Kristallit: Unterschied zwischen den Versionen

Kristallit: Unterschied zwischen den Versionen

imported>EveryPicture
(Dass ein halbwegs gut ausgebildeter Materialwissenschaftler ein Korn nicht von einem metallischen Glas unterscheiden kann, halte ich für ein Gerücht ;-) +technische Bedeutung ergänzt)
 
imported>Acky69
K (s.auch)
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Image:Gtw mitte 100.jpg|right|thumb|200px|Weißer [[Temperguss]], Vergrößerung 100:1]]
[[Image:Gtw mitte 100.jpg|right|thumb|200px|Weißer [[Temperguss]], Vergrößerung 100:1]]
[[Image:Sivrihisar blueschist1.jpg|right|thumb|200px|mikroskopische Aufnahme von [[Blauschiefer]]]]
[[Image:Sivrihisar blueschist1.jpg|right|thumb|200px|mikroskopische Aufnahme von [[Blauschiefer]]]]
'''Kristallite''' sind [[Kristall]]e, die die eigentliche Kristallform nicht oder nur teilweise abzeichnen. In der [[Metallkunde]] und [[Petrographie]] werden Kristallite auch als '''Korn''' bezeichnet.  
'''Kristallite''' sind [[Kristall|kristallin]]e Teile eines [[Werkstoff|Werkstoffes]] oder eines [[Polykristall|polykristallinen]] [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Gefüges]]. In der [[Metallkunde]] und [[Petrographie]] werden Kristallite auch als '''Korn''' bezeichnet.  


Kristallite entstehen, wenn Kristalle in einer [[Schmelzen|Schmelze]] erstarren, in der sie von umliegenden Kristallen am freien Wachstum gehindert werden. Sie erstarren zu einem [[Polykristall|polykristallinen]] [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Gefüge]] mit einer meist mikroskopisch kleinen [[Korngröße]]. Die benachbarten Kristallite eines Polykristalls unterscheiden sich in der Orientierung ihrer [[Kristallstruktur]].
Primärkörner entstehen, wenn Kristalle in einer [[Schmelzen|Schmelze]] [[erstarren]], in der sie von umliegenden Kristallen am freien [[Kornwachstum]] gehindert werden. Sie erstarren zu einem polykristallinen Gefüge mit meist mikroskopisch kleiner [[Korngröße]].


Auf [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Gefügeschliffbildern]] von polierten und mit [[Säure]] behandelten [[Metalle|Metall]]- oder [[Gestein]]<nowiki>sproben</nowiki> sind die als [[Korngrenze]]n bezeichneten Übergänge von einem Kristallit zum nächsten als dunkle Linien oder Farbwechsel zu erkennen.
Die benachbarten Kristallite eines Polykristalls unterscheiden sich in der [[Kristallorientierung|Orientierung]] ihrer [[Kristallstruktur]].<ref>{{Literatur |Autor=Heinrich Oettel, Hermann Schumann |Titel=Metallografie mit einer Einführung in die Keramografie |Auflage=15., überarb. und erw. Auflage |Ort=Weinheim |Datum=2011 |ISBN=978-3-527-32257-2}}</ref>


Die technische Bedeutung von Kristalliten ist hoch, so haben sie einen entscheidenden Einfluss auf das [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechen]] von Werkstoffen insbesondere bei Hochtemperaturanwendungen und behindern die Ausbreitung von [[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungen]], was in der [[Kornfeinung|Feinkornhärtung]] ausgenutzt wird.<ref name='broeckmann'>Christoph Broeckmann, Paul Beiss: ''Werkstoffkunde I''. Institut für Werkstoffanwendungen im Maschinenbau der [[RWTH Aachen]], Aachen 2014.</ref>
Die Übergänge von einem Kristallit zum nächsten, die als [[Korngrenze]]n bezeichnet werden, sind auf Gefüge[[Schliff (Mikroskopie)|schliff]]<nowiki></nowiki>bildern von [[polieren|poliert]]en und mit [[Säure]] behandelten [[Metall]]- oder [[Gestein]]s<nowiki></nowiki>proben als dunkle Linien oder Farbwechsel zu erkennen.
 
== Bedeutung ==
Die technische Bedeutung von Kristalliten ist hoch.
 
So haben sie einen entscheidenden Einfluss auf die [[Festigkeit]] und das [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechen]] von [[Werkstoff]]en, insbesondere bei Hochtemperaturanwendungen.
 
Außerdem behindern die Ausbreitung von [[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungen]], was in der [[Kornfeinung|Feinkornhärtung]] ausgenutzt wird.<ref name='broeckmann'>Christoph Broeckmann, Paul Beiss: ''Werkstoffkunde I''. Institut für Werkstoffanwendungen im Maschinenbau der [[RWTH Aachen]], Aachen 2014.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Günter Gottstein |Titel=Materialwissenschaft und Werkstofftechnik Physikalische Grundlagen |Auflage=4., neu bearb. Aufl. 2014 |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2014 |ISBN=978-3-642-36603-1}}</ref>
 
== Kornarten ==
=== Primärkorn ===
Als Primärkorn/Primärgefüge, auch Guss- bzw. Erstarrungskorn genannt, bezeichnet man das Gefüge, welches beim unmittelbaren Erstarren nach dem [[Gießen (Fertigungstechnik)|Gießen]] auftritt.
 
=== Sekundärkorn ===
Das Primärkorn wird durch [[Rekristallisation]] im Zuge einer [[Wärmebehandlung]] und [[Umformung]] im festen Zustand in das Sekundärkorn (Sekundärgefüge) umgewandelt.
 
Einfluss auf das Sekundärgefüge, z.&nbsp;B. von [[Stahl]], haben:
* die chemische Zusammensetzung des Werkstoffes
* seine [[Austenit]]<nowiki></nowiki>korngröße
* der [[Umformgrad]]
* die Wärmebehandlung.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Kornwachstum]]
* [[Kornorientierung]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 4. März 2022, 11:19 Uhr

Weißer Temperguss, Vergrößerung 100:1
mikroskopische Aufnahme von Blauschiefer

Kristallite sind kristalline Teile eines Werkstoffes oder eines polykristallinen Gefüges. In der Metallkunde und Petrographie werden Kristallite auch als Korn bezeichnet.

Primärkörner entstehen, wenn Kristalle in einer Schmelze erstarren, in der sie von umliegenden Kristallen am freien Kornwachstum gehindert werden. Sie erstarren zu einem polykristallinen Gefüge mit meist mikroskopisch kleiner Korngröße.

Die benachbarten Kristallite eines Polykristalls unterscheiden sich in der Orientierung ihrer Kristallstruktur.[1]

Die Übergänge von einem Kristallit zum nächsten, die als Korngrenzen bezeichnet werden, sind auf Gefügeschliffbildern von polierten und mit Säure behandelten Metall- oder Gesteinsproben als dunkle Linien oder Farbwechsel zu erkennen.

Bedeutung

Die technische Bedeutung von Kristalliten ist hoch.

So haben sie einen entscheidenden Einfluss auf die Festigkeit und das Kriechen von Werkstoffen, insbesondere bei Hochtemperaturanwendungen.

Außerdem behindern die Ausbreitung von Versetzungen, was in der Feinkornhärtung ausgenutzt wird.[2][3]

Kornarten

Primärkorn

Als Primärkorn/Primärgefüge, auch Guss- bzw. Erstarrungskorn genannt, bezeichnet man das Gefüge, welches beim unmittelbaren Erstarren nach dem Gießen auftritt.

Sekundärkorn

Das Primärkorn wird durch Rekristallisation im Zuge einer Wärmebehandlung und Umformung im festen Zustand in das Sekundärkorn (Sekundärgefüge) umgewandelt.

Einfluss auf das Sekundärgefüge, z. B. von Stahl, haben:

  • die chemische Zusammensetzung des Werkstoffes
  • seine Austenitkorngröße
  • der Umformgrad
  • die Wärmebehandlung.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Heinrich Oettel, Hermann Schumann: Metallografie mit einer Einführung in die Keramografie. 15., überarb. und erw. Auflage. Weinheim 2011, ISBN 978-3-527-32257-2.
  2. Christoph Broeckmann, Paul Beiss: Werkstoffkunde I. Institut für Werkstoffanwendungen im Maschinenbau der RWTH Aachen, Aachen 2014.
  3. Günter Gottstein: Materialwissenschaft und Werkstofftechnik Physikalische Grundlagen. 4., neu bearb. Aufl. 2014. Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-36603-1.