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Die '''Oberflächenphysik''' ist ein Teilgebiet der [[Festkörperphysik]] und beschäftigt sich mit der | Die '''Oberflächenphysik''' ist ein Teilgebiet der [[Festkörperphysik]] und beschäftigt sich mit der [[Topografie (Messtechnik)|Topographie]], der Geometrie, der [[Bandstruktur]] und der [[Adsorption]] von [[Stoff (Chemie)|Stoffen]] an Oberflächen von [[Festkörper]]n. | ||
Das Fehlen von Bindungspartnern zu einer Seite veranlasst die Atome an der Oberfläche durch Ändern ihrer Bindungslänge zu tiefer liegenden Schichten ([[Relaxation (Naturwissenschaft)|Relaxation]]) oder durch Umordnung ihrer Positionen und Absättigen offener Bindungen ([[Rekombination (Physik)|Rekombination]]) einen energetisch günstigeren Zustand einzunehmen. Oberflächenstrukturen können daher eine andere Periodizität aufweisen als tiefer liegende Schichten. | |||
Nahe der [[Festkörper#Oberflächen|Oberfläche]] ist die [[Bandstruktur]] gestört bzw. unterbrochen. [[Oberflächenzustand|Oberflächenzustände]] erlauben Elektronen in den [[Bandlücke]]n untypische Energiezustände anzunehmen. Oberflächeneffekte führen in realen Kristallen zu besonderen lokalisierten Zuständen. | |||
An Oberflächen treten [[Elektrische Ladung|Ladungsungleichgewichte]] auf, deren elektrostatische Effekte Einfluss auf die Funktion von [[Halbleiter|Halb-]] und [[Nichtleiter]]n haben. | |||
== Geometrie und Oberfläche == | == Geometrie und Oberfläche == | ||
Unter der ''Oberfläche'' eines [[kristall]]inen Festkörpers versteht man den Bereich der ''[[Grenzfläche]]'', in dem sich die geometrische und elektronische Struktur wesentlich von der des [[Volumen-Festkörper]]s unterscheidet, das sind im Wesentlichen einige wenige [[Atomlage]]n von der | Unter der ''Oberfläche'' eines [[kristall]]inen Festkörpers versteht man den Bereich der ''[[Grenzfläche]]'', in dem sich die geometrische und elektronische Struktur wesentlich von der des [[Volumen-Festkörper]]s unterscheidet, das sind im Wesentlichen einige wenige [[Atomlage]]n von der Grenzfläche aus gezählt. | ||
Die ''Geometrie'' der Oberfläche wird mit zweidimensionaler [[Kristallographie]] beschrieben. Statt der 14 [[Bravais-Gitter]] im Dreidimensionalen gibt es in zwei [[Dimension (Mathematik)| | Die ''Geometrie'' der Oberfläche wird mit zweidimensionaler [[Kristallographie]] beschrieben. Statt der 14 [[Bravais-Gitter]] im Dreidimensionalen gibt es in zwei [[Dimension (Mathematik)|Dimensionen]] nur fünf Bravais-Gitter, das [[Parallelogramm]]-, [[Quadrat]]-, [[Rechteck]]-, [[Sechseck|hexagonale]] und das rechteckig-flächenzentrierte [[Gitter]]. | ||
== Elementarprozesse an der Oberfläche == | == Elementarprozesse an der Oberfläche == | ||
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'''[[Adsorption]]''' eines Stoffes an einer Oberfläche bedeutet, dass sich [[Atom]]e oder [[Molekül]]e aus der [[Gasphase]] auf der Oberfläche anlagern und dort durch [[Van-der-Waals-Kräfte]] ([[Physisorption]]) oder [[chemische Bindung]]en ([[Chemisorption]]) gebunden werden. Daher sind alle Festkörper an Luft von mindestens einer ganzen Lage Moleküle oder Atome bedeckt. Selbst einzelne Fremdatome können die Eigenschaften von Oberflächen verändern. Um dies zu vermeiden, werden die meisten Experimente unter starkem [[Vakuum]], meistens Ultrahochvakuum, durchgeführt. | '''[[Adsorption]]''' eines Stoffes an einer Oberfläche bedeutet, dass sich [[Atom]]e oder [[Molekül]]e aus der [[Gasphase]] auf der Oberfläche anlagern und dort durch [[Van-der-Waals-Kräfte]] ([[Physisorption]]) oder [[chemische Bindung]]en ([[Chemisorption]]) gebunden werden. Daher sind alle Festkörper an Luft von mindestens einer ganzen Lage Moleküle oder Atome bedeckt. Selbst einzelne Fremdatome können die Eigenschaften von Oberflächen verändern. Um dies zu vermeiden, werden die meisten Experimente unter starkem [[Vakuum]], meistens Ultrahochvakuum, durchgeführt. | ||
*'''[[Physisorption|Physisorbate]]''' sind meist sehr schwach gebunden, daher muss der Festkörper zur Untersuchung von Physisorbaten zumindest mit flüssigem [[Stickstoff]], oft sogar mit flüssigem [[Helium]] gekühlt werden. Sie können durch Heizen auf relativ tiefe [[Temperatur]]en [[Desorption|desorbiert]], d. h., von der Oberfläche abgedampft, werden. | * '''[[Physisorption|Physisorbate]]''' sind meist sehr schwach gebunden, daher muss der Festkörper zur Untersuchung von Physisorbaten zumindest mit flüssigem [[Stickstoff]], oft sogar mit flüssigem [[Helium]] gekühlt werden. Sie können durch Heizen auf relativ tiefe [[Temperatur]]en [[Desorption|desorbiert]], d. h., von der Oberfläche abgedampft, werden. | ||
*'''[[Chemisorption|Chemisorbate]]''' sind meist stärker gebunden und manche können bei Raumtemperatur untersucht werden, für schwächer gebundene Chemisorbate ist eine Kühlung mit flüssigem [[Stickstoff]] ausreichend. | * '''[[Chemisorption|Chemisorbate]]''' sind meist stärker gebunden und manche können bei Raumtemperatur untersucht werden, für schwächer gebundene Chemisorbate ist eine Kühlung mit flüssigem [[Stickstoff]] ausreichend. | ||
'''[[Desorption]]''' ist der gegensätzliche Vorgang zur Adsorption, bei dem angelagerte Atome oder Moleküle die [[Bindungsenergie]] der Oberfläche überwinden und den Festkörper verlassen. Durch unterschiedliche Kinetik von Adsorption und Desorption lassen sich komplexe Heterostrukturen im Nichtgleichgewicht erzeugen. | '''[[Desorption]]''' ist der gegensätzliche Vorgang zur Adsorption, bei dem angelagerte Atome oder Moleküle die [[Bindungsenergie]] der Oberfläche überwinden und den Festkörper verlassen. Durch unterschiedliche Kinetik von Adsorption und Desorption lassen sich komplexe Heterostrukturen im Nichtgleichgewicht erzeugen. | ||
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Außerdem entstehen bei komplexen Molekülsystemen thermodynamische [[Freiheitsgrad]]e. | Außerdem entstehen bei komplexen Molekülsystemen thermodynamische [[Freiheitsgrad]]e. | ||
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Folgende spektroskopischen Methoden kommen in der Oberflächenphysik zur Anwendung: | Folgende spektroskopischen Methoden kommen in der Oberflächenphysik zur Anwendung: | ||
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**[[Photoelektronenbeugung]] (PED) | ** [[Photoelektronenbeugung]] (PED) | ||
**[[Photoemissionselektronenmikroskopie]] (PEEM) | ** [[Photoemissionselektronenmikroskopie]] (PEEM) | ||
**[[Photoelektronenspektroskopie von adsorbiertem Xenon]]/[[Photoemission von adsorbiertem Xenon]] (PAX) | ** [[Photoelektronenspektroskopie von adsorbiertem Xenon]]/[[Photoemission von adsorbiertem Xenon]] (PAX) | ||
*Ionenstreuspektroskopie | * Ionenstreuspektroskopie | ||
**[[Niederenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (LEIS) | ** [[Niederenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (LEIS) | ||
**[[Mittelenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (MEIS) | ** [[Mittelenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (MEIS) | ||
** [[Rutherford Backscattering Spectrometry|Hochenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (HEIS) | ** [[Rutherford Backscattering Spectrometry|Hochenergetische Ionenstreuspektroskopie]] (HEIS) | ||
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*[[Sekundärionen-Massenspektrometrie]] (SIMS) | * [[Sekundärionen-Massenspektrometrie]] (SIMS) | ||
*[[Sekundär-Neutralteilchen-Massenspektrometrie]] (SNMS) | * [[Sekundär-Neutralteilchen-Massenspektrometrie]] (SNMS) | ||
[[Molekülspektroskopie]]n: | [[Molekülspektroskopie]]n: | ||
*[[Infrarotspektroskopie]] (IR) | * [[Infrarotspektroskopie]] (IR) | ||
*[[Elektronen-Energieverlust-Spektroskopie]] (EELS) | * [[Elektronen-Energieverlust-Spektroskopie]] (EELS) | ||
[[Rastersondenmikroskopie]]n: | [[Rastersondenmikroskopie]]n: | ||
*[[Optisches Rasternahfeldmikroskop|Optische Rasternahfeldmikroskopie]] (SNOM) | * [[Optisches Rasternahfeldmikroskop|Optische Rasternahfeldmikroskopie]] (SNOM) | ||
*[[Rastertransmissionselektronenmikroskop]]ie (STEM) | * [[Rastertransmissionselektronenmikroskop]]ie (STEM) | ||
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*[[Low Energy Electron Diffraction|Beugung niederenergetischer Elektronen]] (LEED) | * [[Low Energy Electron Diffraction|Beugung niederenergetischer Elektronen]] (LEED) | ||
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*[[Elektronenstrahlmikroanalyse]] (EPMA) | * [[Elektronenstrahlmikroanalyse]] (EPMA) | ||
*[[Feldelektronenmikroskop]] (FEM) | * [[Feldelektronenmikroskop]] (FEM) | ||
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*[[Photoakustische Spektroskopie]] (PAS) | * [[Photoakustische Spektroskopie]] (PAS) | ||
*[[Rasterelektronenmikroskop]] (REM) | * [[Rasterelektronenmikroskop]] (REM) | ||
*[[Röntgenabsorptionsspektroskopie]]: [[Röntgen-Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie]] (NEXAFS) und [[SEXAFS]] | * [[Röntgenabsorptionsspektroskopie]]: [[Röntgen-Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie]] (NEXAFS) und [[SEXAFS]] | ||
*[[Temperatur-programmierte Desorption]] (TPD), auch Thermische Desorptionsspektroskopie (TDS) genannt | * [[Temperatur-programmierte Desorption]] (TPD), auch Thermische Desorptionsspektroskopie (TDS) genannt | ||
*[[Oberflächensensitive Röntgenbeugung]] (SXRD) | * [[Oberflächensensitive Röntgenbeugung]] (SXRD) | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
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* H. Lüth: ''Solid Surfaces, Interfaces and Thin Films''. Springer Verlag; München, Berlin 2001, ISBN 3-540-42331-1. | * H. Lüth: ''Solid Surfaces, Interfaces and Thin Films''. Springer Verlag; München, Berlin 2001, ISBN 3-540-42331-1. | ||
* K. Oura, V.G. Lifshits, A.A. Saranin, A.V. Zotov, M. Katayama: ''Surface Science''. Springer Verlag, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-00545-5. | * K. Oura, V.G. Lifshits, A.A. Saranin, A.V. Zotov, M. Katayama: ''Surface Science''. Springer Verlag, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-00545-5. | ||
* S. Kowarik, K. Broch, F. Schreiber: ''Beim Wachstum zusehen'' | * S. Kowarik, K. Broch, F. Schreiber: ''Beim Wachstum zusehen.'' In: Physik Journal 13 (2014) Nr. 12 Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2014, {{ISSN|1617-9439}}. | ||
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Die Oberflächenphysik ist ein Teilgebiet der Festkörperphysik und beschäftigt sich mit der Topographie, der Geometrie, der Bandstruktur und der Adsorption von Stoffen an Oberflächen von Festkörpern.
Das Fehlen von Bindungspartnern zu einer Seite veranlasst die Atome an der Oberfläche durch Ändern ihrer Bindungslänge zu tiefer liegenden Schichten (Relaxation) oder durch Umordnung ihrer Positionen und Absättigen offener Bindungen (Rekombination) einen energetisch günstigeren Zustand einzunehmen. Oberflächenstrukturen können daher eine andere Periodizität aufweisen als tiefer liegende Schichten.
Nahe der Oberfläche ist die Bandstruktur gestört bzw. unterbrochen. Oberflächenzustände erlauben Elektronen in den Bandlücken untypische Energiezustände anzunehmen. Oberflächeneffekte führen in realen Kristallen zu besonderen lokalisierten Zuständen. An Oberflächen treten Ladungsungleichgewichte auf, deren elektrostatische Effekte Einfluss auf die Funktion von Halb- und Nichtleitern haben.
Unter der Oberfläche eines kristallinen Festkörpers versteht man den Bereich der Grenzfläche, in dem sich die geometrische und elektronische Struktur wesentlich von der des Volumen-Festkörpers unterscheidet, das sind im Wesentlichen einige wenige Atomlagen von der Grenzfläche aus gezählt.
Die Geometrie der Oberfläche wird mit zweidimensionaler Kristallographie beschrieben. Statt der 14 Bravais-Gitter im Dreidimensionalen gibt es in zwei Dimensionen nur fünf Bravais-Gitter, das Parallelogramm-, Quadrat-, Rechteck-, hexagonale und das rechteckig-flächenzentrierte Gitter.
Adsorption eines Stoffes an einer Oberfläche bedeutet, dass sich Atome oder Moleküle aus der Gasphase auf der Oberfläche anlagern und dort durch Van-der-Waals-Kräfte (Physisorption) oder chemische Bindungen (Chemisorption) gebunden werden. Daher sind alle Festkörper an Luft von mindestens einer ganzen Lage Moleküle oder Atome bedeckt. Selbst einzelne Fremdatome können die Eigenschaften von Oberflächen verändern. Um dies zu vermeiden, werden die meisten Experimente unter starkem Vakuum, meistens Ultrahochvakuum, durchgeführt.
Desorption ist der gegensätzliche Vorgang zur Adsorption, bei dem angelagerte Atome oder Moleküle die Bindungsenergie der Oberfläche überwinden und den Festkörper verlassen. Durch unterschiedliche Kinetik von Adsorption und Desorption lassen sich komplexe Heterostrukturen im Nichtgleichgewicht erzeugen.
Diffusion tritt sowohl innerhalb einer Lage als auch zwischen mehreren Lagen auf. Zwischen den einzelnen Gitterplätzen entstehen Diffusionsbarrieren, insbesondere oberhalb der Stufe von zwei Schichten. Diese Position ist energetisch besonders ungünstig, daher kommt es zur Ausbildung der Ehrlich-Schwöbel-Barriere. Unterhalb der Stufe ist die Bindungskraft dafür umso stärker.
Außerdem entstehen bei komplexen Molekülsystemen thermodynamische Freiheitsgrade.
Folgende spektroskopischen Methoden kommen in der Oberflächenphysik zur Anwendung: Atomspektroskopien:
Massenspektrometrie:
Rastersondenmikroskopien:
Weitere: