Plastizität (Physik): Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Plastizität''' oder '''plastische Verformbarkeit''' beschreibt die Fähigkeit von Stoffen, sich unter einer Krafteinwirkung nach Überschreiten einer [[Fließgrenze]] [[Irreversibler Prozess|irreversibel]] zu [[Verformung|verformen]] (zu fließen) und diese Form nach der Einwirkung beizubehalten. Unterhalb der Fließgrenze treten keine oder nur [[Elastizität (Physik)|elastische]] Deformationen auf.<ref>DIN 1342-1: ''Viskosität'' – Teil 1: ''Rheologische Begriffe'' (2003-11).</ref>
Die '''Plastizität''' oder '''plastische Verformbarkeit''' (in Kunst und [[Kunsthandwerk]] auch '''Bildsamkeit''') beschreibt die Fähigkeit von [[Feststoff]]en, sich unter einer Krafteinwirkung nach Überschreiten einer [[Elastizitätsgrenze]] [[Irreversibler Prozess|irreversibel]] zu [[Verformung|verformen]] (zu fließen) und diese Form nach der Einwirkung beizubehalten. Unterhalb der Fließgrenze treten keine oder nur [[Elastizität (Physik)|elastische]] Deformationen auf.<ref>DIN 1342-1: ''Viskosität'' – Teil 1: ''Rheologische Begriffe'' (2003-11).</ref> In der Praxis treten diese Effekte aber immer gemeinsam auf.


Im Gegensatz dazu würde ein elastischer Stoff seine ursprüngliche Form wieder einnehmen und ein [[Sprödigkeit|spröder]] Stoff mit sofortigem Versagen reagieren – man spricht von [[Sprödbruch]], der z.&nbsp;B.  bei [[Keramik]]en und [[Kubisches Kristallsystem|kubisch-raumzentriert]]e [[Metalle]]n bei tiefen [[Temperatur]]en auftritt. Fließt ein Stoff unter Krafteinwirkung sofort, nicht erst nach Überschreiten einer Fließgrenze, so spricht man von [[Viskosität|viskosem]] Verhalten. Bei realen Materialien treten diese Effekte aber praktisch immer gemeinsam auf.
Im Gegensatz dazu würde ein elastischer Stoff seine ursprüngliche Form wieder einnehmen und ein [[Sprödigkeit|spröder]] Stoff mit sofortigem Versagen reagieren – man spricht von [[Sprödbruch]], der z.&nbsp;B.  bei [[Keramik]]en und [[Kubisches Kristallsystem|kubisch-raumzentrierten]] [[Metalle]]n bei tiefen [[Temperatur]]en auftritt.  


Plastizität kann in [[Duktilität]] (''engl. ductility'') und [[Schmiedbarkeit]] (''engl. malleability'') unterteilt werden. Dabei beschreibt ersteres das plastische Verhalten unter einer wirkenden Zugspannung (Tension) im Unterschied zu Druckspannung (Kompression). Duktilität wird aber auch synonym zu Plastizität gebraucht, womit diese Begriffe nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt werden können. <ref name="mms">{{Cite book | last = Rich | first = Jack C. | title = The Materials and Methods of Sculpture | publisher = Courier Dover Publications | page = 129 | year = 1988 | url = https://books.google.com/?id=hW13qhOFa7gC | isbn = 0-486-25742-8 }}.</ref>
Fließt ein Stoff unter Krafteinwirkung sofort, nicht erst nach Überschreiten einer Fließgrenze, so handelt es sich nicht um einen [[Feststoff]], sondern um eine [[Viskosität|viskose]] [[Flüssigkeit]].
 
Innerhalb des Materials ist die plastische Verformung eine Folge von [[Scherspannung]]en zwischen den Molekülen. Hinsichtlich der technischen Eigenschaften eines Materials kann die Plastizität je nach Kraftangriff unterteilt werden in
* [[Duktilität]] (''engl. ductility''): das plastische Verhalten unter [[Zugspannung]] (Tension)
* [[Schmiedbarkeit]] (''engl. malleability''): das plastische Verhalten unter Druckspannung (Kompression).
Duktilität wird aber auch [[synonym]] zu Plastizität gebraucht, womit diese Begriffe nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt werden können.<ref name="mms">{{Cite book | last = Rich | first = Jack C. | title = The Materials and Methods of Sculpture | publisher = Courier Dover Publications | page = 129 | year = 1988 | url = https://books.google.com/?id=hW13qhOFa7gC | isbn = 0-486-25742-8 }}</ref>


== Materialverhalten und seine Beschreibung ==
== Materialverhalten und seine Beschreibung ==
[[Datei:Reologie model svt.svg|miniatur|hochkant=0.3|''St.-Venant''-Element]]
[[Datei:Reologie model svt.svg|miniatur|hochkant=0.3|''St.-Venant''-Element]]
{{Siehe auch|Rheologisches Modell#Ideale Plastizität}}
{{Siehe auch|Rheologisches Modell#Ideale Plastizität|titel1=„Ideale Plastizität“ im Artikel Rheologisches Modell}}


Ein ideal plastischer Körper verhält sich, solange die einwirkende [[Spannung (Mechanik)|Spannung]] <math>\sigma</math> unterhalb der [[Fließgrenze]] <math>\sigma_F</math> bleibt, wie ein starrer, nicht deformierbarer Festkörper. Erreicht <math>\sigma</math> den Wert <math>\sigma_F</math>, beginnt er sich irreversibel und unbegrenzt zu verformen.
Ein ideal plastischer Körper verhält sich wie ein starrer, nicht deformierbarer Festkörper, solange die einwirkende [[Spannung (Mechanik)|Spannung]] <math>\sigma</math> unterhalb der [[Fließgrenze]] <math>\sigma_F</math> bleibt. Erreicht <math>\sigma</math> den Wert <math>\sigma_F</math>, beginnt er sich irreversibel und unbegrenzt zu verformen.


Dieses Verhalten kann durch ein ''[[Barré de Saint-Venant|St.-Venant]]''-Element, einem  Reibklotz, der sich auch erst nach Überschreiten einer [[Haftreibungskraft]] in Bewegung setzt, modelliert werden.
Dieses Verhalten kann durch ein ''[[Barré de Saint-Venant|St.-Venant]]''-Element modelliert werden, einem  Reibklotz, der sich erst nach Überschreiten einer bestimmten [[Haftreibungskraft]] in Bewegung setzt.


Ideal plastisches Verhalten tritt so in der Natur aber praktisch nicht auf, sondern stets gemeinsam mit elastischen oder viskosen Effekten. Ein Beispiel für Elastoplastizität ist [[Stahl]] im [[Zugversuch]], während die [[Bingham-Fluid]]e viskoplastisches Verhalten aufweisen, also Stoffe darstellen, die sich unterhalb einer Fließgrenze wie ein Festkörper verhalten, darüber wie eine Flüssigkeit.
Ideal plastisches Verhalten tritt in der Natur aber praktisch nicht auf, sondern stets gemeinsam mit elastischen oder viskosen Effekten. Beispielsweise verhält sich [[Stahl]] im [[Zugversuch]] elastoplastisch. Demgegenüber weisen die [[Bingham-Fluid]]e ein viskoplastisches Verhalten auf. Sie verhalten sich unterhalb einer Fließgrenze wie ein Festkörper und darüber wie eine Flüssigkeit.


Ein Modell zur mathematischen Beschreibung der Plastizität stammt von [[Eugene C. Bingham]]. Dieses wird vor allem bei Finite-Elemente-Berechnungen der Viskoplastizität von Materialien wie Ziegelrohmassen verwendet.<ref>E. C. Bingham, ''Fluidity and Plasticity.'' New York, McGrew-Hill, 1922.</ref> In der [[Kontinuumsmechanik]] befasst sich die [[Plastizitätstheorie]] mit der irreversiblen Umformung von Materie.
Ein Modell zur mathematischen Beschreibung der Plastizität stammt von [[Eugene C. Bingham]]. Dieses wird vor allem bei Finite-Elemente-Berechnungen der Viskoplastizität von Materialien wie Ziegelrohmassen verwendet.<ref>E. C. Bingham, ''Fluidity and Plasticity.'' New York, McGrew-Hill, 1922.</ref> In der [[Kontinuumsmechanik]] befasst sich die [[Plastizitätstheorie]] mit der irreversiblen Umformung von Materie.


== Ursachen ==
== Ursachen ==
Das plastische Verformungsverhalten hängt unter anderem vom Spannungszustand, der Temperatur, der Belastungsart und der Belastungsgeschwindigkeit ab. So kennt man neben der herkömmlichen Plastizität auch die [[Hochtemperaturplastizität]], [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechverformung]] und [[Superplastizität]].
Das plastische Verformungsverhalten hängt unter anderem vom Spannungszustand, der Temperatur, der Belastungsart und der Belastungsgeschwindigkeit ab. So kennt man neben der herkömmlichen Plastizität auch die [[Hochtemperaturplastizität]], [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechverformung]] und [[Superplastizität]].


Mikroskopisch wird die plastische Verformung von [[kristall]]inen Festkörpern (Metallen) anhand der [[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungstheorie]] beschrieben. Aus [[Energie|energetischen]] Gründen ist es günstiger, einzelne Defekte ([[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungen]]) durch den [[Festkörper]] zu treiben, anstatt sämtliche Atomreihen gleichzeitig zu bewegen. Gemeinhin wird hier der Vergleich zu einem großen, langen [[Teppich]] herangezogen, den man um ein Stück bewegen will. Es würde enorm viel [[Kraft]] kosten, den ganzen Teppich auf einmal zu ziehen – stattdessen kann man eine kleine [[Faltenbildung (Materialkunde)|Falte]] mühelos durchschieben. (Siehe auch [[Festigkeit]])
Mikroskopisch wird die plastische Verformung von [[kristall]]inen Festkörpern (Metallen) anhand der [[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungstheorie]] beschrieben. Es ist eine geringere Scherkraft erforderlich, um eine plastische Verformung hervorzurufen, indem einzelne Defekte ([[Versetzung (Materialwissenschaft)|Versetzungen]]) durch den [[Festkörper]] wandern, als sämtliche Atomreihen gleichzeitig zu bewegen. Als Analogie wird oft ein großer [[Teppich]] betrachtet, der nur um ein kleines Stück verschoben werden soll. Dies ist sehr [[Kraft|kraftsparend]] möglich, indem eine kleine [[Faltenbildung (Materialkunde)|Falte]] durch den Teppich getrieben wird, statt den gesamten Teppich auf einmal zu verschieben. (Siehe auch [[Festigkeit]])
 
== Technische Bedeutung==


Die Plastizität bestimmt die [[Duktilität]] und [[Umformbarkeit]] eines Werkstoffes.  
== Technische Bedeutung ==
Die Plastizität bestimmt die [[Duktilität]] und [[Umformbarkeit]] eines Werkstoffes.


== Beispiele ==
== Beispiele ==
Hohe Plastizität:
Hohe Plastizität:
* Knete
* Knete
* feuchter Ton
* feuchter [[Ton (Bodenart)|Ton]]
* Metalle und Metall[[legierung]]en mit geeignetem Atomgitter:
* Metalle und Metall[[legierung]]en mit geeignetem Atomgitter:
** glühender [[Stahl]] beim [[Schmieden]]
** glühender [[Stahl]] beim [[Schmieden]]
** [[Kaltumformung]] von [[Blech]]en beim [[Treiben]]
** [[Kaltumformung]] von [[Blech]]en beim [[Treiben]]
** einen dünnen Metalldraht kann man in jede beliebige Form biegen
** einen dünnen Metalldraht kann man in jede beliebige Form biegen
* typische Bingham-Fluide wie [[Zahnpasta]], [[Mayonnaise]] oder [[Butter]] kann man schon mit geringem Druck auf die Tube oder mit dem Messer erweichen und zum Fließen bringen.
* typische [[Bingham-Fluid]]e wie [[Zahnpasta]], [[Mayonnaise]] oder [[Butter]] kann man schon mit geringem Druck auf die Tube oder mit dem Messer erweichen und zum Fließen bringen.
* Bei sehr hohem [[Druck (Physik)|Druck]] wird [[Eis]] plastisch und kann als [[Gletscher]] fließen.
* Bei sehr hohem [[Druck (Physik)|Druck]] wird [[Eis]] plastisch und kann als [[Gletscher]] fließen.
* Bei noch höheren Drücken wird [[Halit]] (Steinsalz) ebenfalls plastisch und kann [[Salzstock|Salzstöcke]] und sogar [[Salzgletscher]] bilden.
* Bei noch höheren Drücken wird [[Halit]] (Steinsalz) ebenfalls plastisch und kann [[Salzstock|Salzstöcke]] und sogar [[Salzgletscher]] bilden.
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* Ein Gummiband ist sehr elastisch und kehrt daher nach Lastrücknahme zu seiner ursprünglichen Form zurück.
* Ein Gummiband ist sehr elastisch und kehrt daher nach Lastrücknahme zu seiner ursprünglichen Form zurück.
* Keramiken brechen meist spröde ohne plastische Verformung.
* Keramiken brechen meist spröde ohne plastische Verformung.
== Siehe auch ==
* [[Kaltverformung]]
* [[Rheopexie]]
* [[Thixotropie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Eugene Cook Bingham|E. C. Bingham]], ''Fluidity and Plasticity.'' [[McGraw-Hill|McGraw-Hill]], New York 1922
* [[Eugene Cook Bingham|E. C. Bingham]], ''Fluidity and Plasticity.'' [[McGraw-Hill]], New York 1922
* [[Alan Cottrell|A. H. Cottrell]], ''Dislocations and Plastic Flow in Crystals.'' [[Clarendon Press]], 1953
* [[Alan Cottrell|A. H. Cottrell]], ''Dislocations and Plastic Flow in Crystals.'' [[Clarendon Press]], 1953
* W. F. Hosford, ''The mechanics of crystals and textured polycrystals. '' [[Oxford University Press]], 1993
* W. F. Hosford, ''The mechanics of crystals and textured polycrystals. '' [[Oxford University Press]], 1993
* [[Gustav Ernst Robert Schulze|Gustav E. R. Schulze]], ''Metallphysik - ein Lehrbuch''. [[Akademie-Verlag]], Berlin 1967
* [[Gustav Ernst Robert Schulze|Gustav E. R. Schulze]], ''Metallphysik ein Lehrbuch''. [[Akademie-Verlag]], Berlin 1967


== Einzelnachweise ==
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<references />
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Aktuelle Version vom 18. Januar 2021, 11:37 Uhr

Die Plastizität oder plastische Verformbarkeit (in Kunst und Kunsthandwerk auch Bildsamkeit) beschreibt die Fähigkeit von Feststoffen, sich unter einer Krafteinwirkung nach Überschreiten einer Elastizitätsgrenze irreversibel zu verformen (zu fließen) und diese Form nach der Einwirkung beizubehalten. Unterhalb der Fließgrenze treten keine oder nur elastische Deformationen auf.[1] In der Praxis treten diese Effekte aber immer gemeinsam auf.

Im Gegensatz dazu würde ein elastischer Stoff seine ursprüngliche Form wieder einnehmen und ein spröder Stoff mit sofortigem Versagen reagieren – man spricht von Sprödbruch, der z. B. bei Keramiken und kubisch-raumzentrierten Metallen bei tiefen Temperaturen auftritt.

Fließt ein Stoff unter Krafteinwirkung sofort, nicht erst nach Überschreiten einer Fließgrenze, so handelt es sich nicht um einen Feststoff, sondern um eine viskose Flüssigkeit.

Innerhalb des Materials ist die plastische Verformung eine Folge von Scherspannungen zwischen den Molekülen. Hinsichtlich der technischen Eigenschaften eines Materials kann die Plastizität je nach Kraftangriff unterteilt werden in

  • Duktilität (engl. ductility): das plastische Verhalten unter Zugspannung (Tension)
  • Schmiedbarkeit (engl. malleability): das plastische Verhalten unter Druckspannung (Kompression).

Duktilität wird aber auch synonym zu Plastizität gebraucht, womit diese Begriffe nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt werden können.[2]

Materialverhalten und seine Beschreibung

St.-Venant-Element

Ein ideal plastischer Körper verhält sich wie ein starrer, nicht deformierbarer Festkörper, solange die einwirkende Spannung $ \sigma $ unterhalb der Fließgrenze $ \sigma _{F} $ bleibt. Erreicht $ \sigma $ den Wert $ \sigma _{F} $, beginnt er sich irreversibel und unbegrenzt zu verformen.

Dieses Verhalten kann durch ein St.-Venant-Element modelliert werden, einem Reibklotz, der sich erst nach Überschreiten einer bestimmten Haftreibungskraft in Bewegung setzt.

Ideal plastisches Verhalten tritt in der Natur aber praktisch nicht auf, sondern stets gemeinsam mit elastischen oder viskosen Effekten. Beispielsweise verhält sich Stahl im Zugversuch elastoplastisch. Demgegenüber weisen die Bingham-Fluide ein viskoplastisches Verhalten auf. Sie verhalten sich unterhalb einer Fließgrenze wie ein Festkörper und darüber wie eine Flüssigkeit.

Ein Modell zur mathematischen Beschreibung der Plastizität stammt von Eugene C. Bingham. Dieses wird vor allem bei Finite-Elemente-Berechnungen der Viskoplastizität von Materialien wie Ziegelrohmassen verwendet.[3] In der Kontinuumsmechanik befasst sich die Plastizitätstheorie mit der irreversiblen Umformung von Materie.

Ursachen

Das plastische Verformungsverhalten hängt unter anderem vom Spannungszustand, der Temperatur, der Belastungsart und der Belastungsgeschwindigkeit ab. So kennt man neben der herkömmlichen Plastizität auch die Hochtemperaturplastizität, Kriechverformung und Superplastizität.

Mikroskopisch wird die plastische Verformung von kristallinen Festkörpern (Metallen) anhand der Versetzungstheorie beschrieben. Es ist eine geringere Scherkraft erforderlich, um eine plastische Verformung hervorzurufen, indem einzelne Defekte (Versetzungen) durch den Festkörper wandern, als sämtliche Atomreihen gleichzeitig zu bewegen. Als Analogie wird oft ein großer Teppich betrachtet, der nur um ein kleines Stück verschoben werden soll. Dies ist sehr kraftsparend möglich, indem eine kleine Falte durch den Teppich getrieben wird, statt den gesamten Teppich auf einmal zu verschieben. (Siehe auch Festigkeit)

Technische Bedeutung

Die Plastizität bestimmt die Duktilität und Umformbarkeit eines Werkstoffes.

Beispiele

Hohe Plastizität:

  • Knete
  • feuchter Ton
  • Metalle und Metalllegierungen mit geeignetem Atomgitter:
    • glühender Stahl beim Schmieden
    • Kaltumformung von Blechen beim Treiben
    • einen dünnen Metalldraht kann man in jede beliebige Form biegen
  • typische Bingham-Fluide wie Zahnpasta, Mayonnaise oder Butter kann man schon mit geringem Druck auf die Tube oder mit dem Messer erweichen und zum Fließen bringen.
  • Bei sehr hohem Druck wird Eis plastisch und kann als Gletscher fließen.
  • Bei noch höheren Drücken wird Halit (Steinsalz) ebenfalls plastisch und kann Salzstöcke und sogar Salzgletscher bilden.

Geringe Plastizität:

  • Ein Gummiband ist sehr elastisch und kehrt daher nach Lastrücknahme zu seiner ursprünglichen Form zurück.
  • Keramiken brechen meist spröde ohne plastische Verformung.

Literatur

  • E. C. Bingham, Fluidity and Plasticity. McGraw-Hill, New York 1922
  • A. H. Cottrell, Dislocations and Plastic Flow in Crystals. Clarendon Press, 1953
  • W. F. Hosford, The mechanics of crystals and textured polycrystals. Oxford University Press, 1993
  • Gustav E. R. Schulze, Metallphysik – ein Lehrbuch. Akademie-Verlag, Berlin 1967

Einzelnachweise

  1. DIN 1342-1: Viskosität – Teil 1: Rheologische Begriffe (2003-11).
  2. Jack C. Rich: The Materials and Methods of Sculpture.. Courier Dover Publications, 1988, ISBN 0-486-25742-8, S. 129.
  3. E. C. Bingham, Fluidity and Plasticity. New York, McGrew-Hill, 1922.