imported>Soranzo (Mitgliedschaft der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen eingefügt.) |
imported>Christoph Sager (VDI-Mitgliedschaft ergänzt) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''Albert Betz''' (* [[25. Dezember]] [[1885]] in [[Schweinfurt]]; † [[16. April]] [[1968]] in [[Göttingen]]) war ein deutscher [[Physiker]] und [[ | [[Datei:Albert Betz.jpg |mini |hochkant |Albert Betz]] | ||
'''Albert Betz''' (* [[25. Dezember]] [[1885]] in [[Schweinfurt]]; † [[16. April]] [[1968]] in [[Göttingen]]) war ein deutscher [[Maschinenbau]]er, [[Physiker]] und [[Aerodynamik]]er. Er schuf Grundlagen der Aerodynamik und der [[Windenergie]]. | |||
== Leben und Wirken == | == Leben und Wirken == | ||
Betz arbeitete ab 1911 als Strömungsforscher an der [[Aerodynamische Versuchsanstalt|Aerodynamischen Versuchsanstalt]] in Göttingen. Ab 1926 war er [[Professor]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen]]. Ab 1936 leitete er | [[Datei:Betzsche Leistungskurve.png |mini |[[Betzsches Gesetz]]: Idealer Leistungsbeiwert (z. B. ''Erntegrad'' einer [[Windkraftanlage]]) als Funktion der relativen Restgeschwindigkeit ''x'' = ''v''<sub>2</sub>/''v''<sub>1</sub>. Das Maximum liegt bei ''x'' = 1/3 und beträgt ''c''<sub>P</sub> = 16/27.]] | ||
[[Datei:SmokeDeflectorResearch1920.jpg |mini |Windleitblech-Entwicklung der [[Aerodynamische Versuchsanstalt|Aerodynamischen Versuchsanstalt]] aus den 1920er Jahren<ref name="Gruenewald2010_28" />]] | |||
[[Datei:Pfeilung Vorderkante-Hinterkante.png |mini |hochkant |Positive Pfeilung eines Flügels]] | |||
Betz arbeitete ab 1911 als Strömungsforscher an der [[Aerodynamische Versuchsanstalt|Aerodynamischen Versuchsanstalt]] in Göttingen. Ab 1926 war er [[Professor]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen]]. Ab 1936 leitete er die Aerodynamische Versuchsanstalt als Nachfolger von [[Ludwig Prandtl]]. Von 1947 bis 1956 war er Direktor des [[Max-Planck-Institut für Strömungsforschung|Max-Planck-Instituts für Strömungsforschung]]. | |||
1920 erschien ein Beitrag von ihm in der ''Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen'', in dem er nachwies, dass aus dem an einem Ort wirkenden [[Wind]] maximal 59,3 Prozent der im Augenblick verfügbaren Energie durch einen turbinenartigen, scheibenförmigen Wandler in eine mechanische [[Leistung (Physik)|Leistung]] umgesetzt werden kann. Dies drückte er im [[Betzsches Gesetz|Betzschen Gesetz]] aus. 1925 fasste er die Ergebnisse seiner Arbeiten zu diesem Thema in dem Buch ''Windenergie und ihre Ausnutzung durch Windmühlen'' zusammen und formulierte seine bis heute gültige [[Tragflügel]]-Theorie zur Formgebung der [[Windkraftanlage# | 1920 erschien ein Beitrag von ihm in der ''Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen'', in dem er nachwies, dass aus dem an einem Ort wirkenden [[Wind]] maximal 59,3 Prozent der im Augenblick verfügbaren Energie durch einen turbinenartigen, scheibenförmigen Wandler in eine mechanische [[Leistung (Physik)|Leistung]] umgesetzt werden kann. Dies drückte er im [[Betzsches Gesetz|Betzschen Gesetz]] aus. Eine andere Untersuchung aus dem Jahr 1920 führte zu den [[Windleitblech]]en für Dampflokomotiven, die den Lokführern zu besserer Sicht verhalfen.<ref name="Hucho2011_307" /> 1925 fasste er die Ergebnisse seiner Arbeiten zu diesem Thema in dem Buch ''Windenergie und ihre Ausnutzung durch Windmühlen'' zusammen und formulierte seine bis heute gültige [[Tragflügel]]-Theorie zur Formgebung der [[Windkraftanlage#Rotorblätter|Rotorblätter]]. | ||
Mit [[Kurt Bilau]] entwickelte er den Ventikantenflügel aus [[Aluminium]]. Dieser ist wie ein [[Tragfläche|Flugzeugtragflügel]] geformt und hat einen Hilfsflügel zur Drehzahl- und Leistungsregelung der [[Windmühle]]. Vor 1920 hatte er schon etwa zehn Jahre lang mit Ludwig Prandtl und [[Max Munk]] gearbeitet. 1939 forschte er zusammen mit [[Ludwig Bölkow]] im [[Windkanal]] für die [[Messerschmitt AG]]. | Mit [[Kurt Bilau]] entwickelte er den Ventikantenflügel aus [[Aluminium]]. Dieser ist wie ein [[Tragfläche|Flugzeugtragflügel]] geformt und hat einen Hilfsflügel zur Drehzahl- und Leistungsregelung der [[Windmühle]]. Vor 1920 hatte er schon etwa zehn Jahre lang mit Ludwig Prandtl und [[Max Munk]] gearbeitet. 1939 forschte er zusammen mit [[Ludwig Bölkow]] im [[Windkanal]] für die [[Messerschmitt AG]]. | ||
Mit [[Adolf Busemann (Ingenieurwissenschaftler)|Adolf Busemann]] konzipierte er die | Mit [[Adolf Busemann (Ingenieurwissenschaftler)|Adolf Busemann]] konzipierte er die Flügelpfeilung bei Flugzeugen in der Nähe der Schallgeschwindigkeit. 1942 wird ihm, gültig ab 9. September 1939, das Geheimpatent Nr. 732/42 ohne Bekanntmachung und ohne Eintragung in die Patentrolle erteilt.<ref name="Heinzerling2002"/> Alle modernen Verkehrsflugzeuge sind heute (2014) nach diesem Prinzip konstruiert. Das Patent wurde später erweitert und enthielt nun zusätzlich ein „Flugzeug mit Einrichtung zur Änderung der Flügelpfeilung“, also variabler Flügelgeometrie<ref name="Heinzerling2002"/> ein Prinzip, das heute bei modernen Kampfflugzeugen genutzt wird. Eine weitere Erweiterung des Patents umfasste nun auch „Flügel mit starker Pfeilstellung“.<ref name="Heinzerling2002"/> | ||
1943 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Göttinger [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref> | 1943 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Göttinger [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref>Holger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, Bd. 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 39.</ref> Seit 1952 war er korrespondierendes Mitglied der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]].<ref>{{BAdW|212|Name=Albert Betz |Kommentar= |Datum=3. Januar 2017}}</ref> Er war auch Mitglied des [[Verein Deutscher Ingenieure|Vereins Deutscher Ingenieure]] (VDI).<ref name="VDIZ">{{Literatur |Titel=VDI-Ehrenzeichen |Sammelwerk=[[VDI-Z Integrierte Produktion|VDI-Zeitschrift]] |Band=100 |Nummer=24 |Datum=1958-08-21 |Seiten=1131}}</ref> | ||
Er war ein Großneffe von [[Wladimir Betz]] (1834–1894), einem russisch-ukrainischen [[Anatomie|Anatomen]] und [[Histologie|Histologen]]. | Er war ein Großneffe von [[Wladimir Betz]] (1834–1894), einem russisch-ukrainischen [[Anatomie|Anatomen]] und [[Histologie|Histologen]]. | ||
== Ehrungen == | == Ehrungen == | ||
* [[Bundesverdienstkreuz| Großes Bundesverdienstkreuz]] (26. Juni 1957)<ref>Auskunft des Bundespräsidialamtes</ref> | * [[Bundesverdienstkreuz|Großes Bundesverdienstkreuz]] (26. Juni 1957)<ref>Auskunft des Bundespräsidialamtes</ref> | ||
* [[Carl-Friedrich-Gauß-Medaille]] (1965) | * VDI-Ehrenzeichen (1958)<ref name="VDIZ" /> | ||
* [[Carl-Friedrich-Gauß-Medaille]] (1965) | |||
== Werke == | == Werke == | ||
Zeile 26: | Zeile 31: | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* Michael Globig | * {{Literatur |Autor=Michael Globig |Titel=Experimente hart am Wind |Hrsg= |Sammelwerk=[[MaxPlanckForschung]] |Nummer=2/09 |Verlag=[[Max-Planck-Gesellschaft]] |Ort= |Jahr=2009 |ISSN= 1616-4172 |Seiten=96 bis 97 |Online=http://www.mpg.de/796661/S004_Rueckblende_096-097.pdf |Format=PDF |KBytes=144}} | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* {{DNB-Portal|118662716}} | * {{DNB-Portal|118662716}} | ||
* [http://webdoc.sub.gwdg.de/ebook/ra/2002/inventar.pdf ''webdoc.sub.gwdg.de''] | * [http://webdoc.sub.gwdg.de/ebook/ra/2002/inventar.pdf ''webdoc.sub.gwdg.de''] – Verzeichnis der Archivunterlagen zum Leben und Wirken Albert Betz an den Göttinger Instituten (PDF-Datei; 3,94 MB) | ||
* [http://edoc.mpg.de/display.epl?mode=doc&id=62385&col=79&grp=536 Seite über Betz' Nachlass im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft] | * [http://edoc.mpg.de/display.epl?mode=doc&id=62385&col=79&grp=536 Seite über Betz' Nachlass im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft] | ||
* [http://www.amics21.com/laveritat/albert_betz_windenergie.pdf Albert Betz: „Wind-Energie und ihre Ausnützung durch Windmühlen“ (1926)] (als pdf, 4, 13 MB) | * [http://www.amics21.com/laveritat/albert_betz_windenergie.pdf Albert Betz: „Wind-Energie und ihre Ausnützung durch Windmühlen“ (1926)] (als pdf, 4, 13 MB) | ||
Zeile 36: | Zeile 41: | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references> | <references> | ||
<ref name="Werk">Werner Heinzerling: ''Flügelpfeilung und Flächenregel - Zwei grundlegende deutsche Patente der Flugzeugaerodynamik''. S. 6 ([http://www.akl.tu-darmstadt.de/media/arbeitskreis_luftverkehr/downloads_6/kolloquien/9kolloqium/heinzerlingflgelpfeilungundflchenregel.pdf PDF])</ref> | <ref name="Heinzerling2002">{{Internetquelle | ||
|autor= Werner Heinzerling | |||
|url= http://www.aviation.tu-darmstadt.de/media/arbeitskreis_luftverkehr/downloads_6/kolloquien/9kolloqium/heinzerlingflgelpfeilungundflchenregel.pdf#page=4 | |||
|titel= Flügelpfeilung und Flächenregel, zwei grundlegende deutsche Patente der Flugzeugaerodynamik | |||
|werk= Neuntes Kolloquium Luftverkehr an der TU Darmstadt | |||
|hrsg= Arbeitskreis Luftverkehr der TU Darmstadt, Darmstadt | |||
|datum= 2002 | |||
|format= PDF; 10 MB | |||
|sprache= de | |||
|abruf= 2021-07-17 | |||
|offline= | |||
|archiv-url= http://web.archive.org/web/20150402091145/http://www.aviation.tu-darmstadt.de/media/arbeitskreis_luftverkehr/downloads_6/kolloquien/9kolloqium/heinzerlingflgelpfeilungundflchenregel.pdf | |||
|archiv-datum= 2015-04-02}}</ref> | |||
<!-- <ref name="Werk">Werner Heinzerling: ''Flügelpfeilung und Flächenregel - Zwei grundlegende deutsche Patente der Flugzeugaerodynamik''. S. 6 ([http://www.akl.tu-darmstadt.de/media/arbeitskreis_luftverkehr/downloads_6/kolloquien/9kolloqium/heinzerlingflgelpfeilungundflchenregel.pdf PDF])</ref> --> | |||
<ref name="Gruenewald2010_28">{{Literatur | |||
|Autor=Sven Grünewald | |||
|Titel=Wiege der Luftfahrtforschung | |||
|Hrsg=Polygo Verlag GmbH & Regionalverband Südniedersachsen e.V. | |||
|Sammelwerk=RegJo | |||
|Nummer=54 | |||
|Verlag=Polygo Verlag GmbH | |||
|Ort=Göttingen | |||
|Jahr=2010 | |||
|ISSN=16155696 | |||
|Seiten=28}}</ref> | |||
<ref name="Hucho2011_307">{{Literatur | |||
|Autor=Wolf-Heinrich Hucho | |||
|Titel=Aerodynamik der stumpfen Körper | |||
|TitelErg=Physikalische Grundlagen und Anwendungen in der Praxis | |||
|Verlag=Vieweg + Teubner | |||
|Ort=Wiesbaden | |||
|Datum=2011-09-15 | |||
|ISBN=978-3834814623 | |||
|Seiten=307}}</ref> | |||
</references> | </references> | ||
Zeile 56: | Zeile 94: | ||
[[Kategorie:Mann]] | [[Kategorie:Mann]] | ||
[[Kategorie:Träger der Carl-Friedrich-Gauß-Medaille]] | [[Kategorie:Träger der Carl-Friedrich-Gauß-Medaille]] | ||
[[Kategorie:Träger des Ludwig-Prandtl-Ringes]] | |||
[[Kategorie:Absolvent der Technischen Universität Berlin]] | |||
{{Personendaten | {{Personendaten |
Albert Betz (* 25. Dezember 1885 in Schweinfurt; † 16. April 1968 in Göttingen) war ein deutscher Maschinenbauer, Physiker und Aerodynamiker. Er schuf Grundlagen der Aerodynamik und der Windenergie.
Betz arbeitete ab 1911 als Strömungsforscher an der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen. Ab 1926 war er Professor an der Georg-August-Universität Göttingen. Ab 1936 leitete er die Aerodynamische Versuchsanstalt als Nachfolger von Ludwig Prandtl. Von 1947 bis 1956 war er Direktor des Max-Planck-Instituts für Strömungsforschung.
1920 erschien ein Beitrag von ihm in der Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen, in dem er nachwies, dass aus dem an einem Ort wirkenden Wind maximal 59,3 Prozent der im Augenblick verfügbaren Energie durch einen turbinenartigen, scheibenförmigen Wandler in eine mechanische Leistung umgesetzt werden kann. Dies drückte er im Betzschen Gesetz aus. Eine andere Untersuchung aus dem Jahr 1920 führte zu den Windleitblechen für Dampflokomotiven, die den Lokführern zu besserer Sicht verhalfen.[2] 1925 fasste er die Ergebnisse seiner Arbeiten zu diesem Thema in dem Buch Windenergie und ihre Ausnutzung durch Windmühlen zusammen und formulierte seine bis heute gültige Tragflügel-Theorie zur Formgebung der Rotorblätter.
Mit Kurt Bilau entwickelte er den Ventikantenflügel aus Aluminium. Dieser ist wie ein Flugzeugtragflügel geformt und hat einen Hilfsflügel zur Drehzahl- und Leistungsregelung der Windmühle. Vor 1920 hatte er schon etwa zehn Jahre lang mit Ludwig Prandtl und Max Munk gearbeitet. 1939 forschte er zusammen mit Ludwig Bölkow im Windkanal für die Messerschmitt AG.
Mit Adolf Busemann konzipierte er die Flügelpfeilung bei Flugzeugen in der Nähe der Schallgeschwindigkeit. 1942 wird ihm, gültig ab 9. September 1939, das Geheimpatent Nr. 732/42 ohne Bekanntmachung und ohne Eintragung in die Patentrolle erteilt.[3] Alle modernen Verkehrsflugzeuge sind heute (2014) nach diesem Prinzip konstruiert. Das Patent wurde später erweitert und enthielt nun zusätzlich ein „Flugzeug mit Einrichtung zur Änderung der Flügelpfeilung“, also variabler Flügelgeometrie[3] ein Prinzip, das heute bei modernen Kampfflugzeugen genutzt wird. Eine weitere Erweiterung des Patents umfasste nun auch „Flügel mit starker Pfeilstellung“.[3]
1943 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[4] Seit 1952 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[5] Er war auch Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).[6]
Er war ein Großneffe von Wladimir Betz (1834–1894), einem russisch-ukrainischen Anatomen und Histologen.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Betz, Albert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Physiker und Pionier der Windkrafttechnik |
GEBURTSDATUM | 25. Dezember 1885 |
GEBURTSORT | Schweinfurt |
STERBEDATUM | 16. April 1968 |
STERBEORT | Göttingen |