Wasserstoffbrennen: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit '''Wasserstoffbrennen''' wird die [[Kernfusion]] von [[Proton]]en (d.&nbsp;h. von [[Atomkern]]en des häufigsten [[Isotop]]s <sup>1</sup>H des [[Wasserstoff]]s) zu [[Helium]] im Inneren von [[Stern]]en (oder, im Fall einer [[Nova (Stern)|Nova]], auf der Oberfläche eines [[weißer Zwerg|weißen Zwergs]]) bezeichnet, also mit anderen Worten die stellare '''Wasserstofffusion'''. Diese Reaktion stellt in normalen Sternen während des Großteils ihres Lebenszyklus die wesentliche [[Energie]]quelle dar. Alle Sterne der [[Hauptreihe]] beziehen ihre Energie aus dem Wasserstoffbrennen. Trotz der Bezeichnung handelt es sich nicht um eine [[Verbrennung (Chemie)|''Verbrennung'']] im Sinne der chemischen [[Redoxreaktion]], eine solche setzt bedeutend weniger Energie frei.
Mit '''Wasserstoffbrennen''' wird die [[Kernfusion]] von [[Proton]]en (d.&nbsp;h. von [[Atomkern]]en des häufigsten [[Isotop]]s <sup>1</sup>H des [[Wasserstoff]]s) zu [[Helium]] im Inneren von [[Stern]]en (oder, im Fall einer [[Nova (Stern)|Nova]], auf der Oberfläche eines [[weißer Zwerg|weißen Zwergs]]) bezeichnet, also mit anderen Worten die stellare '''Wasserstofffusion'''. Diese Reaktion stellt in normalen Sternen während des Großteils ihres Lebenszyklus die wesentliche Energiequelle dar. Alle Sterne der [[Hauptreihe]] beziehen ihre [[Energie]] aus dem Wasserstoffbrennen. Trotz der Bezeichnung handelt es sich nicht um eine [[Verbrennung (Chemie)|''Verbrennung'']] im Sinne der chemischen [[Redoxreaktion]], eine solche setzt bedeutend weniger Energie frei.


Der Prozess der Kernfusion kann beim Wasserstoffbrennen auf zwei Arten ablaufen, bei denen auf verschiedenen Wegen jeweils vier Protonen in einen Heliumkern <sup>4</sup>He, zwei [[Positron]]en und zwei [[Neutrino|Elektronneutrinos]] umgewandelt werden:<ref name="DOI10.1103/PhysRevLett.90.131301">[[John N. Bahcall]], M.&nbsp;C. Gonzalez-Garcia, Carlos Peña-Garay: ''Does the Sun Shine by pp or CNO Fusion Reactions?'' In: ''Physical Review Letters.'' 90, 2003, {{DOI|10.1103/PhysRevLett.90.131301}}.</ref>
Das Wasserstoffbrennen kann wie folgt zusammengefasst werden:
 
:<math> 4 {}^{1}_{1}\mathrm{H}\rightarrow {}^{4}_{2}\mathrm{He} + 2e^+ + 2 \nu _{e} + 2 \gamma</math>,
 
Bei der Fusion von vier Protonen entstehen also neben dem Heliumkern zwei [[Positron]]en, zwei [[Neutrino|Elektronneutrinos]] und zwei [[Gammastrahlung|Gammaquanten]].<ref name=Carroll_Ostlie> {{Literatur |Autor=Bradley W. Carroll, Dale A. Ostlie |Titel=An introduction to modern astrophysics |Auflage=2nd ed., Pearson new International ed. |Verlag=Pearson |Ort=Harlow |Datum=2014 |ISBN=9781292022932 |Seiten=399}}</ref> Aufgrund des auftretenden [[Massendefekt]]s wird eine Energie von 26,731&nbsp;[[Elektronenvolt|MeV]] frei.<ref name=Iliadis>{{Literatur |Autor=Christian Iliadis |Titel=Nuclear Physics of Stars |Auflage= 2 |Verlag= Wiley-VCH |Ort= Weinheim |Datum= 2015 |Sprache=en |Seiten=353 |ISBN=978-3-527-33648-7}}</ref>
Die direkte Fusion von vier Protonen ist zur Erklärung der Leuchtkräfte der Sterne zu unwahrscheinlich,<ref name=Iliadis/> das Wasserstoffbrennen läuft stattdessen vor allem in zwei verschiedenen Reaktionsketten ab:<ref name="DOI10.1103/PhysRevLett.90.131301">[[John N. Bahcall]], M.&nbsp;C. Gonzalez-Garcia, Carlos Peña-Garay: ''Does the Sun Shine by pp or CNO Fusion Reactions?'' In: ''Physical Review Letters.'' 90, 2003, {{DOI|10.1103/PhysRevLett.90.131301}}.</ref>
* die relativ direkte [[Proton-Proton-Reaktion]]
* die relativ direkte [[Proton-Proton-Reaktion]]
* der schwere Elemente ([[Kohlenstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]]) nutzende [[Bethe-Weizsäcker-Zyklus]] ''(CNO-Zyklus)''
* der schwere Elemente ([[Kohlenstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]]) nutzende [[Bethe-Weizsäcker-Zyklus]] ''(CNO-Zyklus)''


Bei der Fusion von vier Protonen zum Heliumkern wird einerseits Materie in Form von zwei [[Positron]]en erzeugt, andererseits wird Materie in Energie umgewandelt. Diese [[Äquivalenz von Masse und Energie]] wird in der bekannten Formel ''E&nbsp;=&nbsp;mc''² von [[Albert Einstein]] beschrieben, aufgrund des auftretenden [[Massendefekt]]s wird eine Energie von etwa 25&nbsp;[[Elektronenvolt|MeV]] frei. Bei der [[Sonne]] bedeutet das, dass in jeder Sekunde etwa 564 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 560 Millionen Tonnen Helium „verschmolzen“ werden, der Massendefekt also 4 Millionen Tonnen beträgt.
Die Elektronneutrinos können den Stern praktisch ungehindert verlassen, daher hängt die dem Stern zur Verfügung stehende Energie von der Reaktionskette ab<ref name=Iliadis_pp>{{Literatur |Autor=Christian Iliadis |Titel=Nuclear Physics of Stars |Auflage= 2 |Verlag= Wiley-VCH |Ort=Weinheim |Datum= 2015 |Sprache=en |Seiten=364|ISBN=978-3-527-33648-7}}</ref>
 
[[Datei:PPvsCNO.png|mini|hochkant=2|Relative Energieproduktion für den [[Proton-Proton-Reaktion|Proton-Proton-]] (PP), [[Bethe-Weizsäcker-Zyklus|CNO-]] und [[Drei-Alpha-Prozess|Triple-α]]-Fusionsprozesse in Abhängigkeit von der Temperatur. Bei Temperaturen wie im Kern der Sonne ist der PP-Prozess dominant.<br />Achtung: Temperaturskala ist fehlerhaft!]]


Der Massendefekt bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium ist der größte aller Fusionsreaktionen  und somit bezüglich der Energie am ergiebigsten; die nächste Stufe stellarer Fusionsreaktionen, das [[Heliumbrennen]], setzt pro erzeugtem Kohlenstoffkern nur noch etwa ein Zehntel davon frei.  
Die Energieerzeugungsrate ist bei der Proton-Proton-Reaktion proportional zur vierten Potenz der Temperatur, beim [[Bethe-Weizsäcker-Zyklus]] zur 18. Potenz.<ref>{{Literatur |Autor=Eric G. Adelberger et al. |Titel=Solar fusion cross sections. II. The pp chain and CNO cycles |Sammelwerk=Reviews of Modern Physics |Band=83 |Nummer=1 |Datum=2011 |DOI=10.1103/RevModPhys.83.195 |Seiten=226}}</ref> Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5 % eine Steigerung von 22 % bzw. 141 % bei der Energiefreisetzung. Beim Heliumbrennen (27. Potenz) und [[Kohlenstoffbrennen]] (30. Potenz) liegen diese Werte nochmals deutlich höher.


Die Energieerzeugungsrate ist bei der Proton-Proton-Reaktion proportional zur 4. Potenz der Temperatur, beim [[Bethe-Weizsäcker-Zyklus]] zur 18. Potenz.<ref>{{Literatur | Autor=Eric G. Adelberger et al. | Titel=Solar fusion cross sections. II. The pp chain and CNO cycles | Sammelwerk=Reviews of Modern Physics | Band=83 | Nummer=1 | Jahr=2011 | DOI=10.1103/RevModPhys.83.195 | Seiten=226}}</ref> Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5&nbsp;% eine Steigerung von 22&nbsp;% bzw. 141&nbsp;% bei der Energiefreisetzung. Beim Heliumbrennen (27. Potenz) und [[Kohlenstoffbrennen]] (30. Potenz) liegen diese Werte nochmals deutlich höher.
Während der Hauptreihenphase findet das Wasserstoffbrennen im Kern des Sternes bei Temperaturen zwischen 5 und 55&nbsp;MK statt.<ref name=Iliadis/> Für die [[Sonne]] bedeutet das, dass bei einer Kerntemperatur von 15,6&nbsp;MK<ref name=Iliadis/> in jeder Sekunde etwa 564 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 560 Millionen Tonnen Helium „verschmolzen“ werden, der Massendefekt also 4 Millionen Tonnen beträgt. Nach dem Verlassen der Hauptreihe findet das Wasserstoffbrennen in einer [[Schalenbrennen|Schale]] um den Kern statt. Dabei werden Temperaturen zwischen 45 und 100&nbsp;MK erreicht.<ref name=Iliadis/>


== Siehe auch ==
Der Massendefekt bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium ist der größte aller Fusionsreaktionen und somit bezüglich der Energie am ergiebigsten; die nächste Stufe stellarer Fusionsreaktionen, das [[Heliumbrennen]], setzt pro erzeugtem Kohlenstoffkern nur noch etwa ein Zehntel davon frei.
* [[Kernfusionsreaktor]]
* [[Nukleosynthese]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Bogdan Povh et al.: ''Teilchen und Kerne.'' 4. Auflage, Springer Verlag 1997, ISBN 3-540-61737-X, S.&nbsp;317–318.
* Bogdan Povh et al.: ''Teilchen und Kerne.'' 4. Auflage. Springer Verlag 1997, ISBN 3-540-61737-X, S.&nbsp;317–318.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 19. April 2020, 07:27 Uhr

Mit Wasserstoffbrennen wird die Kernfusion von Protonen (d. h. von Atomkernen des häufigsten Isotops 1H des Wasserstoffs) zu Helium im Inneren von Sternen (oder, im Fall einer Nova, auf der Oberfläche eines weißen Zwergs) bezeichnet, also mit anderen Worten die stellare Wasserstofffusion. Diese Reaktion stellt in normalen Sternen während des Großteils ihres Lebenszyklus die wesentliche Energiequelle dar. Alle Sterne der Hauptreihe beziehen ihre Energie aus dem Wasserstoffbrennen. Trotz der Bezeichnung handelt es sich nicht um eine Verbrennung im Sinne der chemischen Redoxreaktion, eine solche setzt bedeutend weniger Energie frei.

Das Wasserstoffbrennen kann wie folgt zusammengefasst werden:

$ 4{}_{1}^{1}\mathrm {H} \rightarrow {}_{2}^{4}\mathrm {He} +2e^{+}+2\nu _{e}+2\gamma $,

Bei der Fusion von vier Protonen entstehen also neben dem Heliumkern zwei Positronen, zwei Elektronneutrinos und zwei Gammaquanten.[1] Aufgrund des auftretenden Massendefekts wird eine Energie von 26,731 MeV frei.[2] Die direkte Fusion von vier Protonen ist zur Erklärung der Leuchtkräfte der Sterne zu unwahrscheinlich,[2] das Wasserstoffbrennen läuft stattdessen vor allem in zwei verschiedenen Reaktionsketten ab:[3]

Die Elektronneutrinos können den Stern praktisch ungehindert verlassen, daher hängt die dem Stern zur Verfügung stehende Energie von der Reaktionskette ab[4]

Relative Energieproduktion für den Proton-Proton- (PP), CNO- und Triple-α-Fusionsprozesse in Abhängigkeit von der Temperatur. Bei Temperaturen wie im Kern der Sonne ist der PP-Prozess dominant.
Achtung: Temperaturskala ist fehlerhaft!

Die Energieerzeugungsrate ist bei der Proton-Proton-Reaktion proportional zur vierten Potenz der Temperatur, beim Bethe-Weizsäcker-Zyklus zur 18. Potenz.[5] Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5 % eine Steigerung von 22 % bzw. 141 % bei der Energiefreisetzung. Beim Heliumbrennen (27. Potenz) und Kohlenstoffbrennen (30. Potenz) liegen diese Werte nochmals deutlich höher.

Während der Hauptreihenphase findet das Wasserstoffbrennen im Kern des Sternes bei Temperaturen zwischen 5 und 55 MK statt.[2] Für die Sonne bedeutet das, dass bei einer Kerntemperatur von 15,6 MK[2] in jeder Sekunde etwa 564 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 560 Millionen Tonnen Helium „verschmolzen“ werden, der Massendefekt also 4 Millionen Tonnen beträgt. Nach dem Verlassen der Hauptreihe findet das Wasserstoffbrennen in einer Schale um den Kern statt. Dabei werden Temperaturen zwischen 45 und 100 MK erreicht.[2]

Der Massendefekt bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium ist der größte aller Fusionsreaktionen und somit bezüglich der Energie am ergiebigsten; die nächste Stufe stellarer Fusionsreaktionen, das Heliumbrennen, setzt pro erzeugtem Kohlenstoffkern nur noch etwa ein Zehntel davon frei.

Literatur

  • Bogdan Povh et al.: Teilchen und Kerne. 4. Auflage. Springer Verlag 1997, ISBN 3-540-61737-X, S. 317–318.

Einzelnachweise

  1. Bradley W. Carroll, Dale A. Ostlie: An introduction to modern astrophysics. 2nd ed., Pearson new International ed. Pearson, Harlow 2014, ISBN 978-1-292-02293-2, S. 399.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4
  3. John N. Bahcall, M. C. Gonzalez-Garcia, Carlos Peña-Garay: Does the Sun Shine by pp or CNO Fusion Reactions? In: Physical Review Letters. 90, 2003, doi:10.1103/PhysRevLett.90.131301.
  4. Eric G. Adelberger et al.: Solar fusion cross sections. II. The pp chain and CNO cycles. In: Reviews of Modern Physics. Band 83, Nr. 1, 2011, S. 226, doi:10.1103/RevModPhys.83.195.

en:Stellar nucleosynthesis#Hydrogen burning