Drehimpulsoperator: Unterschied zwischen den Versionen

Drehimpulsoperator: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Drehimpulsoperator''' ist ein Begriff der [[Quantenmechanik]]. Es handelt sich um einen [[Hermitescher Operator|hermiteschen]] [[Vektoroperator]] <math>\hat{\mathbf{J}}=(\hat{J}_x,\hat{J}_y,\hat{J}_z)</math>, dessen Komponenten der folgenden [[Kommutator (Mathematik)|Kommutator]]relation genügen (<math>\varepsilon_{abc}</math> ist der [[Levi-Civita-Symbol|Epsilon-Tensor]]):
#WEITERLEITUNG [[Drehimpuls (Quantenmechanik)]]
 
:<math>[\hat{J}_a,\hat{J}_b]=i\hbar \varepsilon_{abc}\hat{J}_c</math>
 
Der Drehimpulsoperator spielt eine zentrale Rolle beim Verständnis von [[Atom]]en und anderen quantenmechanischen Problemen mit [[Rotationssymmetrie]]. Der Bahndrehimpulsoperator <math>\hat{\mathbf{L}}</math> ist das [[Quantenmechanik|quantenmechanische]] Analogon zum klassischen [[Drehimpuls]]. Außerdem gibt es den [[Drehimpulsoperator#Spinoperator|Spinoperator]] <math>\hat{\mathbf{S}}</math>, der ebenfalls ein Drehimpulsoperator ist, aber kein klassisches Analogon besitzt.
 
== Eigenschaften ==
 
In der Folge wird die [[einsteinsche Summenkonvention]] verwendet, das heißt, über doppelt auftretende Indizes wird summiert.
 
Aus der Kommutatorrelation <math>[\hat{J}_a,\hat{J}_b]=i\hbar\varepsilon_{abc}\hat{J}_c</math> folgt automatisch:
 
:<math>[\hat{J}_a,\hat{\mathbf{J}}^2]=0</math>
 
Da die Komponenten des Drehimpulsoperators per Definition nicht vertauschen, geht man häufig zu den gemeinsamen Eigenvektoren von <math>\hat{\mathbf{J}}^2</math> und einer beliebigen Drehimpulskomponente (üblicherweise <math>\hat{J}_z</math>) über. <math>| jm \rangle</math> bezeichnen die Eigenvektoren der gemeinsamen Basis von <math>\hat{\mathbf{J}}^2</math> und <math>\hat{J}_z</math> und es gelten folgende [[Eigenwertgleichung]]en:
 
:<math>\hat{\mathbf{J}}^2 | jm \rangle = \hbar^2 j (j+1)| jm \rangle </math>
 
:<math>\hat{J}_z | jm \rangle = \hbar m | jm \rangle </math>
 
Die Quantenzahl <math>j</math> kann die Werte <math>j=\frac{n}{2},\ n\in \mathbb N_0</math> und die Quantenzahl <math>m</math> die Werte <math>m=-j, -j+1, \dots , j</math> annehmen. Somit ist <math>m</math> gleich <math>(2j+1)</math>-fach [[Entartung_(Quantenmechanik)|entartet]].
 
Die Indizes <math>j</math> und <math>m</math> entsprechen beim Bahndrehimpuls <math>\hat{\mathbf{L}}</math> der [[Nebenquantenzahl]] <math>l</math> (<math>l</math> ganzzahlig) bzw. der magnetischen [[Quantenzahl]] <math>m</math> des Bahndrehimpulses und analog beim [[Spin]] <math>\hat{\mathbf{S}}</math> den beiden [[Spinquantenzahl]]en <math>s</math> (<math>s</math> [[halbzahlig]]) und <math>m_s</math>.
 
Man definiert Leiteroperatoren, mit denen das <math>m</math>-Spektrum zu gegebenen <math>j</math> durchlaufen werden kann:
*Aufsteigeoperator: <math>\hat{J}_{+}=\hat{J}_{x}+i\hat{J}_{y}</math>
:<math>\hat{J}_{+}|j,m\rangle=\hbar\sqrt{(j-m)(j+m+1)}|j,m+1\rangle=\hbar\sqrt{j(j+1)-m(m+1)}|j,m+1\rangle</math>
 
*Absteigeoperator: <math>\hat{J}_{-}=\hat{J}_{x}-i\hat{J}_{y}</math>
:<math>\hat{J}_{-}|j,m\rangle=\hbar\sqrt{(j+m)(j-m+1)}|j,m-1\rangle=\hbar\sqrt{j(j+1)-m(m-1)}|j,m-1\rangle</math>
 
=== Details zu den Quantenzahlen j und m ===
 
Aus <math>\hat{\mathbf{J}}^2 | j,m \rangle = \hbar^2 j (j+1)| j,m \rangle </math> und <math>\hat{J}_z | j,m \rangle = \hbar m | j,m \rangle </math> werden mittels Leiteroperatoren die möglichen Eigenwerte <math>j</math> und <math>m</math> ermittelt. Zuerst werden verschiedene Kommutatoren mit Leiteroperatoren <math>\hat{J}_{\pm}=\hat{J}_{x}\pm i\hat{J}_{y}</math> bestimmt, die sich auf <math>[\hat{J}_a,\hat{J}_b]=i\hbar\varepsilon_{abc}\hat{J}_c</math> zurückführen lassen:
 
:<math>[\hat{J}_{+},\hat{J}_{-}]=2\hbar\hat{J}_{z}\ ,\quad [\hat{\mathbf{J}}^{2},\hat{J}_{\pm}]=0 \ ,\quad [\hat{J}_{z},\hat{J}_{\pm}]=\pm\hbar\hat{J}_{\pm}</math>
 
Nun soll die Wirkung der Leiteroperatoren auf den Zustand <math>| j,m \rangle</math> untersucht werden:
 
:<math>\hat{\mathbf{J}}^{2}\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=\hat{J}_{\pm}\hat{\mathbf{J}}^{2}|j,m\rangle=\hbar^{2}j(j+1)\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle \quad\Rightarrow\quad\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=c_{\pm}|j,m'\rangle</math>
 
:<math>\hat{J}_{z}\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=\left(\hat{J}_{\pm}\hat{J}_{z}+[\hat{J}_{z},\hat{J}_{\pm}]\right)|j,m\rangle=\left(\hbar m\hat{J}_{\pm}\pm\hbar\hat{J}_{\pm}\right)|j,m\rangle=\hbar(m\pm1)\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle\quad\Rightarrow\quad\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=c_{\pm}|j,m\pm1\rangle</math>
 
Bei Anwendung eines Leiteroperators verändert sich <math>j</math> nicht, aber <math>m</math> wird um 1 erhöht oder erniedrigt (deshalb sind die Bezeichnungen Auf- und Absteigeoperator gerechtfertigt). Im nächsten Schritt wird die Konstante <math>c_\pm</math> bestimmt. Dazu werden zunächst Produkte aus Leiteroperatoren auf <math>\hat{\mathbf{J}}^{2}</math> und <math>\hat{J}_{z}</math> zurückgeführt:
 
:<math>\hat{\mathbf{J}}^{2}=\hat{J}_{x}^{2}+\hat{J}_{y}^{2}+\hat{J}_{z}^{2}=\left[\tfrac{1}{2}(\hat{J}_{+}+\hat{J}_{-})\right]^{2}+\left[\tfrac{1}{2i}(\hat{J}_{+}-\hat{J}_{-})\right]^{2}+\hat{J}_{z}^{2}=\tfrac{1}{2}\left(\hat{J}_{+}\hat{J}_{-}+\hat{J}_{-}\hat{J}_{+}\right)+\hat{J}_{z}^{2}</math>
 
Der Kommutator <math>[\hat{J}_{+},\hat{J}_{-}]=2\hbar\hat{J}_{z}</math> führt auf <math>\hat{J}_{+}\hat{J}_{-}=\hat{J}_{-}\hat{J}_{+}+2\hbar\hat{J}_{z}</math> sowie <math>\hat{J}_{-}\hat{J}_{+}=\hat{J}_{+}\hat{J}_{-}-2\hbar\hat{J}_{z}</math>. Einsetzen liefert:
 
:<math>\hat{J}_{+}\hat{J}_{-}=\hat{\mathbf{J}}^{2}-\hat{J}_{z}^{2}+\hbar\hat{J}_{z}\ ,\quad\hat{J}_{-}\hat{J}_{+}=\hat{\mathbf{J}}^{2}-\hat{J}_{z}^{2}-\hbar\hat{J}_{z}</math>
 
Da alle Eigenzustände normiert sein sollen, ist <math>c_\pm</math> die Länge des Vektors <math>\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle</math> und lässt sich über das Normquadrat bestimmen; dabei wird ausgenutzt, dass Auf- und Absteigeoperator adjungiert zueinander sind <math>\hat{J}_{+}^{\dagger}=\hat{J}_{-} </math>:
 
:<math>|c_{\pm}|^{2}=\|c_{\pm}|j,m\pm1\rangle\|^{2}=\|\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle\|^{2}=\langle j,m|\hat{J}_{\pm}^{\dagger}\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=\langle j,m|\hat{J}_{\mp}\hat{J}_{\pm}|j,m\rangle=\langle j,m|\hat{\mathbf{J}}^{2}-\hat{J}_{z}^{2}\mp\hbar\hat{J}_{z}|j,m\rangle=\hbar^{2}j(j+1)-\hbar^{2}m^{2}\mp\hbar^{2}m</math>
 
:<math>|c_{\pm}|^{2}=\hbar^{2}(j\mp m)(j\pm m+1)\quad\Rightarrow\quad c_{\pm}=\hbar\sqrt{(j\mp m)(j\pm m+1)}</math>
 
Da die Norm eines Vektors nicht-negativ ist, muss <math>(j\mp m)(j\pm m+1)\geq 0</math> gelten. Daraus folgt:
 
:<math>-j\leq m\leq j</math>
 
Wendet man den Aufsteigeoperator auf den höchsten Zustand <math>m=j</math> an, wird <math>c_{+}=0</math>; wendet man den Absteigeoperator auf <math>m=-j</math> an wird <math>c_{-}=0</math>. In beiden Fällen bricht die Leiter ab und man erhält den [[Nullvektor]]:
 
:<math>\hat{J}_{+}|j,j\rangle =0\quad ,\quad \hat{J}_{-}|j,-j\rangle =0</math>
 
Durch <math>n</math>-faches Anwenden (<math>n\in\mathbb{N}_{0}</math>) des Aufsteigeoperators auf den Zustand mit <math>m=-j</math> gelangt man zu <math>m=j</math>:
 
:<math>-j+n=j\quad\Rightarrow\quad j=\frac{n}{2}\quad\text{mit}\quad n\in\mathbb{N}_{0}</math>
 
Deshalb müssen die möglichen Quantenzahlen <math>j</math> nichtnegativ ganzzahlig oder halbzahlig sein.
 
== Bahndrehimpulsoperator ==
 
Eine spezielle Realisierung eines Drehimpulses stellt der '''Bahndrehimpulsoperator''' <math>\hat{\mathbf{L}}=(\hat{L}_x,\hat{L}_y,\hat{L}_z)</math> dar. Dieser ist wie folgt definiert:
 
:<math>\hat{\mathbf{L}}= \hat{\mathbf{r}} \times \hat{\mathbf{p}}= \mathbf{e}_i\varepsilon_{ijk}\hat{r}_j \hat{p}_k</math>
 
Dabei ist <math>\hat{\mathbf{r}}</math> der [[Ortsoperator]], <math>\hat{\mathbf{p}}</math> der [[Impulsoperator]] und <math>\mathbf{e}_i</math> der <math>i</math>-te [[Einheitsvektor]]. Die Quantenzahl wird üblicherweise nicht mit <math>j</math>, sondern mit <math>l</math> bezeichnet. Es gilt <math>\hat{\mathbf{L}}\cdot \hat{\mathbf{r}} = \hat{\mathbf{L}}\cdot \hat{\mathbf{p}} = 0</math> („der Bahndrehimpuls steht senkrecht auf dem Ortsvektor und dem Impulsvektor“). Daraus folgt, dass die Quantenzahlen <math>l</math> ganzzahlig sind: <math>l=0,1,2,\ldots\ .</math>
 
Die Eigenvektoren lassen sich in [[Ortsdarstellung]] mit den [[Kugelflächenfunktion]]en <math>Y_{lm} (\varphi, \vartheta) = \langle \varphi, \vartheta | lm \rangle </math> identifizieren (siehe unten).
=== Ortsdarstellung des Bahndrehimpulses in kartesischen Koordinaten ===
 
Für den Impulsoperator und Ortsoperator gelten in [[Ortsdarstellung]] <math> \hat{\mathbf{p}}= {\hbar \over i} \nabla </math> bzw. <math>\hat{\mathbf{r}}= \mathbf{r} </math>. Dies in <math>\hat{\mathbf{L}}= \hat{\mathbf{r}} \times \hat{\mathbf{p}}</math> eingesetzt, ergibt mit <math>\nabla =\left({\partial \over \partial x},{\partial \over \partial y},{\partial \over \partial z}\right)</math>:
 
:<math> \hat{L}_x = {\hbar \over i} \left(y {\partial \over \partial z} - z {\partial \over \partial y} \right) </math>
 
:<math> \hat{L}_y = {\hbar \over i} \left(z {\partial \over \partial x} - x {\partial \over \partial z} \right) </math>
 
:<math> \hat{L}_z = {\hbar \over i} \left(x {\partial \over \partial y} - y {\partial \over \partial x} \right) </math>
 
=== Ortsdarstellung des Bahndrehimpulses in sphärischen Koordinaten ===
 
Mit dem [[Nabla-Operator]] bzw. dem [[Gradient (Mathematik)|Gradienten]] in [[Kugelkoordinaten]] erhält man nach Ausführen der Kreuzprodukte zunächst
:<math>
  \hat{\mathbf{L}} = \frac{\hbar}{i} \left( 
  \mathbf{e}_\varphi \frac{\partial}{\partial\theta} -
  \frac{\mathbf{e}_\theta}{\sin\theta}\frac{\partial}{\partial\varphi} \right)
</math>
Die kartesischen Komponenten von <math>\hat{\mathbf{L}}</math> lassen sich nun an den
[[Kugelkoordinaten|kartesischen Komponenten der Einheitsvektoren]] <math>\mathbf{e}_\varphi</math> und <math>\mathbf{e}_\theta\!\,</math>
ablesen:
:<math>\hat{L}_{x}=i\hbar\left(\sin\varphi\frac{\partial}{\partial\theta}+\cot\theta\cos\varphi\frac{\partial}{\partial\varphi}\right)</math>
:<math>\hat{L}_{y}=i\hbar\left(-\cos\varphi\frac{\partial}{\partial\theta}+\cot\theta\sin\varphi\frac{\partial}{\partial\varphi}\right)</math>
:<math>\hat{L}_{z}= \frac{\hbar}{i}\,\frac{\partial}{\partial\varphi}</math>
 
An der letzten Zeile erkennt man, dass die <math>z</math>-Komponente des Drehimpulses die [[Erzeugende]] einer Drehung (mit Winkel <math>\varphi</math>) um die <math>z</math>-Achse ist.
 
:<math>\hat{L}_{\pm}=\hat{L}_{x}\pm i\hat{L}_{y}=\hbar\exp(\pm i\varphi)\left(\pm\frac{\partial}{\partial\theta}+i\cot\theta\frac{\partial}{\partial\varphi}\right)</math>
:<math>\hat{\mathbf{L}}^{2}=-\hbar^{2}\left(\frac{1}{\sin\theta}\frac{\partial}{\partial\theta}\sin\theta\frac{\partial}{\partial\theta}+\frac{1}{\sin^{2}\theta}\frac{\partial^{2}}{\partial\varphi^{2}}\right)=-\hbar^{2}\Delta_{\theta,\varphi}</math>
:<math>\Delta = \frac{1}{r^2} \frac{\partial}{\partial r} \left( r^2 \,\frac{\partial }{\partial r} \right) - \frac{\hat{\mathbf{L}}^{2}}{\hbar^{2}r^2}</math>
 
Der Operator <math>\hat{L}^{2}</math> entspricht in Ortsdarstellung gerade dem Winkelanteil <math>\Delta_{\theta,\varphi}</math> des [[Laplace-Operator]]s (bis auf die Konstante <math>-\hbar^{2}</math>). Die Eigenfunktionen des Winkelanteils und somit von <math>\hat{\mathbf{L}}^{2}</math> und <math>\hat{L}_{z}</math> sind die [[Kugelflächenfunktionen]] <math>Y_{l,m}(\theta,\varphi)</math>:
 
:<math>\hat{\mathbf{L}}^{2}Y_{l,m}(\theta,\varphi)=\hbar^{2}l(l+1)Y_{l,m}(\theta,\varphi)</math>
:<math>\hat{L}_{z}Y_{l,m}(\theta,\varphi)=\hbar m Y_{l,m}(\theta,\varphi)</math>
 
Die Quantenzahlen <math>l</math> und <math>m</math> sind auf ganzzahlige Werte beschränkt:
:<math>l=0,1,2, \dots,\quad m = -l, \dots, l</math>
 
Die Kugelflächenfunktionen bilden ein [[Hilbertraumbasis|vollständiges Orthonormalensystem]] von [[Quadratintegrierbar|quadratintegrablen]] Funktionen auf der [[Einheitskugel]]:
:<math>\int_{0}^{\pi}d\theta\int_{0}^{2\pi}d\varphi\,\sin\theta\, Y_{l,m}^{*}(\theta,\varphi)\, Y_{k,n}(\theta,\varphi)=\delta_{l,k}\delta_{m,n}</math>
 
=== Erzeugende einer Drehung ===
 
Der Operator <math>\hat{R}_{z}(\varphi)</math> [[Drehung|drehe]] die Ortskoordinaten um den Winkel <math>\varphi</math> um die z-Achse:
 
:<math>\hat{R}_{z}(\varphi)\,\,\psi(x,\, y,\, z)=\psi(x\cos\varphi-y\sin\varphi,\, x\sin\varphi+y\cos\varphi,\, z)</math>
 
Für infinitesimal kleine Drehwinkel <math>\delta\varphi</math> können die Winkelfunktionen bis zur ersten Ordnung in <math>\delta\varphi</math> um <math>\delta\varphi=0</math> entwickelt werden (siehe auch: [[Drehmatrix#Infinitesimale_Drehungen|Infinitesimale Drehungen]]) und ebenso die Wellenfunktion:
 
:<math>\begin{align}
\hat{R}_{z}(\delta\varphi)\,\,\psi(x,\, y,\, z) & =\psi(x-y\delta\varphi,\, y+x\delta\varphi,\, z)\\
& =\psi(x,\, y,\, z)-y\delta\varphi\frac{\partial\psi(x,\, y,\, z)}{\partial x}+x\delta\varphi\frac{\partial\psi(x,\, y,\, z)}{\partial y}\\
& =\left[1+\delta\varphi\left(x\frac{\partial}{\partial y}-y\frac{\partial}{\partial x}\right)\right]\psi(x,\, y,\, z)\\
& =\left[1+\delta\varphi\frac{i}{\hbar}\hat{L}_{z}\right]\psi(x,\, y,\, z)\end{align}</math>
 
Im letzten Schritt wurde die Definition der z-Komponente des Drehimpulsoperators verwendet. Da <math>\hat{L}_{z}</math> [[Hermitescher Operator|hermitesch]] ist, ist der infinitesimale Drehoperator <math>\hat{R}_{z}(\varphi)</math> [[Unitärer_Operator|unitär]].
 
In Kugelkoordinaten lautet eine infinitesimale Drehung um die z-Achse analog zu oben:
:<math>\begin{align}
\hat{R}_{z}(\delta\varphi)\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi) & =\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi+\delta\varphi)=\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi)+\delta\varphi\frac{\partial\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi)}{\partial\varphi}\\
& =\left[1+\delta\varphi\frac{\partial}{\partial\varphi}\right]\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi)=\left[1+\delta\varphi\frac{i}{\hbar}\hat{L}_{z}\right]\psi(r,\,\vartheta,\,\varphi)\end{align}
</math>
 
Um aus einer solchen infinitesimalen Drehung eine endliche Drehung zu erzeugen, betrachte folgenden Grenzübergang:
 
:<math>\hat{R}_{z}(\varphi)=\lim_{N\to\infty}\left[R_{z}\!\left(\frac{\varphi}{N}\right)\right]^{N}=\lim_{N\to\infty}\left[1+\frac{\varphi}{N}\frac{i}{\hbar}\hat{L}_{z}\right]^{N}=\exp\left(\!\varphi\frac{i}{\hbar}\hat{L}_{z}\right)</math>
 
Da sich der Drehoperator <math>\hat{R}_{z}(\varphi)</math> aus unitären Operatoren <math>\hat{R}_{z}(\delta\varphi)=\hat{R}_{z}(\varphi/N)</math> zusammensetzt, ist er selbst unitär.
 
Eine Drehung um eine beliebige Achse <math>\mathbf{e}</math> (mit <math>\mathbf{e}\cdot\mathbf{e}=1</math>) um den Winkel <math>\varphi</math> kann man allgemein schreiben als:
 
:<math>\hat{R}_{\mathbf{e}}(\varphi)=\lim_{N\to\infty}\left[1+\frac{\varphi}{N}\frac{i}{\hbar}\mathbf{e}\cdot\hat{\mathbf{L}}\right]^{N}=\exp\left(\!\varphi\frac{i}{\hbar}\mathbf{e}\cdot\hat{\mathbf{L}}\right)</math>
 
== Spinoperator ==
(''siehe auch'' [[Spin#Spinoperator und Basiszustände für Spin 1/2|Spinoperator und Basiszustände für Spin 1/2]] im Artikel [[Spin]])
 
Der [[Spin]] ist ein weiterer Freiheitsgrad eines quantenmechanischen Teilchens und beschreibt dessen Drehimpuls in seinem Ruhesystem (''Eigendrehimpuls''). Bei punktförmigen Teilchen gibt es dafür kein klassisches Analogon (somit auch keine Ortsdarstellung). Der Spinoperator <math>\hat{\mathbf{S}}=(\hat{S}_x,\hat{S}_y,\hat{S}_z)</math> kommutiert mit allen anderen Freiheitsgraden des Teilchens, z.&nbsp;B. Impulsoperator und Bahndrehimpulsoperator. Anders als der Bahndrehimpuls muss er zum Impulsoperator auch nicht senkrecht stehen. Die Quantenzahlen <math>s</math> und <math>m_s</math> können ganz- oder halbzahlig sein. Im häufigsten Fall haben sie die Werte:
 
:<math>s=\tfrac{1}{2}\ ,\quad m_s=\pm\tfrac{1}{2}</math>
 
Alle [[Quark (Physik)|Quarks]] und [[Lepton]]en sind Spin 1/2-Teilchen, ebenso viele zusammengesetzte Teilchen wie [[Proton]] und [[Neutron]]. Es gibt allerdings auch Teilchen mit anderem Spin, z.&nbsp;B. das Photon und andere Austauschbosonen mit Spin 1, das baryonische [[Liste der Baryonen|Delta]] mit <math>s</math>=3/2, etc.
 
Beim Spin 1/2 bezeichnet man die beiden Eigenzustände oft als „Spin up“ und „Spin down“.
:<math>\left|\tfrac{1}{2},\tfrac{1}{2}\right\rangle=\left|+\right\rangle =\left|\uparrow\right\rangle\ ,\quad \left|\tfrac{1}{2},-\tfrac{1}{2}\right\rangle=\left|-\right\rangle =\left|\downarrow\right\rangle</math>
 
Diese Zustände erfüllen die Eigenwertgleichungen
:<math>\hat{S}^{2}\left|\pm\right\rangle =\tfrac{3\hbar^{2}}{4}\left|\pm\right\rangle</math>
:<math>\hat{S}_{z}\left|\pm\right\rangle =\pm\tfrac{\hbar}{2}\left|\pm\right\rangle </math>
 
Die Leiteroperatoren haben auf die Eigenzustände die Wirkung:
:<math>\hat{S}_{+}\left|-\right\rangle =\hbar\left|+\right\rangle\ ,\quad \hat{S}_{+}\left|+\right\rangle =0</math>
:<math>\hat{S}_{-}\left|+\right\rangle =\hbar\left|-\right\rangle\ ,\quad \hat{S}_{-}\left|-\right\rangle =0</math>
 
Die Spinkomponenten <math>\hat{S}_{x}, \hat{S}_{y}</math> lassen sich über die Leiteroperatoren ausdrücken:
:<math>\hat{S}_{x}=\tfrac{1}{2}\left(\hat{S}_{+}+\hat{S}_{-}\right)\ ,\quad \hat{S}_{y}=\tfrac{1}{2i}\left(\hat{S}_{+}-\hat{S}_{-}\right)</math>
 
Oft wird die [[Matrizenmechanik#Allgemeine_Matrixdarstellung_der_Quantenmechanik|Matrixdarstellung]] der Operatoren benutzt, wobei den Eigenzuständen folgende Spaltenvektoren ([[Spinor]]en) zugeordnet werden:
:<math>\left|+\right\rangle=\begin{pmatrix}1\\0\end{pmatrix}\ ,\quad \left|-\right\rangle=\begin{pmatrix}0\\1\end{pmatrix}</math>
 
:<math>\hat{S}^{2}=\frac{3\hbar^{2}}{4}\begin{pmatrix}1 & 0\\0 & 1\end{pmatrix}\ ,\quad\hat{S}_{z}=\frac{\hbar}{2}\begin{pmatrix}1 & 0\\0 & -1\end{pmatrix}</math>
 
:<math>\hat{S}_{+}=\hbar\begin{pmatrix}0 & 1\\0 & 0\end{pmatrix}\ ,\quad\hat{S}_{-}=\hbar\begin{pmatrix}0 & 0\\1 & 0\end{pmatrix}</math>
 
:<math>\hat{S}_{x}=\frac{\hbar}{2}\begin{pmatrix}0 & 1\\1 & 0\end{pmatrix}\ ,\quad\hat{S}_{y}=\frac{\hbar}{2}\begin{pmatrix}0 & -i\\i & 0\end{pmatrix}</math>
 
Schließlich werden über die Beziehung
:<math>\hat{S}_{i}=\tfrac{\hbar}{2}\hat{\sigma}_{i}</math>
die Spinkomponenten mit den [[Pauli-Matrizen]] <math>\hat{\sigma}_{i}</math> verknüpft.
 
== Drehimpulsoperator und Drehimpulsvektor ==
=== Ausrichtung und Richtungsquantelung ===
Die Eigenzustände <math>\vert j,m\rangle </math> heißen ''ausgerichtet zur z-Achse''. Der Vektor aus den drei Erwartungswerten <math>\langle \hat{\mathbf{J}} \rangle=(\langle\hat{J}_x\rangle,\,\langle\hat{J}_y\rangle,\,\langle\hat{J}_z\rangle)=(0,0,m)</math> steht hier parallel zur z-Achse. Der Betrag dieses Vektors ist <math>|m| </math> und erreicht daher auch bei ''maximaler'' Ausrichtung (<math>m=j</math>) nicht die Länge des Drehimpulsvektors, die durch <math>\sqrt{\langle \hat{\mathbf{J}}^2 \rangle}=\sqrt{\langle\hat{J}^2_x\rangle +\langle\hat{J}^2_y\rangle+\langle\hat{J}^2_z\rangle}=\sqrt{j(j+1)}</math> gegeben ist. Entsprechend gilt für die Quadrate der Operatoren für die x- und y-Komponente, dass deren Erwartungswerte <math>\langle\hat{J}^2_x\rangle = \langle\hat{J}^2_y\rangle = \frac12(j(j+1)- m^2 )</math> nicht kleiner als <math> \frac12 j </math> werden können. Daher unterscheidet sich der quantenmechanische Drehimpuls von einem der Anschaulichkeit zugänglichen Vektor im dreidimensionalen Raum: Er kann zu keiner Achse parallel liegen in dem Sinn, dass seine Komponente längs dieser Achse genau so groß ist wie sein Betrag oder Länge. Trotzdem wird in physikalischen Texten die maximal mögliche Ausrichtung vereinfacht oft als „Parallelstellung“ bezeichnet.
 
Für einen Vektor <math>\vec r = (x,y,z)</math> im dreidimensionalen Raum ergibt sich der Winkelabstand zur z-Achse <math>\vartheta</math> aus <math>\cos \vartheta = z/|\vec r|</math>, wobei <math>|\vec r| = \sqrt{\vec r^2}</math> die Länge des Vektors ist. Dies auf den quantenmechanischen Drehimpuls übertragen, führt zu
:<math>\cos \vartheta = \frac{\langle\hat{J}_z\rangle}{\sqrt{\langle \hat{\mathbf{J}}^2 \rangle}} = \frac{m}{\sqrt{j(j+1)}}</math>.
Die diskreten Eigenwerte <math>m</math> der z-Komponente kann man sich demnach so veranschaulichen, dass der Drehimpulsvektor in diesen Zuständen nur bestimmte Winkel zur z-Achse einnehmen kann. Dies wird als [[Richtungsquantelung]] bezeichnet. Der kleinste mögliche Winkel ist gegeben durch <math>\cos \vartheta_\mathrm{min} = \frac{j}{\sqrt{j(j+1)}} \equiv \sqrt{1-\frac{1}{j+1}}</math>. Für große Werte des Drehimpulses strebt <math>\vartheta</math> gegen Null. Für den kleinsten (nicht verschwindenden) quantenmechanischen Drehimpuls <math>j=\frac12</math> ist jedoch <math>\vartheta_\mathrm{min} > 45^\circ</math>, was der anschaulichen Beschreibung als „Parallelstellung“ widerspricht. Dabei hat die zur z-Achse senkrechte Komponente des Drehimpulses in jedem Zustand <math>\vert j,m\rangle </math> einen wohlbestimmten Eigenwert <math>\sqrt{j(j+1)- m^2} </math>, wie sich aus <math>\hat{J}^2_x + \hat{J}^2_y = \hat{\mathbf{J}}^2 - \hat{J}^2_z </math> ergibt. Nur ist ihre Richtung in der [[xy-Ebene]] vollkommen unbestimmt, denn die Erwartungswerte sowohl der x-Komponente als auch y-Komponente des Drehimpulses für sich allein sind Null.
 
=== Anschauliches Verhalten bei Drehungen und Spiegelung ===
Der Drehimpulsoperator <math>\hat{\mathbf{J}}=(\hat{J}_x,\hat{J}_y,\hat{J}_z)</math> entspricht in einigen Aspekten dem anschaulichen Bild des klassischen Drehimpulses. Insbesondere verhält er sich bei Drehung des Koordinatensystems genau wie jeder andere Vektor, d.&nbsp;h. seine drei Komponenten <math>(\hat{J'_x},\hat{J'_y},\hat{J'_z})</math> längs der neuen Koordinatenachsen sind Linearkombinationen der drei Operatoren <math>(\hat{J_x},\hat{J_y},\hat{J_z})</math> längs der alten Achsen nach denselben Formeln wie (z.&nbsp;B.) beim klassischen Drehimpulsvektor. Das gilt auch (in einem beliebigen Zustand des betrachteten Systems) für die drei Erwartungswerte <math>\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle=(\langle\hat{J}_x\rangle,\,\langle\hat{J}_y\rangle,\,\langle\hat{J}_z\rangle)</math>, die zusammen den vektoriellen Erwartungswert von <math>\hat{\mathbf{J}}</math> bilden. Daher bleibt die Länge des Erwartungswerts des Drehimpulsvektors <math>\vert\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle\vert=\sqrt{\langle\hat{J}_x\rangle^2+\langle\hat{J}_y\rangle^2+\langle\hat{J}_z\rangle^2}</math> bei Drehungen des Koordinatensystems (oder des Zustands) gleich.
 
Bei Spiegelung des Koordinatensystems verhalten sich Drehimpulsoperator <math>\hat{\mathbf{J}}</math> und sein Erwartungswert <math>\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle</math> ebenfalls genauso wie der mechanische Drehimpulsvektor. Sie bleiben sich nämlich gleich, wie auch alle anderen ''axialen Vektoren'' (z.&nbsp;B. [[Winkelgeschwindigkeit]], [[Magnetfeld]], [[magnetisches Dipolmoment]]), im Gegensatz zu ''polaren Vektoren'' (wie [[Ortsvektor]], [[Geschwindigkeit]]svektor, [[Impuls]]vektor), die bei Spiegelung ihr [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] wechseln. Axiale Vektoren heißen auch [[Pseudovektor]]en.
 
=== Zustände im Gegensatz zur Anschauung ===
Der Betrag des Erwartungswert-Vektors <math>\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle</math> bleibt zwar bei allen Drehungen und Spiegelungen des Systems gleich, es gibt aber für Quantenzahlen <math>j \mathord \ge 1</math> Zustände zur selben Quantenzahl, bei denen der Vektor eine andere Länge hat, und die demnach nicht durch Drehung und Spiegelungen ineinander überführt werden können. Z.&nbsp;B. ist in einem Zustand <math>\vert j,m\rangle </math> der Erwartungswert <math>\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle \mathord =(m \hbar,\,0,\,0)</math> und sein Betrag <math>\vert\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle\vert=\vert m \hbar\vert</math>. Das kann je nach Wert von <math>m</math> verschiedene Werte ergeben, außer in den Fällen <math>j \mathord =0</math> und <math>j \mathord =\tfrac{1}{2}</math>. Für <math>m\mathord=0</math> ergibt sich die Länge <math>\vert\langle\hat{\mathbf{J}}\rangle\vert=0</math> zu Null. Die Länge Null ergibt sich für den Erwartungswert des Drehimpulsvektors auch bei Zuständen wie <math>\left(\vert j,m\rangle + \vert j,\, -m\rangle \right)</math>, sofern <math>m</math> und <math>-m</math> sich um mehr als <math>1</math> unterscheiden und damit für die Erwartungswerte weiterhin <math>\langle\hat{J}_x\rangle \mathord= \langle\hat{J}_y\rangle\mathord =0</math> gilt. In solchen Zuständen zeigt das System ein sog. „alignment“, zu deutsch „Ausrichtung“ (wobei das deutsche Wort aber oft ganz allgemein für den Fall benutzt wird, dass das System anhand seiner Eigenzustände <math>\vert j,m\rangle </math> in Bezug auf eine vorher gewählte z-Achse betrachtet werden soll).
 
Im Fall <math>j \mathord =\tfrac{1}{2}</math> gilt (s. [[Spin#Spin 1/2 und dreidimensionaler Vektor|Abschnitt „Spin 1/2 und dreidimensionaler Vektor“ im Artikel Spin]]), dass in jedem möglichen gegebenen Zustand der Erwartungswert des Drehimpulsoperators die Länge <math>\tfrac{1}{2} \hbar</math> hat und sich eine Richtung im Raum angeben lässt, nach der diesem Zustand die Quantenzahl <math>m\mathord = \mathord+\tfrac{1}{2}</math> zuzuordnen ist.
 
== Addition von Drehimpulsen ==
 
Man geht von zwei Drehimpulsoperatoren <math>\hat{\mathbf{J}}_1</math> und <math>\hat{\mathbf{J}}_2</math> aus, die jeweils die Quantenzahlen <math>j_1</math> und <math>m_1</math> bzw. <math>j_2</math> und <math>m_2</math> besitzen. Jeder dieser Drehimpulse hat seinen eigenen Eigenraum, der durch die Eigenvektoren <math>\left| j_1, m_1 \right\rangle</math> zu <math>\hat{\mathbf{J}}^{2}_{1},\hat{J}_{1z}</math> bzw. <math>\left| j_2, m_2 \right\rangle</math> zu <math>\hat{\mathbf{J}}^{2}_{2},\hat{J}_{2z}</math> aufgespannt wird. Die Drehimpulse vertauschen untereinander <math>[\hat{\mathbf{J}}_1,\hat{\mathbf{J}}_2] = 0</math>.
 
Nun koppeln die einzelnen Drehimpulse zu einem Gesamtdrehimpuls:
 
:<math>\hat{\mathbf{J}} = \hat{\mathbf{J}}_{1} + \hat{\mathbf{J}}_{2}</math>
 
Somit gilt automatisch <math>\hat{J}_{z} = \hat{J}_{1z} + \hat{J}_{2z}</math>. Die Zustände des Gesamtsystems bilden den Produktraum ([[Tensorprodukt|tensorielles Produkt]]) der Zustände der Einzelsysteme. Darin bilden die Produkte der Basiszustände <math>\left| j_i, m_i \right\rangle</math> der Einzelsysteme eine Basis:
:<math> \left| j_1, m_1 \right\rangle \otimes \left| j_2, m_2 \right\rangle \equiv \left| j_1, m_1; j_2, m_2 \right\rangle</math>
 
Allerdings sind dies (meistens) keine Eigenvektoren des Gesamtdrehimpulses <math>\hat{\mathbf{J}}^{2}</math>, so dass er in dieser Basis keine Diagonalgestalt besitzt. Daher geht man über vom [[Vollständiger Satz kommutierender Observablen|vollständigen Satz kommutierender Operatoren]] <math>\hat{\mathbf{J}}^{2}_{1},\hat{J}_{1z},\hat{\mathbf{J}}^{2}_{2},\hat{J}_{2z}</math> mit den Eigenzuständen <math>\left| j_1, m_1; j_2, m_2 \right\rangle</math> zum vollständigen Satz kommutierender Operatoren <math>\hat{\mathbf{J}}^{2},\hat{J}_{z},\hat{\mathbf{J}}^{2}_{1},\hat{\mathbf{J}}^{2}_{2}</math> mit den Eigenzuständen <math>\left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle</math>. In der neuen Basis hat der Gesamtdrehimpuls wieder eine einfache Diagonalgestalt:
 
:<math> \hat{\mathbf{J}}^2 \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle = \hbar^2 J(J+1) \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle </math>
 
:<math> \hat{J}_{z} \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle = \hbar M \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle </math>
 
Die Quantenzahlen zum Gesamtdrehimpuls <math>J</math> und <math>M</math> können folgende Werte annehmen:
:<math> J=| j_1 - j_2 |,\ | j_1 - j_2 |+1, \dots , j_1 + j_2</math>
:<math>M = m_{1}+m_{2}=-J, \dots, J </math>.
 
Den Übergang von der Produktbasis <math> \left| j_1, m_1; j_2, m_2 \right\rangle </math> in die Eigenbasis <math> \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle </math> geschieht über folgende Entwicklung (Ausnutzen der [[Vollständiger Raum|Vollständigkeit]] der Produktbasis):
 
:<math> \left| J, M, j_1, j_2 \right\rangle = \sum_{m_1, m_2} \left| j_1, m_1; j_2, m_2 \right\rangle \langle\ j_1, m_1; j_2, m_2 | J, M, j_1, j_2 \rangle </math>
 
Dabei sind <math> \langle\ j_1, m_1; j_2, m_2 | J, M, j_1, j_2 \rangle </math> die [[Clebsch-Gordan-Koeffizienten]].
 
=== Spin-Bahn-Kopplung ===
:→''Hauptartikel: [[Spin-Bahn-Kopplung]]''
Es wird ein 1/2-Spin mit einem Bahndrehimpuls gekoppelt.
:<math>\hat{\mathbf{J}} = \hat{\mathbf{L}} + \hat{\mathbf{S}}</math>
 
Die Spinquantenzahlen sind auf <math>\,s=\tfrac{1}{2}</math> und <math>\,m_{s} = \pm \tfrac{1}{2}</math> beschränkt, die Bahndrehimpulsquantenzahlen sind <math>l\in \mathbb{N}_{0}</math> und <math>m_{l} = -l, \dots, l\!\,</math>. Somit kann die Gesamtdrehimpulsquantenzahl <math>J</math> nur die folgenden Werte annehmen:
* für <math>\,l>0</math>: <math>J=l\pm \tfrac{1}{2}</math>
* für <math>\,l=0</math>: <math>J= \tfrac{1}{2}</math>.
 
Jeder Zustand der Gesamtdrehimpulsbasis <math>\left| J, M, l, s \right\rangle</math> setzt sich aus genau zwei Produktbasiszuständen zusammen. Zu gegebenen <math>M=m_l+m_s=m_l\pm \tfrac{1}{2}</math> kann nur <math>m_l=M \mp \tfrac{1}{2}</math> sein.
 
:<math>\left|l+\tfrac{1}{2},M,l,\tfrac{1}{2}\right\rangle =\alpha_{+}\left|l,M-\tfrac{1}{2};\,\tfrac{1}{2},+\tfrac{1}{2}\right\rangle +\beta_{+}\left|l,M+\tfrac{1}{2};\,\tfrac{1}{2},-\tfrac{1}{2}\right\rangle</math> &nbsp; für &nbsp; <math>J=l+\tfrac{1}{2}</math>
:<math>\left|l-\tfrac{1}{2},M,l,\tfrac{1}{2}\right\rangle =\alpha_{-}\left|l,M-\tfrac{1}{2};\,\tfrac{1}{2},+\tfrac{1}{2}\right\rangle +\beta_{-}\left|l,M+\tfrac{1}{2};\,\tfrac{1}{2},-\tfrac{1}{2}\right\rangle</math> &nbsp; für &nbsp; <math>J=l-\tfrac{1}{2}</math>
 
Aus der Forderung der Orthonormiertheit der Zustände sind die Koeffizienten festgelegt:
:<math>\alpha_{\pm}=\pm\frac{\sqrt{l+\tfrac{1}{2}\pm M}}{\sqrt{2l+1}}</math> &nbsp; für &nbsp; <math>\beta_{\pm}=\frac{\sqrt{l+\tfrac{1}{2}\mp M}}{\sqrt{2l+1}}</math>
 
Als ''Beispiel'' soll der Bahndrehimpuls <math>l=1\!\,</math> mit einem Spin <math>\,s=\tfrac{1}{2}</math> gekoppelt werden. Im Folgenden schreibe abkürzend <math>\left| J, M, l=1, s=\tfrac{1}{2} \right\rangle=\left| J, M \right\rangle</math> und für die Produktbasis <math>\left| l=1, m_{l};s=\tfrac{1}{2}, m_{s}=\pm \tfrac{1}{2} \right\rangle = \left| m_{l} ; \pm \right\rangle</math>.
 
Für <math>J=\tfrac{3}{2}</math> gibt es ein [[Multiplizität|Quartett]]:
:<math>\left|\tfrac{3}{2},+\tfrac{3}{2}\right\rangle =\left|1;+\right\rangle</math>
:<math>\left|\tfrac{3}{2},+\tfrac{1}{2}\right\rangle =\sqrt{\tfrac{2}{3}}\,\left|0;+\right\rangle \,+\,\sqrt{\tfrac{1}{3}}\,\left|1;-\right\rangle</math>
:<math>\left|\tfrac{3}{2},-\tfrac{1}{2}\right\rangle =\sqrt{\tfrac{1}{3}}\,\left|-1;+\right\rangle \,+\,\sqrt{\tfrac{2}{3}}\,\left|0;-\right\rangle</math>
:<math>\left|\tfrac{3}{2},-\tfrac{3}{2}\right\rangle =\left|-1;-\right\rangle</math>
 
Für <math>J=\tfrac{1}{2}</math> gibt es ein [[Multiplizität|Dublett]]:
:<math>\left|\tfrac{1}{2},+\tfrac{1}{2}\right\rangle =-\sqrt{\tfrac{1}{3}}\,\left|0;+\right\rangle \,+\,\sqrt{\tfrac{2}{3}}\,\left|1;-\right\rangle</math>
:<math>\left|\tfrac{1}{2},-\tfrac{1}{2}\right\rangle =-\sqrt{\tfrac{2}{3}}\,\left|-1;+\right\rangle \,+\,\sqrt{\tfrac{1}{3}}\,\left|0;-\right\rangle</math>
 
=== Spin-Spin-Kopplung ===
 
Im Folgenden werden zwei 1/2-Spins gekoppelt.
:<math>\hat{\mathbf{S}} = \hat{\mathbf{S}}_{1} + \hat{\mathbf{S}}_{2}</math>
 
Die Spinquantenzahlen sind auf <math>s_{1,2}=\tfrac{1}{2}</math> und <math>m_{s_{1,2}}=\pm \tfrac{1}{2}</math> beschränkt. Somit können die Gesamtspinquantenzahlen <math>S</math> und <math>M_{S}</math> nur die folgenden Werte annehmen:
*<math>S=0</math> dann <math>M_{S}=0</math>
*<math>S=1</math> dann <math>M_{S}=-1,0,1</math>
 
Im Folgenden schreibe abkürzend <math>\left| S, M_{S}, \tfrac{1}{2}, \tfrac{1}{2} \right\rangle=\left| S, M_{S} \right\rangle</math> und für die Produktbasis <math>\left| \tfrac{1}{2}, \pm \tfrac{1}{2};\tfrac{1}{2}, \pm \tfrac{1}{2} \right\rangle = \left| \pm ; \pm \right\rangle</math>
 
Für <math>S=1</math> gibt es ein [[Multiplizität|Triplett]]:
:<math>\left| 1, 1 \right\rangle = \left| +; + \right\rangle</math>
:<math>\left| 1, 0 \right\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} \Big( \left| +; - \right\rangle + \left| -; + \right\rangle \Big)</math>
:<math>\left| 1, -1 \right\rangle = \left| -; - \right\rangle</math>
 
Für <math>S=0</math> gibt es ein [[Multiplizität|Singulett]]:
:<math>
  | 0, 0 \rangle = \frac1{\sqrt2} \Big( |+;-\rangle - |-;+\rangle\Big)
</math>
 
== Literatur ==
 
* Nolting: ''Grundkurs Theoretische Physik 5/2. Quantenmechanik - Methoden und Anwendungen''. Springer Verlag, ISBN 3540260358
 
[[Kategorie:Quantenphysik]]

Aktuelle Version vom 7. Oktober 2020, 15:57 Uhr

Weiterleitung nach:

  • Drehimpuls (Quantenmechanik)