakterien hilft, sondern auch eine Entzündungsreaktion verhindert.<ref>[http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1612311/ ''Forschung Aktuell: Mit Antibiotika gegen die Strahlenkrankheit''] auf: ''Deutschlandradio'' 24. November 2011.</ref>


[[Präventivmedizin|Vorbeugend]] wirken [[Radioprotektor]]en, wie beispielsweise [[Amifostin]].<ref name="PMID11368288">C. R. Culy, C. M. Spencer: ''Amifostine: an update on its clinical status as a cytoprotectant in patients with cancer receiving chemotherapy or radiotherapy and its potential therapeutic application in myelodysplastic syndrome.'' In: ''[[Drugs (Zeitschrift)|Drugs]]'' Band 61, Nummer 5, 2001, S.&nbsp;641–684, {{ISSN|0012-6667}}. PMID 11368288. (Review).</ref><ref name="PMID8612469">C. M. Spencer, K. L. Goa: ''Amifostine. A review of its pharmacodynamic and pharmacokinetic properties, and therapeutic potential as a radioprotector and cytotoxic chemoprotector.'' In: ''Drugs'' Band 50, Nummer 6, Dezember 1995, S.&nbsp;1001–1031, {{ISSN|0012-6667}}. PMID 8612469. (Review).</ref>
Durch starke Strahlung wird die Darmschleimhaut soweit geschädigt oder zerstört, dass [[Darmbakterien]] in die Blutbahn gelangen. Dadurch wird die körpereigene Immunabwehr so stark aktiviert, dass es zu schweren [[Entzündung]]sreaktionen kommt. Wenn sich die Bakterien aufgrund des geschwächten Immunsystems vermehren, kommt es zu einer [[Sepsis]], die intensivmedizinisch behandelt werden muss und oft die Ursache für einen tödlichen Verlauf der Strahlenkrankheit ist. Die medikamentöse Behandlung der Strahlenkrankheit ist daher Teil der Forschung, bei der bereits erste Erfolge gemeldet wurden. So ist es einem Forscherteam aus Boston gelungen, eine medikamentöse Therapie zu entwickeln, die in Tierversuchen bereits deutliche Erfolge zeigte. Dabei wurde stark bestrahlten Mäusen [[Bakterien permeabilisierendes Protein|BPI]] in Kombination mit einem Breitbandantibiotikum verabreicht. BPI ist ein körpereigenes [[Protein]], das nicht nur bei der Bekämpfung der Bakterien hilft, sondern auch eine Entzündungsreaktion verhindert.<ref>[https://www.deutschlandfunk.de/mit-antibiotika-gegen-die-strahlenkrankheit.676.de.html?dram:article_id=28945 ''Forschung Aktuell: Mit Antibiotika gegen die Strahlenkrankheit''] auf: ''Deutschlandradio'' 24. November 2011.</ref>


== Siehe auch ==
[[Präventivmedizin|Vorbeugend]] wirken [[Radioprotektor]]en wie beispielsweise [[Amifostin]].<ref name="PMID11368288">C. R. Culy, C. M. Spencer: ''Amifostine: an update on its clinical status as a cytoprotectant in patients with cancer receiving chemotherapy or radiotherapy and its potential therapeutic application in myelodysplastic syndrome.'' In: ''[[Drugs (Zeitschrift)|Drugs]]'' Band 61, Nummer 5, 2001, S.&nbsp;641–684, {{ISSN|0012-6667}}. PMID 11368288. (Review).</ref><ref name="PMID8612469">C. M. Spencer, K. L. Goa: ''Amifostine. A review of its pharmacodynamic and pharmacokinetic properties, and therapeutic potential as a radioprotector and cytotoxic chemoprotector.'' In: ''Drugs'' Band 50, Nummer 6, Dezember 1995, S.&nbsp;1001–1031, {{ISSN|0012-6667}}. PMID 8612469. (Review).</ref>
* [[Strahlung]], [[Strahlendosis]]
* [[Dosimetrie]], [[Strahlenschutz]], [[Strahlenschaden]]
* [[Strahlenbelastung]], [[Strahlenresistenz]], [[Strahlentherapie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
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* Igor A. Gusev: ''Medical management of radiation accidents''. CRC Press, Boca Raton 2001, ISBN 0-8493-7004-3.
* Igor A. Gusev: ''Medical management of radiation accidents''. CRC Press, Boca Raton 2001, ISBN 0-8493-7004-3.
* Klaus Gerosa: ''Schutz bei Atomunfällen. Vorbereitet sein auf den Notfall.'' Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1986, ISBN 3-404-60171-8.
* Klaus Gerosa: ''Schutz bei Atomunfällen. Vorbereitet sein auf den Notfall.'' Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1986, ISBN 3-404-60171-8.
* [[Robert Peter Gale]], Alexander Baranov: ''If the unlikely becomes likely: Medical response to nuclear accidents.'' In: ''Bulletin of the Atomic Scientist.'' Band 67, 2011, Nr. 2, S. 10–18.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Strahlenbedingte Erkrankung]]
[[Kategorie:Strahlenbedingte Erkrankung]]
[[Kategorie:Radioaktivität]]
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Aktuelle Version vom 4. Februar 2022, 11:21 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
T66 Strahlenkrankheit
ICD-10 online (WHO-Version 2016)
Durch massive Röntgenstrahlung hervorgerufene Verbrennungen an einer Hand.

Die Strahlenkrankheit tritt nach akuter, das heißt kurzzeitiger Bestrahlung des menschlichen Organismus durch ionisierende Strahlung wie beispielsweise Röntgen- oder Gammastrahlung auf, zum Beispiel nach Strahlungsunfällen oder Kernwaffenexplosionen.

Infolge der Strahlen der Hiroshimabombe entstandene Nekrose

Pathologie

Der Verlauf der Strahlenkrankheit hängt stark von der empfangenen Strahlendosis ab. Sie kann nur geringe Langzeitschäden, aber auch den Tod innerhalb von Minuten bedeuten. Bei mittleren Dosen zeigen sich Symptome innerhalb von Stunden und Tagen, darunter Haut- und Schleimhautschäden, innere Blutungen sowie Veränderungen des Blutbildes und des Immunsystems.

  • Dermatologische Symptome:
    • Erythema (juckende Hautrötungen)
    • Purpura
    • Bullae (Blasen)
    • Geschwüre
    • Haarausfall (bei starken Dosen z. T. dauerhaft)
    • Nekrosen
    • sonstige Hautschäden
  • Gastrointestinale Symptome:
    • Übelkeit
    • Erbrechen
    • Diarrhoe (Durchfall)
    • Appetitlosigkeit
  • Hämatopoetische Symptome (Myelosuppression):
    • erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund weniger weißer Blutkörperchen (Leukopenie)
    • verstärkte Blutungen aufgrund weniger Blutplättchen (Thrombozytopenie)
    • Blutarmut aufgrund weniger roter Blutkörperchen (Anämie)
    • Arterielle Hypotonie
  • Neurologische Symptome:
    • Schwindel
    • Kopfschmerzen
    • Benommenheit
    • Störungen des Zentralnervensystems (Krampfanfälle, Tremor, Ataxie)
  • Sonstige Symptome:
    • Fieber
    • Müdigkeit
    • Unfruchtbarkeit (temporär bis dauerhaft)

Menschliches und tierisches Gewebe weist gegenüber ionisierender Strahlung eine je nach Gewebeart unterschiedliche Strahlensensibilität auf. Früher wurde angenommen, das Gewebe würde umso stärker geschädigt, je höher seine Teilungsrate ist (Gesetz von Bergonié und Tribondeau, 1906). Das ist inzwischen widerlegt. Die Empfindlichkeit eines Organs oder Gewebesystems hängt vielmehr von der Lebensdauer der Funktionszellen und von der Größe der Stammzellfraktion ab, denn die Strahlung führt in der Regel nicht zum sofortigen Tod der bestrahlten Zellen, sondern zum Verlust ihrer Teilungsfähigkeit.[1] Beispielsweise haben Haut und Schleimhaut eine sehr hohe tägliche Zellaustauschrate. Geht die Teilungsfähigkeit der Stammzellen durch Strahlung verloren, so geht die Haut innerhalb weniger Tage zugrunde. Ein langsam ausgetauschtes Gewebe wie beispielsweise Knochen entwickelt Strahlenschäden dagegen erst nach vielen Monaten. Diesen Umstand macht man sich bei der Strahlentherapie zunutze, da Tumorgewebe normalerweise einen schnelleren Zellaustausch und eine höhere Wachstumsfraktion aufweist als das umliegende gesunde Gewebe. Das Wachstum der Tumorzellen wird unterbunden, wobei Schäden von gesundem Gewebe wesentlich später auftreten.

Einige Tierarten reagieren wesentlich toleranter auf ionisierende Strahlung als der Mensch. So sollen Skorpione hundertfach resistenter gegenüber schädlicher Gamma-Strahlung sein, was vermutlich auf den geringen DNA-Gehalt in den Körperzellen der Skorpione zurückgeht.

Ebenfalls ist die Ausprägung der Strahlenkrankheit abhängig von der Art und Energie der Strahlung und davon, ob die Strahlung nur von außen auf den Körper wirkt oder ob sie durch inkorporierte radioaktive Substanzen direkt im Körperinneren wirkt.

Symptome

Generell gilt für die Strahlenkrankheit: Je höher die Dosis,

  • desto schwerwiegender sind die Auswirkungen,
  • desto schneller treten die Symptome auf,
  • desto länger dauert die Erholungsphase,
  • desto länger bleibt die Krankheit bestehen und
  • desto geringer werden die Überlebenschancen.

Über Verlauf und Überlebenschancen entscheidet die erhaltene Äquivalentdosis. Sie wird in Sievert (Sv) angegeben.

Die folgenden Dosisangaben beziehen sich auf akute Bestrahlung des gesamten menschlichen Körpers. Akut bedeutet hier kurzdauernd im Vergleich zur Dauer physiologischer Heilungsvorgänge. Bei protrahierter, d. h. zeitlich über Stunden oder länger verteilter, Aufnahme der gleichen Dosis ist die Schadwirkung geringer, ebenso, wenn nicht der ganze Körper, sondern nur weniger empfindliche Körperteile wie z. B. Arme oder Beine bestrahlt werden.

Die Zuordnung Dosiswerte → Symptome unterscheidet sich in verschiedenen öffentlich zugänglichen Dokumenten etwas, da die Werte nicht experimentell am Menschen „erprobt“ sind. Die im Folgenden angegebenen Werte beruhen hauptsächlich auf Erfahrungen mit Röntgen- oder Gammastrahlen. Sie wurden aufgrund der Folgen von Atombombenabwürfen und anderen Ereignissen statistisch ermittelt.

Auswirkungen kurzfristiger Bestrahlung (mit ionisierender Strahlung) des gesamten Körpers
Äquivalent-
dosis (Sv)
Be-
wertung
Symptome
bis 0,2 Mögliche angenommene Spätfolgen: Krebs, Erbgutveränderung. Diese zählen nicht zur Strahlenkrankheit im eigentlichen Sinne; sie sind stochastische Strahlenschäden (siehe Strahlenrisiko).
0,2 bis 0,5 Keine Symptome, nur labortechnisch feststellbare Reduzierung der roten Blutkörperchen.
0,5 bis 1 Leichter „Strahlenkater“ mit Kopfschmerzen und erhöhtem Infektionsrisiko. Temporäre Sterilität beim Mann ist möglich.
1 bis 2 leichte
Strahlen-
krankheit
10 % Todesfälle nach 30 Tagen (Letale Dosis (LD) 10/30).

Zu den typischen Symptomen zählen – beginnend innerhalb von 3 bis 6 Stunden nach der Bestrahlung, einige Stunden bis zu einem Tag andauernd – leichte bis mittlere Übelkeit (50 % wahrscheinlich bei 2 Sv) mit gelegentlichem Erbrechen. Dem folgt eine Erholungsphase, in der die Symptome abklingen. Leichte Symptome kehren nach 10 bis 14 Tagen zurück. Diese Symptome dauern etwa vier Wochen an und bestehen aus Appetitlosigkeit (50 % wahrscheinlich bei 1,5 Sv), Unwohlsein und Ermüdung (50 % wahrscheinlich bei 2 Sv). Die Genesung von anderen Verletzungen ist beeinträchtigt, und es besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Temporäre Unfruchtbarkeit beim Mann ist die Regel.

2 bis 3 schwere
Strahlen-
krankheit
35 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD 35/30).

Erkrankungen nehmen stark zu und eine signifikante Sterblichkeit setzt ein. Übelkeit ist die Regel (100 % bei 3 Sv), das Auftreten von Erbrechen erreicht 50 % bei 2,8 Sv. Die Anfangssymptome beginnen innerhalb von einer bis sechs Stunden und dauern ein bis zwei Tage an. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten folgende Symptome auf: Haarausfall am ganzen Körper (50 % wahrscheinlich bei 3 Sv), Unwohlsein und Ermüdung. Der Verlust von weißen Blutkörperchen ist massiv, und das Infektionsrisiko steigt rapide an. Bei Frauen kann es zu dauerhafter Sterilität kommen. Die Genesung dauert einen bis mehrere Monate.

3 bis 4 50 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD 50/30).

Nach der Erholungsphase treten zusätzlich folgende Symptome auf: Durchfall (50 % wahrscheinlich bei 3,5 Sv) und unkontrollierte Blutungen im Mund, unter der Haut und in den Nieren (50 % wahrscheinlich bei 4 Sv).

4 bis 6 schwerste
Strahlen-
krankheit
60 % Todesfälle nach 30 Tagen (LD 60/30).

Die Sterblichkeit erhöht sich schrittweise von ca. 50 % bei 4,5 Sv bis zu 90 % bei 6 Sv (außer bei massiver medizinischer Intensivversorgung). Das Auftreten der Anfangssymptome beginnt innerhalb von 30 bis 120 Minuten und dauert bis zu zwei Tage an. Danach setzt eine 7- bis 14-tägige Erholungsphase ein. Wenn diese vorüber ist, treten im Allgemeinen die gleichen Symptome wie bei 3 bis 4 Sv verstärkt auf. Die Genesung dauert mehrere Monate bis 1 Jahr. Der Tod tritt in der Regel 2 bis 12 Wochen nach der Bestrahlung durch Infektionen und Blutungen ein.

6 bis 10 100 % Todesfälle nach 14 Tagen (LD 100/14).

Die Überlebenschance hängt von der Güte und dem möglichst frühen Beginn der intensivmedizinischen Versorgung ab. Das Knochenmark ist nahezu oder vollständig zerstört und eine Knochenmarktransplantation ist erforderlich. Das Magen- und Darmgewebe ist schwer geschädigt. Die Anfangssymptome treten innerhalb von 15 bis 30 Minuten auf und dauern bis zu zwei Tage an. Danach setzt eine 5- bis 10-tägige Erholungsphase ein, die als Walking-Ghost-Phase bezeichnet wird. Die Endphase endet mit dem Tod durch Infektionen und innere Blutungen. Falls eine Genesung eintritt, dauert sie mehrere Jahre und ist wahrscheinlich nie vollständig.

10 bis 20 100 % Todesfälle nach 7 Tagen (LD 100/7).

Diese hohe Dosis führt zu spontanen Symptomen innerhalb von 5 bis 30 Minuten. Nach der sofortigen Übelkeit durch die direkte Aktivierung der Chemorezeptoren im Gehirn und großer Schwäche folgt eine mehrtägige Phase des Wohlbefindens (Walking-Ghost-Phase). Danach folgt die Sterbephase mit raschem Zelltod im Magen-Darm-Trakt, der zu massivem Durchfall, Darmblutungen und Wasserverlust sowie der Störung des Elektrolythaushalts führt. Der Tod tritt mit Fieberdelirien und Koma durch Kreislaufversagen ein. Behandlung kann nur noch palliativ erfolgen.

20 bis 50 100 % Todesfälle nach 3 Tagen (LD 100/3), im Übrigen wie bei „10 bis 20 Sv“
50 bis 80 Sofortige Desorientierung und Koma innerhalb von Sekunden oder Minuten. Der Tod tritt in wenigen Stunden durch völliges Versagen des Nervensystems ein.
über 80 Die US-Streitkräfte rechnen bei einer Dosis von 80 Sv schneller Neutronenstrahlung mit einem sofortigen Eintritt des Todes.

Vergleich mit Jahresdosiswerten

Im Folgenden sind die normalerweise auftretenden und die nach der deutschen Strahlenschutzverordnung zulässigen Jahresdosen angegeben (mSv/a bedeutet Millisievert pro Jahr). Dabei handelt es sich um die allmählich im Lauf eines Jahres angesammelte Dosis. Der Vergleich mit obigen Zahlen zeigt, dass sogar die kurzzeitige Verabreichung der gesamten zulässigen Jahresdosis nicht zur Strahlenkrankheit führen würde.

Jahresdosis
(mSv/a)
Beschreibung
0,5–1,5 Übliche Exposition durch Umgebung in Deutschland
0,7–3,5 Übliche Exposition durch Umgebung in der Schweiz
0,3–6 Innenraumatemluft (15–300 Bq/m³ Radon)
0,01–1 medizinische Untersuchung (Röntgenaufnahme)
2–20 medizinische Untersuchung (Computer-Tomographie)
0,03–0,09 10 h Flug in geringen/hohen Breitengraden (Kosmische Strahlung)
zusätzlich: 1–6 nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie B.
zusätzlich: 6–20 nach derzeitiger Gesetzeslage noch erlaubte zusätzliche berufliche Exposition für Überwachungskategorie A (seit 2001).

ICRP-Empfehlung aus dem Jahr 1991: 50 mSv pro Jahr, 100 mSv pro 5 Jahre, 400 mSv über die Lebenszeit

Vorbeugung

Im Fall radioaktiver Kontamination des Patienten erfolgt zuerst eine Dekontamination (Entfernung der radioaktiven Verunreinigung), um die Einwirkzeit der Strahlung zu unterbrechen und damit die Dosis zu verringern. Bei Kernreaktorunfällen ist die Gabe von Iod sinnvoll, um die Schilddrüse mit nicht radioaktivem Iod zu sättigen, damit möglichst wenig freigesetztes 131I sich hier anlagert. Wirkungsvoll ist diese Maßnahme allerdings nur, wenn sie vor oder innerhalb von zwei Stunden nach der möglichen Aufnahme von 131I durchgeführt wird. Durch spätere Einnahme kann immerhin noch die Verweildauer des Radioiods im Körper verkürzt werden.

Therapie

Die hämatologischen Schäden (Schäden im Blut) werden mit Bluttransfusionen oder Stammzelltransplantationen bzw. Knochenmarktransplantation behandelt. Die Einnahme von Vitaminpräparaten kann die Blutregeneration beschleunigen. Weiterhin muss ein Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes stattfinden. Wichtig ist auch das Beheben von Hautschäden, da der Körper nach der Bestrahlung besonders infektionsanfällig ist. Deshalb findet oft eine Begleittherapie mit Antibiotika statt.

Durch starke Strahlung wird die Darmschleimhaut soweit geschädigt oder zerstört, dass Darmbakterien in die Blutbahn gelangen. Dadurch wird die körpereigene Immunabwehr so stark aktiviert, dass es zu schweren Entzündungsreaktionen kommt. Wenn sich die Bakterien aufgrund des geschwächten Immunsystems vermehren, kommt es zu einer Sepsis, die intensivmedizinisch behandelt werden muss und oft die Ursache für einen tödlichen Verlauf der Strahlenkrankheit ist. Die medikamentöse Behandlung der Strahlenkrankheit ist daher Teil der Forschung, bei der bereits erste Erfolge gemeldet wurden. So ist es einem Forscherteam aus Boston gelungen, eine medikamentöse Therapie zu entwickeln, die in Tierversuchen bereits deutliche Erfolge zeigte. Dabei wurde stark bestrahlten Mäusen BPI in Kombination mit einem Breitbandantibiotikum verabreicht. BPI ist ein körpereigenes Protein, das nicht nur bei der Bekämpfung der Bakterien hilft, sondern auch eine Entzündungsreaktion verhindert.[2]

Vorbeugend wirken Radioprotektoren wie beispielsweise Amifostin.[3][4]

Literatur

  • Kauffmann u. a.: Radiologie. 3. Auflage, Urban & Fischer München/Jena 2006, ISBN 3-437-44415-8.
  • Igor A. Gusev: Medical management of radiation accidents. CRC Press, Boca Raton 2001, ISBN 0-8493-7004-3.
  • Klaus Gerosa: Schutz bei Atomunfällen. Vorbereitet sein auf den Notfall. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1986, ISBN 3-404-60171-8.
  • Robert Peter Gale, Alexander Baranov: If the unlikely becomes likely: Medical response to nuclear accidents. In: Bulletin of the Atomic Scientist. Band 67, 2011, Nr. 2, S. 10–18.

Einzelnachweise

  1. Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben, H. Willers: Proliferationsrate und Strahlenempfindlichkeit. Der Irrtum von Bergonié und Tribondeau. In: Strahlentherapie und Onkologie. Band 173, Nr. 6, 1997, S. 335–337, doi:10.1007/BF03038917, PMID 9235641.
  2. Forschung Aktuell: Mit Antibiotika gegen die Strahlenkrankheit auf: Deutschlandradio 24. November 2011.
  3. C. R. Culy, C. M. Spencer: Amifostine: an update on its clinical status as a cytoprotectant in patients with cancer receiving chemotherapy or radiotherapy and its potential therapeutic application in myelodysplastic syndrome. In: Drugs Band 61, Nummer 5, 2001, S. 641–684, ISSN 0012-6667. PMID 11368288. (Review).
  4. C. M. Spencer, K. L. Goa: Amifostine. A review of its pharmacodynamic and pharmacokinetic properties, and therapeutic potential as a radioprotector and cytotoxic chemoprotector. In: Drugs Band 50, Nummer 6, Dezember 1995, S. 1001–1031, ISSN 0012-6667. PMID 8612469. (Review).
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