Absoluter Raum: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''absolute Raum''' ist der von [[Isaac Newton]] postulierte, sowohl vom Beobachter als auch von den darin enthaltenen Objekten und darin stattfindenden physikalischen Vorgängen unabhängige physikalische Raum. [[Albert Einstein]]s [[Relativitätstheorie]] ersetzt den absoluten Raum, zusammen mit der ebenfalls von Newton postulierten absoluten Zeit, durch eine dynamische [[Raumzeit]], in der Raum und Zeit sowohl vom [[Beobachtung|Beobachter]] als auch von der Verteilung und Bewegung der enthaltenen [[Materie (Physik)|Materie]] abhängen.
Der '''absolute Raum''' ist das von [[Isaac Newton]] [[Postulat|postuliert]]e Konzept eines physikalischen Raumes, der sowohl vom [[Beobachter (Physik)|Beobachter]] als auch von den darin enthaltenen Objekten und darin stattfindenden physikalischen Vorgängen unabhängig ist. Newton postuliert mit analogen Eigenschaften auch eine ''absolute Zeit''.


Auf der Vorstellung vom absoluten Raum und der absoluten Zeit gründet die [[Klassische Physik]], insbesondere die [[Klassische Mechanik]]. Demnach finden alle Bewegungen relativ zum absoluten Raum statt. Allerdings ist es aufgrund der [[Galilei-Invarianz]] der Gesetze der klassischen Mechanik unmöglich, mit einem mechanischen Experiment eine konstante [[Geschwindigkeit]] relativ zum absoluten Raum festzustellen. Das [[Relativitätsprinzip]], das der Relativitätstheorie zugrunde liegt, drückt aus, dass dies durch überhaupt kein Experiment feststellbar ist.
Zusammen werden beide Konzepte in [[Albert Einstein]]s [[Relativitätstheorie]] durch eine dynamische [[Raumzeit]] ersetzt, in der Raum und Zeit sowohl vom [[Beobachter]] als auch von der Verteilung und Bewegung der enthaltenen [[Materie (Physik)|Materie]] abhängen.


== Das Eimer-Argument ==
Der absolute Raum und die absolute Zeit bilden bei Newton die Grundlage der von ihm begründeten [[Klassische Mechanik|Klassischen Mechanik]] und in der Folge auch die der [[Klassische Physik|Klassischen Physik]]. Demnach finden alle ''absoluten Bewegungen'' relativ zum absoluten Raum statt. Newton stellt auch fest, dass die Vorgänge in einem System von Körpern in gleicher Weise ablaufen, wenn das ganze System mit allen Körpern sich geradlinig bewegt, sei es gleichförmig oder beschleunigt. Damit drückt er die [[Galilei-Invarianz]] der Gesetze der klassischen Mechanik aus, die es unmöglich macht, mit einem mechanischen Experiment eine konstante [[Geschwindigkeit]] relativ zum absoluten Raum festzustellen. Das [[Relativitätsprinzip]], das der Relativitätstheorie zugrunde liegt, drückt aus, dass dies durch überhaupt kein Experiment feststellbar ist.


Das zentrale Argument Newtons für einen absoluten Raum lautet wie folgt:
In einem [[Machsches Prinzip #Newtons Eimer-Experiment und Machs Kritik|Experiment]] (s. auch [[Gedankenexperiment]]) wird die Form der Wasseroberfläche in einem rotierenden Eimer betrachtet. Stoppt man die Bewegung des Eimers, so bleibt die Form der Wasseroberfläche erhalten. Die Bewegung des Wassers gegenüber dem absoluten Raum wird somit nachweisbar gemacht.<ref>Isaac Newton, Principia, Herausgeber Florian Cajori, University of California Press 1934, S. 10</ref>


Ein mit Wasser gefüllter Eimer wird an einem Seil aufgehängt. Verdreht man das Seil und lässt den Eimer los, wird dieser anfangen zu rotieren. Anfangs ist die Wasseroberfläche noch eben. Nach einer kurzen Zeit macht das Wasser durch Reibungskräfte die Rotation des Eimers mit und es bildet sich eine konkave Oberfläche. Hält man den Eimer an, wird das Wasser noch weiter rotieren und seine konkave Oberfläche behalten.
Auch das [[Foucaultsches Pendel|Foucaultsche Pendel]] ist ein Beispiel für einen Nachweis von Drehungen unabhängig von externen Objekten. Im rotierenden Bezugssystem der Erde wird die Bewegung des Pendels dagegen auf die [[Corioliskraft]] zurückgeführt. Foucault zeigte damit, dass sich die [[Erde]] [[Erdrotation|selbst dreht]] und nicht der [[Sternenhimmel]] um die Erde.
Da Bewegung, gleichförmige oder beschleunigte, nur in Bezug auf ein anderes Objekt bestimmt werden kann, überlegte Newton, welchen Bezugspunkt er, unter der Voraussetzung eines ansonsten leeren Raumes, für die Rotation des Wassers nehmen kann. Der Eimer kann nicht als Bezugspunkt genommen werden. Zu Beginn des Experiments (der Eimer fängt an zu rotieren) ist eine relative Bewegung zwischen Eimer und Wasser zu beobachten. Wenn das Wasser mitrotiert, ist keine relative Bewegung mehr vorhanden. Ganz zum Schluss, wenn der Eimer angehalten wird, ist wieder eine relative Bewegung beobachtbar. Man sieht also, dass die Wasseroberfläche bei vorhandener und nicht vorhandener Rotation des Eimers konkav ist. Der Eimer als Bezugspunkt scheidet also aus. Da Newton außer dem Wassereimer keine weiteren Objekte im Raum zuließ, fehlte ihm ein Bezugspunkt, um zu entscheiden, ob das Wasser rotiert oder nicht.


Um diesem Dilemma zu entkommen, führte Newton den absoluten Raum ein. Der absolute Raum war für Newton das letzte, absolute Bezugssystem. Ein Objekt ist für ihn in Ruhe, wenn es in Bezug auf den absoluten Raum in Ruhe ist, und ein Objekt ist für ihn in Bewegung, wenn es in Bezug auf den absoluten Raum in Bewegung ist. Ob das Wasser rotiert, konnte er nun in Bezug auf den absoluten Raum bestimmen.<ref name="bg-kosmos" />
Nach [[Ernst Mach]] hingegen können auch diese [[Trägheitskraft|Trägheitskräfte]] die absolute Rotation nicht beweisen, sondern nur, dass eine relative Rotation gegenüber den Fixsternen oder anderen weit entfernten großen Massen erfolgt. Die Forderung, die Gesetze der Mechanik dieser Bedingung anzupassen, wurde von Einstein als [[Machsches Prinzip]] bezeichnet. Es ist in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]] zum Teil erfüllt.<ref name="bg-kosmos" />
 
Auch das [[Foucaultsches Pendel|Foucaultsche Pendel]] ist ein Beispiel für eine solche Messung von Drehungen unabhängig von externen Objekten. Foucault zeigte damit, dass sich die [[Erde]] selbst dreht und nicht der Sternenhimmel um die Erde.
 
Eine andere Interpretation dieses Experiments ist das [[Machsches Prinzip|Machsche Prinzip]]. Dieses erklärt die Fliehkraft als Einfluss der fernen Massen und kommt daher ohne absoluten Raum aus.


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Markus Fierz]]: ''Über den Ursprung und die Bedeutung der Lehre Isaac Newtons vom absoluten Raum.'' In: ''[[Gesnerus (Zeitschrift)|Gesnerus]].'' Jg. 11 (1954), S. 62–120.
* [[Markus Fierz]]: ''Über den Ursprung und die Bedeutung der Lehre Isaac Newtons vom absoluten Raum.'' In: ''[[Gesnerus (Zeitschrift)|Gesnerus]].'' Jg. 11 (1954), S. 62–120.
* {{Literatur |Autor=Julian B. Barbour |Titel=Absolute or Relative Motion? |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=1989 |ISBN=0-521-32467-X}}
* {{Literatur |Autor=Ernst Mach |Titel=Die Mechanik in ihrer Entwickelung |Auflage=4. |Verlag=Brockhaus |Ort=Leipzig |Datum=1901 |Seiten=242 ff.}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
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<ref name="bg-kosmos">
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{{Literatur |Autor=[[Brian Greene]] |Titel=Der Stoff, aus dem der Kosmos ist: Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit |Verlag=Siedler |Ort=München |Datum=2004 |ISBN=3-88680-738-X}}
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|Titel=Der Stoff, aus dem der Kosmos ist: Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit
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</references>
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Aktuelle Version vom 12. August 2021, 12:11 Uhr

Der absolute Raum ist das von Isaac Newton postulierte Konzept eines physikalischen Raumes, der sowohl vom Beobachter als auch von den darin enthaltenen Objekten und darin stattfindenden physikalischen Vorgängen unabhängig ist. Newton postuliert mit analogen Eigenschaften auch eine absolute Zeit.

Zusammen werden beide Konzepte in Albert Einsteins Relativitätstheorie durch eine dynamische Raumzeit ersetzt, in der Raum und Zeit sowohl vom Beobachter als auch von der Verteilung und Bewegung der enthaltenen Materie abhängen.

Der absolute Raum und die absolute Zeit bilden bei Newton die Grundlage der von ihm begründeten Klassischen Mechanik und in der Folge auch die der Klassischen Physik. Demnach finden alle absoluten Bewegungen relativ zum absoluten Raum statt. Newton stellt auch fest, dass die Vorgänge in einem System von Körpern in gleicher Weise ablaufen, wenn das ganze System mit allen Körpern sich geradlinig bewegt, sei es gleichförmig oder beschleunigt. Damit drückt er die Galilei-Invarianz der Gesetze der klassischen Mechanik aus, die es unmöglich macht, mit einem mechanischen Experiment eine konstante Geschwindigkeit relativ zum absoluten Raum festzustellen. Das Relativitätsprinzip, das der Relativitätstheorie zugrunde liegt, drückt aus, dass dies durch überhaupt kein Experiment feststellbar ist.

In einem Experiment (s. auch Gedankenexperiment) wird die Form der Wasseroberfläche in einem rotierenden Eimer betrachtet. Stoppt man die Bewegung des Eimers, so bleibt die Form der Wasseroberfläche erhalten. Die Bewegung des Wassers gegenüber dem absoluten Raum wird somit nachweisbar gemacht.[1]

Auch das Foucaultsche Pendel ist ein Beispiel für einen Nachweis von Drehungen unabhängig von externen Objekten. Im rotierenden Bezugssystem der Erde wird die Bewegung des Pendels dagegen auf die Corioliskraft zurückgeführt. Foucault zeigte damit, dass sich die Erde selbst dreht und nicht der Sternenhimmel um die Erde.

Nach Ernst Mach hingegen können auch diese Trägheitskräfte die absolute Rotation nicht beweisen, sondern nur, dass eine relative Rotation gegenüber den Fixsternen oder anderen weit entfernten großen Massen erfolgt. Die Forderung, die Gesetze der Mechanik dieser Bedingung anzupassen, wurde von Einstein als Machsches Prinzip bezeichnet. Es ist in der Allgemeinen Relativitätstheorie zum Teil erfüllt.[2]

Literatur

  • Markus Fierz: Über den Ursprung und die Bedeutung der Lehre Isaac Newtons vom absoluten Raum. In: Gesnerus. Jg. 11 (1954), S. 62–120.
  • Julian B. Barbour: Absolute or Relative Motion? Cambridge University Press, Cambridge 1989, ISBN 0-521-32467-X.
  • Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwickelung. 4. Auflage. Brockhaus, Leipzig 1901, S. 242 ff.

Einzelnachweise

  1. Isaac Newton, Principia, Herausgeber Florian Cajori, University of California Press 1934, S. 10
  2. Brian Greene: Der Stoff, aus dem der Kosmos ist: Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit. Siedler, München 2004, ISBN 3-88680-738-X.