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Unter einer '''[[ | Unter einer '''[[Anomalie]] in der [[Quantenfeldtheorie]]''' versteht man die Brechung einer [[klassische Physik|klassischen]] [[Symmetrie (Physik)|Symmetrie]] einer [[Feldtheorie (Physik)|Feldtheorie]] (auf klassischem Niveau) durch den Prozess der [[Quantisierung (Physik)|Quantisierung]]. | ||
Vom Standpunkt der Quantenfeldtheorie betrachtet ist die Bezeichnung Anomalie eigentlich nicht sinnvoll, denn im klassischen [[Grenzwert (Folge)|Limes]] <math>\hbar \to 0</math> verschwinden die (zu den [[Erhaltungssatz|Erhaltungssätzen]] gehörenden) Symmetrien ''nicht'', sondern die [[Wirkung (Physik)|Wirkung]]s<nowiki/>terme dominieren alle anderen. | |||
[[ | == Technische Beschreibung == | ||
Technisch gesehen ergeben sich solche ''anomalen Symmetrien'', indem zwar das [[Wirkungsfunktional]] <math>\mathcal A</matH> der [[Feldtheorie]], d. h. ihre [[Lagrangedichte]], der Symmetrie gehorcht, aber ''nicht'' die bei der Quantisierung benötigten [[Maß (Mathematik)|Maßfunktionen]] <math>\mu</math> und somit auch ''nicht'' das Erzeugende [[Funktional]] <math>\mathcal Z = \int d\mu \, \exp (\mathcal A/\hbar)</math> der Theorie; dabei sind<math>\,\hbar</math> das [[Plancksches Wirkungsquantum#Werte|reduzierte plancksche Wirkungsquantum]] und <math>\exp</math> die [[Exponentialfunktion]]<!-- was ist <math>\mu</math>? -->. | |||
== Relevanz und Anwendungen == | |||
[[Datei:Triangle diagram.svg|mini|Das Dreiecksdiagramm: Die Wellenlinien stehen für [[Photon]]en; die nach rechts bzw. links gerichteten durchgezogenen Linien bezeichnen [[Elektron]]en bzw. [[Positron]]en.]] | |||
Die physikalische Relevanz solcher Anomalien drückt sich u. a. dadurch aus, dass sie einen wesentlichen Beitrag zu den [[Radioaktiver Zerfall|Zerfällen]] des neutralen [[Pion]]s liefern (<math>\pi^0 \rightarrow \gamma\gamma</math> bzw. <math>\pi^0\rightarrow e^+e^-\gamma</math>), und zwar im Zusammenhang mit dem Dreiecksdiagramm. (Dass beim vollständigen Umlauf um das Dreieck ein Positron in ein Elektron umgewandelt wird, ist eine explizite Signatur des anomalen Verhaltens.) | |||
Andere Beispiele ergeben sich bei den [[Ward-Identität]]en. Dabei handelt es sich um Gleichungen für [[quantenmechanisch]]e [[Amplitude]]n, die in quantisierten Theorien an die Stelle der (durch die Quantisierung ungültig gewordenen) [[Erhaltungssatz|Erhaltungssätze]] treten. | |||
Während Anomalien ''globaler'' Symmetrien harmlos sind und wie im Beispiel des <math> | Außerdem erklären die Anomalien das Fehlen eines neunten [[Spontane Symmetriebrechung#Konsequenzen|Goldstone-Bosons]], das ansonsten von der [[QCD]] gefordert würde. | ||
== Anomaliefreiheit von Eichsymmetrien == | |||
Während Anomalien ''globaler'' Symmetrien harmlos sind und wie im Beispiel des <math>\pi^0</math>-Zerfalls auch in der Natur beobachtet werden, würden Anomalien bei den [[Eichtheorie|Eichsymmetrien]], die ''lokal'' sind, die [[Renormierung|Renormierbarkeit]] der Theorie zerstören. Daher müssen Eichsymmetrien aus [[Widerspruchsfreiheit|Konsistenz]]<nowiki/>gründen immer anomaliefrei sein. | |||
Für die Eichsymmetrie des [[Standardmodell]]s ist dies dadurch gewährleistet, dass sich die anomalen Beiträge der verschiedenen [[Flavors]] von [[Quark (Physik)|Quarks]] und [[Lepton]]en gerade gegenseitig aufheben, solange die Zahl der [[Generation (Teilchenphysik)|Generationen]] im Quark- und Leptonsektor gleich ist. | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* {{Literatur | Autor=Barry R. Holstein | Titel=Anomalies for pedestrians | Sammelwerk=Am. J. Phys. | Band=61 | Nummer=2 | Datum=1993 | Seiten= | * {{Literatur | Autor=Barry R. Holstein | Titel=Anomalies for pedestrians | Sammelwerk=Am. J. Phys. | Band=61 | Nummer=2 | Datum=1993 | Seiten=142–147 | DOI=10.1119/1.17328 }} | ||
* {{Literatur | Autor=[[Reinhold A. Bertlmann]] | Titel=Anomalies in quantum field theory | Auflage= | Verlag=Oxford University Press | Ort=Oxford | Datum=2000 | ISBN=0-19-850762-3 }} | * {{Literatur | Autor=[[Reinhold A. Bertlmann]] | Titel=Anomalies in quantum field theory | Auflage= | Verlag=Oxford University Press | Ort=Oxford | Datum=2000 | ISBN=0-19-850762-3 }} | ||
* {{Literatur | Autor=Roman W. Jackiw | Titel=Axial anomaly | Sammelwerk=Scholarpedia | Band=3 | Nummer=10 | Datum=2008 | Seiten=7302 | DOI=10.4249/scholarpedia.7302 }} | * {{Literatur | Autor=Roman W. Jackiw | Titel=Axial anomaly | Sammelwerk=Scholarpedia | Band=3 | Nummer=10 | Datum=2008 | Seiten=7302 | DOI=10.4249/scholarpedia.7302 }} | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* [ | * [https://arxiv.org/abs/hep-ph/9904347 hep-ph/9904347 Anomalous pion decay revisited] | ||
* [[:en:Anomaly (physics)|Ausführlicher Artikel der englischen Wikipedia]] | * [[:en:Anomaly (physics)|Ausführlicher Artikel der englischen Wikipedia]] | ||
[[Kategorie:Quantenfeldtheorie]] | [[Kategorie:Quantenfeldtheorie]] | ||
Unter einer Anomalie in der Quantenfeldtheorie versteht man die Brechung einer klassischen Symmetrie einer Feldtheorie (auf klassischem Niveau) durch den Prozess der Quantisierung.
Vom Standpunkt der Quantenfeldtheorie betrachtet ist die Bezeichnung Anomalie eigentlich nicht sinnvoll, denn im klassischen Limes $ \hbar \to 0 $ verschwinden die (zu den Erhaltungssätzen gehörenden) Symmetrien nicht, sondern die Wirkungsterme dominieren alle anderen.
Technisch gesehen ergeben sich solche anomalen Symmetrien, indem zwar das Wirkungsfunktional $ {\mathcal {A}} $ der Feldtheorie, d. h. ihre Lagrangedichte, der Symmetrie gehorcht, aber nicht die bei der Quantisierung benötigten Maßfunktionen $ \mu $ und somit auch nicht das Erzeugende Funktional $ {\mathcal {Z}}=\int d\mu \,\exp({\mathcal {A}}/\hbar ) $ der Theorie; dabei sind$ \,\hbar $ das reduzierte plancksche Wirkungsquantum und $ \exp $ die Exponentialfunktion.
Die physikalische Relevanz solcher Anomalien drückt sich u. a. dadurch aus, dass sie einen wesentlichen Beitrag zu den Zerfällen des neutralen Pions liefern ($ \pi ^{0}\rightarrow \gamma \gamma $ bzw. $ \pi ^{0}\rightarrow e^{+}e^{-}\gamma $), und zwar im Zusammenhang mit dem Dreiecksdiagramm. (Dass beim vollständigen Umlauf um das Dreieck ein Positron in ein Elektron umgewandelt wird, ist eine explizite Signatur des anomalen Verhaltens.)
Andere Beispiele ergeben sich bei den Ward-Identitäten. Dabei handelt es sich um Gleichungen für quantenmechanische Amplituden, die in quantisierten Theorien an die Stelle der (durch die Quantisierung ungültig gewordenen) Erhaltungssätze treten.
Außerdem erklären die Anomalien das Fehlen eines neunten Goldstone-Bosons, das ansonsten von der QCD gefordert würde.
Während Anomalien globaler Symmetrien harmlos sind und wie im Beispiel des $ \pi ^{0} $-Zerfalls auch in der Natur beobachtet werden, würden Anomalien bei den Eichsymmetrien, die lokal sind, die Renormierbarkeit der Theorie zerstören. Daher müssen Eichsymmetrien aus Konsistenzgründen immer anomaliefrei sein.
Für die Eichsymmetrie des Standardmodells ist dies dadurch gewährleistet, dass sich die anomalen Beiträge der verschiedenen Flavors von Quarks und Leptonen gerade gegenseitig aufheben, solange die Zahl der Generationen im Quark- und Leptonsektor gleich ist.