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'''Thixotropie''' ({{grcS|ἡ θίξις}}, ''tʰíx''|''is'' „das Berühren“ + [[Fugenlaut]] -''o''- + τροπή, '' | '''Thixotropie''' ({{grcS|ἡ θίξις}}, ''tʰíx''|''is'' „das Berühren“ + [[Fugenlaut]] -''o''- + τροπή, ''trop''|''ḗ'' „Wendung; Änderung“) bezeichnet in der [[Rheologie]] eine Zeitabhängigkeit der [[Strömungsmechanik|Fließ]]<nowiki />eigenschaften bei [[Nichtnewtonsches Fluid|nichtnewtonschen Fluiden]], bei der die [[Viskosität]] infolge andauernder äußerer Einflüsse abnimmt und erst nach beendigter Beanspruchung wieder in die Ausgangsviskosität zurückkehrt.<ref>Vgl. DIN 1342-3:2003-11, Kap. 4.2.3, Pkt. a).</ref> Vereinfacht heißt das, dass die thixotrope Flüssigkeit mit der Dauer ihrer [[Verformung|Deformation]] dünnflüssiger wird. | ||
Der Begriff wurde von [[Liste bekannter Persönlichkeiten der Universität Istanbul #Zoologen|Tibor Peterfi]] (1883–1953) und [[Herbert Max Finlay Freundlich]] (1880–1941) eingeführt. | Der Begriff wurde von [[Liste bekannter Persönlichkeiten der Universität Istanbul #Zoologen|Tibor Peterfi]] (1883–1953) und [[Herbert Max Finlay Freundlich]] (1880–1941) eingeführt. | ||
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* [[Rasiercreme]] | * [[Rasiercreme]] | ||
* [[Lippenstift]] | * [[Lippenstift]] | ||
* Sand-Wasser-Gemische, in Ufernähe (etwa im Bereich des brandungsnassen Sandstrandes), Treibsand, Schlämme und Ähnliches wie feuchter [[Kaffeesatz]]. (siehe [[#Thixotropie in der Bodenkunde|unten]]) | |||
* Sand-Wasser-Gemische, in Ufernähe (etwa im Bereich des brandungsnassen Sandstrandes), Treibsand, Schlämme und Ähnliches (siehe [[#Thixotropie in der Bodenkunde|unten]]) | |||
* [[Fluid Mud|Fluid-Mud]]-Ablagerungen in den [[Trübungszone]]n bestimmter [[Ästuar]]typen | * [[Fluid Mud|Fluid-Mud]]-Ablagerungen in den [[Trübungszone]]n bestimmter [[Ästuar]]typen | ||
* Bei den beiden Blut-[[Reliquien]] in der [[Kathedrale von Neapel]], die sich beim [[Januarius#Blutwunder|Blutwunder des Januarius]] zweimal jährlich verflüssigen, handelt es sich mutmaßlich ebenfalls um eine thixotrope Substanz. | * Bei den beiden Blut-[[Reliquien]] in der [[Kathedrale von Neapel]], die sich beim [[Januarius#Blutwunder|Blutwunder des Januarius]] zweimal jährlich verflüssigen, handelt es sich mutmaßlich ebenfalls um eine thixotrope Substanz. | ||
* [[Synovia|Synovial­flüssigkeit]] in den Gelenken ist durch die darin enthaltene [[Hyaluronsäure]] thixotrop, weswegen man sich vor sportlichen Betätigungen [[Aufwärmen (Sport)|aufwärmen]] soll. | * [[Synovia|Synovial­flüssigkeit]] in den Gelenken ist durch die darin enthaltene [[Hyaluronsäure]] thixotrop, weswegen man sich vor sportlichen Betätigungen [[Aufwärmen (Sport)|aufwärmen]] soll. | ||
[[Joghurt]] hingegen zählt ''nicht'' zu den thixotropen Fluiden, da seine Strukturveränderungen nach dem Zerdrücken [[irreversibel]] sind, auch nicht [[Kondensmilch]] – wohl aber reines [[Kasein]], das [[Klebereiweiß]] der Milch. Auch [[Honig]] ist nicht thixotrop: Er wird nicht durch mechanische, sondern durch [[ | [[Joghurt|Stichfester Joghurt]] hingegen zählt ''nicht'' zu den thixotropen Fluiden, da seine Strukturveränderungen nach dem Zerdrücken [[Irreversibler Prozess|irreversibel]] sind, auch nicht [[Kondensmilch]] – wohl aber reines [[Kasein]], das [[Klebereiweiß]] der Milch. Auch [[Honig]] ist nicht thixotrop: Er wird nicht durch mechanische, sondern durch [[Temperatur|thermische]] Einwirkung dünner – das „Festwerden“ ist eine [[Zucker]][[kristallisation]]. | ||
== Technische Anwendungen == | == Technische Anwendungen == | ||
* [[Thixoforming]] ist ein [[Fertigungsverfahren]], das eine Mischung aus [[Gießen ( | * [[Thixoforming]] ist ein [[Fertigungsverfahren]], das eine Mischung aus [[Gießen (Metall)|Gießen]] und [[Schmieden]] darstellt, sehr genaue Werkstücke erlaubt und nur wenig Kraft zur Bearbeitung benötigt. | ||
* [[Lack]]e und [[Dispersionsfarbe]]n können nach der Herstellung mit spezifischen Zusätzen von [[Kieselgel]]en (''Celite'' u. ä.) thixotropiert werden. | * [[Lack]]e und [[Dispersionsfarbe]]n können nach der Herstellung mit spezifischen Zusätzen von [[Kieselgel]]en (''Celite'' u. ä.) thixotropiert werden. | ||
* [[Druckfarbe]]n werden durch mechanische Einwirkung wie Rühren, Schütteln, Umspachteln oder [[Rakel #Bedeutung in der Drucktechnik|Rakeln]] von einer festen oder pastösen Konsistenz in eine fließende Konsistenz überführt. Im [[Offsetdruck]] erledigen diese Aufgabe die [[Farbspaltung]]en im [[Farbwerk]], verstärkt durch [[ | * [[Druckfarbe]]n werden durch mechanische Einwirkung wie Rühren, Schütteln, Umspachteln oder [[Rakel #Bedeutung in der Drucktechnik|Rakeln]] von einer festen oder pastösen Konsistenz in eine fließende Konsistenz überführt. Im [[Offsetdruck]] erledigen diese Aufgabe die [[Farbspaltung]]en im [[Farbwerk]], verstärkt durch [[Schwingung|oszillierende]] Verreiberwalzen. Auf dem [[Bedruckstoff]] soll die [[Zügigkeit]] wieder zunehmen. | ||
* [[Spritzlackieren|Spritzlack]] soll beim [[Zerstäuben]] und Auftreffen sehr dünnflüssig sein, nach dem Aufspritzen allerdings möglichst schnell zähflüssig werden. | * [[Spritzlackieren|Spritzlack]] soll beim [[Zerstäuben]] und Auftreffen sehr dünnflüssig sein, nach dem Aufspritzen allerdings möglichst schnell zähflüssig werden. | ||
* [[Abformung (Medizin)|zahnärztliche Abformmaterialien]], insbesondere [[Polyether]], sind unter Druck bei Platzierung des Abformlöffels im Mund und der damit verbundenen Kompression der Masse fließfähiger. Dies ist der Darstellung schwieriger Details durch ein besseres Anfließen zuträglich. | * [[Abformung (Medizin)|zahnärztliche Abformmaterialien]], insbesondere [[Polyether]], sind unter Druck bei Platzierung des Abformlöffels im Mund und der damit verbundenen Kompression der Masse fließfähiger. Dies ist der Darstellung schwieriger Details durch ein besseres Anfließen zuträglich. | ||
* Thixotropiebildner verhindern bei Korrosionsschutzölen ein Ablaufen, indem sie nach dem Aufsprühen auf Metalloberflächen scherungsbedingt ihre Konsistenz verändern | * Thixotropiebildner verhindern bei Korrosionsschutzölen ein Ablaufen, indem sie nach dem Aufsprühen auf Metalloberflächen scherungsbedingt ihre Konsistenz verändern | ||
* [[Bohrspülung]]en für [[Tiefenbohrung]]en zeigen unter anderem thixotropes Verhalten. Sie fördern das [[Bohrklein]] an die Oberfläche; bei Stillstand der [[Spülpumpe]]n wird durch ihre Thixotropie das Absinken des Bohrkleins zurück in den | * [[Bohrspülung]]en für [[Tiefenbohrung]]en zeigen unter anderem thixotropes Verhalten. Sie fördern das [[Bohrklein]] an die Oberfläche; bei Stillstand der [[Spülpumpe]]n wird durch ihre Thixotropie das Absinken des Bohrkleins zurück in den [[Schacht (Bergbau)|Bohrschacht]] verhindert, obwohl sie sich nicht aufwärts bewegen. Für das [[Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland|kontinentale Tiefbohrprojekt]] wurde eine Spülung entwickelt, um die Cuttings während des Spülvorganges an Position zu halten. | ||
* Spezielles Bohrfluid (DeHydril HT) | * Spezielles Bohrfluid (DeHydril HT) | ||
* Thixotropes [[Gel]] wird zur Ummantelung des [[Lichtwellenleiter]]s in [[Seekabel]]n eingesetzt. | * Thixotropes [[Gel]] wird zur Ummantelung des [[Lichtwellenleiter]]s in [[Seekabel]]n eingesetzt. | ||
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== Thixotropie in der Bodenkunde == | == Thixotropie in der Bodenkunde == | ||
In der Bodenkunde bezeichnet Thixotropie einen Vorgang in [[feinkörnig]]en, meist [[Ton (Bodenart)|tonigen]] [[Sedimente und Sedimentgesteine|Sedimenten]], bei dem durch mechanische Beanspruchung [[ | In der Bodenkunde bezeichnet Thixotropie einen Vorgang in [[feinkörnig]]en, meist [[Schluff |schluffigen]] oder [[Ton (Bodenart)|tonigen]] [[Sedimente und Sedimentgesteine|Sedimenten]], bei dem durch mechanische Beanspruchung [[Reversibler Prozess|reversible]] Viskositätsunterschiede auftreten. Typisch ist ein Wechsel von fest nach flüssig durch Erschütterung mit anschließender Rückkehr in den festen Zustand. Thixotrop sind beispielsweise [[Löss | Lössböden]], [[Quickerde]], [[Quickton]] und [[Treibsand]]. | ||
Ausschlaggebend für diese Eigenschaft sind [[Korngröße]]n<nowiki />zusammensetzung und Art der Stoffe, die das Sediment bilden. Meist sind es plättchenförmige [[Tonminerale]], die sich – in mikroskopischem Maßstab – zunächst in alle Raumrichtungen gegeneinander abstützen. Bei Erschütterung bricht die Struktur wie ein Kartenhaus in sich zusammen, die Mineralplättchen parallelisieren sich und beginnen, da es nun keine internen [[Haftkraft|Haftkräfte]] mehr gibt, unter Einwirkung der [[Schwerkraft]] aneinander vorbeizugleiten. | Ausschlaggebend für diese Eigenschaft sind [[Korngröße]]n<nowiki />zusammensetzung und Art der Stoffe, die das Sediment bilden. Meist sind es plättchenförmige [[Tonminerale]], die sich – in mikroskopischem Maßstab – zunächst in alle Raumrichtungen gegeneinander abstützen. Bei Erschütterung bricht die Struktur wie ein Kartenhaus in sich zusammen, die Mineralplättchen parallelisieren sich und beginnen, da es nun keine internen [[Haftkraft|Haftkräfte]] mehr gibt, unter Einwirkung der [[Schwerkraft]] aneinander vorbeizugleiten. |
Thixotropie ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value), tʰíx|is „das Berühren“ + Fugenlaut -o- + τροπή, trop|ḗ „Wendung; Änderung“) bezeichnet in der Rheologie eine Zeitabhängigkeit der Fließeigenschaften bei nichtnewtonschen Fluiden, bei der die Viskosität infolge andauernder äußerer Einflüsse abnimmt und erst nach beendigter Beanspruchung wieder in die Ausgangsviskosität zurückkehrt.[1] Vereinfacht heißt das, dass die thixotrope Flüssigkeit mit der Dauer ihrer Deformation dünnflüssiger wird.
Der Begriff wurde von Tibor Peterfi (1883–1953) und Herbert Max Finlay Freundlich (1880–1941) eingeführt.
Das gegensätzliche Verhalten zur Thixotropie wird als Rheopexie, Antithixotropie oder negative Thixotropie bezeichnet.
Nicht zu verwechseln ist thixotropes Verhalten mit der Strukturviskosität, bei der die Viskosität durch zunehmende Scherung abnimmt, bei konstanter Scherbeanspruchung aber über die Zeit konstant bleibt.
Manche nichtnewtonschen Fluide bauen bei einer konstanten Scherung mit der Zeit die Viskosität ab; nach Beendigung der Scherbelastung steigt die Viskosität zeitabhängig wieder an. Erreicht die Viskosität ihren Anfangswert nicht mehr, so bezeichnet man die Flüssigkeit als partiell thixotrop.[2]
Die Ursache für Thixotropie und Strukturviskosität ist ähnlich: die Struktur im Fluid ändert sich unter Scherkrafteinwirkung, sodass kleinere Wechselwirkungen zwischen den Partikeln auftreten. Nach der Einwirkung der Scherkraft bilden sich diese Strukturänderungen mehr oder weniger schnell zurück.
Stichfester Joghurt hingegen zählt nicht zu den thixotropen Fluiden, da seine Strukturveränderungen nach dem Zerdrücken irreversibel sind, auch nicht Kondensmilch – wohl aber reines Kasein, das Klebereiweiß der Milch. Auch Honig ist nicht thixotrop: Er wird nicht durch mechanische, sondern durch thermische Einwirkung dünner – das „Festwerden“ ist eine Zuckerkristallisation.
In der Bodenkunde bezeichnet Thixotropie einen Vorgang in feinkörnigen, meist schluffigen oder tonigen Sedimenten, bei dem durch mechanische Beanspruchung reversible Viskositätsunterschiede auftreten. Typisch ist ein Wechsel von fest nach flüssig durch Erschütterung mit anschließender Rückkehr in den festen Zustand. Thixotrop sind beispielsweise Lössböden, Quickerde, Quickton und Treibsand.
Ausschlaggebend für diese Eigenschaft sind Korngrößenzusammensetzung und Art der Stoffe, die das Sediment bilden. Meist sind es plättchenförmige Tonminerale, die sich – in mikroskopischem Maßstab – zunächst in alle Raumrichtungen gegeneinander abstützen. Bei Erschütterung bricht die Struktur wie ein Kartenhaus in sich zusammen, die Mineralplättchen parallelisieren sich und beginnen, da es nun keine internen Haftkräfte mehr gibt, unter Einwirkung der Schwerkraft aneinander vorbeizugleiten.
Ebenfalls in diesen Bereich zählen Massenbewegungen wässriger Substrate, also Schlammlawinen (Muren) und ähnliches, die unter der hohen mechanischen Last hochfließfähig werden.
In der Schifffahrt wird als Thixotropie[5] eine Grenzflächenerscheinung des Systems fest-flüssig von feinkörnigem Ladungsgut, z. B. Erzkonzentraten und Tonen, bezeichnet. Das trocken erscheinende Schüttgut kann in Abhängigkeit von seinem Feuchtigkeitsgehalt allein durch mechanische Erschütterungen wie Vibration des Schiffes breiig und flüssig werden. In der Folge kann es zu unkontrollierbarer Ladungsverlagerung kommen mit entsprechend kritischer Krängung des Schiffes bis hin zu dessen Kentern.
Die zulässige Feuchtigkeitsgrenze für den Seetransport ist der höchste Wassergehalt eines Konzentrates. Er beträgt 90 Prozent des Verflüssigungspunktes und muss vor Ladungsübernahme durch eine amtliche Expertise bestimmt werden.