2003:7a:b30:3800:e9c7:a9cb:16f3:4eb4 (Diskussion) (Einfügen von Link zum Artikel "Helium") |
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[[Datei:Ernest Rutherford LOC.jpg|mini|Ernest Rutherford]] | [[Datei:Ernest Rutherford LOC.jpg|mini|Ernest Rutherford]] | ||
'''Ernest Rutherford, 1. Baron Rutherford of Nelson''' (* [[30. August]] [[1871]] in [[Spring Grove (Neuseeland)|Spring Grove]] bei [[Nelson (Neuseeland)|Nelson]], [[Neuseeland]]; † [[19. Oktober]] [[1937]] in [[Cambridge]], [[Vereinigtes Königreich]]), war ein britischer [[Physiker]], der 1908 den [[Nobelpreis für Chemie]]<ref>[https://archive.org/stream/lesprixnobel1908nobe#page/n61/mode/2up Nobel Preis für Chemie 1908, Originalvortrag]</ref> erhielt. Rutherford gilt als einer der bedeutendsten [[Experimentalphysik]]er. | |||
1897 erkannte Rutherford, dass die [[ionisierende Strahlung]] von [[Uran]] aus mehreren Teilchenarten besteht. 1902 stellte er die [[Hypothese]] auf, dass [[Chemisches Element|chemische Elemente]] durch [[radioaktiver Zerfall|radioaktiven Zerfall]] in Elemente mit niedrigerer Ordnungszahl übergehen. Er unterschied 1903 die [[Radioaktivität]] in [[Alphastrahlung]], [[Betastrahlung]] und [[Gammastrahlung]] nach ihrem zunehmenden Durchdringungsvermögen<ref>[https://www.journals.uchicago.edu/doi/10.1086/351545 Thaddeus J. Trenn: Rutherford on the Alpha-Beta-Gamma Classification of Radioactive Rays. ''Isis'' Bd. 67 (1976) S. 61ff doi.org/10.1086/351545]</ref> und führte den Begriff der [[Halbwertszeit]] ein. Diese Arbeit wurde 1908 mit dem [[Nobelpreis für Chemie]] ausgezeichnet. | |||
Sein bekanntester Beitrag zur [[Atomphysik]] ist das [[Rutherfordsches Atommodell|Rutherfordsche Atommodell]], das er 1911 aus seinen [[Rutherford-Streuung|Streuversuchen]] von Alphateilchen an [[Gold]]folie ableitete. Rutherford erweiterte das [[Thomsonsches Atommodell|Atommodell]] von [[Joseph John Thomson|Thomson]], der von einer gleichmäßigen Masseverteilung ausgegangen war. | |||
Rutherford wies erstmals 1917 experimentell nach, dass durch Bestrahlung mit [[Alphastrahlung|Alphateilchen]] ein [[Atomkern]] (anhand von [[Stickstoff]]) in einen anderen (in seinem Falle in das nächstschwerere Element [[Sauerstoff]]) umgewandelt werden kann. Bei diesen Experimenten entdeckte er das [[Proton]]. Unter seiner Anleitung „zertrümmerten“ [[John Cockcroft]] und [[Ernest Walton]] mit künstlich beschleunigten Teilchen einen Atomkern; mit Protonen beschossenes [[Lithium]] wandelte sich um in zwei Alphateilchen, also [[Helium]]-Kerne. Einem weiteren Wissenschaftler in Cambridge, [[James Chadwick]], gelang es 1932, das [[Neutron]] experimentell nachzuweisen, welches Rutherford bereits Jahre vorher theoretisch postuliert hatte. | |||
Rutherford wies erstmals 1917 experimentell nach, dass durch Bestrahlung mit [[Alphastrahlung|Alphateilchen]] ein [[Atomkern]] ( | |||
== Leben und Wirken == | == Leben und Wirken == | ||
=== Herkunft und Ausbildung === | === Herkunft und Ausbildung === | ||
Ernest Rutherford war das vierte von zwölf Kindern von James Rutherford (<!--24. November-->1838–1928) und dessen Frau Martha Thompson (um 1843–<!--16. Juli-->1935).<ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 12.</ref> Seine Eltern waren im Kindesalter nach [[Neuseeland]] immigriert.<ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 20.</ref><ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 39.</ref> Von [[Spring Grove (Neuseeland)|Spring Grove]] zog die Familie 1876 nach [[Foxhill (Neuseeland)|Foxhill]]. Dort besuchte Rutherford ab März 1877 die von Henry Ladley geleitete [[Primary School]]. 1883 zog die Familie weiter nach [[Havelock (Neuseeland)|Havelock]], wo der Vater am [[Ruakaka]] | Ernest Rutherford war das vierte von zwölf Kindern von James Rutherford (<!--24. November-->1838–1928) und dessen Frau Martha Thompson (um 1843–<!--16. Juli-->1935).<ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 12.</ref> Seine Eltern waren im Kindesalter nach [[Neuseeland]] immigriert.<ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 20.</ref><ref>John Campbell: ''Rutherford’s Ancestors''. 1996, S. 39.</ref> Von [[Spring Grove (Neuseeland)|Spring Grove]] zog die Familie 1876 nach [[Foxhill (Neuseeland)|Foxhill]]. Dort besuchte Rutherford ab März 1877 die von Henry Ladley geleitete [[Primary School]]. 1883 zog die Familie weiter nach [[Havelock (Neuseeland)|Havelock]], wo der Vater am [[Ruakaka River]] eine von ihm errichtete Flachsmühle betrieb. Aus wirtschaftlichen Gründen musste die Familie fünf Jahre später noch einmal umziehen, diesmal nach [[Pungarehu]] auf der neuseeländischen [[Nordinsel (Neuseeland)|Nordinsel]]. Unterstützt durch ein Stipendium des Marlborough Education Boards besuchte Rutherford von 1887 bis 1889 das [[Nelson College]]. Dort spielte er unter anderem in der [[Rugby]]-Mannschaft und war 1889 Schulsprecher. Sein Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften wurde durch seinen Lehrer [[William Still Littlejohn]] (1859–1933) gefördert. | ||
Ab Februar 1890 studierte Rutherford am [[University of Canterbury|Canterbury College]] in [[Christchurch]]. Dort förderte der Professor für Mathematik und Naturphilosophie [[Charles Henry Herbert Cook]] (1843–1910)<ref>W. J. Gardner: ''[http://www.teara.govt.nz/en/biographies/2c30/1 Cook, Charles Henry Herbert]''. In: ''Dictionary of New Zealand Biography'', abgerufen am 4. März 2013.</ref> Rutherfords mathematische Begabung, während der Professor für Chemie [[Alexander William Bickerton]] (1842–1929)<ref>H. N. Parton: ''[http://www.teara.govt.nz/en/biographies/2b23/bickerton-alexander-william Bickerton, Alexander William]''. In: ''Dictionary of New Zealand Biography'', abgerufen am 4. März 2013.</ref>, der ebenfalls Physik unterrichtete, Rutherfords Interesse für die Physik weckte. 1892 bestand Rutherford die Prüfungen für den [[Bachelor of Arts]], 1893 erwarb er den Grad eines [[Master of Arts]] und ein Jahr später den Abschluss als [[Bachelor of Science]]. Rutherfords erste Forschungsarbeiten beschäftigten sich mit dem Einfluss von hochfrequenten [[Elektromagnetische Welle|Hertzschen Wellen]] auf die magnetischen Eigenschaften von Eisen und wurden in den ''Transactions of the New Zealand Institute'' veröffentlicht. | Ab Februar 1890 studierte Rutherford am [[University of Canterbury|Canterbury College]] in [[Christchurch]]. Dort förderte der Professor für Mathematik und Naturphilosophie [[Charles Henry Herbert Cook]] (1843–1910)<ref>W. J. Gardner: ''[http://www.teara.govt.nz/en/biographies/2c30/1 Cook, Charles Henry Herbert]''. In: ''Dictionary of New Zealand Biography'', abgerufen am 4. März 2013.</ref> Rutherfords mathematische Begabung, während der Professor für Chemie [[Alexander William Bickerton]] (1842–1929)<ref>H. N. Parton: ''[http://www.teara.govt.nz/en/biographies/2b23/bickerton-alexander-william Bickerton, Alexander William]''. In: ''Dictionary of New Zealand Biography'', abgerufen am 4. März 2013.</ref>, der ebenfalls Physik unterrichtete, Rutherfords Interesse für die Physik weckte. 1892 bestand Rutherford die Prüfungen für den [[Bachelor of Arts]], 1893 erwarb er den Grad eines [[Master of Arts]] und ein Jahr später den Abschluss als [[Bachelor of Science]]. Rutherfords erste Forschungsarbeiten beschäftigten sich mit dem Einfluss von hochfrequenten [[Elektromagnetische Welle|Hertzschen Wellen]] auf die magnetischen Eigenschaften von Eisen und wurden in den ''Transactions of the New Zealand Institute'' veröffentlicht. | ||
Während dieser Zeit wohnte Rutherford im Haus der verwitweten Mary Kate De Renzy Newton, einer Sekretärin der [[Woman’s Christian Temperance Union]]. Dort lernte er ihre Tochter | Während dieser Zeit wohnte Rutherford im Haus der verwitweten Mary Kate De Renzy Newton, einer Sekretärin der [[Woman’s Christian Temperance Union]]. Dort lernte er ihre Tochter kennen, seine spätere Frau Mary „May“ Georgina Newton (1876–1945). | ||
Rutherford bewarb sich 1894 um den neuseeländischen Platz für ein „[[1851 Exhibition Scholarship]]“, | Rutherford bewarb sich 1894 um den neuseeländischen Platz für ein „[[1851 Exhibition Scholarship]]“, ein aus den Überschüssen der [[Great Exhibition]] von 1851 in London finanziertes Stipendium. Er unterlag mit seiner Bewerbung dem Chemiker [[James Scott Maclaurin]] (1864–1939) vom [[Auckland University College]].<ref>Brian R. Davis: ''[http://www.teara.govt.nz/en/biographies/3m23/maclaurin-james-scott Maclaurin, James Scott]''. In: ''Dictionary of New Zealand Biography'', abgerufen am 4. März 2013.</ref> Als Maclaurin das mit 150 [[Pfund Sterling]] dotierte und für einen Studienaufenthalt in Großbritannien gedachte Stipendium nicht annahm, wurde es Rutherford als zweitem Bewerber zugesprochen. | ||
Am 1. August 1895 verließ Rutherford von [[Wellington]] aus mit einem Dampfschiff Neuseeland.<ref>John Campbell: ''Rutherford. Scientist Supreme''. 1999, S. 192.</ref> Bei einem Zwischenaufenthalt führte er [[William Henry Bragg]] an der [[University of Adelaide]] seinen Detektor für Hertzsche Wellen vor und erhielt von Bragg ein Empfehlungsschreiben.<ref>Arthur Eve: ''Rutherford''. 1939, S. 13.</ref> Im Oktober 1895 begann Rutherford seine Tätigkeit am von [[Joseph John Thomson]] geleiteten [[Cavendish-Laboratorium]] der [[University of Cambridge]]. Zunächst beschäftigte er sich mit der Verbesserung der Empfindlichkeit seines Detektors, mit dem er bald Radiowellen in einer Entfernung von etwa einer halben Meile nachweisen konnte.<ref>Sungook Hong: ''Wireless: From Marconi's Black Box to the Audion''. MIT Press, 2001, ISBN 0-262-08298-5, S. 13–16.</ref> Thomson, der Rutherfords experimentelles Talent schnell erkannte, lud Rutherford zu Beginn des Oster-Semesters 1896 ein, ihn bei seinen Untersuchungen der [[Elektrische Leitfähigkeit|elektrischen Leitfähigkeit]] von [[Gas]]en zu unterstützen. Sie benutzten die wenige Monate zuvor entdeckten [[Röntgenstrahlen]], um die Leitfähigkeit in den Gasen auszulösen. Rutherford entwickelte die experimentellen Techniken, um die [[Rekombinationsrate]] und die Geschwindigkeiten der unter der Einwirkung der Röntgenstrahlen entstehenden [[Ion]]en zu messen. In der Folgezeit setzte Rutherford diese Experimente unter Verwendung von [[Ultraviolettstrahlung]] fort. | Am 1. August 1895 verließ Rutherford von [[Wellington]] aus mit einem Dampfschiff Neuseeland.<ref>John Campbell: ''Rutherford. Scientist Supreme''. 1999, S. 192.</ref> Bei einem Zwischenaufenthalt führte er [[William Henry Bragg]] an der [[University of Adelaide]] seinen Detektor für Hertzsche Wellen vor und erhielt von Bragg ein Empfehlungsschreiben.<ref>Arthur Eve: ''Rutherford''. 1939, S. 13.</ref> Im Oktober 1895 begann Rutherford seine Tätigkeit am von [[Joseph John Thomson]] geleiteten [[Cavendish-Laboratorium]] der [[University of Cambridge]]. Zunächst beschäftigte er sich mit der Verbesserung der Empfindlichkeit seines Detektors, mit dem er bald Radiowellen in einer Entfernung von etwa einer halben Meile nachweisen konnte.<ref>Sungook Hong: ''Wireless: From Marconi's Black Box to the Audion''. MIT Press, 2001, ISBN 0-262-08298-5, S. 13–16.</ref> Thomson, der Rutherfords experimentelles Talent schnell erkannte, lud Rutherford zu Beginn des Oster-Semesters 1896 ein, ihn bei seinen Untersuchungen der [[Elektrische Leitfähigkeit|elektrischen Leitfähigkeit]] von [[Gas]]en zu unterstützen. Sie benutzten die wenige Monate zuvor entdeckten [[Röntgenstrahlen]], um die Leitfähigkeit in den Gasen auszulösen. Rutherford entwickelte die experimentellen Techniken, um die [[Rekombinationsrate]] und die Geschwindigkeiten der unter der Einwirkung der Röntgenstrahlen entstehenden [[Ion]]en zu messen. In der Folgezeit setzte Rutherford diese Experimente unter Verwendung von [[Ultraviolettstrahlung]] fort. | ||
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=== Professor in Montreal, Manchester und Cambridge === | === Professor in Montreal, Manchester und Cambridge === | ||
[[Datei:Physics Building at McGill University.png|mini|Das neu errichtete Physikgebäude der [[McGill-Universität]] zählte zu den modernsten Forschungseinrichtungen seiner Zeit.]] | [[Datei:Physics Building at McGill University.png|mini|Das neu errichtete Physikgebäude der [[McGill-Universität]] zählte zu den modernsten Forschungseinrichtungen seiner Zeit.]] | ||
[[Datei:Sir Ernest Rutherfords laboratory, early 20th century. (9660575343).jpg|mini|Ernest Rutherfords Labor im Cavendish-Laboratorium, 1926 | [[Datei:Sir Ernest Rutherfords laboratory, early 20th century. (9660575343).jpg|mini|Ernest Rutherfords Labor im Cavendish-Laboratorium, 1926]] | ||
1898 erhielt er einen Ruf an die [[McGill-Universität]] in [[Montreal]] ([[Kanada]]), wo er bis 1907 arbeitete. Für die Forschungen, die er in dieser Zeit leistete, erhielt er im Jahre 1908 den [[Nobelpreis für Chemie]]. | 1898 erhielt er einen Ruf an die [[McGill-Universität]] in [[Montreal]] ([[Kanada]]), wo er bis 1907 arbeitete. Für die Forschungen, die er in dieser Zeit leistete, erhielt er im Jahre 1908 den [[Nobelpreis für Chemie]]. | ||
Danach begann er an der [[Universität Manchester]] in [[England]] zu lehren, wo er unter anderem mit späteren Nobelpreisträgern wie [[Niels Bohr]] und [[Patrick Blackett, Baron Blackett|Patrick Blackett]] arbeitete. | Danach begann er an der [[Universität Manchester]] in [[England]] zu lehren, wo er unter anderem mit späteren Nobelpreisträgern wie [[Niels Bohr]] und [[Patrick Blackett, Baron Blackett|Patrick Blackett]] arbeitete. | ||
Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] reiste er 1917 zusammen mit [[Henri Abraham]] und [[Charles Fabry]] in die [[USA]], um die Frage der [[U-Boot-Abwehr]] zu diskutieren.<ref>Johannes-Geert Hagmann: ''Wie sich die Physik Gehör | Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] reiste er 1917 zusammen mit [[Henri Abraham]] und [[Charles Fabry]] in die [[Vereinigte Staaten|USA]], um die Frage der [[U-Boot-Abwehr]] zu diskutieren.<ref>Johannes-Geert Hagmann: ''Wie sich die Physik Gehör verschaffte – Die amerikanischen Physiker engagierten sich im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] mit "praktischer" Forschung''. [[Physik Journal]] 14 (2015) Nr. 11, S. 43–46.</ref> | ||
1919 ging er als Professor nach [[University of Cambridge|Cambridge]], wo er Direktor des [[Cavendish-Laboratorium]]s war. 1921 erschien seine Schrift ''Nuclear Constitution of Atoms'' (dt.: ''Über die Kernstruktur der Atome)''. Von 1925 bis 1930 war er Präsident der [[Royal Society]]. | 1919 ging er als Professor nach [[University of Cambridge|Cambridge]], wo er Direktor des [[Cavendish-Laboratorium]]s war. 1921 erschien seine Schrift ''Nuclear Constitution of Atoms'' (dt.: ''Über die Kernstruktur der Atome)''. Von 1925 bis 1930 war er Präsident der [[Royal Society]]. | ||
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1933 unterstützte er [[William Henry Beveridge]] bei der Gründung des ''Academic Assistance Council'' (AAC, heute [[Council for Assisting Refugee Academics]]), dessen erster Präsident er wurde.<ref name="Geschichte">{{Internetquelle|url=http://www.cara1933.org/history.asp|titel=History|archiv-url=https://web.archive.org/web/20150507152614/http://www.cara1933.org/history.asp|archiv-datum=2015-05-07|hrsg=cara1933.org|zugriff=2013-09-04|sprache=en}}</ref> | 1933 unterstützte er [[William Henry Beveridge]] bei der Gründung des ''Academic Assistance Council'' (AAC, heute [[Council for Assisting Refugee Academics]]), dessen erster Präsident er wurde.<ref name="Geschichte">{{Internetquelle|url=http://www.cara1933.org/history.asp|titel=History|archiv-url=https://web.archive.org/web/20150507152614/http://www.cara1933.org/history.asp|archiv-datum=2015-05-07|hrsg=cara1933.org|zugriff=2013-09-04|sprache=en}}</ref> | ||
Rutherford wurde in der [[Westminster Abbey]] in London nahe dem Grab von [[Isaac Newton]] beigesetzt. | 1934 gelang ihm mit [[Mark Oliphant]] und [[Paul Harteck]] die Entdeckung des [[Tritium]]s und die erste gezielte Durchführung einer [[Kernfusion]]sreaktion.<ref>Rutherford, Oliphant, Paul Harteck: Transmutation effects observed with heavy hydrogen, Proc. Roy. Soc. A, Band 144, 1934, S. 692–703, und unter dem gleichen Titel, Nature, Band 133, 1934, S. 413</ref><ref>[https://www.euro-fusion.org/news/detail/detail/News/discovery-of-d-d-fusion/ The discovery of D-D fusion], EuroFusion, 2010</ref> | ||
Rutherfords Asche wurde in der [[Westminster Abbey]] in London nahe dem Grab von [[Isaac Newton]] beigesetzt. | |||
== Auszeichnungen und Würdigung == | == Auszeichnungen und Würdigung == | ||
[[Datei:100Neuseeland-Dollar vorderseite.jpg|mini|Ernest Rutherford auf dem neuseeländischen 100-Dollar-Schein | [[Datei:100Neuseeland-Dollar vorderseite.jpg|mini|Ernest Rutherford auf dem neuseeländischen 100-Dollar-Schein]] | ||
[[Datei:SirErnieWestminster.JPG|mini|Lord Rutherfords Grab in der [[Westminster Abbey]]]] | [[Datei:SirErnieWestminster.JPG|mini|Lord Rutherfords Grab in der [[Westminster Abbey]]]] | ||
Rutherford zählt zu den weltweit am meisten geehrten Wissenschaftlern.<ref>P. P. O’Shea: ''Ernest Rutherford. His Honours and Distinctions''. In: ''Notes and Records of the Royal Society of London''. Band 27, Nummer 1, 1972, S. 67 ([[doi:10.1098/rsnr.1972.0009]]).</ref> Die britische Krone adelte ihn 1914<ref>{{London Gazette|issue=28806 |date=1914-02-24 |startpage=1546|accessdate=2013-10-01}}</ref> als [[Knight Bachelor]], nahm ihn 1925<ref>{{London Gazette |issue=33007 |date=1925-01-01 |startpage=3 |supp=ja |accessdate=2013-10-01}}</ref> in den [[Order of Merit]] auf und erhob ihn 1931<ref>{{London Gazette |issue=33675 |date=1931-01-01 |startpage=1 |supp=ja |accessdate=2013-10-01}}</ref> als ''Baron Rutherford of Nelson'', of Cambridge in the County of Cambridge, zum [[Peer (Adel)|erblichen Peer]]. | Rutherford zählt zu den weltweit am meisten geehrten Wissenschaftlern.<ref>P. P. O’Shea: ''Ernest Rutherford. His Honours and Distinctions''. In: ''Notes and Records of the Royal Society of London''. Band 27, Nummer 1, 1972, S. 67 ([[doi:10.1098/rsnr.1972.0009]]).</ref> Die britische Krone adelte ihn 1914<ref>{{London Gazette|issue=28806 |date=1914-02-24 |startpage=1546|accessdate=2013-10-01}}</ref> als [[Knight Bachelor]], nahm ihn 1925<ref>{{London Gazette |issue=33007 |date=1925-01-01 |startpage=3 |supp=ja |accessdate=2013-10-01}}</ref> in den [[Order of Merit]] auf und erhob ihn 1931<ref>{{London Gazette |issue=33675 |date=1931-01-01 |startpage=1 |supp=ja |accessdate=2013-10-01}}</ref> als ''Baron Rutherford of Nelson'', of Cambridge in the County of Cambridge, zum [[Peer (Adel)|erblichen Peer]]. | ||
Ein 1906 neu entdecktes und von [[Willy Marckwald]] beschriebenes [[Uranylcarbonat]]-Mineral erhielt ihm zu Ehren den Namen [[Rutherfordin]]. Neben dem ihm 1908 verliehenen Nobelpreis für Chemie wurden Rutherford zahlreiche wissenschaftliche und akademische Preise und Ehrungen zuteil. Die Royal Society verlieh ihm 1904 die [[Rumford-Medaille]] und ehrte Rutherford 1922 mit ihrer höchsten Auszeichnung, der [[Copley-Medaille]] in Gold. Die [[Accademia delle Scienze di Torino]] würdigte ihn 1908 mit der Vergabe des [[Bressa-Preis]]es (Premio Bressa).<ref>''Relazione sul XV Premio Bressa''. In: ''Atti della Reale Accademia delle scienze di Torino''. Band 43, 1907–1908, S. 579–586 ([http://www.biodiversitylibrary.org/page/12129607 online]).</ref> Die [[Columbia University]] verlieh Rutherford die alle fünf Jahre vergebene [[Barnard-Medaille]] für das Jahr 1910.<ref>''Report of the Committee on the Bernard Medal''. In: ''Report of the National Academy of Sciences for the Year 1910''. [[United States Government Printing Office]], Washington 1911, S. 14–15 ([http://books.google.de/books?id=w04rAAAAYAAJ&&pg=RA10-PA1 online]).</ref> | Ein 1906 neu entdecktes und von [[Willy Marckwald]] beschriebenes [[Uranylcarbonat]]-Mineral erhielt ihm zu Ehren den Namen [[Rutherfordin]]. Neben dem ihm 1908 verliehenen Nobelpreis für Chemie wurden Rutherford zahlreiche wissenschaftliche und akademische Preise und Ehrungen zuteil. Die Royal Society verlieh ihm 1904 die [[Rumford-Medaille]] und ehrte Rutherford 1922 mit ihrer höchsten Auszeichnung, der [[Copley-Medaille]] in Gold. Die [[Accademia delle Scienze di Torino]] würdigte ihn 1908 mit der Vergabe des [[Bressa-Preis]]es (Premio Bressa).<ref>''Relazione sul XV Premio Bressa''. In: ''Atti della Reale Accademia delle scienze di Torino''. Band 43, 1907–1908, S. 579–586 ([http://www.biodiversitylibrary.org/page/12129607 online]).</ref> Die [[Columbia University]] verlieh Rutherford die alle fünf Jahre vergebene [[Barnard-Medaille]] für das Jahr 1910.<ref>''Report of the Committee on the Bernard Medal''. In: ''Report of the National Academy of Sciences for the Year 1910''. [[United States Government Printing Office]], Washington 1911, S. 14–15 ([http://books.google.de/books?id=w04rAAAAYAAJ&&pg=RA10-PA1 online]).</ref> | ||
1906 wurde er in die [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]] gewählt, 1911 in die [[National Academy of Sciences]] und 1915 in die [[American Academy of Arts and Sciences]]. Er erhielt 1924 die [[Benjamin Franklin Medal (Franklin Institute)|Franklin-Medaille]] des [[Franklin Institute]]s in [[Philadelphia]], 1928 die [[Albert Medal (Royal Society of Arts)|Albert Medal]] der [[Royal Society of Arts]] und 1930 die [[Faraday-Medaille (IEE)|Faraday-Medaille]] der [[Institution of Electrical Engineers]]. 1921 wurde er zum Ehrenmitglied (''Honorary Fellow'') der [[Royal Society of Edinburgh]] gewählt.<ref>{{Internetquelle| url=http://www.rse.org.uk/wp-content/uploads/2016/11/all_fellows.pdf| titel=Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002 | hrsg=Royal Society of Edinburgh| zugriff=2020-04-05| format=PDF-Datei}}</ref> 1922 wurde er korrespondierendes und 1925 Ehrenmitglied der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]]. 1932 wurde ihm die [[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina#Ehrenmitglieder|Ehrenmitgliedschaft]] der [[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina|Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina]] verliehen.<ref>{{Literatur|Autor=Christel Dell, Danny Weber, Thomas Wilde |Titel=Die Auszeichnungen der Akademie |TitelErg=Ehrenmitgliedschaft |Hrsg=[[Jörg Hacker]] |Sammelwerk=Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina |WerkErg=Struktur und Mitglieder |Verlag=Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina e.V. |Ort=Halle (Saale) |Datum=2015 |Seiten=353 |Online=http://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2015_Leopoldina_Mitgliederverzeichnis.pdf |Format=PDF |Abruf=2016-09-25}}</ref> | |||
Der Rat der [[Physical Society of London]] begründete 1939 die Rutherford Memorial Lecture (Rutherford-Gedenkvorlesung), aus der 1965 der Preis [[Rutherford Medal and Prize]] hervorging. | |||
Mitte 1946 schlugen [[Edward Condon]] und [[Leon Francis Curtiss]] (1895–1983) vom US-amerikanischen [[National Bureau of Standards]] vor, eine neue physikalische Einheit [[Rutherford (Einheit)|Rutherford]] mit dem Einheitenzeichen ''rd'' zur Messung von [[Aktivität (Physik)|Aktivität]] einzuführen, was sich jedoch nicht durchsetzte.<ref>Edward Uhler Condon, Leon Francis Curtiss: ''New Units for the Measurement of Radioactivity''. In: ''Physical Review''. Band 69, Nummer 11–12, 1946, S. 672–673 ([[doi:10.1103/PhysRev.69.672]])</ref> | |||
Am 3. November 1992 brachte die [[Bank of New Zealand]] einen 100-[[Neuseeland-Dollar|Dollar]]-Schein mit dem Bildnis Rutherfords in Umlauf.<ref>John Barry: ''Currency trends and developments''. In: ''Reserve Bank of New Zealand Bulletin''. Band 57, Nummer 4, 1994, S. 352 ([https://www.rbnz.govt.nz/-/media/ReserveBank/Files/Publications/Bulletins/1994/1994dec57-4barry.pdf PDF]).</ref> Zu seinen Ehren wurde 1997 das Element 104 endgültig als [[Rutherfordium]] benannt. | |||
Bei der 2005 ausgestrahlten Sendereihe ''[[New Zealand’s Top 100 History Makers]]'' wurde Rutherford zum einflussreichsten Neuseeländer der Geschichte gewählt. In seinem Geburtsort entstand eine Gedenkstätte und seine ehemalige Grundschule in Foxhill pflegt mit der „Rutherford Memorial Hall“ sein Andenken.<ref name="NZ_Buch_S1011f"/> | |||
1973 wurde ein Marskrater<ref>{{PlanetaryNames|5240}}</ref> und 1976 ein Mondkrater<ref>{{PlanetaryNames|5239}}</ref> nach ihm benannt. Seit 2008 trägt der [[Rutherford Ridge]] in der Antarktis seinen Namen, ein [[Asteroid]] trägt seit 2021 seinen Namen: [[(5311) Rutherford]]. | |||
== Schriften (Auswahl) == | == Schriften (Auswahl) == | ||
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* ''A Comparative Study of the Radioactivity of Radium and Thorium''. In: ''Philosophical Magazine''. 6. Folge, Band 5, Nummer 28, 1903, S. 445–457 (mit Frederick Soddy; [[doi:10.1080/14786440309462943]]). | * ''A Comparative Study of the Radioactivity of Radium and Thorium''. In: ''Philosophical Magazine''. 6. Folge, Band 5, Nummer 28, 1903, S. 445–457 (mit Frederick Soddy; [[doi:10.1080/14786440309462943]]). | ||
* ''Condensation of the Radioactive Emanations''. In: ''Philosophical Magazine''. 6. Folge, Band 5, Nummer 29, 1903, S. 561–576 (mit Frederick; [[doi:10.1080/14786440309462959]]). | * ''Condensation of the Radioactive Emanations''. In: ''Philosophical Magazine''. 6. Folge, Band 5, Nummer 29, 1903, S. 561–576 (mit Frederick; [[doi:10.1080/14786440309462959]]). | ||
*''Bakerian Lecture. Nuclear Constitution of Atoms.'' In'': Proceedings of the Royal Society of London / A.'' 97, Nummer 686, 1920, S. 374–400 ([[doi:10.1098/rspa.1920.0040]]). | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
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Ernest Rutherford, 1. Baron Rutherford of Nelson (* 30. August 1871 in Spring Grove bei Nelson, Neuseeland; † 19. Oktober 1937 in Cambridge, Vereinigtes Königreich), war ein britischer Physiker, der 1908 den Nobelpreis für Chemie[1] erhielt. Rutherford gilt als einer der bedeutendsten Experimentalphysiker.
1897 erkannte Rutherford, dass die ionisierende Strahlung von Uran aus mehreren Teilchenarten besteht. 1902 stellte er die Hypothese auf, dass chemische Elemente durch radioaktiven Zerfall in Elemente mit niedrigerer Ordnungszahl übergehen. Er unterschied 1903 die Radioaktivität in Alphastrahlung, Betastrahlung und Gammastrahlung nach ihrem zunehmenden Durchdringungsvermögen[2] und führte den Begriff der Halbwertszeit ein. Diese Arbeit wurde 1908 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Sein bekanntester Beitrag zur Atomphysik ist das Rutherfordsche Atommodell, das er 1911 aus seinen Streuversuchen von Alphateilchen an Goldfolie ableitete. Rutherford erweiterte das Atommodell von Thomson, der von einer gleichmäßigen Masseverteilung ausgegangen war.
Rutherford wies erstmals 1917 experimentell nach, dass durch Bestrahlung mit Alphateilchen ein Atomkern (anhand von Stickstoff) in einen anderen (in seinem Falle in das nächstschwerere Element Sauerstoff) umgewandelt werden kann. Bei diesen Experimenten entdeckte er das Proton. Unter seiner Anleitung „zertrümmerten“ John Cockcroft und Ernest Walton mit künstlich beschleunigten Teilchen einen Atomkern; mit Protonen beschossenes Lithium wandelte sich um in zwei Alphateilchen, also Helium-Kerne. Einem weiteren Wissenschaftler in Cambridge, James Chadwick, gelang es 1932, das Neutron experimentell nachzuweisen, welches Rutherford bereits Jahre vorher theoretisch postuliert hatte.
Ernest Rutherford war das vierte von zwölf Kindern von James Rutherford (1838–1928) und dessen Frau Martha Thompson (um 1843–1935).[3] Seine Eltern waren im Kindesalter nach Neuseeland immigriert.[4][5] Von Spring Grove zog die Familie 1876 nach Foxhill. Dort besuchte Rutherford ab März 1877 die von Henry Ladley geleitete Primary School. 1883 zog die Familie weiter nach Havelock, wo der Vater am Ruakaka River eine von ihm errichtete Flachsmühle betrieb. Aus wirtschaftlichen Gründen musste die Familie fünf Jahre später noch einmal umziehen, diesmal nach Pungarehu auf der neuseeländischen Nordinsel. Unterstützt durch ein Stipendium des Marlborough Education Boards besuchte Rutherford von 1887 bis 1889 das Nelson College. Dort spielte er unter anderem in der Rugby-Mannschaft und war 1889 Schulsprecher. Sein Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften wurde durch seinen Lehrer William Still Littlejohn (1859–1933) gefördert.
Ab Februar 1890 studierte Rutherford am Canterbury College in Christchurch. Dort förderte der Professor für Mathematik und Naturphilosophie Charles Henry Herbert Cook (1843–1910)[6] Rutherfords mathematische Begabung, während der Professor für Chemie Alexander William Bickerton (1842–1929)[7], der ebenfalls Physik unterrichtete, Rutherfords Interesse für die Physik weckte. 1892 bestand Rutherford die Prüfungen für den Bachelor of Arts, 1893 erwarb er den Grad eines Master of Arts und ein Jahr später den Abschluss als Bachelor of Science. Rutherfords erste Forschungsarbeiten beschäftigten sich mit dem Einfluss von hochfrequenten Hertzschen Wellen auf die magnetischen Eigenschaften von Eisen und wurden in den Transactions of the New Zealand Institute veröffentlicht.
Während dieser Zeit wohnte Rutherford im Haus der verwitweten Mary Kate De Renzy Newton, einer Sekretärin der Woman’s Christian Temperance Union. Dort lernte er ihre Tochter kennen, seine spätere Frau Mary „May“ Georgina Newton (1876–1945).
Rutherford bewarb sich 1894 um den neuseeländischen Platz für ein „1851 Exhibition Scholarship“, ein aus den Überschüssen der Great Exhibition von 1851 in London finanziertes Stipendium. Er unterlag mit seiner Bewerbung dem Chemiker James Scott Maclaurin (1864–1939) vom Auckland University College.[8] Als Maclaurin das mit 150 Pfund Sterling dotierte und für einen Studienaufenthalt in Großbritannien gedachte Stipendium nicht annahm, wurde es Rutherford als zweitem Bewerber zugesprochen.
Am 1. August 1895 verließ Rutherford von Wellington aus mit einem Dampfschiff Neuseeland.[9] Bei einem Zwischenaufenthalt führte er William Henry Bragg an der University of Adelaide seinen Detektor für Hertzsche Wellen vor und erhielt von Bragg ein Empfehlungsschreiben.[10] Im Oktober 1895 begann Rutherford seine Tätigkeit am von Joseph John Thomson geleiteten Cavendish-Laboratorium der University of Cambridge. Zunächst beschäftigte er sich mit der Verbesserung der Empfindlichkeit seines Detektors, mit dem er bald Radiowellen in einer Entfernung von etwa einer halben Meile nachweisen konnte.[11] Thomson, der Rutherfords experimentelles Talent schnell erkannte, lud Rutherford zu Beginn des Oster-Semesters 1896 ein, ihn bei seinen Untersuchungen der elektrischen Leitfähigkeit von Gasen zu unterstützen. Sie benutzten die wenige Monate zuvor entdeckten Röntgenstrahlen, um die Leitfähigkeit in den Gasen auszulösen. Rutherford entwickelte die experimentellen Techniken, um die Rekombinationsrate und die Geschwindigkeiten der unter der Einwirkung der Röntgenstrahlen entstehenden Ionen zu messen. In der Folgezeit setzte Rutherford diese Experimente unter Verwendung von Ultraviolettstrahlung fort.
Nach zwei Jahren in Cambridge erhielt Rutherford 1897 den „B. A. Research Degree“. Durch Thomsons Fürsprache wurde ihm 1898 das auf 250 Pfund pro Jahr dotierte Coutts-Trotter-Fellowship des Trinity College zugesprochen, das es Rutherford ermöglichte, ein weiteres Jahr in Cambridge zu verbringen.[12]
1898 erhielt er einen Ruf an die McGill-Universität in Montreal (Kanada), wo er bis 1907 arbeitete. Für die Forschungen, die er in dieser Zeit leistete, erhielt er im Jahre 1908 den Nobelpreis für Chemie.
Danach begann er an der Universität Manchester in England zu lehren, wo er unter anderem mit späteren Nobelpreisträgern wie Niels Bohr und Patrick Blackett arbeitete.
Im Ersten Weltkrieg reiste er 1917 zusammen mit Henri Abraham und Charles Fabry in die USA, um die Frage der U-Boot-Abwehr zu diskutieren.[13]
1919 ging er als Professor nach Cambridge, wo er Direktor des Cavendish-Laboratoriums war. 1921 erschien seine Schrift Nuclear Constitution of Atoms (dt.: Über die Kernstruktur der Atome). Von 1925 bis 1930 war er Präsident der Royal Society.
1933 unterstützte er William Henry Beveridge bei der Gründung des Academic Assistance Council (AAC, heute Council for Assisting Refugee Academics), dessen erster Präsident er wurde.[14]
1934 gelang ihm mit Mark Oliphant und Paul Harteck die Entdeckung des Tritiums und die erste gezielte Durchführung einer Kernfusionsreaktion.[15][16]
Rutherfords Asche wurde in der Westminster Abbey in London nahe dem Grab von Isaac Newton beigesetzt.
Rutherford zählt zu den weltweit am meisten geehrten Wissenschaftlern.[17] Die britische Krone adelte ihn 1914[18] als Knight Bachelor, nahm ihn 1925[19] in den Order of Merit auf und erhob ihn 1931[20] als Baron Rutherford of Nelson, of Cambridge in the County of Cambridge, zum erblichen Peer.
Ein 1906 neu entdecktes und von Willy Marckwald beschriebenes Uranylcarbonat-Mineral erhielt ihm zu Ehren den Namen Rutherfordin. Neben dem ihm 1908 verliehenen Nobelpreis für Chemie wurden Rutherford zahlreiche wissenschaftliche und akademische Preise und Ehrungen zuteil. Die Royal Society verlieh ihm 1904 die Rumford-Medaille und ehrte Rutherford 1922 mit ihrer höchsten Auszeichnung, der Copley-Medaille in Gold. Die Accademia delle Scienze di Torino würdigte ihn 1908 mit der Vergabe des Bressa-Preises (Premio Bressa).[21] Die Columbia University verlieh Rutherford die alle fünf Jahre vergebene Barnard-Medaille für das Jahr 1910.[22]
1906 wurde er in die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen gewählt, 1911 in die National Academy of Sciences und 1915 in die American Academy of Arts and Sciences. Er erhielt 1924 die Franklin-Medaille des Franklin Institutes in Philadelphia, 1928 die Albert Medal der Royal Society of Arts und 1930 die Faraday-Medaille der Institution of Electrical Engineers. 1921 wurde er zum Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh gewählt.[23] 1922 wurde er korrespondierendes und 1925 Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. 1932 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina verliehen.[24]
Der Rat der Physical Society of London begründete 1939 die Rutherford Memorial Lecture (Rutherford-Gedenkvorlesung), aus der 1965 der Preis Rutherford Medal and Prize hervorging.
Mitte 1946 schlugen Edward Condon und Leon Francis Curtiss (1895–1983) vom US-amerikanischen National Bureau of Standards vor, eine neue physikalische Einheit Rutherford mit dem Einheitenzeichen rd zur Messung von Aktivität einzuführen, was sich jedoch nicht durchsetzte.[25]
Am 3. November 1992 brachte die Bank of New Zealand einen 100-Dollar-Schein mit dem Bildnis Rutherfords in Umlauf.[26] Zu seinen Ehren wurde 1997 das Element 104 endgültig als Rutherfordium benannt.
Bei der 2005 ausgestrahlten Sendereihe New Zealand’s Top 100 History Makers wurde Rutherford zum einflussreichsten Neuseeländer der Geschichte gewählt. In seinem Geburtsort entstand eine Gedenkstätte und seine ehemalige Grundschule in Foxhill pflegt mit der „Rutherford Memorial Hall“ sein Andenken.[27]
1973 wurde ein Marskrater[28] und 1976 ein Mondkrater[29] nach ihm benannt. Seit 2008 trägt der Rutherford Ridge in der Antarktis seinen Namen, ein Asteroid trägt seit 2021 seinen Namen: (5311) Rutherford.
Englische Originalausgaben
Deutsche Übersetzungen
Vorlage:Navigationsleiste Träger des Nobelpreises in Chemie
Personendaten | |
---|---|
NAME | Rutherford, Ernest |
ALTERNATIVNAMEN | Rutherford, Ernest, 1. Baron Rutherford of Nelson; Rutherford, Sir Ernest |
KURZBESCHREIBUNG | neuseeländischer Atomphysiker, Nobelpreisträger für Chemie |
GEBURTSDATUM | 30. August 1871 |
GEBURTSORT | Spring Grove bei Nelson |
STERBEDATUM | 19. Oktober 1937 |
STERBEORT | Cambridge |