Karl Lanius: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben und Wirken ==
== Leben und Wirken ==
In den Jahrzehnten seines Wirkens erfolgte der Aufbau der Hochenergiephysik in der [[DDR]] und ihre Integration in die internationale Gemeinschaft.
In den Jahrzehnten des Wirkens von Karl Lanius erfolgte der Aufbau der Hochenergiephysik in der [[DDR]] und ihre Integration in die internationale Forschergemeinschaft.


Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs er bei der Mutter auf. Sie war Jüdin und wurde 1944 in KZ Theresienstadt verschleppt. Karl Lanius konnte deshalb nicht zum Gymnasium gehen und wurde Werkzeugmacher. Im Ergebnis einer Sonderprüfung wurde Lanius nach dem Krieg zum Studium zugelassen<ref>T. Naumann: ''Teilchen ohne Grenzen''. Sitzungsberichte der Leibnitz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, 114(2012), 161–173</ref> und studierte Physik von 1946 bis 1949 an der [[TU-Berlin]] und von 1949 bis 1952 an der [[Humboldt-Universität Berlin]]. 1957 promovierte er in der Berliner Humboldt-Universität, 1962 habilitierte er sich. Im gleichen Jahr erhielt er eine Dozentur und 1964 eine Professur für Physik.
Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs er bei der Mutter auf. Sie war Jüdin und wurde 1944 in das [[KZ Theresienstadt]] verschleppt. Lanius konnte deshalb nicht zum Gymnasium gehen und wurde Werkzeugmacher. Im Ergebnis einer Sonderprüfung wurde er nach dem Krieg zum Studium zugelassen<ref>T. Naumann: ''Teilchen ohne Grenzen''. Sitzungsberichte der Leibnitz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 114, Jg. 2012, S. 161–173. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2012.</ref> und studierte [[Physik]] von 1946 bis 1949 an der [[TU-Berlin]] und von 1949 bis 1952 an der [[Humboldt-Universität zu Berlin]] (HUB), das er als [[Physiker|Diplomphysiker]] abgeschlossen hat.
1952 begann seine wissenschaftliche Arbeit im Institut [[Zeuthen|Miersdorf]] der [[Akademie der Wissenschaften der DDR]]. Dort erfolgten die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der [[Kernphysik]] in der DDR. Aus dem Miersdorfer Institut ging das [[Institut für Hochenergiephysik (Zeuthen)|Institut für Hochenergiephysik]] in [[Zeuthen]] der Akademie hervor. Lanius leitete das Institut von 1962 bis 1973 und von 1976 bis 1988. In den Jahren 1973 bis 1976 arbeitete er als Vizedirektor des [[Vereinigtes Institut für Kernforschung|Vereinigten Instituts für Kernforschung]] in [[Dubna (Moskau)|Dubna]] bei Moskau und von 1988 bis 1990 als Gastwissenschaftler am Schweizer [[Paul Scherrer Institut]], mit längeren Forschungsaufenthalten beim [[CERN]] in Genf.


Frühzeitig knüpfte er Kontakte zu Kollegen im CERN in Genf und am DESY in Hamburg und organisierte auch während des Kalten Krieges einen regen Wissenschaftleraustausch. Lanius legte damit den Grundstein für die erfolgreiche Vereinigung des Instituts für Hochenergiephysik mit dem [[DESY]] im Jahr 1992.  
Nach seinem Studium begann er 1952 seine wissenschaftliche Arbeit im [[Miersdorf|Institut Miersdorf]] der [[Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin|Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin]] (DAW). Dort erfolgten die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der [[Kernphysik]] in der DDR. 1957 [[Promotion (Doktor)|promovierte]] er an der HUB<ref>Karl Lanius: ''Über die Zertrümmerung schwerer Kerne der Kernemulsion durch Teilchen der kosmischen Strahlung.'' Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, Math.-naturwiss. Fakultät, Berlin 1957</ref>,  1962 [[Habilitation|habilitierte]] er sich dort.<ref>Karl Lanius: ''Die unelastische Pion-Nukleon-Wechselwirkung bei 7 GeV.'' Habilitationsschrift, Humboldt-Universität zu Berlin, Math.-naturwiss. Fakultät, Berlin 1962.</ref> Nebenamtlich erhielt er im gleichen Jahr eine [[Dozentur]] und 1964 eine [[Professur]] für Physik an der HUB, er blieb weiterhin bei der DAW in Zeuthen tätig.


1969 erfolgte seine Wahl zum Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften der DDR]]. In den Jahren 1988 bis 1992 leitete er als Sekretar die Klasse Physik der Akademie. Mitglied der [[Leibniz-Sozietät]] wurde er 1993, als deren Sekretar der Klasse Naturwissenschaften er bis 1996 tätig war. In der Wahlperiode von 1987 bis 1990 wirkte er als Vizepräsident der [[Internationale Union für Reine und Angewandte Physik|Internationalen Union für Reine und Angewandte Physik]] (IUPAP). Von 1969 bis 1990 war Lanius Mitglied des [[Forschungsrat der DDR|Forschungsrates der DDR]].
Aus dem Institut Miersdorf entstand 1956 in das ''Kernphysikalische Institut der DAW'' [[Zeuthen]] (Leiter: [[Gustav Richter (Physiker)|Gustav Richter]]). In diesem Institut bestand die Abteilung „Kosmische Strahlung“ weiterhin unter der Leitung von Karl Lanius. Dieses Kernphysikalische Institut wurde 1962 in zwei selbständige Forschungsstellen aufgeteilt: „Physik hoher Energien“ (Leitung: Lanius) und „Spezielle Probleme der theoretischen Physik“ (Leitung: Richter). 1968 wurde die bisherige „Forschungsstelle für Physik hoher Energien“ in das „Institut für Hochenergiephysik (IfH)“ der DAW umgewandelt (Direktor: Karl Lanius).


==Auszeichnungen==
Lanius leitete das Gebiet Hochenergiephysik von 1962 bis 1973 und von 1976 bis 1988. In den dazwischen liegenden Jahren 1973 bis 1976 arbeitete er als [[Rektor#Akademische Ämter|Vizedirektor]] des [[Vereinigtes Institut für Kernforschung|Vereinigten Instituts für Kernforschung]] (VIK) in [[Dubna (Moskau)|Dubna]] bei Moskau. Von 1988 bis 1990 war er Gastwissenschaftler am Schweizer [[Paul Scherrer Institut]], mit längeren Forschungsaufenthalten beim [[CERN]] in [[Genf]].
 
Frühzeitig knüpfte er, gemeinsam mit seinem Abteilungsleiter [[Claus Grote]], der für die [[Blasenkammer]] zuständig war, Kontakte zu Fachkphysikern im CERN in Genf und am [[DESY]] in [[Hamburg-Bahrenfeld]], und er organisierte auch während des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] einen regen Wissenschaftleraustausch. Lanius legte damit den Grundstein für die erfolgreiche Vereinigung des Instituts für Hochenergiephysik mit dem DESY im Jahr 1992, so dass hier nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] als zweiter Standort das [[DESY Zeuthen]] entstanden ist.
 
Als die [[Nuklearkatastrophe von Tschernobyl]] von 1986 auch in der DDR nicht länger heruntergespielt werden konnte, mobilisierte die SED-Führung zwei prominente Physiker der DDR, Lanius und [[Günter Flach]], beide keine Spezialisten im Fach ''[[Reaktorphysik]]'', die weltweite Kritik an der Berichterstattung der Sowjetunion im Fernsehen der DDR in die Ecke einer „antisowjetischen Aufrüstungspropaganda“ zu stellen. Wörtlich sagte Lanius in dem Fernsehinterview nach dem „Super-GAU“: „Man soll bitte nicht vergessen, dass offenbar doch hier sehr starke Elemente einer Verteufelung der Sowjetunion und eine Ablenkung von diesen doch so enorm wichtigen Friedensinitiativen zu sehen ist.“<ref>[[ZDFinfo]] Doku: ''Die sieben geheimen Atompläne der DDR'', 14.06.2021 20:15 Uhr, Dauer 44:32 min, Zeitpunkt, wo dieser Satz von Lanius in der Doku eingeblendet wird: 36:36 min</ref>
 
== Mitgliedschaften und Auszeichnungen (Auswahl) ==
1969 erfolgte seine Wahl zum Mitglied der [[Gelehrtengesellschaft|Gelehrtensozietät]] der ''Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin''. In den Jahren 1988 bis 1992 leitete er als Sekretar die ''Klasse Physik'' der [[Akademie der Wissenschaften der DDR]] (AdW). 1993 war er Gründungsmitglied der [[Leibniz-Sozietät|Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin]], als deren Sekretar der ''Klasse Naturwissenschaften'' er bis 1996 tätig war. In der Wahlperiode von 1987 bis 1990 wirkte er als ''Vizepräsident'' der [[Internationale Union für Reine und Angewandte Physik|Internationalen Union für Reine und Angewandte Physik]] (IUPAP). Von 1969 bis 1990 war Lanius Mitglied des [[Forschungsrat der DDR|Forschungsrates der DDR]].
* 1967 [[Nationalpreis der DDR]]
* 1967 [[Nationalpreis der DDR]]
* 1987 [[Hervorragender Wissenschaftler des Volkes]]
* 1987 [[Hervorragender Wissenschaftler des Volkes]]


==Werke (Auswahl)==
== Publikationen (Auswahl) ==
* ''Mikrokosmos Makrokosmos. Das Weltbild der Physik.'' Leipzig München Frankfurt a.M. Wien 1988/89, ISBN 3-406-33210-2
* ''Elementarteilchen 1977 – Vortrag vor der Klasse Physik der Akademie der Wissenschaften der DDR.'' Akademie-Verlag, Berlin 1978.
* ''Die Erde im Wandel. Grenzen des Vorhersagbaren.'' Heidelberg Berlin Oxford 1995, ISBN 3-86025-325-5
* ''Physik der Elementarteilchen.'' Akademie-Verlag, Berlin; Vieweg Verlag, Braunschweig; Wiesbaden 1981, ISBN 978-3-528-06866-0.
* ''Wege und Irrwege der Menschenartigen. Wie wir wurden, wer wir sind.'' Stuttgart 1999, ISBN 3-89626-213-0
* ''Die Physik und ihre Tendenzen – dargelegt am Beispiel der Elementarteilchenphysik.'' Akademie-Verlag, Berlin 1981.
* (mit F. Klix): ''Weltbilder. Eine Menschheitsgeschichte.'' Leipzig 2005, ISBN 3-936618-66-6
* mit [[Manfred Uschner]]: ''Weg mit dem Teufelszeug!  Für ein atomwaffenfreies Europa.'' Dietz Verlag, Berlin 1988, ISBN 978-3-320-01155-0.
* ''Verantwortung.'' Berlin 2006
* ''Mikrokosmos Makrokosmos. Das Weltbild der Physik.'' Urania-Verlag, Leipzig; Jena; Berlin 1988, 2. Auflage 1989, ISBN 978-3-332-00206-5; Beck Verlag, München 1988, 2. Auflage 1989, ISBN 978-3-406-33210-4; Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main; Wien 1990, ISBN 978-3-7632-3629-9.
* ''Klima - Umwelt - Mensch. Sozial-ökonomische Systeme und ihre Überlebens(un)fähigkeit.'' Bonn 2009, ISBN 978-3-89144-420-7
* ''Grundlagenforschung und Schlüsseltechnologien. Festvortrag anlässlich des Leibniztages der Akademie der Wissenschaften der DDR am 3. Juli 1987.'' Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 978-3-05-500516-9.
* als Mitautor: ''Globaler Wandel. Teil 1: Risiken, Ressourcen, Chancen.'' Becker-Verlag, Velten 1994, ISBN 978-3-930640-39-3.
* ''Die Erde im Wandel. Grenzen des Vorhersagbaren.'' Spektrum; Akademie-Verlag, Heidelberg; Berlin; Oxford 1995, ISBN 978-3-86025-325-0.
* mit [[Friedhart Klix]]: ''Wege und Irrwege der Menschenartigen. Wie wir wurden, wer wir sind.'' Kohlhammer, Stuttgart; Berlin; Köln 1999, ISBN 978-3-17-016035-4.
* mit [[Friedhart Klix]]: ''Wege und Irrwege der Menschenartigen. Kosmologie heute – ein Beitrag zum Weltbild.'' trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2000, ISBN 978-3-89626-213-4.
* ''Weltbilder. Eine Menschheitsgeschichte.'' Faber und Faber, Leipzig 2005, ISBN 978-3-936618-66-2.
* ''Klima Umwelt Mensch. Sozial-ökonomische Systeme und ihre Überlebens(un)fähigkeit.'' Pahl-Rugenstein, Bonn 2009, ISBN 978-3-89144-420-7.


==Literatur==
== Literatur ==
* {{WWW-DDR|2026|Lanius, Karl|Horst Kant}}
* {{WWW-DDR|id=karl-lanius|lemma=Lanius, Karl|autor=[[Horst Kant]]|band=1|idNum=2026}}
* ''Zum 80. Geburtstag von Karl Lanius.'' Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 93, Jahrgang 2007. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2007, ISBN 978-3-89626-753-5.


==Weblinks==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|105275107}}
* {{DNB-Portal|105275107}}
* {{DDB|Person|105275107}}
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* [http://www.desy.de/sites2009/site_www-desy/content/e409/e8731/e8852/e8858/infoboxContent73893/DESYinform09-10-deWEB_ger.pdf DESY inFORM 09/2010] (PDF; 347&nbsp;kB), Nachruf auf Seite 5
* [https://www.desy.de/sites2009/site_www-desy/content/e409/e8731/e8852/e8858/infoboxContent73893/DESYinform09-10-deWEB_ger.pdf DESY inFORM 09/2010] (PDF; 347&nbsp;kB), Nachruf auf Seite 5


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens in Bronze]]
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[[Kategorie:Mitglied der Leibniz-Sozietät]]
[[Kategorie:Mitglied der Leibniz-Sozietät]]
[[Kategorie:Hervorragender Wissenschaftler des Volkes]]
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Aktuelle Version vom 17. Juni 2021, 08:03 Uhr

Karl Lanius (* 3. Mai 1927 in Berlin; † 21. Juli 2010 in Königs Wusterhausen) war ein deutscher Physiker. Er arbeitete auf dem Gebiet der Kosmischen Strahlung und der Hochenergiephysik.

Leben und Wirken

In den Jahrzehnten des Wirkens von Karl Lanius erfolgte der Aufbau der Hochenergiephysik in der DDR und ihre Integration in die internationale Forschergemeinschaft.

Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs er bei der Mutter auf. Sie war Jüdin und wurde 1944 in das KZ Theresienstadt verschleppt. Lanius konnte deshalb nicht zum Gymnasium gehen und wurde Werkzeugmacher. Im Ergebnis einer Sonderprüfung wurde er nach dem Krieg zum Studium zugelassen[1] und studierte Physik von 1946 bis 1949 an der TU-Berlin und von 1949 bis 1952 an der Humboldt-Universität zu Berlin (HUB), das er als Diplomphysiker abgeschlossen hat.

Nach seinem Studium begann er 1952 seine wissenschaftliche Arbeit im Institut Miersdorf der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW). Dort erfolgten die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der Kernphysik in der DDR. 1957 promovierte er an der HUB[2], 1962 habilitierte er sich dort.[3] Nebenamtlich erhielt er im gleichen Jahr eine Dozentur und 1964 eine Professur für Physik an der HUB, er blieb weiterhin bei der DAW in Zeuthen tätig.

Aus dem Institut Miersdorf entstand 1956 in das Kernphysikalische Institut der DAW Zeuthen (Leiter: Gustav Richter). In diesem Institut bestand die Abteilung „Kosmische Strahlung“ weiterhin unter der Leitung von Karl Lanius. Dieses Kernphysikalische Institut wurde 1962 in zwei selbständige Forschungsstellen aufgeteilt: „Physik hoher Energien“ (Leitung: Lanius) und „Spezielle Probleme der theoretischen Physik“ (Leitung: Richter). 1968 wurde die bisherige „Forschungsstelle für Physik hoher Energien“ in das „Institut für Hochenergiephysik (IfH)“ der DAW umgewandelt (Direktor: Karl Lanius).

Lanius leitete das Gebiet Hochenergiephysik von 1962 bis 1973 und von 1976 bis 1988. In den dazwischen liegenden Jahren 1973 bis 1976 arbeitete er als Vizedirektor des Vereinigten Instituts für Kernforschung (VIK) in Dubna bei Moskau. Von 1988 bis 1990 war er Gastwissenschaftler am Schweizer Paul Scherrer Institut, mit längeren Forschungsaufenthalten beim CERN in Genf.

Frühzeitig knüpfte er, gemeinsam mit seinem Abteilungsleiter Claus Grote, der für die Blasenkammer zuständig war, Kontakte zu Fachkphysikern im CERN in Genf und am DESY in Hamburg-Bahrenfeld, und er organisierte auch während des Kalten Krieges einen regen Wissenschaftleraustausch. Lanius legte damit den Grundstein für die erfolgreiche Vereinigung des Instituts für Hochenergiephysik mit dem DESY im Jahr 1992, so dass hier nach der deutschen Wiedervereinigung als zweiter Standort das DESY Zeuthen entstanden ist.

Als die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl von 1986 auch in der DDR nicht länger heruntergespielt werden konnte, mobilisierte die SED-Führung zwei prominente Physiker der DDR, Lanius und Günter Flach, beide keine Spezialisten im Fach Reaktorphysik, die weltweite Kritik an der Berichterstattung der Sowjetunion im Fernsehen der DDR in die Ecke einer „antisowjetischen Aufrüstungspropaganda“ zu stellen. Wörtlich sagte Lanius in dem Fernsehinterview nach dem „Super-GAU“: „Man soll bitte nicht vergessen, dass offenbar doch hier sehr starke Elemente einer Verteufelung der Sowjetunion und eine Ablenkung von diesen doch so enorm wichtigen Friedensinitiativen zu sehen ist.“[4]

Mitgliedschaften und Auszeichnungen (Auswahl)

1969 erfolgte seine Wahl zum Mitglied der Gelehrtensozietät der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. In den Jahren 1988 bis 1992 leitete er als Sekretar die Klasse Physik der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW). 1993 war er Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, als deren Sekretar der Klasse Naturwissenschaften er bis 1996 tätig war. In der Wahlperiode von 1987 bis 1990 wirkte er als Vizepräsident der Internationalen Union für Reine und Angewandte Physik (IUPAP). Von 1969 bis 1990 war Lanius Mitglied des Forschungsrates der DDR.

  • 1967 Nationalpreis der DDR
  • 1987 Hervorragender Wissenschaftler des Volkes

Publikationen (Auswahl)

  • Elementarteilchen 1977 – Vortrag vor der Klasse Physik der Akademie der Wissenschaften der DDR. Akademie-Verlag, Berlin 1978.
  • Physik der Elementarteilchen. Akademie-Verlag, Berlin; Vieweg Verlag, Braunschweig; Wiesbaden 1981, ISBN 978-3-528-06866-0.
  • Die Physik und ihre Tendenzen – dargelegt am Beispiel der Elementarteilchenphysik. Akademie-Verlag, Berlin 1981.
  • mit Manfred Uschner: Weg mit dem Teufelszeug! Für ein atomwaffenfreies Europa. Dietz Verlag, Berlin 1988, ISBN 978-3-320-01155-0.
  • Mikrokosmos – Makrokosmos. Das Weltbild der Physik. Urania-Verlag, Leipzig; Jena; Berlin 1988, 2. Auflage 1989, ISBN 978-3-332-00206-5; Beck Verlag, München 1988, 2. Auflage 1989, ISBN 978-3-406-33210-4; Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main; Wien 1990, ISBN 978-3-7632-3629-9.
  • Grundlagenforschung und Schlüsseltechnologien. Festvortrag anlässlich des Leibniztages der Akademie der Wissenschaften der DDR am 3. Juli 1987. Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 978-3-05-500516-9.
  • als Mitautor: Globaler Wandel. Teil 1: Risiken, Ressourcen, Chancen. Becker-Verlag, Velten 1994, ISBN 978-3-930640-39-3.
  • Die Erde im Wandel. Grenzen des Vorhersagbaren. Spektrum; Akademie-Verlag, Heidelberg; Berlin; Oxford 1995, ISBN 978-3-86025-325-0.
  • mit Friedhart Klix: Wege und Irrwege der Menschenartigen. Wie wir wurden, wer wir sind. Kohlhammer, Stuttgart; Berlin; Köln 1999, ISBN 978-3-17-016035-4.
  • mit Friedhart Klix: Wege und Irrwege der Menschenartigen. Kosmologie heute – ein Beitrag zum Weltbild. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2000, ISBN 978-3-89626-213-4.
  • Weltbilder. Eine Menschheitsgeschichte. Faber und Faber, Leipzig 2005, ISBN 978-3-936618-66-2.
  • Klima – Umwelt – Mensch. Sozial-ökonomische Systeme und ihre Überlebens(un)fähigkeit. Pahl-Rugenstein, Bonn 2009, ISBN 978-3-89144-420-7.

Literatur

  • Kurzbiografie zu: Karl Lanius. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1, Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Zum 80. Geburtstag von Karl Lanius. Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 93, Jahrgang 2007. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2007, ISBN 978-3-89626-753-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. T. Naumann: Teilchen ohne Grenzen. Sitzungsberichte der Leibnitz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 114, Jg. 2012, S. 161–173. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2012.
  2. Karl Lanius: Über die Zertrümmerung schwerer Kerne der Kernemulsion durch Teilchen der kosmischen Strahlung. Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, Math.-naturwiss. Fakultät, Berlin 1957
  3. Karl Lanius: Die unelastische Pion-Nukleon-Wechselwirkung bei 7 GeV. Habilitationsschrift, Humboldt-Universität zu Berlin, Math.-naturwiss. Fakultät, Berlin 1962.
  4. ZDFinfo Doku: Die sieben geheimen Atompläne der DDR, 14.06.2021 20:15 Uhr, Dauer 44:32 min, Zeitpunkt, wo dieser Satz von Lanius in der Doku eingeblendet wird: 36:36 min