Cadarache: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Cadarache''' ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde [[Saint-Paul-lès-Durance]] im [[Département Bouches-du-Rhône]] in [[Südfrankreich]], rund 60 km nordöstlich von [[Marseille]]. Es liegt am Ostufer des Flusses [[Durance]] und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter.
'''Cadarache''' ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde [[Saint-Paul-lès-Durance]] im [[Département Bouches-du-Rhône]] in [[Südfrankreich]], rund 60 km nordöstlich von [[Marseille]]. Es liegt am Ostufer des Flusses [[Durance]] und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter.
== Aufgaben ==
Das Zentrum führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Zusammenhang mit dem industriellen Einsatz von [[Kernreaktor]]en, [[Uran]]- und [[Plutonium]]brennstoffen sowie im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten der [[Kernenergie]] durch. Aufgrund des weit gefassten Aufgabenspektrums umfasst das Zentrum rund 20 verschiedene nukleare Basisanlagen (INB – Installation Nucléaire de Base), darunter die [[Forschungsreaktor]]en ''Cabri'', ''Scarabee'', ''Masurca'', ''Eole'', ''Minerve'' und ''Phebus''.
== Fertigungsanlage ATPu ==
Eine wichtige Einrichtung war die Fertigungsanlage Cadarache (''CFCa'') mit den Teilanlagen ''ATPu'' („Atelier de technologie du plutonium“) und ''LPC'' („Laboratoire de purification chimique“). Im ATPu wurden bis 2003 350 t plutoniumhaltige [[Brennelement]]e ([[MOX-Brennelement]]e) für [[Leichtwasserreaktor]]en hergestellt. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der [[Erdbeben]]sicherheit wurde der kommerzielle Betrieb eingestellt und zur [[Melox]]-Anlage nach [[Nuklearanlage_Marcoule|Marcoule]] verlagert. Allerdings wurde weiterhin zu Testzwecken Plutonium der amerikanischen Armee verarbeitet.
=== Rückbau ===
Nach Ende der Nutzung als Fertigungsbetrieb für MOX-Brennelemente im Jahr 2003 wurde der Rückbau dieser Teilanlage beschlossen. Im Februar 2009 begannen die Abbrucharbeiten. Im Oktober 2009 mussten Arbeiten an der Anlage auf Anordnung der französischen Atomsicherheitsbehörde vorübergehend gestoppt werden, da man in den [[Handschuhkasten|''Glove-Boxes'']] unerwartet auf insgesamt 39 kg Plutoniumstaub gestoßen ist.


Das Zentrum führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Zusammenhang mit dem industriellen Einsatz von [[Kernreaktor]]en, [[Uran]]- und [[Plutonium]]brennstoffen sowie im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten der [[Kernenergie]] durch. Aufgrund des weit gefassten Aufgabenspektrums umfasst das Zentrum rund 20 verschiedene nukleare Basisanlagen (INB - Installation Nucléaire de Base), darunter die [[Forschungsreaktor]]en ''Cabri'', ''Scarabee'', ''Masurca'', ''Eole'', ''Minerve'' und ''Phebus''.
Als man sich 2008 zum Abbruch der Anlage entschied, war der Betreiber von einer Gesamtmenge von etwa 8 kg ausgegangen. Die Erwartung war, dass die insgesamt 450 Boxen im Laufe der 40-jährigen Betriebszeit je etwa 18 g Plutoniumstaub gesammelt haben könnten. Das Innere konnte aus technischen Gründen bei den regelmäßigen Reinigungen nie vollständig gesäubert werden.


Eine weitere wichtige Einrichtung ist die Fertigungsanlage Cadarache (''CFCa'') mit den Teilanlagen ''ATPu'' ("Atelier de technologie du plutonium") und ''LPC'' ("Laboratoire de purification chimique"). Im ATPu wurden bis 2003 plutoniumhaltige [[Brennelement]]e ([[MOX-Brennelement]]e) für [[Leichtwasserreaktor]]en hergestellt. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der [[Erdbeben]]<nowiki>sicherheit</nowiki> wurde der kommerzielle Betrieb inzwischen eingestellt und zur [[Melox]]-Anlage nach Marcoule verlagert. Allerdings wurde weiterhin zu Testzwecken Plutonium der amerikanischen Armee verarbeitet. Im Oktober 2009 mussten Demontagearbeiten an der Anlage auf Anordnung der französischen Atomsicherheitsbehöre gestoppt werden, da man unerwartet auf 39 Kilogramm Plutoniumstaub in einem abgedichteten Behälter gestoßen war.<ref>Frankfurter Rundschau, 16. Oktober 2009</ref> Vermutlich war das Vorkommen schon im Juni entdeckt worden und wurde nun als Störfall der Kategorie 2 auf der [[Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse|Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse]] eingestuft.<ref>[http://www.french-nuclear-safety.fr/index.php/English-version/News-releases/2009/Incident-on-the-ATPu-nuclear-facility-Cadarache-CEA-site Incident on the ATPu nuclear facility (Cadarache CEA site): the ASN rates incident as level 2, draws up a report and suspends all dismantling operations 20. Oktober 2009]</ref>
Nach Prüfung von bereits abgebauten Boxen musste man feststellen, dass sich pro Box im Schnitt 89&nbsp;g Plutoniumstaub gesammelt hatten. Damit war die gesamte Menge auf ca. 39&nbsp;kg Plutoniumstaub angestiegen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.iter.org/newsline/105/1448 |titel=CEA: a "discrepancy" within safety limits |autor=Robert Arnoux |werk= ITER Newsline 105  |datum=2009-10-30 |sprache=en |abruf=2019-11-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesspiegel.de/politik/frankreich-gefahr-einer-kettenreaktion/1616582.html |titel=Gefahr einer Kettenreaktion |werk=Tagesspiegel |datum=2009-10-16 |sprache=de |abruf=2019-11-15}}</ref> Vermutlich war das Vorkommen schon im Juni entdeckt worden und wurde nun als Störfall der Kategorie 2 auf der [[Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse|Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse]] eingestuft.
Der Rückbau wurde fortgesetzt und 2017 erfolgreich beendet.<ref>{{Internetquelle| autor=Orano-Group |url=https://www.orano.group/fr/expertise-sur-tout-le-cycle/grands-projets-et-realisations/cadarache-demantelement-usine-mox#Mthologieettapes |titel=Rückbau der MOX-Fabrik in Caradache |sprache=fr |abruf=2019-12-30}}</ref>


Am 28. Juni 2005 hat sich das ITER-Council für Cadarache als Standort des [[Kernfusionsreaktor]]s [[ITER]] entschieden.
== Reaktortypen ==
=== Typ thermischer Kernspaltungsreaktor ===
* ''Eole'' ([[Schwimmbadreaktor|Schwimmbad-Design]]): Hier werden Tests für das Coredesign von Leichtwasserreaktoren durchgeführt.
* ''Minerve'': In diesem Reaktor werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kernbrennstäben untersucht.
* ''Cabri'' (Schwimmbad-Design): Dieser Reaktor wird zum Test von Design und Widerstandsfähigkeit von Brennstäben benutzt.
* ''[[Forschungsreaktor Phébus|Phébus]]'': Damit wird das Verhalten von Reaktoren im Fall einer [[Kernschmelze]] untersucht. ''Phébus'' bezeichnet sowohl den Forschungsreaktor als auch ein Projekt zur Erforschung von Kernschmelzen. Erster Test einer kontrollierten Kernschmelze erfolgte am 3. Dezember 1993.
* ''New Generation Reactor'': Hier handelt es sich um einen Reaktor zur Entwicklung von Brennstäben für Reaktoren in Schiffen ([[Charles de Gaulle (Flugzeugträger)|Flugzeugträger ''Charles de Gaulle'']]) und [[Rubis-Klasse|U-Booten]]. Er dient auch zur Ausbildung der Besatzungen.


== Reaktoren ==
=== Typ Schneller Brüter ===
=== Typ Schneller Brüter ===
* ''[[Rapsodie]]'' (Reacteur RAPide à SODIum Experimentale) (1967–1981)
* ''[[Rapsodie]]'' (Reacteur RAPide à SODIum Experimentale) (1967–1981)
* ''MASURCA'' (MAquette SURgénérateur de CAdarache): [[Nullleistungsreaktor]] zur Entwicklung schneller [[Brutreaktor]]en
* ''[[Kernkraftwerk Phénix|Phénix]]'' (1974–2010) (250&nbsp;MW) (nicht auf dem Gelände)
* ''[[Kernkraftwerk Phénix|Phénix]]'' (1974–2010) (250&nbsp;MW) (nicht auf dem Gelände)
* ''[[Kernkraftwerk Creys-Malville|Superphénix]]'' (1985–1997) (1200&nbsp;MW) (nicht auf dem Gelände)
* ''[[Kernkraftwerk Creys-Malville|Superphénix]]'' (1985–1997) (1200&nbsp;MW) (nicht auf dem Gelände)
 
Phénix war der Vorgänger von Superphénix. Das teure Superphénix-Projekt wurde nach einer Pannenserie vorzeitig beendet.
Mit den Prototypen dieser [[Brutreaktor]]en wurde der Betrieb (Inspektion und Reparatur) von [[Flüssigmetallgekühlter Schneller Brutreaktor|flüssigmetallbetriebenen Reaktoren]] erforscht. Hierbei kommen verschiedene Metalle und Mischungen zum Einsatz, darunter Natrium, Blei oder Blei-Lithium, Blei-Wismut oder Natrium-Kalium.
 
Phénix war der Vorgänger von Superphénix; nach einer Pannenserie im Superphénix wurde das teure Projekt jedoch beendet.


=== Typ Fusionsreaktor ===
=== Typ Fusionsreaktor ===
Zurzeit in Bau ist der [[ITER]], ein internationales Projekt zum Bau eines Fusionsreaktors.
* ''Tore Supra'': eine [[Tokamak]]-Experimentieranlage mit [[Supraleiter|supraleitenden]] [[Magnet]]en, wie sie auch für ITER vorgesehen werden. Der [[Torus]] hat einen Radius von 2,40&nbsp;m und einen Innenradius von 72&nbsp;cm.
 
Bereits in Betrieb ist der ''Tore Supra''. Es handelt sich dabei um einen [[Tokamak]] mit [[Supraleiter|supraleitenden]] [[Magnet]]en, wie sie auch für den ITER vorgesehen werden. Der [[Torus]] hat einen Radius von 2,40&nbsp;m und einen Innenradius von 72&nbsp;cm.


=== Typ Kernspaltungsreaktor ===
* Zurzeit (2020) in Bau ist ''[[ITER]]'', ein internationales Projekt zum Bau eines Versuchs-Fusionsreaktors. Am 28. Juni 2005 hat sich das [[ITER|ITER-Council]] für Cadarache als Standort des [[Kernfusionsreaktor]]s ITER entschieden.
* ''Eole Reactor'' ([[Schwimmbadreaktor|Schwimmbad-Design]]): Hier werden Tests für das Coredesign von Leichtwasserreaktoren durchgeführt.
* ''Minerve Research Reactor'': In diesem Reaktor werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kernbrennstäben untersucht.
* ''MASURCA Research Reactor'' (MAquette SURgénérateur de CAdarache): Mit diesem Reaktor wird das Verhalten von schnellen Neutronen untersucht, langfristiges Ziel ist die Erforschung von Transmutation langlebiger [[Radionuklid]]e.
* ''Cabri Research Reactor'' (Schwimmbad-Design): Dieser Reaktor wird zum Test von Design und Widerstandsfähigkeit von Brennstäben benutzt.
* ''[[Forschungsreaktor Phébus|Phébus Research Reactor]]'': Damit wird das Verhalten von Reaktoren während der [[Kernschmelze]] untersucht. ''Phébus'' bezeichnet sowohl ein Projekt als auch den Kernforschungsreaktor zur Erforschung von Kernschmelzen. Erster Test einer kontrollierten Kernschmelze erfolgte am 3. Dezember 1993.
* ''New Generation Reactor'': Hier handelt es sich um einen Reaktor zur Erforschung von Brennstäben für Reaktoren in Schiffen ([[Charles de Gaulle (Flugzeugträger)|Flugzeugträger ''Charles de Gaulle'']]) und [[Rubis-Klasse|U-Booten]]. Er dient daneben zur Ausbildung der Besatzungen.


== Stillgelegte Reaktoren ==
== Stillgelegte Reaktoren ==
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* ''STED'' (Station de Traitement des Effluents et Déchets) dient der Behandlung radioaktiver Abfälle.
* ''STED'' (Station de Traitement des Effluents et Déchets) dient der Behandlung radioaktiver Abfälle.


== In Bau ==
== Im Bau ==
Am 19.&nbsp;März 2007 wurde der Grundstein für den ''Jules Horowitz Reactor (JHR)'' gelegt. Der Reaktor der dritten Generation wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 in Betrieb aufnehmen. Der Bau verzögerte sich jedoch, so dass 2014 eine Fertigstellung im Jahre 2020 erwartet wurde.<ref>[http://www.lesechos.fr/14/04/2014/LesEchos/21668-074-ECH_bras-de-fer-entre-le-cea-et-l-asn-sur-le-reacteur-osiris.htm ''Bras de fer entre le CEA et l'ASN sur le réacteur Osiris.''] Artikel in [[Les Echos]] über die befürchteten Folgen einer Stilllegung des Reaktors OSIRIS, bevor der JHR in Betrieb geht.</ref> Der Reaktor soll 100&nbsp;MW leisten und ist für Materialtests vorgesehen. Die Kosten für das Projekt werden auf 500&nbsp;Millionen Euro geschätzt und verteilen sich wie folgt:
[[Datei:Vue d&#039;artiste du RJH.jpg|mini|Modell-Ansicht des neuen JHR]]
* [[Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives]] (50&nbsp;%),
Am 19.&nbsp;März 2007 wurde der Grundstein für den ''Jules Horowitz Reactor (JHR)'' gelegt. Der Reaktor der dritten Generation ([[EPR (Kernkraftwerk)|EPR]], Europäischer Druckwasser Reaktor) wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 den Betrieb aufnehmen. Der Bau verzögerte sich jedoch, so dass 2018 eine Fertigstellung im Jahre 2025 erwartet wird.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.lesechos.fr/14/04/2014/LesEchos/21668-074-ECH_bras-de-fer-entre-le-cea-et-l-asn-sur-le-reacteur-osiris.htm |titel=Bras de fer entre le CEA et l'ASN sur le réacteur Osiris |autor=Véronique Le Billon |datum=2014-04-14 |werk=Les Echos |sprache=fr |abruf=2019-11-15}} Artikel in [[Les Echos]] über die befürchteten Folgen einer Stilllegung des Reaktors OSIRIS, bevor der JHR in Betrieb geht.</ref> Der Reaktor soll 100&nbsp;MW leisten und ist für Materialtests vorgesehen. Die Kosten für das Projekt werden auf 500&nbsp;Millionen Euro geschätzt und verteilen sich wie folgt:
* [[Électricité de France]] (20&nbsp;%),
* [[Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives]] (50 %),
* EU-Forschungseinrichtungen (20&nbsp;%),
* [[Électricité de France]] (20 %),
* [[Areva]] (10&nbsp;%).
* EU-Forschungseinrichtungen (20 %),
* [[Areva]] (10 %).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* [http://www-cad.cea.fr/ Website des Forschungszentrums Cadarache]
* [http://www-cad.cea.fr/ Website des Forschungszentrums Cadarache]
* [http://www-cadarache.cea.fr/fr/reseau/cadarache_jeunes_2009/tore-supra.html 'Tore Supra' abgerufen am 24. Januar 2015]
* [http://www-cadarache.cea.fr/fr/reseau/cadarache_jeunes_2009/tore-supra.html 'Tore Supra' abgerufen am 24. Januar 2015]
* [http://www.asn.fr/L-ASN/ASN-en-region/Division-de-Marseille/Activites-de-recherche/Site-de-Cadarache/Centre-CEA-de-Cadarache/Harmonie-declassee HARMONIE abgerufen am 24. Januar 2015]
* {{Webarchiv|wayback=20150923175956|url=http://www.asn.fr/L-ASN/ASN-en-region/Division-de-Marseille/Activites-de-recherche/Site-de-Cadarache/Centre-CEA-de-Cadarache/Harmonie-declassee|text=HARMONIE}}
* {{Webarchiv|wayback=20080611074603|url=http://www.asn.fr/sections/infos-locales/division-marseille/centre-cea-cadarache/cedra|text=CEDRA}}
* {{Webarchiv|wayback=20080611074603|url=http://www.asn.fr/sections/infos-locales/division-marseille/centre-cea-cadarache/cedra|text=CEDRA}}
* [http://www.asn.fr/L-ASN/ASN-en-region/Division-de-Marseille/Activites-de-recherche/Site-de-Cadarache/Centre-CEA-de-Cadarachee Übersicht Cadarache mit Links zu vielen Reaktoren und Einrichtungen abgerufen am 24. Januar 2015]
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683180.html Artikel vom 29. März 1993 über die geplante kontrollierte Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich am 3. Dezember 1993.]
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683180.html Artikel vom 29. März 1993 über die geplante kontrollierte Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich am 3. Dezember 1993.]
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13690416.html Artikel vom 30. April 1994 über Risiken der kontrollierten Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich wegen Erdbeben.]
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13690416.html Artikel vom 30. April 1994 über Risiken der kontrollierten Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich wegen Erdbeben.]

Aktuelle Version vom 31. Juli 2020, 20:52 Uhr

Cadarache
Lage von Cadarache in Frankreich

Cadarache ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde Saint-Paul-lès-Durance im Département Bouches-du-Rhône in Südfrankreich, rund 60 km nordöstlich von Marseille. Es liegt am Ostufer des Flusses Durance und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter.

Aufgaben

Das Zentrum führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Zusammenhang mit dem industriellen Einsatz von Kernreaktoren, Uran- und Plutoniumbrennstoffen sowie im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten der Kernenergie durch. Aufgrund des weit gefassten Aufgabenspektrums umfasst das Zentrum rund 20 verschiedene nukleare Basisanlagen (INB – Installation Nucléaire de Base), darunter die Forschungsreaktoren Cabri, Scarabee, Masurca, Eole, Minerve und Phebus.

Fertigungsanlage ATPu

Eine wichtige Einrichtung war die Fertigungsanlage Cadarache (CFCa) mit den Teilanlagen ATPu („Atelier de technologie du plutonium“) und LPC („Laboratoire de purification chimique“). Im ATPu wurden bis 2003 350 t plutoniumhaltige Brennelemente (MOX-Brennelemente) für Leichtwasserreaktoren hergestellt. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Erdbebensicherheit wurde der kommerzielle Betrieb eingestellt und zur Melox-Anlage nach Marcoule verlagert. Allerdings wurde weiterhin zu Testzwecken Plutonium der amerikanischen Armee verarbeitet.

Rückbau

Nach Ende der Nutzung als Fertigungsbetrieb für MOX-Brennelemente im Jahr 2003 wurde der Rückbau dieser Teilanlage beschlossen. Im Februar 2009 begannen die Abbrucharbeiten. Im Oktober 2009 mussten Arbeiten an der Anlage auf Anordnung der französischen Atomsicherheitsbehörde vorübergehend gestoppt werden, da man in den Glove-Boxes unerwartet auf insgesamt 39 kg Plutoniumstaub gestoßen ist.

Als man sich 2008 zum Abbruch der Anlage entschied, war der Betreiber von einer Gesamtmenge von etwa 8 kg ausgegangen. Die Erwartung war, dass die insgesamt 450 Boxen im Laufe der 40-jährigen Betriebszeit je etwa 18 g Plutoniumstaub gesammelt haben könnten. Das Innere konnte aus technischen Gründen bei den regelmäßigen Reinigungen nie vollständig gesäubert werden.

Nach Prüfung von bereits abgebauten Boxen musste man feststellen, dass sich pro Box im Schnitt 89 g Plutoniumstaub gesammelt hatten. Damit war die gesamte Menge auf ca. 39 kg Plutoniumstaub angestiegen.[1][2] Vermutlich war das Vorkommen schon im Juni entdeckt worden und wurde nun als Störfall der Kategorie 2 auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse eingestuft. Der Rückbau wurde fortgesetzt und 2017 erfolgreich beendet.[3]

Reaktortypen

Typ thermischer Kernspaltungsreaktor

  • Eole (Schwimmbad-Design): Hier werden Tests für das Coredesign von Leichtwasserreaktoren durchgeführt.
  • Minerve: In diesem Reaktor werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kernbrennstäben untersucht.
  • Cabri (Schwimmbad-Design): Dieser Reaktor wird zum Test von Design und Widerstandsfähigkeit von Brennstäben benutzt.
  • Phébus: Damit wird das Verhalten von Reaktoren im Fall einer Kernschmelze untersucht. Phébus bezeichnet sowohl den Forschungsreaktor als auch ein Projekt zur Erforschung von Kernschmelzen. Erster Test einer kontrollierten Kernschmelze erfolgte am 3. Dezember 1993.
  • New Generation Reactor: Hier handelt es sich um einen Reaktor zur Entwicklung von Brennstäben für Reaktoren in Schiffen (Flugzeugträger Charles de Gaulle) und U-Booten. Er dient auch zur Ausbildung der Besatzungen.

Typ Schneller Brüter

  • Rapsodie (Reacteur RAPide à SODIum Experimentale) (1967–1981)
  • MASURCA (MAquette SURgénérateur de CAdarache): Nullleistungsreaktor zur Entwicklung schneller Brutreaktoren
  • Phénix (1974–2010) (250 MW) (nicht auf dem Gelände)
  • Superphénix (1985–1997) (1200 MW) (nicht auf dem Gelände)

Phénix war der Vorgänger von Superphénix. Das teure Superphénix-Projekt wurde nach einer Pannenserie vorzeitig beendet.

Typ Fusionsreaktor

  • Tore Supra: eine Tokamak-Experimentieranlage mit supraleitenden Magneten, wie sie auch für ITER vorgesehen werden. Der Torus hat einen Radius von 2,40 m und einen Innenradius von 72 cm.
  • Zurzeit (2020) in Bau ist ITER, ein internationales Projekt zum Bau eines Versuchs-Fusionsreaktors. Am 28. Juni 2005 hat sich das ITER-Council für Cadarache als Standort des Kernfusionsreaktors ITER entschieden.

Stillgelegte Reaktoren

  • SCARABEE: Er war zusammen mit dem CABRI-Reaktor Teil des Projektes SURA. Im Rahmen des Projektes wurden Unfallstudien erstellt. Der Reaktor wurde 2002 stillgelegt.
  • HARMONIE: Dies war ein vornehmlich für das Militär betriebener Materialtestreaktor. Seine thermische Leistung betrug rund 1 KW, als Brennmaterial wurde hoch angereichertes U235 benutzt. Er wurde 1965 zum ersten Mal kritisch und im Dezember 1997 endgültig stillgelegt.
  • Pégase-CASCAD: Dieser Versuchsreaktor war von 1963 bis 1975 in Betrieb und wurde aufgrund von Sicherheitsmängeln stillgelegt. Bis 2006 wurden dort radioaktive Abfälle zwischengelagert, diese Genehmigung ist inzwischen aufgehoben worden.
  • PEGGY (1961–1975): Der gasgekühlte Reaktor wurde inzwischen abgebaut.
  • MARIUS (1960–1983): Dieser Reaktor mit 0,4 kW thermischer Leistung wurde inzwischen abgebaut.
  • CAESAR (1964–1974): Der Reaktor wurde inzwischen abgebaut.

Andere Anlagen

  • ATPu (Atelier de Technologie du Plutonium) diente der MOX-Brennelementproduktion hauptsächlich für deutsche Kraftwerke. Die Produktion wurde 2003 eingestellt.
  • ATUE (Ateliers de Traitement de l'Uranium Enrichi) ist ein Labor zur Herstellung von angereichertem Uran.
  • CEDRA ist eine Anlage zur Behandlung und Lagerung radioaktiver Abfälle.
  • IRCA (IRradiateur de CAdarache) dient der Strahlenschutzüberwachung in Caderache.
  • LDAC (Laboratoire de Découpe des Assemblages Combustibles) ist eine Anlage zum Zerschneiden von Brennelementen.
  • LECA dient als Prüflabor für radioaktive Abfälle.
  • LEFCA ist ein Labor zur Herstellung neuer fortgeschrittener Kernbrennstoffe.
  • LPC (Laboratoire de Purification Chimique)
  • MCMF (Magasin Central des Matières Fissiles) ist ein Lager für spaltbares Material.
  • PARC (Parc d'entreposage et de décroissance de déchets radioactifs) dient als Endlager für radioaktive Abfälle.
  • STED (Station de Traitement des Effluents et Déchets) dient der Behandlung radioaktiver Abfälle.

Im Bau

Modell-Ansicht des neuen JHR

Am 19. März 2007 wurde der Grundstein für den Jules Horowitz Reactor (JHR) gelegt. Der Reaktor der dritten Generation (EPR, Europäischer Druckwasser Reaktor) wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 den Betrieb aufnehmen. Der Bau verzögerte sich jedoch, so dass 2018 eine Fertigstellung im Jahre 2025 erwartet wird.[4] Der Reaktor soll 100 MW leisten und ist für Materialtests vorgesehen. Die Kosten für das Projekt werden auf 500 Millionen Euro geschätzt und verteilen sich wie folgt:

  • Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (50 %),
  • Électricité de France (20 %),
  • EU-Forschungseinrichtungen (20 %),
  • Areva (10 %).

Weblinks

Commons: Cadarache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robert Arnoux: CEA: a "discrepancy" within safety limits. In: ITER Newsline 105. 30. Oktober 2009, abgerufen am 15. November 2019 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  2. Gefahr einer Kettenreaktion. In: Tagesspiegel. 16. Oktober 2009, abgerufen am 15. November 2019.
  3. Orano-Group: Rückbau der MOX-Fabrik in Caradache. Abgerufen am 30. Dezember 2019 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  4. Véronique Le Billon: Bras de fer entre le CEA et l'ASN sur le réacteur Osiris. In: Les Echos. 14. April 2014, abgerufen am 15. November 2019 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)). Artikel in Les Echos über die befürchteten Folgen einer Stilllegung des Reaktors OSIRIS, bevor der JHR in Betrieb geht.

Koordinaten: 43° 41′ N, 5° 46′ O