Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD)''' (auch: '''Hochfeldlabor''') im [[Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf]] (HZDR) betreibt moderne [[Materialforschung]] in sehr hohen Magnetfeldern. Es dient als Forschungsanlage für eigene Vorhaben sowie als Nutzerlabor und bietet Experimentiermöglichkeiten in gepulsten Magnetfeldern bis 90 [[Tesla (Einheit)|Tesla]] im Routinebetrieb an. Darüber hinaus wurden Feldwerte bis 94,2 Tesla erzielt.<ref>[http://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=35471&pNid=473 Neuer Europarekord in Dresden] - Mitteilung des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf</ref> Angestrebt sind Magnetfelder bis zur Machbarkeitsgrenze von etwa 100 Tesla.
Das '''Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden''' (HLD) (auch: '''Hochfeldlabor''') im [[Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf]] (HZDR) betreibt moderne [[Materialforschung]] in sehr hohen Magnetfeldern. Ziel der Einrichtung ist es, Magnetfelder von bis zu 100&nbsp;[[Tesla (Einheit)|Tesla]] für Experimente nutzbar zu machen.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=580 Hochfeld-Magnetlabor Dresden]</ref> Die Forschungsanlage dient sowohl eigenen Vorhaben als auch externen Nutzern, die sich mit Vorschlägen für die Forschung in gepulsten Magnetfeldern von bis zu 95 Tesla bewerben können.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=580 Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Nutzerprogramm]</ref>


== Entstehungsgeschichte ==
== Geschichte ==


Im Jahr 1999 beantragte die Dresdner Hochfeldinitiative die Einrichtung des Hochfeld-Magnetlabors beim [[Bundesministerium für Bildung und Forschung]] (BMBF) und beim [[Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst|Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst]] (SMWK). Auf Empfehlung des [[Wissenschaftsrat]]es wurde die Grundfinanzierung bewilligt und im Jahr 2003 begann der Bau des Hochfeldlabors auf dem Gelände des HZDR. Die Investitionskosten betrugen 24,5 Millionen Euro und wurden in gleichen Teilen vom Bund und vom Freistaat Sachsen getragen. Im Dezember 2004 wurde das Institut unter der Leitung von Joachim Wosnitza gegründet.
Im Jahr 1999 beantragte die Dresdner Hochfeldinitiative die Einrichtung des Hochfeld-Magnetlabors beim [[Bundesministerium für Bildung und Forschung]] (BMBF) und beim [[Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst|Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst]] (SMWK). Auf Empfehlung des [[Wissenschaftsrat (Deutschland)|Wissenschaftsrates]] wurde die Grundfinanzierung bewilligt: Die Investitionskosten von 24,5 Millionen Euro übernahmen zu gleichen Teilen der Bund und der Freistaat Sachsen.<ref name="Homepage_Geschichte">Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=3243 Geschichte des Hochfeld-Magnetlabors Dresden]</ref>


== Nutzerbetrieb ==
Im Jahr 2003 begann der Bau des Hochfeldlabors auf dem Gelände des HZDR, das Institut wurde im darauffolgenden Jahr unter der Leitung von [[Joachim Wosnitza]] offiziell gegründet. Im Jahr 2006 wurde die seinerzeit weltgrößte Kondensatorbank in Betrieb genommen, um den hohen erforderlichen Magnetstrom bereitzustellen. Nach der Fertigstellung der Anlage begann im Jahr 2007 der Nutzerbetrieb.<ref name="Homepage_Geschichte" />


Seit der Fertigstellung 2007 besteht die Möglichkeit der Nutzung auch für externe Wissenschaftler. Die Messzeitvergabe koordiniert das HLD zusammen mit den europäischen Hochfeldzentren in Grenoble, Toulouse (beide LNCMI) und Nijmegen (HMFL) im Rahmen des EU-Projektes [[EMFL]].<ref>European Magnetic Field Laboratory (EMFL), [http://www.emfl.eu www.emfl.eu]</ref>
Aufgrund großer Nutzer-Nachfrage erhielt das Hochfeld-Magnetlabor 2013 einen Anbau mit einer zweiten Kondensatorbank. Zudem beherbergt der Anbau sechs weitere stark abgeschirmte Experimentierplätze (genannt Pulszellen), von denen somit insgesamt zehn zur Verfügung stehen.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=40579&pNid=3243 Pressemitteilung: Wissenschaft braucht Platz: Dresdner Rekordlabor wird feierlich eingeweiht] vom 13. Dezember 2013</ref>


== Forschung ==
Im Jahr 2015 wurde das Hochfeld-Magnetlabor Dresden eines der drei Gründungsmitglieder des [[European Magnetic Field Laboratory]] (EMFL), einem europaweiten Zusammenschluss von Anlagen für die Forschung mit starken Magnetfeldern.<ref name="EMFL-Members">European Magnetic Field Laboratory: {{Webarchiv|url=http://www.emfl.eu/about-emfl/members.html |wayback=20171222053008 |text=Members}}</ref>
[[File:Dresden High Magnetic Field Laboratory.jpg|miniatur|Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Kondensatorhalle]]


Als einziges Labor in Europa bietet das Hochfeld-Magnetlabor Dresden Zugang zu einer Magnetspule mit einer maximalen [[Magnetische Flussdichte|magnetischen Flussdichte]] von 94,2&nbsp;Tesla bei einer Pulsdauer von 11&nbsp;ms und einem Versuchsraum-Durchmesser (Innendurchmesser) von 16&nbsp;mm. Ähnlich starke Magnetfelder ohne sich zerstörende Spulen können sonst nur im National High Magnetic Field Laboratory in [[Los Alamos National Laboratory|Los Alamos]], USA, erzeugt werden.
== Anlagen ==
[[Datei:Dresden High Magnetic Field Laboratory.jpg|miniatur|links|Die erste von zwei Kondensatorbänken am Hochfeld-Magnetlabor Dresden]]


Außerdem verfügt das HLD über mehrere maximal 70&nbsp;Tesla erzeugende Magnetspulen mit Pulsdauern von 150&nbsp;ms.
Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden betreibt eigens entwickelte Magnetspulen, die von starken Strompulsen durchflossen werden und so kurzzeitig Magnetfelder mit einer maximalen [[Magnetische Flussdichte|magnetischen Flussdichte]] von bis zu 95&nbsp;[[Tesla (Einheit)|Tesla]] erzeugen können. Sie gehören damit zu den weltweit leistungsfähigsten wiederverwendbaren Spulen.<ref group="Anmerkung">Mit Magnetspulen, deren Zerstörung in Kauf genommen wird, wie etwa [[Flusskompressionsgenerator]]en, können wesentlich höhere Flussdichten erzielt werden.</ref>


Das HLD entwickelt und produziert die Magnetspulen selbst. Wegen des hohen [[Magnetischer Druck|magnetischen Drucks]] müssen die Drahtwindungen dieser Spulen mit einer extrem reißfesten Kunstfaser umwickelt werden.
Die Dauer der bis zu 95&nbsp;Tesla starken Pulse beträgt etwa 10&nbsp;ms. Der Probenraum, in dem das Experiment im Inneren der Spule platziert wird, hat dabei einen Durchmesser von 1,6&nbsp;Zentimetern. Magnetfelder von bis zu 70&nbsp;Tesla können für bis zu 150&nbsp;ms in einem Probenraum mit 2,4&nbsp;Zentimetern Durchmesser erzeugt werden.<ref name="HLD-Magnets">Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=2686 Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Magnet Specification]</ref>


Ziel ist das Erreichen einer Feldstärke von 100&nbsp;Tesla bei einer Pulsdauer von 10&nbsp;ms und einer Wiederverwendung der Spule<ref>Anmerkung: bei sich zerstörenden Spulen oder in [[Flusskompressionsgenerator]]en können wesentlich höhere Flussdichten erzielt werden</ref>.
Die eingesetzten Magnetspulen werden am Hochfeld-Magnetlabor Dresden selbst entwickelt. Wegen des hohen [[Magnetischer Druck|magnetischen Drucks]] müssen die Drahtwindungen dieser Spulen mit einer extrem reißfesten Kunstfaser umwickelt werden. Die für die Strompulse nötige elektrische Energie von bis zu 50&nbsp;MJ wird mit Hilfe der weltgrößten, eigens für dieses Labor entwickelten Kondensatorbank zur Verfügung gestellt.


Die benötigte elektrische Energie von 50&nbsp;MJ wird mit Hilfe der weltgrößten, eigens für dieses Labor entwickelten Kondensatorbank zur Verfügung gestellt.
== Forschung ==


In erster Linie werden am HLD die elektronischen Eigenschaften metallischer, halbleitender, supraleitender und magnetischer Materialien in hohen Magnetfeldern untersucht. Dazu gehören besonders exotische [[Supraleiter]], stark korrelierte Elektronensysteme, niederdimensionale Spinsysteme und Nanostrukturen. Die Pulsdauern sind ausreichend z. B. für [[Elektrischer Widerstand|Widerstands-]], [[Ultraschall|Ultraschall-]] und [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR-]]Messungen. Insbesondere können die [[Freie-Elektronen-Laser|Freien-Elektronenlaser (FEL)]] des benachbarten supraleitenden Elektronenbeschleunigers [[ELBE (Strahlungsquelle)|ELBE]] für magnetooptische Experimente im infraroten Spektralbereich genutzt werden.
In erster Linie werden am Hochfeld-Magnetlabor Dresden die [[Bandstruktur|elektronischen Eigenschaften]] von metallischen Materialien in hohen Magnetfeldern untersucht. Dabei kann das Verhalten von Halbleitern, magnetischen Materialien und [[Supraleiter]]n unter extremen Bedingungen studiert werden.


== HLD 2.0 ==
Die Pulsdauern reichen etwa für [[Elektrischer Widerstand|Widerstands-]], [[Ultraschall|Ultraschall-]] und [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR-]]Messungen aus. Insbesondere können die [[Freie-Elektronen-Laser|Freien-Elektronenlaser (FEL)]] des benachbarten supraleitenden Elektronenbeschleunigers [[ELBE (Strahlungsquelle)|ELBE]] für magnetooptische Experimente im infraroten Spektralbereich genutzt werden.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=2687 Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Experimental Techniques]</ref>


Aufgrund der großen Nachfrage nach Experimentierzeit, wurde das HLD bis 2013 erweitert und bekam sechs neue Pulszellen sowie eine zweite Kondensatorbank.<ref>[http://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=40579&pNid=3243 Wissenschaft braucht Platz: Dresdner Rekordlabor wird feierlich eingeweiht] Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf vom 13. Dezember 2013.</ref>
Von aktuellem Interesse sind besonders exotische Supraleitungs-Zustände, stark korrelierte Elektronensysteme, niederdimensionale Spinsysteme und topologische Materialien oder Nanostrukturen.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=2366 Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Forschung an neuen Materialien]</ref>


== Kooperationen ==
== Nutzerbetrieb ==
 
Bewerbungen von Forschungsgruppen zur Nutzung der Magneten des Hochfeld-Magnetlabor Dresden werden zweimal jährlich im Rahmen des [[European Magnetic Field Laboratory|EMFL]]-Nutzerprogramms durch ein Komitee auf ihr wissenschaftliches Potential hin bewertet. Auf Basis der Empfehlungen des Komitees werden schließlich die Messzeiten vergeben.<ref>European Magnetic Field Laboratory: {{Webarchiv|url=http://www.emfl.eu/user.html |wayback=20171222051555 |text=How to Become a User}}</ref>
 
Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden stellt Nutzern vier Magnet-Aufbauten mit verschiedenen Eigenschaften zur Verfügung, die jeweils an einem der insgesamt zehn Experimentierplätze (genannt Pulszellen) installiert werden können. So ist es bis zu vier Gruppen zeitgleich möglich, Experimente durchzuführen.<ref name="HLD-Magnets" />


Das HLD kooperiert mit mehreren Forschungseinrichtungen in Dresden:
Für Nutzer und Gastforscher hält das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf ein Gästehaus und ein International Office bereit.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=2688 Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Support for Users]</ref>


* [[Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe]]
== Kooperationen ==
* [[Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme]]
* [[Technische Universität Dresden]]
* [[Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden]]
* [[Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden]] e.V.


Neben der Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsinstitutionen in Deutschland bestehen europäische Kooperationen, die von der Europäischen Union gefördert werden. Ziel des EU-Projekts "European Magnetic Field Laboratory (EMFL)" ist es, neue Nutzer für die Großforschungsanlagen der beteiligten Magnetlabore anzusprechen und die Zusammenarbeit in Verwaltung, Infrastruktur und Kommunikation auszubauen. Beteiligt sind am EMFL das niederländische "High Field Magnetic Laboratory" in [[Nijmegen]] und das französische "Laboratoire des Champs Magnétiques Intenses (LNCMI) in [[Grenoble]] und [[Toulouse]].<ref>[http://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=32667&pNid=473 Neues EU-Projekt bringt Europas Magnetforscher zusammen] HZDR-Pressemitteilung vom 24. Februar 2011</ref>
Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden arbeitet mit zahlreichen Forschungseinrichtungen zusammen. Dazu gehören neben Einrichtungen aus ganz Deutschland insbesondere vor Ort in Dresden:


Das HLD ist ein Mitglied des [[International Institute of Complex and Adaptive Matter (ICAM-I2CAM)]].
* das [[Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe]]
* das [[Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme]]
* die [[Technische Universität Dresden]]
* das [[Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden]]
* das [[Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden]] e.V.


Zusammen mit dem niederländischen [[High Field Magnetic Laboratory]] (HFML) in [[Nijmegen]] und dem französischen [[Laboratoire des Champs Magnétiques Intenses]] (LNCMI) mit Standorten in [[Grenoble]] und [[Toulouse]] gehört das Hochfeld-Magnetlabor Dresden zu den Gründungsmitgliedern des [[European Magnetic Field Laboratory]] (EMFL).<ref name="EMFL-Members" /> Ziel dieses EU-Projekts ist es, neue Nutzer für die beteiligten Magnetlabore anzusprechen und die Zusammenarbeit in Verwaltung, Infrastruktur und Kommunikation auszubauen.<ref>Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: [https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=32667 Pressemitteilung: Neues EU-Projekt bringt Europas Magnetforscher zusammen] vom 24. Februar 2011</ref>
== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=580 Homepage des Hochfeld-Magnetlabors Dresden im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf]
* [https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=580 Homepage des Hochfeld-Magnetlabors Dresden im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf]
* [https://www.youtube.com/watch?v=NxrjGE9nTo8 Imagefilm des Hochfeld-Magnetlabors Dresden: 100 Jahre Supraleitung]
* [https://emfl.eu/ Homepage des European Magnetic Field Laboratory (EMFL)]
 
== Fußnoten ==
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== Einzelnachweise ==
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<references />


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[[Kategorie:Rossendorf (Dresden)]]
[[Kategorie:Rossendorf (Dresden)]]
[[Kategorie:Gegründet 2004]]

Aktuelle Version vom 13. Juli 2021, 12:10 Uhr

Koordinaten: 51° 3′ 46,44″ N, 13° 56′ 36,24″ O

Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden
Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden
Hochfeldlabor Dresden im HZDR
Kategorie: Forschungseinrichtung
Träger: Freistaat Sachsen, Bundesministerium für Bildung und Forschung
Mitgliedschaft: European Magnetic Field Laboratory
Standort der Einrichtung: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf in Dresden, Ortsteil Rossendorf
Art der Forschung: Materialforschung
Fachgebiete: Festkörperphysik, Tieftemperaturphysik
Leitung: Joachim Wosnitza[1]
Homepage: www.hzdr.de/hld

Das Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD) (auch: Hochfeldlabor) im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) betreibt moderne Materialforschung in sehr hohen Magnetfeldern. Ziel der Einrichtung ist es, Magnetfelder von bis zu 100 Tesla für Experimente nutzbar zu machen.[2] Die Forschungsanlage dient sowohl eigenen Vorhaben als auch externen Nutzern, die sich mit Vorschlägen für die Forschung in gepulsten Magnetfeldern von bis zu 95 Tesla bewerben können.[3]

Geschichte

Im Jahr 1999 beantragte die Dresdner Hochfeldinitiative die Einrichtung des Hochfeld-Magnetlabors beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und beim Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK). Auf Empfehlung des Wissenschaftsrates wurde die Grundfinanzierung bewilligt: Die Investitionskosten von 24,5 Millionen Euro übernahmen zu gleichen Teilen der Bund und der Freistaat Sachsen.[4]

Im Jahr 2003 begann der Bau des Hochfeldlabors auf dem Gelände des HZDR, das Institut wurde im darauffolgenden Jahr unter der Leitung von Joachim Wosnitza offiziell gegründet. Im Jahr 2006 wurde die seinerzeit weltgrößte Kondensatorbank in Betrieb genommen, um den hohen erforderlichen Magnetstrom bereitzustellen. Nach der Fertigstellung der Anlage begann im Jahr 2007 der Nutzerbetrieb.[4]

Aufgrund großer Nutzer-Nachfrage erhielt das Hochfeld-Magnetlabor 2013 einen Anbau mit einer zweiten Kondensatorbank. Zudem beherbergt der Anbau sechs weitere stark abgeschirmte Experimentierplätze (genannt Pulszellen), von denen somit insgesamt zehn zur Verfügung stehen.[5]

Im Jahr 2015 wurde das Hochfeld-Magnetlabor Dresden eines der drei Gründungsmitglieder des European Magnetic Field Laboratory (EMFL), einem europaweiten Zusammenschluss von Anlagen für die Forschung mit starken Magnetfeldern.[6]

Anlagen

Die erste von zwei Kondensatorbänken am Hochfeld-Magnetlabor Dresden

Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden betreibt eigens entwickelte Magnetspulen, die von starken Strompulsen durchflossen werden und so kurzzeitig Magnetfelder mit einer maximalen magnetischen Flussdichte von bis zu 95 Tesla erzeugen können. Sie gehören damit zu den weltweit leistungsfähigsten wiederverwendbaren Spulen.[Anmerkung 1]

Die Dauer der bis zu 95 Tesla starken Pulse beträgt etwa 10 ms. Der Probenraum, in dem das Experiment im Inneren der Spule platziert wird, hat dabei einen Durchmesser von 1,6 Zentimetern. Magnetfelder von bis zu 70 Tesla können für bis zu 150 ms in einem Probenraum mit 2,4 Zentimetern Durchmesser erzeugt werden.[7]

Die eingesetzten Magnetspulen werden am Hochfeld-Magnetlabor Dresden selbst entwickelt. Wegen des hohen magnetischen Drucks müssen die Drahtwindungen dieser Spulen mit einer extrem reißfesten Kunstfaser umwickelt werden. Die für die Strompulse nötige elektrische Energie von bis zu 50 MJ wird mit Hilfe der weltgrößten, eigens für dieses Labor entwickelten Kondensatorbank zur Verfügung gestellt.

Forschung

In erster Linie werden am Hochfeld-Magnetlabor Dresden die elektronischen Eigenschaften von metallischen Materialien in hohen Magnetfeldern untersucht. Dabei kann das Verhalten von Halbleitern, magnetischen Materialien und Supraleitern unter extremen Bedingungen studiert werden.

Die Pulsdauern reichen etwa für Widerstands-, Ultraschall- und NMR-Messungen aus. Insbesondere können die Freien-Elektronenlaser (FEL) des benachbarten supraleitenden Elektronenbeschleunigers ELBE für magnetooptische Experimente im infraroten Spektralbereich genutzt werden.[8]

Von aktuellem Interesse sind besonders exotische Supraleitungs-Zustände, stark korrelierte Elektronensysteme, niederdimensionale Spinsysteme und topologische Materialien oder Nanostrukturen.[9]

Nutzerbetrieb

Bewerbungen von Forschungsgruppen zur Nutzung der Magneten des Hochfeld-Magnetlabor Dresden werden zweimal jährlich im Rahmen des EMFL-Nutzerprogramms durch ein Komitee auf ihr wissenschaftliches Potential hin bewertet. Auf Basis der Empfehlungen des Komitees werden schließlich die Messzeiten vergeben.[10]

Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden stellt Nutzern vier Magnet-Aufbauten mit verschiedenen Eigenschaften zur Verfügung, die jeweils an einem der insgesamt zehn Experimentierplätze (genannt Pulszellen) installiert werden können. So ist es bis zu vier Gruppen zeitgleich möglich, Experimente durchzuführen.[7]

Für Nutzer und Gastforscher hält das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf ein Gästehaus und ein International Office bereit.[11]

Kooperationen

Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden arbeitet mit zahlreichen Forschungseinrichtungen zusammen. Dazu gehören neben Einrichtungen aus ganz Deutschland insbesondere vor Ort in Dresden:

  • das Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe
  • das Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme
  • die Technische Universität Dresden
  • das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden
  • das Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V.

Zusammen mit dem niederländischen High Field Magnetic Laboratory (HFML) in Nijmegen und dem französischen Laboratoire des Champs Magnétiques Intenses (LNCMI) mit Standorten in Grenoble und Toulouse gehört das Hochfeld-Magnetlabor Dresden zu den Gründungsmitgliedern des European Magnetic Field Laboratory (EMFL).[6] Ziel dieses EU-Projekts ist es, neue Nutzer für die beteiligten Magnetlabore anzusprechen und die Zusammenarbeit in Verwaltung, Infrastruktur und Kommunikation auszubauen.[12]

Weblinks

Fußnoten

  1. https://www.hzdr.de/db/Cms?pNid=428
  2. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden
  3. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Nutzerprogramm
  4. 4,0 4,1 Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Geschichte des Hochfeld-Magnetlabors Dresden
  5. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Pressemitteilung: Wissenschaft braucht Platz: Dresdner Rekordlabor wird feierlich eingeweiht vom 13. Dezember 2013
  6. 6,0 6,1 European Magnetic Field Laboratory: Members (Memento vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)
  7. 7,0 7,1 Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Magnet Specification
  8. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Experimental Techniques
  9. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Forschung an neuen Materialien
  10. European Magnetic Field Laboratory: How to Become a User (Memento vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)
  11. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Hochfeld-Magnetlabor Dresden: Support for Users
  12. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf: Pressemitteilung: Neues EU-Projekt bringt Europas Magnetforscher zusammen vom 24. Februar 2011
  1. Mit Magnetspulen, deren Zerstörung in Kauf genommen wird, wie etwa Flusskompressionsgeneratoren, können wesentlich höhere Flussdichten erzielt werden.