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[[Datei:M. gryphiswaldense.png| | [[Datei:M. gryphiswaldense.png|mini|''[[Magnetospirillum gryphiswaldense]]''-Zellen, die Ketten aus intrazellulären Magnetitkristallen enthalten (oben).<br /> Von ''M. gryphiswaldense'' gebildete Magnetitkristalle (unten).<br /> <small>(Elektronenmikroskopische Aufnahmen)</small>]] | ||
Als '''Magnetosom''' bezeichnet man | Als '''Magnetosom''' bezeichnet man ein magnetisches Partikel in den Zellen von Lebewesen. Dieses [[Zellorganell]] bildet eine Basis für die Orientierung in Magnetfeldern, speziell im [[Erdmagnetfeld|Magnetfeld der Erde]], und folglich auch für den [[Magnetsinn]] von einigen Bakterien- und Tierarten. | ||
Magnetosomen bestehen aus [[Kristall]]en von [[Magnetit]] (Fe<sub>3</sub>O<sub>4</sub>) oder [[Greigit]] (Fe<sub>3</sub>S<sub>4</sub>), die durch [[Biomineralisation]] | Magnetosomen bestehen aus [[Kristall]]en von [[Magnetit]] (Fe<sub>3</sub>O<sub>4</sub>) oder [[Greigit]] (Fe<sub>3</sub>S<sub>4</sub>), die durch [[Biomineralisation]] entstehen. Sie haben einen Durchmesser von 40–90 nm und sind von einer [[Monolage]] aus [[Phospholipid]]en, [[Protein]]en und [[Glykoprotein]]en umgeben. Diese einfache Hüllstruktur unterscheidet sich von der sogenannten [[Biomembran]], der eine [[Doppellipidschicht]] zugrunde liegt. | ||
Die Gestalt der Magnetosomen variiert zwischen | Die Gestalt der Magnetosomen variiert zwischen biologischen Arten stark. Sie kann würfel- bis quaderförmig und auch nagel- oder tropfenförmig sein. Je Zelle sind mehrere Magnetosomen enthalten, die darin Ketten bilden. | ||
Magnetosomen finden sich sowohl bei [[Prokaryoten | == Vorkommen == | ||
Magnetosomen finden sich sowohl bei prokaryotischen als auch bei eukaryotischen Organismen. Beispiele für [[Prokaryoten]] sind die [[Bakterien]] ''[[Magnetospirillum gryphiswaldense]]'' und ''[[Magnetospirillum magnetotacticum]]''.<ref>''Magnetospirillum'' ist die [[Mikrobe des Jahres]] 2019.</ref> Jeder winzige Kristall im Magnetosom ist ein schwacher Dauermagnet, der alleine die Zelle nicht auszurichten vermag. Deswegen reiht das [[Zytoskelett]] 15 bis 30 Partikel linear in der Zellmitte an. Das Zytoskelett besorgt auch die Gleichverteilung und den Transport bei der Zellteilung.<ref>Dirk Schüler, René Uebe: ''Nanokristalle für die Magnetfeldorientierung: Biogenese von Magnetosomen.'' In: ''BIOspektrum.'' 25, 2019: 22–25.</ref> | |||
Beispiele für Magnetosomen in [[Eukaryoten]] finden sich bei [[Algen]] der Gattung ''Anisonema''.<ref>{{Literatur |Autor=F.F. Torres De Araujo, M.A. Pires, R.B. Fraenkel, C.E.M. Bicudo |Titel=Magnetite and Magnetotaxis in Algae |Sammelwerk=Biophys. J. |Band=50 |Nummer= |Datum=1986 |Seiten=375–378 |DOI=10.1016/S0006-3495(86)83471-3}}</ref> Auch bei anderen Eukaryoten wurden magnetische Partikel in Zellen bzw. Geweben im Zusammenhang mit [[Magnetotaxis]]/[[Magnetorezeption]] nachgewiesen, wie z. B. bei [[Termiten]],<ref>Barbara A. Maher: ''Magnetite biomineralization in termites.'' In: ''Proceedings of the Royal Society, Biological Sciences.'' Vol. 265(1397), S. 733–773, 22. April 1998 {{PMC|1689035}}</ref> [[Honigbienen]] (''Apis mellifera'')<ref>Deborah A. Kuterbach, Benjamin Walcott: [http://jeb.biologists.org/cgi/reprint/126/1/375.pdf Iron Containing Cells in the Honey-Bee (''Apis mellifera'')] (PDF; 3,1 MB). In: ''J. exp. Bio.'' 126, 1986, S. 375–387.</ref> [[Schmetterlinge]]n, [[Forelle]]n, [[Lachse]]n (Gattung ''Oncorhynchus''),<ref name="oncorhynchus">S. Mann, N. H. C. Sparks, M. M. Walker, J. L. Kirschvink: [http://jeb.biologists.org/cgi/reprint/140/1/35.pdf ''Ultrastructure, morphology, and organization of biogenic magnetite from sockeye salmon, Oncorhynchus nerka: implications for magnetoreception''.] (PDF; 5,6 MB). In: ''J. exp. Bio.'' 140, 1988, S. 35–49.</ref><ref>J. L. Kirschvink, M. M. Walker, S.-B.Chang, A. E. Dizon, K. A. Peterson: ''Chains of single-domain magnetite particles in the chinook salmon, Oncorhynchus tshawytscha.'' In: ''J. comp. Physiol.'' 157, 1985, S. 375–38.</ref> [[Aalen]], [[Delfine]]n, Zugvögeln,<ref>Robert C. Beason: [http://icb.oxfordjournals.org/cgi/reprint/45/3/565.pdf ''Mechanisms of magnetic orientation in birds''.] (PDF; 120 kB). In: ''Integr. Comp. Biol.'' 45, 2005, S. 565–573.</ref> [[Brieftaube]]n.<ref>C. Walcott, J. L. Gould J. L. Kirschvink: ''Pigeons have magnets.'' In: ''[[Science]].'' Band 205, 1979, S. 1027–1031.</ref> | |||
Doch bei diesen [[Organismus|Organismen]] ist das Vorhandensein von Magnetosomen nach obiger Definition, d. h. als strukturierte membranbegrenzte Zellkompartimente, nicht gesichert.<ref>Gregory C Nordmann, Tobias Hochstoeger, David A Keays: ''Magnetoreception: A sense without a receptor.'' In: ''PloS Biol.'' 15,10, 2017, S. e2003234, {{PMC|5695626}}</ref> | |||
Allerdings ist der Ausdruck Magnetosom z. B. für die Magnetorgane der Lachse vorgeschlagen worden.<ref name="oncorhynchus" /> | |||
== Genetik == | |||
Magnetosomen sind komplexe Organelle, für deren Biosynthese und Organisation mehr als 30 Gene zuständig sind. Diese sind im Genom von ''M. gryphiswaldense'' in einer „Magnetosomeninsel“ angeordnet. Durch gentechnische Vervielfachung der Gengruppe gelang es, einen Überschuss an Magnetosomen auszulösen.<ref>Anna Lohße, Isabel Kolinko, Oliver Raschdorf, René Uebe, Sarah Borg, Andreas Brachmann, Jürgen M Plitzko, Rolf Müller, Youming Zhang, Dirk Schüler: ''Overproduction of magnetosomes by genomic amplification of biosynthesis-related gene clusters in a magnetotactic bacterium.'' In: ''Appl Environ Microbiol.'' 82, 10, 2016, S. 3032–3041, {{PMC|4959066}}</ref> | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* R. Blakemore: [http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/190/4212/377 ''Magnetotactic bacteria.''] In: ''[[Science]].'' Band 190, Nr. 4212, S. 377–379, 24. Oktober 1975. | |||
* | * D.L. Balkwill, D. Maratea, R.P. Blakemore: [http://jb.asm.org/cgi/reprint/141/3/1399.pdf ''Ultrastructure of a Magnetotactic Spirillum.''] (PDF; 3,1 MB). In: ''Journal Of Bacteriology.'' Band 141, Nr. 3, März 1980, S. 1399–1408. | ||
* | * J. L. Kirschvink, A. Kobayashi-Kirschvink, B. J. Woodford: [http://www.pnas.org/content/89/16/7683.abstract?ck=nck ''Magnetite biomineralization in the human brain.''] In: ''[[Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America|PNAS]].'' Band 89, 1992, S. 7683–7687<br /> Deutsche Übersetzung veröffentlicht in ''Blick durch die Wissenschaft'' am 6. Oktober 1992 | ||
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== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == |
Als Magnetosom bezeichnet man ein magnetisches Partikel in den Zellen von Lebewesen. Dieses Zellorganell bildet eine Basis für die Orientierung in Magnetfeldern, speziell im Magnetfeld der Erde, und folglich auch für den Magnetsinn von einigen Bakterien- und Tierarten.
Magnetosomen bestehen aus Kristallen von Magnetit (Fe3O4) oder Greigit (Fe3S4), die durch Biomineralisation entstehen. Sie haben einen Durchmesser von 40–90 nm und sind von einer Monolage aus Phospholipiden, Proteinen und Glykoproteinen umgeben. Diese einfache Hüllstruktur unterscheidet sich von der sogenannten Biomembran, der eine Doppellipidschicht zugrunde liegt.
Die Gestalt der Magnetosomen variiert zwischen biologischen Arten stark. Sie kann würfel- bis quaderförmig und auch nagel- oder tropfenförmig sein. Je Zelle sind mehrere Magnetosomen enthalten, die darin Ketten bilden.
Magnetosomen finden sich sowohl bei prokaryotischen als auch bei eukaryotischen Organismen. Beispiele für Prokaryoten sind die Bakterien Magnetospirillum gryphiswaldense und Magnetospirillum magnetotacticum.[1] Jeder winzige Kristall im Magnetosom ist ein schwacher Dauermagnet, der alleine die Zelle nicht auszurichten vermag. Deswegen reiht das Zytoskelett 15 bis 30 Partikel linear in der Zellmitte an. Das Zytoskelett besorgt auch die Gleichverteilung und den Transport bei der Zellteilung.[2]
Beispiele für Magnetosomen in Eukaryoten finden sich bei Algen der Gattung Anisonema.[3] Auch bei anderen Eukaryoten wurden magnetische Partikel in Zellen bzw. Geweben im Zusammenhang mit Magnetotaxis/Magnetorezeption nachgewiesen, wie z. B. bei Termiten,[4] Honigbienen (Apis mellifera)[5] Schmetterlingen, Forellen, Lachsen (Gattung Oncorhynchus),[6][7] Aalen, Delfinen, Zugvögeln,[8] Brieftauben.[9] Doch bei diesen Organismen ist das Vorhandensein von Magnetosomen nach obiger Definition, d. h. als strukturierte membranbegrenzte Zellkompartimente, nicht gesichert.[10]
Allerdings ist der Ausdruck Magnetosom z. B. für die Magnetorgane der Lachse vorgeschlagen worden.[6]
Magnetosomen sind komplexe Organelle, für deren Biosynthese und Organisation mehr als 30 Gene zuständig sind. Diese sind im Genom von M. gryphiswaldense in einer „Magnetosomeninsel“ angeordnet. Durch gentechnische Vervielfachung der Gengruppe gelang es, einen Überschuss an Magnetosomen auszulösen.[11]