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'''Cadarache''' ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde [[Saint-Paul-lès-Durance]] im [[Département Bouches-du-Rhône]] in [[Südfrankreich]], rund 60 km nordöstlich von [[Marseille]]. Es liegt am Ostufer des Flusses [[Durance]] und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter. | '''Cadarache''' ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde [[Saint-Paul-lès-Durance]] im [[Département Bouches-du-Rhône]] in [[Südfrankreich]], rund 60 km nordöstlich von [[Marseille]]. Es liegt am Ostufer des Flusses [[Durance]] und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter. | ||
== Aufgaben == | |||
Das Zentrum führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Zusammenhang mit dem industriellen Einsatz von [[Kernreaktor]]en, [[Uran]]- und [[Plutonium]]brennstoffen sowie im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten der [[Kernenergie]] durch. Aufgrund des weit gefassten Aufgabenspektrums umfasst das Zentrum rund 20 verschiedene nukleare Basisanlagen (INB – Installation Nucléaire de Base), darunter die [[Forschungsreaktor]]en ''Cabri'', ''Scarabee'', ''Masurca'', ''Eole'', ''Minerve'' und ''Phebus''. | |||
== Fertigungsanlage ATPu == | |||
Eine wichtige Einrichtung war die Fertigungsanlage Cadarache (''CFCa'') mit den Teilanlagen ''ATPu'' („Atelier de technologie du plutonium“) und ''LPC'' („Laboratoire de purification chimique“). Im ATPu wurden bis 2003 350 t plutoniumhaltige [[Brennelement]]e ([[MOX-Brennelement]]e) für [[Leichtwasserreaktor]]en hergestellt. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der [[Erdbeben]]sicherheit wurde der kommerzielle Betrieb eingestellt und zur [[Melox]]-Anlage nach [[Nuklearanlage_Marcoule|Marcoule]] verlagert. Allerdings wurde weiterhin zu Testzwecken Plutonium der amerikanischen Armee verarbeitet. | |||
=== Rückbau === | |||
Nach Ende der Nutzung als Fertigungsbetrieb für MOX-Brennelemente im Jahr 2003 wurde der Rückbau dieser Teilanlage beschlossen. Im Februar 2009 begannen die Abbrucharbeiten. Im Oktober 2009 mussten Arbeiten an der Anlage auf Anordnung der französischen Atomsicherheitsbehörde vorübergehend gestoppt werden, da man in den [[Handschuhkasten|''Glove-Boxes'']] unerwartet auf insgesamt 39 kg Plutoniumstaub gestoßen ist. | |||
Als man sich 2008 zum Abbruch der Anlage entschied, war der Betreiber von einer Gesamtmenge von etwa 8 kg ausgegangen. Die Erwartung war, dass die insgesamt 450 Boxen im Laufe der 40-jährigen Betriebszeit je etwa 18 g Plutoniumstaub gesammelt haben könnten. Das Innere konnte aus technischen Gründen bei den regelmäßigen Reinigungen nie vollständig gesäubert werden. | |||
Nach Prüfung von bereits abgebauten Boxen musste man feststellen, dass sich pro Box im Schnitt 89 g Plutoniumstaub gesammelt hatten. Damit war die gesamte Menge auf ca. 39 kg Plutoniumstaub angestiegen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.iter.org/newsline/105/1448 |titel=CEA: a "discrepancy" within safety limits |autor=Robert Arnoux |werk= ITER Newsline 105 |datum=2009-10-30 |sprache=en |abruf=2019-11-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesspiegel.de/politik/frankreich-gefahr-einer-kettenreaktion/1616582.html |titel=Gefahr einer Kettenreaktion |werk=Tagesspiegel |datum=2009-10-16 |sprache=de |abruf=2019-11-15}}</ref> Vermutlich war das Vorkommen schon im Juni entdeckt worden und wurde nun als Störfall der Kategorie 2 auf der [[Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse|Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse]] eingestuft. | |||
Der Rückbau wurde fortgesetzt und 2017 erfolgreich beendet.<ref>{{Internetquelle| autor=Orano-Group |url=https://www.orano.group/fr/expertise-sur-tout-le-cycle/grands-projets-et-realisations/cadarache-demantelement-usine-mox#Mthologieettapes |titel=Rückbau der MOX-Fabrik in Caradache |sprache=fr |abruf=2019-12-30}}</ref> | |||
== Reaktortypen == | |||
=== Typ thermischer Kernspaltungsreaktor === | |||
* ''Eole'' ([[Schwimmbadreaktor|Schwimmbad-Design]]): Hier werden Tests für das Coredesign von Leichtwasserreaktoren durchgeführt. | |||
* ''Minerve'': In diesem Reaktor werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kernbrennstäben untersucht. | |||
* ''Cabri'' (Schwimmbad-Design): Dieser Reaktor wird zum Test von Design und Widerstandsfähigkeit von Brennstäben benutzt. | |||
* ''[[Forschungsreaktor Phébus|Phébus]]'': Damit wird das Verhalten von Reaktoren im Fall einer [[Kernschmelze]] untersucht. ''Phébus'' bezeichnet sowohl den Forschungsreaktor als auch ein Projekt zur Erforschung von Kernschmelzen. Erster Test einer kontrollierten Kernschmelze erfolgte am 3. Dezember 1993. | |||
* ''New Generation Reactor'': Hier handelt es sich um einen Reaktor zur Entwicklung von Brennstäben für Reaktoren in Schiffen ([[Charles de Gaulle (Flugzeugträger)|Flugzeugträger ''Charles de Gaulle'']]) und [[Rubis-Klasse|U-Booten]]. Er dient auch zur Ausbildung der Besatzungen. | |||
=== Typ Schneller Brüter === | === Typ Schneller Brüter === | ||
* ''[[Rapsodie]]'' (Reacteur RAPide à SODIum Experimentale) (1967–1981) | * ''[[Rapsodie]]'' (Reacteur RAPide à SODIum Experimentale) (1967–1981) | ||
* ''MASURCA'' (MAquette SURgénérateur de CAdarache): [[Nullleistungsreaktor]] zur Entwicklung schneller [[Brutreaktor]]en | |||
* ''[[Kernkraftwerk Phénix|Phénix]]'' (1974–2010) (250 MW) (nicht auf dem Gelände) | * ''[[Kernkraftwerk Phénix|Phénix]]'' (1974–2010) (250 MW) (nicht auf dem Gelände) | ||
* ''[[Kernkraftwerk Creys-Malville|Superphénix]]'' (1985–1997) (1200 MW) (nicht auf dem Gelände) | * ''[[Kernkraftwerk Creys-Malville|Superphénix]]'' (1985–1997) (1200 MW) (nicht auf dem Gelände) | ||
Phénix war der Vorgänger von Superphénix. Das teure Superphénix-Projekt wurde nach einer Pannenserie vorzeitig beendet. | |||
Phénix war der Vorgänger von Superphénix | |||
=== Typ Fusionsreaktor === | === Typ Fusionsreaktor === | ||
* ''Tore Supra'': eine [[Tokamak]]-Experimentieranlage mit [[Supraleiter|supraleitenden]] [[Magnet]]en, wie sie auch für ITER vorgesehen werden. Der [[Torus]] hat einen Radius von 2,40 m und einen Innenradius von 72 cm. | |||
* Zurzeit (2020) in Bau ist ''[[ITER]]'', ein internationales Projekt zum Bau eines Versuchs-Fusionsreaktors. Am 28. Juni 2005 hat sich das [[ITER|ITER-Council]] für Cadarache als Standort des [[Kernfusionsreaktor]]s ITER entschieden. | |||
* | |||
== Stillgelegte Reaktoren == | == Stillgelegte Reaktoren == | ||
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* ''STED'' (Station de Traitement des Effluents et Déchets) dient der Behandlung radioaktiver Abfälle. | * ''STED'' (Station de Traitement des Effluents et Déchets) dient der Behandlung radioaktiver Abfälle. | ||
== | == Im Bau == | ||
Am 19. März 2007 wurde der Grundstein für den ''Jules Horowitz Reactor (JHR)'' gelegt. Der Reaktor der dritten Generation wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 | [[Datei:Vue d'artiste du RJH.jpg|mini|Modell-Ansicht des neuen JHR]] | ||
* [[Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives]] (50 | Am 19. März 2007 wurde der Grundstein für den ''Jules Horowitz Reactor (JHR)'' gelegt. Der Reaktor der dritten Generation ([[EPR (Kernkraftwerk)|EPR]], Europäischer Druckwasser Reaktor) wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 den Betrieb aufnehmen. Der Bau verzögerte sich jedoch, so dass 2018 eine Fertigstellung im Jahre 2025 erwartet wird.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.lesechos.fr/14/04/2014/LesEchos/21668-074-ECH_bras-de-fer-entre-le-cea-et-l-asn-sur-le-reacteur-osiris.htm |titel=Bras de fer entre le CEA et l'ASN sur le réacteur Osiris |autor=Véronique Le Billon |datum=2014-04-14 |werk=Les Echos |sprache=fr |abruf=2019-11-15}} Artikel in [[Les Echos]] über die befürchteten Folgen einer Stilllegung des Reaktors OSIRIS, bevor der JHR in Betrieb geht.</ref> Der Reaktor soll 100 MW leisten und ist für Materialtests vorgesehen. Die Kosten für das Projekt werden auf 500 Millionen Euro geschätzt und verteilen sich wie folgt: | ||
* [[Électricité de France]] (20 | * [[Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives]] (50 %), | ||
* EU-Forschungseinrichtungen (20 | * [[Électricité de France]] (20 %), | ||
* [[Areva]] (10 | * EU-Forschungseinrichtungen (20 %), | ||
* [[Areva]] (10 %). | |||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
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* [http://www-cad.cea.fr/ Website des Forschungszentrums Cadarache] | * [http://www-cad.cea.fr/ Website des Forschungszentrums Cadarache] | ||
* [http://www-cadarache.cea.fr/fr/reseau/cadarache_jeunes_2009/tore-supra.html 'Tore Supra' abgerufen am 24. Januar 2015] | * [http://www-cadarache.cea.fr/fr/reseau/cadarache_jeunes_2009/tore-supra.html 'Tore Supra' abgerufen am 24. Januar 2015] | ||
* | * {{Webarchiv|wayback=20150923175956|url=http://www.asn.fr/L-ASN/ASN-en-region/Division-de-Marseille/Activites-de-recherche/Site-de-Cadarache/Centre-CEA-de-Cadarache/Harmonie-declassee|text=HARMONIE}} | ||
* {{Webarchiv|wayback=20080611074603|url=http://www.asn.fr/sections/infos-locales/division-marseille/centre-cea-cadarache/cedra|text=CEDRA}} | * {{Webarchiv|wayback=20080611074603|url=http://www.asn.fr/sections/infos-locales/division-marseille/centre-cea-cadarache/cedra|text=CEDRA}} | ||
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683180.html Artikel vom 29. März 1993 über die geplante kontrollierte Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich am 3. Dezember 1993.] | * [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683180.html Artikel vom 29. März 1993 über die geplante kontrollierte Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich am 3. Dezember 1993.] | ||
* [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13690416.html Artikel vom 30. April 1994 über Risiken der kontrollierten Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich wegen Erdbeben.] | * [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13690416.html Artikel vom 30. April 1994 über Risiken der kontrollierten Kernschmelze in Cadarache/Südfrankreich wegen Erdbeben.] |
Cadarache ist ein Kernforschungszentrum in der relativ kleinen Gemeinde Saint-Paul-lès-Durance im Département Bouches-du-Rhône in Südfrankreich, rund 60 km nordöstlich von Marseille. Es liegt am Ostufer des Flusses Durance und umfasst rund 450 Gebäude und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter.
Das Zentrum führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Zusammenhang mit dem industriellen Einsatz von Kernreaktoren, Uran- und Plutoniumbrennstoffen sowie im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten der Kernenergie durch. Aufgrund des weit gefassten Aufgabenspektrums umfasst das Zentrum rund 20 verschiedene nukleare Basisanlagen (INB – Installation Nucléaire de Base), darunter die Forschungsreaktoren Cabri, Scarabee, Masurca, Eole, Minerve und Phebus.
Eine wichtige Einrichtung war die Fertigungsanlage Cadarache (CFCa) mit den Teilanlagen ATPu („Atelier de technologie du plutonium“) und LPC („Laboratoire de purification chimique“). Im ATPu wurden bis 2003 350 t plutoniumhaltige Brennelemente (MOX-Brennelemente) für Leichtwasserreaktoren hergestellt. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Erdbebensicherheit wurde der kommerzielle Betrieb eingestellt und zur Melox-Anlage nach Marcoule verlagert. Allerdings wurde weiterhin zu Testzwecken Plutonium der amerikanischen Armee verarbeitet.
Nach Ende der Nutzung als Fertigungsbetrieb für MOX-Brennelemente im Jahr 2003 wurde der Rückbau dieser Teilanlage beschlossen. Im Februar 2009 begannen die Abbrucharbeiten. Im Oktober 2009 mussten Arbeiten an der Anlage auf Anordnung der französischen Atomsicherheitsbehörde vorübergehend gestoppt werden, da man in den Glove-Boxes unerwartet auf insgesamt 39 kg Plutoniumstaub gestoßen ist.
Als man sich 2008 zum Abbruch der Anlage entschied, war der Betreiber von einer Gesamtmenge von etwa 8 kg ausgegangen. Die Erwartung war, dass die insgesamt 450 Boxen im Laufe der 40-jährigen Betriebszeit je etwa 18 g Plutoniumstaub gesammelt haben könnten. Das Innere konnte aus technischen Gründen bei den regelmäßigen Reinigungen nie vollständig gesäubert werden.
Nach Prüfung von bereits abgebauten Boxen musste man feststellen, dass sich pro Box im Schnitt 89 g Plutoniumstaub gesammelt hatten. Damit war die gesamte Menge auf ca. 39 kg Plutoniumstaub angestiegen.[1][2] Vermutlich war das Vorkommen schon im Juni entdeckt worden und wurde nun als Störfall der Kategorie 2 auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse eingestuft. Der Rückbau wurde fortgesetzt und 2017 erfolgreich beendet.[3]
Phénix war der Vorgänger von Superphénix. Das teure Superphénix-Projekt wurde nach einer Pannenserie vorzeitig beendet.
Am 19. März 2007 wurde der Grundstein für den Jules Horowitz Reactor (JHR) gelegt. Der Reaktor der dritten Generation (EPR, Europäischer Druckwasser Reaktor) wird zusammen mit acht anderen europäischen Staaten gebaut. Er sollte ursprünglich 2014 den Betrieb aufnehmen. Der Bau verzögerte sich jedoch, so dass 2018 eine Fertigstellung im Jahre 2025 erwartet wird.[4] Der Reaktor soll 100 MW leisten und ist für Materialtests vorgesehen. Die Kosten für das Projekt werden auf 500 Millionen Euro geschätzt und verteilen sich wie folgt:
Koordinaten: 43° 41′ N, 5° 46′ O