Paulingsche Verknüpfungsregeln: Unterschied zwischen den Versionen

Paulingsche Verknüpfungsregeln: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Mabschaaf
(wurde erl.)
 
213.55.225.249 (Diskussion)
(Komma eingefügt in 5. Regel)
 
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''Paulingschen Verknüpfungsregeln''' sind fünf Regeln, die 1929 von [[Linus Pauling]] veröffentlicht wurden.<ref name="DOI10.1021/ja01379a006">Linus Pauling: ''THE PRINCIPLES DETERMINING THE STRUCTURE OF COMPLEX IONIC CRYSTALS.'' In: ''Journal of the American Chemical Society.'' 51, 1929, S.&nbsp;1010–1026, {{DOI|10.1021/ja01379a006}}.</ref> Sie dienen dazu, die [[Kristallstruktur]] von [[Ionische Bindung|ionisch]] aufgebauten [[Kristall]]en zu bestimmen und stellen damit eine der Grundlagen der [[Kristallchemie]] dar.<ref name="Hermann Salmang, Horst Scholze, Rainer Telle">{{Literatur | Autor = Hermann Salmang, Horst Scholze, Rainer Telle | Titel = Keramik | Verlag = Springer | ISBN = 3-540-63273-5 | Jahr = 2006 | Online = {{Google Buch | BuchID = Kl7TcN2vmooC | Seite = 32 }} | Seiten = 32 }}</ref>
Die '''Paulingschen Verknüpfungsregeln''' sind fünf Regeln zur Bestimmung der [[Kristallstruktur]] von [[Ionische Bindung|ionisch]] aufgebauten [[Kristall]]en. Sie wurden 1929 von [[Linus Pauling]] veröffentlicht<ref name="DOI10.1021/ja01379a006">Linus Pauling: ''THE PRINCIPLES DETERMINING THE STRUCTURE OF COMPLEX IONIC CRYSTALS.'' In: ''Journal of the American Chemical Society.'' 51, 1929, S.&nbsp;1010–1026, [[doi:10.1021/ja01379a006]].</ref> und stellen eine der Grundlagen der [[Kristallchemie]] dar.<ref name="Hermann Salmang, Horst Scholze, Rainer Telle">{{Literatur |Autor=Hermann Salmang, Horst Scholze, Rainer Telle |Titel=Keramik |Verlag=Springer |Datum=2006 |ISBN=3-540-63273-5 |Seiten=32 |Online={{Google Buch | BuchID = Kl7TcN2vmooC | Seite = 32 }}}}</ref>


1. Ein [[Koordinationspolyeder]] aus [[Anion]]en wird um jedes [[Kation]] geformt. Der Kation-[[Anion]]-Abstand wird durch die Summe der [[Ionenradius|Ionenradien]], die [[Koordinationszahl]] (kurz KZ) durch das [[Radienverhältnis]] (r<sub>K</sub>/r<sub>A</sub>) bestimmt.
1. Ein [[Koordinationspolyeder]] aus [[Anion]]en wird um jedes [[Kation]] geformt. Der Kation-Anion-Abstand wird durch die Summe der [[Ionenradius|Ionenradien]], die [[Koordinationszahl]] (kurz KZ) durch das [[Radienverhältnis]] (r<sub>K</sub>/r<sub>A</sub>) bestimmt.


Beispiele für Radienverhältnisse und zugehörige [[Koordinationspolyeder]] (die [[Dichteste Kugelpackung|dichtesten Kugelpackungen]] haben eine Koordinationszahl von 12) sind:
Beispiele für Radienverhältnisse und zugehörige [[Koordinationspolyeder]] (die [[Dichteste Kugelpackung|dichtesten Kugelpackungen]] haben eine Koordinationszahl von 12) sind:
{| class="prettytable"
{| class="wikitable"
|-
! Radienverhältnis !! KZ !! Polyeder !! Beispiel ([[Komplexchemie|Anionenkomplex]] oder Kristallstruktur)
! Radienverhältnis !! KZ !! Polyeder !! Beispiel ([[Komplexchemie|Anionenkomplex]] oder Kristallstruktur)
|-
|-
| <&nbsp;0,155 || 2 || lineare Koordination || (NO<sub>2</sub>)<sup>2−</sup>
| <&nbsp;0,155 || 2 || lineare Koordination || (NO<sub>2</sub>)<sup>2−</sup>
|-
|-
| 0,155-0,225 || 3 ||[[Dreieck]]|| (CO<sub>3</sub>)<sup>2−</sup>
| 0,155–0,225 || 3 ||[[Dreieck]]|| (CO<sub>3</sub>)<sup>2−</sup>
|-
|-
| 0,225-0,414 || 4 ||[[Tetraeder]]|| [[Zinksulfid]] (ZnS)
| 0,225–0,414 || 4 ||[[Tetraeder]]|| [[Zinksulfid]] (ZnS)
|-
|-
| 0,414-0,732 || 6 ||[[Oktaeder]]|| [[Natriumchlorid]] (NaCl)
| 0,414–0,732 || 6 ||[[Oktaeder]]|| [[Natriumchlorid]] (NaCl)
|-
|-
| 0,732-1,000 || 8 ||[[Hexaeder]]|| [[Cäsiumchlorid]] (CsCl)
| 0,732–1,000 || 8 ||[[Hexaeder]]|| [[Cäsiumchlorid]] (CsCl)
|-
|-
| 1,000|| 12|| kubisch: [[Kuboktaeder]]; hexagonal: [[Disheptaeder]]||[[Kupfer]] (Cu) (kubisch)
| 1,000|| 12|| kubisch: [[Kuboktaeder]]; hexagonal: [[Disheptaeder]]||[[Kupfer]] (Cu) (kubisch)
Zeile 26: Zeile 27:


Für Kationen mit einem O<sup>2<nowiki>−</nowiki></sup> Anion sind die Bindungsstärken beispielsweise:
Für Kationen mit einem O<sup>2<nowiki>−</nowiki></sup> Anion sind die Bindungsstärken beispielsweise:
{| class="prettytable"
{| class="wikitable"
|-
! Kation !! Radienverhältnis|| KZ || Elektrostatische Bindungsstärke
! Kation !! Radienverhältnis|| KZ || Elektrostatische Bindungsstärke
|-
|-
Zeile 41: Zeile 43:
Daher sind in [[Alumosilikat]]en die Si<sup>4+</sup>- und Al<sup>3+</sup>-Tetraeder meist über Ecken, selten über Kanten miteinander verbunden.
Daher sind in [[Alumosilikat]]en die Si<sup>4+</sup>- und Al<sup>3+</sup>-Tetraeder meist über Ecken, selten über Kanten miteinander verbunden.


5. Die Anzahl verschiedener Konstituenten (bzw. Bauelemente) eines Kristalls tendiert dazu möglichst klein zu sein. Das heißt zum Beispiel, dass für chemisch ähnliche Atome/Ionen ähnliche Umgebungen gebildet werden.
5. Die Anzahl verschiedener Konstituenten (bzw. Bauelemente) eines Kristalls tendiert dazu, möglichst klein zu sein. Das heißt zum Beispiel, dass für chemisch ähnliche Atome/Ionen ähnliche Umgebungen gebildet werden.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
Zeile 48: Zeile 50:
== Literatur ==
== Literatur ==
* Linus Pauling: ''Die Natur der Chemischen Bindung.'' Nachdruck der 3. Auflage. Verlag Chemie, Weinheim. 1973, ISBN 3-527-25217-7. S. 507 ff.
* Linus Pauling: ''Die Natur der Chemischen Bindung.'' Nachdruck der 3. Auflage. Verlag Chemie, Weinheim. 1973, ISBN 3-527-25217-7. S. 507 ff.
* Ulrich Müller: "Anorganische Strukturchemie." 4., durchgesehene Auflage. B.G. Teubner Verlag, Wiesbaden. 2004, ISBN 3-519-33512-3 S. 59 ff.
* Ulrich Müller: "Anorganische Strukturchemie." 4., durchgesehene Auflage. B.G. Teubner Verlag, Wiesbaden. 2004, ISBN 3-519-33512-3, S. 59 ff.
[[Kategorie:Kristallographie]]
[[Kategorie:Kristallographie]]
[[Kategorie:Linus Pauling]]
[[Kategorie:Linus Pauling]]

Aktuelle Version vom 26. Januar 2022, 11:29 Uhr

Die Paulingschen Verknüpfungsregeln sind fünf Regeln zur Bestimmung der Kristallstruktur von ionisch aufgebauten Kristallen. Sie wurden 1929 von Linus Pauling veröffentlicht[1] und stellen eine der Grundlagen der Kristallchemie dar.[2]

1. Ein Koordinationspolyeder aus Anionen wird um jedes Kation geformt. Der Kation-Anion-Abstand wird durch die Summe der Ionenradien, die Koordinationszahl (kurz KZ) durch das Radienverhältnis (rK/rA) bestimmt.

Beispiele für Radienverhältnisse und zugehörige Koordinationspolyeder (die dichtesten Kugelpackungen haben eine Koordinationszahl von 12) sind:

Radienverhältnis KZ Polyeder Beispiel (Anionenkomplex oder Kristallstruktur)
< 0,155 2 lineare Koordination (NO2)2−
0,155–0,225 3 Dreieck (CO3)2−
0,225–0,414 4 Tetraeder Zinksulfid (ZnS)
0,414–0,732 6 Oktaeder Natriumchlorid (NaCl)
0,732–1,000 8 Hexaeder Cäsiumchlorid (CsCl)
1,000 12 kubisch: Kuboktaeder; hexagonal: Disheptaeder Kupfer (Cu) (kubisch)

2. Eine ionische Struktur ist stabil, wenn die Summe der Stärken der elektrostatischen Bindungen jedes Anions zu allen nächsten Kationen vom Betrag her gleich der Ladung dieses Anions sind. Dies bedeutet, dass eine stabile ionische Struktur die lokale elektrische Neutralität erhält. Mathematisch ausgedrückt gilt:

$ |\xi |=|\sum _{i}s_{i}| $
wobei $ \xi $ die Ladung des Anions ist und die Summe über die angrenzenden (nächsten) Kationen gebildet wird.

Für Kationen mit einem O2− Anion sind die Bindungsstärken beispielsweise:

Kation Radienverhältnis KZ Elektrostatische Bindungsstärke
Li+ 0,34 4 0,25
Mg2+ 0,47 6 0,33
Sc3+ 0,60 6 0,5

3. Gemeinsame Kanten und insbesondere Flächen zweier Koordinationspolyeder verringern die Stabilität der Struktur. Dieser Effekt ist größer, je größer die Ladung der Kationen und je kleiner die Koordinationszahl ist. Dieser Effekt rührt daher, dass die Kationen sich bei Flächenverknüpfung ihrer Koordinationspolyeder näher kommen als bei Kanten oder Spitzenverknüpfung. Die repulsive Wechselwirkung wird stärker. Er ist besonders ausgeprägt, wenn das Radienverhältnis nahe der unteren Schranke für die Polyederstabilität liegt.

4. In einem Kristall mit verschiedenen Kationen streben diejenigen mit hoher Valenz (hoher Ladung) und niedriger Koordinationszahl danach, keine Polyederelemente zu teilen. Daher sind in Alumosilikaten die Si4+- und Al3+-Tetraeder meist über Ecken, selten über Kanten miteinander verbunden.

5. Die Anzahl verschiedener Konstituenten (bzw. Bauelemente) eines Kristalls tendiert dazu, möglichst klein zu sein. Das heißt zum Beispiel, dass für chemisch ähnliche Atome/Ionen ähnliche Umgebungen gebildet werden.

Einzelnachweise

  1. Linus Pauling: THE PRINCIPLES DETERMINING THE STRUCTURE OF COMPLEX IONIC CRYSTALS. In: Journal of the American Chemical Society. 51, 1929, S. 1010–1026, doi:10.1021/ja01379a006.
  2. Hermann Salmang, Horst Scholze, Rainer Telle: Keramik. Springer, 2006, ISBN 3-540-63273-5, S. 32 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Literatur

  • Linus Pauling: Die Natur der Chemischen Bindung. Nachdruck der 3. Auflage. Verlag Chemie, Weinheim. 1973, ISBN 3-527-25217-7. S. 507 ff.
  • Ulrich Müller: "Anorganische Strukturchemie." 4., durchgesehene Auflage. B.G. Teubner Verlag, Wiesbaden. 2004, ISBN 3-519-33512-3, S. 59 ff.