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Die '''Poincaré-Gruppe''' (benannt nach dem französischen [[Mathematiker]] und [[Physiker]] [[Henri Poincaré]]) ist eine spezielle [[Gruppe (Mathematik)|Gruppe]] in der [[Mathematik]], die Anwendungen in der [[Physik]] gefunden hat. | Die '''Poincaré-Gruppe''' (benannt nach dem französischen [[Mathematiker]] und [[Physiker]] [[Henri Poincaré]]<ref>{{Literatur|Autor= Henri Poincaré|Titel= Sur la dynamique de l‘électron|Sammelwerk= Rendiconti del Circolo matematico di Palermo|Band= 21|Datum= 1906|Seiten= 129–176|Sprache=fr|Online=https://fr.wikisource.org/wiki/Sur_la_dynamique_de_l%E2%80%99%C3%A9lectron}}</ref>) ist eine spezielle [[Gruppe (Mathematik)|Gruppe]] in der [[Mathematik]], die Anwendungen in der [[Physik]] gefunden hat. | ||
== Historisches == | == Historisches == | ||
Die Poincaré-Gruppe taucht historisch zum ersten Mal bei der Untersuchung der Invarianzen der [[Elektrodynamik]] durch [[Henri Poincaré|Poincaré]], [[Hendrik Antoon Lorentz|Lorentz]] und andere auf und spielte eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]]. Insbesondere wurde die Poincaré-Gruppe nach der Formalisierung der Relativitätstheorie durch [[Hermann Minkowski]] zu einer wichtigen mathematischen Struktur in allen relativistischen Theorien, darunter in der [[Quantenelektrodynamik]]. | Die Poincaré-Gruppe taucht historisch zum ersten Mal bei der Untersuchung der Invarianzen der [[Elektrodynamik]] durch [[Henri Poincaré|Poincaré]], [[Hendrik Antoon Lorentz|Lorentz]] und andere auf und spielte eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]]. Insbesondere wurde die Poincaré-Gruppe nach der Formalisierung der Relativitätstheorie durch [[Hermann Minkowski]] zu einer wichtigen mathematischen Struktur in allen relativistischen Theorien<ref>{{Literatur|Autor= Hermann Minkowski|Titel= Die Grundgleichungen für die elektromagnetischen Vorgänge in bewegten Körpern|Sammelwerk= Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen|Band= 1908|Datum= 1908|Seiten= 52–111|Online=https://de.wikisource.org/wiki/Die_Grundgleichungen_f%C3%BCr_die_elektromagnetischen_Vorg%C3%A4nge_in_bewegten_K%C3%B6rpern}}</ref>, darunter in der [[Quantenelektrodynamik]]. | ||
== Geometrische Definition == | == Geometrische Definition == | ||
Die Poincaré-Gruppe ist die ''affine'' [[Invarianzgruppe]] des pseudo-euklidischen [[Minkowskiraum]]es <math>\mathbb{R}^{3+1}</math>, insbesondere ist der | Die Poincaré-Gruppe ist die ''affine'' [[Invarianzgruppe]] des pseudo-euklidischen [[Minkowskiraum]]es <math>\mathbb{R}^{3+1}</math>, insbesondere ist der Minkowskiraum bezüglich der Poincaré-Gruppe ein [[homogener Raum]], dessen Geometrie sie im Sinne des [[Erlanger Programm]]s definiert. Sie unterscheidet sich von der | ||
[[Lorentz-Gruppe]], die die ''lineare'' Invarianzgruppe des Minkowskiraums ist, durch die Hinzunahme von [[Parallelverschiebung|Translation]]en. Sie ähnelt daher in ihrer Struktur der | [[Lorentz-Gruppe]], die die ''lineare'' Invarianzgruppe des Minkowskiraums ist, durch die Hinzunahme von [[Parallelverschiebung|Translation]]en. Sie ähnelt daher in ihrer Struktur der [[euklidische Gruppe|euklidischen Gruppe]] im [[Dreidimensionaler Raum|dreidimensionalen Raum]], die alle geometrischen [[Kongruenzabbildung]]en enthält. Tatsächlich ist die Euklidische Gruppe als [[Untergruppe]] in der Poincaré-Gruppe enthalten. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die Poincaré-Gruppe nicht die Längen und Winkel im ''dreidimensionalen Raum'' erhält, sondern die bezüglich des ''indefiniten [[Pseudo-Skalarprodukt]]s im Minkowskiraum definierten'' Längen und Winkel. Insbesondere erhält sie sogenannte ''[[Eigenzeit]]abstände'' in der speziellen [[Relativitätstheorie]]. | ||
[[euklidische Gruppe|euklidischen Gruppe]] im [[Dreidimensionaler Raum|dreidimensionalen Raum]], die alle geometrischen [[Kongruenzabbildung]]en enthält. Tatsächlich ist die Euklidische Gruppe als [[Untergruppe]] in der Poincaré-Gruppe enthalten. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die Poincaré-Gruppe nicht die Längen und Winkel im ''dreidimensionalen Raum'' erhält, sondern die bezüglich des ''indefiniten [[Pseudo-Skalarprodukt]]s im Minkowskiraum definierten'' Längen und Winkel. Insbesondere erhält sie sogenannte ''[[Eigenzeit]]abstände'' in der speziellen [[Relativitätstheorie]]. | |||
== Algebraische Definition == | == Algebraische Definition == | ||
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Die Poincaré-Gruppe ist eine 10-dimensionale nicht-kompakte [[Lie-Gruppe|Liegruppe]]. Sie ist ein Beispiel einer nicht [[Halbeinfach|halbeinfachen Gruppe]]. | Die Poincaré-Gruppe ist eine 10-dimensionale nicht-kompakte [[Lie-Gruppe|Liegruppe]]. Sie ist ein Beispiel einer nicht [[Halbeinfach|halbeinfachen Gruppe]]. | ||
Die [[Lie-Algebra]] der Poincaré-Gruppe wird durch die folgenden Relationen definiert: | Die [[Lie-Algebra]] der Poincaré-Gruppe wird durch die folgenden Relationen definiert:<ref name="Schwichtenberg">{{Literatur|Autor= Jakob Schwichtenberg|Titel= Durch Symmetrie die moderne Physik verstehen: Ein neuer Zugang zu den fundamentalen Theorien| Verlag= Springer Spektrum|Auflage= 1|Datum= 2017|Seiten= 93–95|ISBN= 978-3662538111}}</ref> | ||
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wobei <math>P_\mu</math> die vier infinitesimalen Erzeuger der Translationen und <math>M_{\mu\nu}</math> die sechs infinitesimalen Erzeuger der [[Lorentz-Transformation]]en sind. | wobei <math>P_\mu</math> die vier infinitesimalen Erzeuger der Translationen und <math>M_{\mu\nu}</math> die sechs infinitesimalen Erzeuger der [[Lorentz-Transformation]]en sind. | ||
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&P^\alpha P_\alpha \\ | |||
&W^\alpha W_\alpha = \frac 14 \varepsilon^{\alpha \beta \gamma \delta} {\varepsilon_\alpha}^{\nu\rho\sigma} P_\beta M_{\gamma \delta} P_\nu M_{\rho \sigma} | |||
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Physikalisch sind dies das Quadrat des [[Viererimpuls]]es <math>P^\alpha P_\alpha</math> und das Quadrat des [[Pauli-Lubanski-Pseudovektor]]s <math>W^\alpha W_\alpha</math>.<ref name= "Schwichtenberg"/> Der Faktor <math>1/4</math> ist Konvention. | |||
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Die Poincaré-Gruppe (benannt nach dem französischen Mathematiker und Physiker Henri Poincaré[1]) ist eine spezielle Gruppe in der Mathematik, die Anwendungen in der Physik gefunden hat.
Die Poincaré-Gruppe taucht historisch zum ersten Mal bei der Untersuchung der Invarianzen der Elektrodynamik durch Poincaré, Lorentz und andere auf und spielte eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der speziellen Relativitätstheorie. Insbesondere wurde die Poincaré-Gruppe nach der Formalisierung der Relativitätstheorie durch Hermann Minkowski zu einer wichtigen mathematischen Struktur in allen relativistischen Theorien[2], darunter in der Quantenelektrodynamik.
Die Poincaré-Gruppe ist die affine Invarianzgruppe des pseudo-euklidischen Minkowskiraumes $ \mathbb {R} ^{3+1} $, insbesondere ist der Minkowskiraum bezüglich der Poincaré-Gruppe ein homogener Raum, dessen Geometrie sie im Sinne des Erlanger Programms definiert. Sie unterscheidet sich von der Lorentz-Gruppe, die die lineare Invarianzgruppe des Minkowskiraums ist, durch die Hinzunahme von Translationen. Sie ähnelt daher in ihrer Struktur der euklidischen Gruppe im dreidimensionalen Raum, die alle geometrischen Kongruenzabbildungen enthält. Tatsächlich ist die Euklidische Gruppe als Untergruppe in der Poincaré-Gruppe enthalten. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die Poincaré-Gruppe nicht die Längen und Winkel im dreidimensionalen Raum erhält, sondern die bezüglich des indefiniten Pseudo-Skalarprodukts im Minkowskiraum definierten Längen und Winkel. Insbesondere erhält sie sogenannte Eigenzeitabstände in der speziellen Relativitätstheorie.
Die Poincaré-Gruppe ist das semidirekte Produkt der Lorentzgruppe $ O(3,1) $ und der Gruppe der Translationen im $ \mathbb {R} ^{3+1} $. Jedes Element der Poincaré-Gruppe ist also als Paar
$ (\Lambda ,\mathbf {a} ):\quad \Lambda \in O(3,1),\mathbf {a} \in \mathbb {R} ^{3+1} $
darstellbar, und die Gruppenmultiplikation ist durch
$ (\Lambda ,\mathbf {a} )\cdot (\Lambda ',\mathbf {a} ')=(\Lambda \cdot \Lambda ',\mathbf {a} +\Lambda (\mathbf {a} ')) $
gegeben, wobei die Lorentztransformation $ \Lambda $ in ihrer natürlichen Wirkung als Automorphismus auf $ \mathbb {R} ^{3+1} $ wirkt.
Die Poincaré-Gruppe ist eine 10-dimensionale nicht-kompakte Liegruppe. Sie ist ein Beispiel einer nicht halbeinfachen Gruppe.
Die Lie-Algebra der Poincaré-Gruppe wird durch die folgenden Relationen definiert:[3]
wobei $ P_{\mu } $ die vier infinitesimalen Erzeuger der Translationen und $ M_{\mu \nu } $ die sechs infinitesimalen Erzeuger der Lorentz-Transformationen sind.
Die beiden Casimir-Operatoren der Poincaré-Gruppe, die mit allen Generatoren vertauschen, sind
Physikalisch sind dies das Quadrat des Viererimpulses $ P^{\alpha }P_{\alpha } $ und das Quadrat des Pauli-Lubanski-Pseudovektors $ W^{\alpha }W_{\alpha } $.[3] Der Faktor $ 1/4 $ ist Konvention.