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Die Methode der '''Isotopenmarkierung''' | Die Methode der '''Isotopenmarkierung''' (auch ''Methode der isotopisch markierten Verbindungen'' oder ''Tracer-Technik'') beschreibt das systematische Einfügen definierter [[Isotop]]e in organische Verbindungen.<ref name="MechanismenBuch">Ivan Ernest: ''Bindung, Struktur und Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie.'' Springer-Verlag, Wien, 1972, S. 72–74, ISBN 978-3-211-81365-2, [[doi:10.1007/978-3-7091-8437-0]].</ref><ref name="Tracernachweis">Hans Rudolf Christen, Günther Baars: ''Chemie.'' 1. Auflage, Verlag Sauerländer; Aarau und Diesterweg Verlag; Frankfurt am Main, 1997, S. 35, ISBN 3-7941-3768-X (Sauerländer), ISBN 3-425-05393-0 (Diesterweg).</ref><ref name="RömppIsotopenmarkierung">Jürgen Falbe, Manfred Regitz (Hrsg.): ''RÖMPP. Lexikon. Chemie H–L.'' 10. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1997, S. 2015–2016, ISBN 3-13-734810-2.</ref> Durch den Austausch von Isotopen lassen sich zwei [[Molekülmarkierung|markierte Moleküle]] oder [[Atom]]e im Verlauf [[Chemische Reaktion|chemischer Reaktionen]] unterscheiden.<ref name="MechanismenBuch" /><ref name="RömppIsotopenmarkierung" /> Anhand der gewonnenen Informationen können Reaktionsmechanismen aufgeklärt werden.<ref name="MechanismenBuch" /><ref name="RömppIsotopenmarkierung" /> | ||
== Eigenschaften == | == Eigenschaften == | ||
In einer chemischen Reaktion sind in der Regel nur die [[Edukt]]e und die [[Produkt (Chemie)|Produkte]] erkennbar.<ref name="MechanismenBuch" /> Mit der Isotopenmarkierung lässt sich die Rolle zweier verschieden gebundener Atome im Reaktionsverlauf untersuchen.<ref name="MechanismenBuch" /> Der Vorteil der Isotopenmarkierung ist dabei, dass kein Zusatz störender Substanzen erforderlich ist.<ref name="MechanismenBuch" /> Das zur Markierung genutzte Isotop lässt sich im Anschluss an die Reaktion mittels Analyseverfahren, wie der [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR]]-Technik oder [[Massenspektrometrie]] in dem gebildeten Produkt und seiner entsprechenden Bindungssituation nachweisen.<ref name="MechanismenBuch" /> {{Absatz}} | |||
[[Datei:Markierte Verbindung BSP V1.svg|rahmenlos|zentriert|hochkant=2|Beispiel einer Isotopen-markierten Verbindung]]{{Absatz}} | |||
Da es sich bei den markierten Verbindungen meist um kostspielige Stoffe handelt, wird eine markierte Verbindung mit einem Überschuss an unmarkierter Verbindung verdünnt.<ref name="MechanismenBuch" /> Beispiele eines Austausch von Isotopen sind der Ersatz von H, durch schweren [[Wasserstoff]] wie D ([[Deuterium]]) oder T ([[Tritium]]), <sup>12</sup>C durch <sup>13</sup>C, <sup>14</sup>C oder <sup>16</sup>O durch <sup>17</sup>O, <sup>18</sup>O.<ref name="MechanismenBuch" /><ref name="RömppIsotopenmarkierung" />{{Absatz}} | |||
== Anwendungen == | == Anwendungen == | ||
Melvin Calvin wendete die Isotopenmarkierung bei der Entdeckung des [[Calvin-Zyklus]] an.<ref name="Calvin">Richard E. Dickerson, Harry B. Gray, Marcetta Y. Darensbourg, Donald J. Darensbourg: ''Prinzipien der Chemie.'' 2. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, New York, 1988, S. 747, ISBN 3-11-009969-1.</ref> Der [[Meselson-Stahl-Versuch]] ist ein weiteres bekanntes Beispiel für die Anwendung der Isotopenmarkierung, durch den Versuch wurde die semikonservative Replikation der DNA nachgewiesen.<ref name="Meselson">Matthew Meselson, Franklin W. Stahl: ''The replication of DNA in Escherichia coli.'' In: ''[[Proceedings of the National Academy of Sciences]].'' Band 44, Nr. 7, 1958, S. 671–682, [[doi:10.1073/pnas.44.7.671]].</ref> | |||
=== Aufklärung von Reaktionsmechanismen === | |||
Ein Beispiel zur Anwendung der Isotopenmarkierung als Aufklärungsmethode in der organischen Chemie ergibt sich nach Roberts und Urey mit der [[Veresterung|Esterbildung]].<ref name="MechanismenBuch" /> Die Aufklärung des zugehörigen Mechanismus warf zunächst die Frage auf, ob das alkylgebundene [[Hydroxygruppe|hydroxide Sauerstoffatom]] des Alkohols nach Abschluss der Reaktion im Ester oder im entstandenen Wasser vorliegt.<ref name="MechanismenBuch" /> Durch die Verwendung eines mit <sup>18</sup>O-markierten Alkohols (nachfolgend <span style="color:blue;">blau</span> dargestellt) ließ sich zeigen, dass das <sup>18</sup>O-Isotop ausschließlich im Ester nachzuweisen ist, demnach nur der obere Reaktionsweg ('''A''') abläuft (es wird lediglich eine Richtung der Reaktion betrachtet, wobei es sich bei dem gewöhnlich gebundenen Sauerstoff um das <sup>16</sup>O-Isotop handelt):<ref name="MechanismenBuch" />{{Absatz}} | |||
[[Datei:BSP A V14.svg|zentriert|rahmenlos|hochkant=3|Beispiel zur Motivation der Isotopenmarkierung anhand einer Veresterungsreaktion]] {{Absatz}} | |||
Mittels Isotopenmarkierung ließ sich zudem die Unbeständigkeit der [[Carbonylgruppe]] der Carbonsäure im Laufe der Esterbildung feststellen.<ref name="MechanismenBuch" />{{Absatz}} | |||
=== Biotechnologische Methode – metabolische Markierung === | |||
Gezielt isotopenmarkierte Verbindungen, wie [[Arzneistoffe]], Wirkstoffe in [[Pflanzenschutzmittel]]n oder Proteine werden hergestellt, um den [[Verstoffwechslung|Metabolismus]] dieser Stoffe gezielt untersuchen zu können. Mittels isotopenmarkierter Wirkstoffe kann der Abbau dieser Stoffe im Körper, die Ausscheidung (z. B. über den Urin) und deren Verbleib in der Umwelt studiert werden.<ref name="Geckeler">Kurt E. Geckeler, Heiner Eckstein (Hrsg.): ''Bioanalytische und biochemische Labormethoden.'' Springer-Verlag, Wiesbaden, 2013, S. 457–458, ISBN 978-3-642-63745-2, [[doi:10.1007/978-3-642-58820-4]].</ref> Dies wird beispielsweise mit der Methode der [[Metabolische Markierung|metabolischen Markierung]] erreicht, bei der bestimmte Zellkulturen in speziellen Nährmedien unter anderen mit isotopisch markierten Verbindungen (zum Beispiel <sup>35</sup>S) angereichert werden können, um anschließend ihren Verbleib im Metabolismus von Organismen untersuchen zu können.<ref name="Geckeler" /> | |||
=== SILAC-Methode === | |||
Das Verfahren der metabolischen Markierung findet beispielsweise im Rahmen der [[SILAC]]-Methode (zum Beispiel in Form einer <sup>15</sup>N-Markierung) Anwendung.<ref name="Silac">Shao-En Ong, Blagoy Blagoev, Irina Kratchmarova, Dan Bach Kristensen, Hanno Steen, Akhilesh Pandey, Matthias Mann: ''Stable Isotope Labeling by Amino Acids in Cell Culture, SILAC, as a Simple and Accurate Approach to Expression Proteomics.'' In: ''Molecular & Cellular Proteomics.'' Band 1, 2002, S. 376–386, [[doi:10.1074/mcp.M200025-MCP200]].</ref> | |||
=== Anwendung in weiteren Methoden === | |||
Eine chemische Variante der Isotopenmarkierung ist die Dimethyl-Markierung ([[ICAT]]).<ref name="pmid10504701">Steven P. Gygi, Beate Rist, Scott A. Gerber, Frantisek Turecek, Michael H. Gelb, Rudolf Hans Aebersold|Ruedi Aebersold: ''Quantitative analysis of complex protein mixtures using isotope-coded affinity tags.'' In: ''Nature Biotechnology.'' Band 17, Nr. 10, 1999, S. 994–999, [[doi:10.1038/13690]].</ref> | |||
Die Isotopenmarkierung findet zudem Anwendung in Form der [[Isobarenmarkierung]].<ref name="pmid12713048">{{cite journal |author=Thompson A, Schäfer J, Kuhn K ''et al.'' |title=Tandem mass tags: a novel quantification strategy for comparative analysis of complex protein mixtures by MS/MS |journal=Anal. Chem. |volume=75 |issue=8 |pages=1895–904 |year=2003 |pmid=12713048 |doi=10.1021/ac0262560}}</ref><ref name="pmid15385600">{{cite journal |author=Ross PL, Huang YN, Marchese JN, Williamson B, Parker K, Hattan S, Khainovski N, Pillai S, Dey S, Daniels S, Purkayastha S, Juhasz P, Martin S, Bartlet-Jones M, He F, Jacobson A, Pappin DJ |title=Multiplexed protein quantitation in Saccharomyces cerevisiae using amine-reactive isobaric tagging reagents |journal= Mol. Cell. Proteomics |volume=3 |issue=12 |pages=1154–1169 |year=2004 |pmid=15385600 |doi=10.1074/mcp.M400129-MCP200}}</ref> | Die Isotopenmarkierung findet zudem Anwendung in Form der [[Isobarenmarkierung]].<ref name="pmid12713048">{{cite journal |author=Thompson A, Schäfer J, Kuhn K ''et al.'' |title=Tandem mass tags: a novel quantification strategy for comparative analysis of complex protein mixtures by MS/MS |journal=Anal. Chem. |volume=75 |issue=8 |pages=1895–904 |year=2003 |pmid=12713048 |doi=10.1021/ac0262560}}</ref><ref name="pmid15385600">{{cite journal |author=Ross PL, Huang YN, Marchese JN, Williamson B, Parker K, Hattan S, Khainovski N, Pillai S, Dey S, Daniels S, Purkayastha S, Juhasz P, Martin S, Bartlet-Jones M, He F, Jacobson A, Pappin DJ |title=Multiplexed protein quantitation in Saccharomyces cerevisiae using amine-reactive isobaric tagging reagents |journal= Mol. Cell. Proteomics |volume=3 |issue=12 |pages=1154–1169 |year=2004 |pmid=15385600 |doi=10.1074/mcp.M400129-MCP200}}</ref> | ||
== Mögliche Herstellung einer isotopenmarkierter Verbindungen == | |||
Exemplarisch lässt sich, ausgehend von <sup>13</sup>C-markiertem Bariumcarbonat ('''1'''), mittels Zusatz von Schwefelsäure <sup>13</sup>C-markiertes Kohlenstoffdioxid herstellen.<ref>[https://www.sigmaaldrich.com/catalog/substance/bariumcarbonate13c198335195633311?lang=de®ion=DE ''Barium carbonate-<sup>13</sup>C als Rohstoff im Katalog von Sigma-Aldrich/Merck.''] Website des Rohstoffherstellers Sigma-Aldrich/Merck. Abgerufen am 10. November 2017.</ref><ref name="Säure">Nils Wiberg, Egon Wiberg, Arnold Frederik Holleman: ''Anorganische Chemie – Grundlagen und Hauptgruppenelemente.'' Band 1, 103. Auflage, Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, 2016, S. 235–237 & S. 1031, ISBN 978-3-11-026932-1.</ref> Über eine Grignard-Reaktion mit Butylmagnesiumbromid kann das markierte Kohlenstoffdioxid anschließend zur Carbonsäure ('''2''') mit <sup>13</sup>C-markierter Carbonylgruppe umgesetzt werden.<ref name="Organische Chemie">Hauptmann Siegfried: ''Organische Chemie.'' 1. Auflage, Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt am Main, 1985, S. 400, ISBN 3-87144-902-4.</ref> {{Absatz}} | |||
[[Datei:Markierte Carbonsaeure Darstellung V3.svg|rahmenlos|zentriert|hochkant=3|Exemplarische Synthese einer <sup>13</sup>C-markierten Carbonsäure]] {{Absatz}} | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == |
Die Methode der Isotopenmarkierung (auch Methode der isotopisch markierten Verbindungen oder Tracer-Technik) beschreibt das systematische Einfügen definierter Isotope in organische Verbindungen.[1][2][3] Durch den Austausch von Isotopen lassen sich zwei markierte Moleküle oder Atome im Verlauf chemischer Reaktionen unterscheiden.[1][3] Anhand der gewonnenen Informationen können Reaktionsmechanismen aufgeklärt werden.[1][3]
In einer chemischen Reaktion sind in der Regel nur die Edukte und die Produkte erkennbar.[1] Mit der Isotopenmarkierung lässt sich die Rolle zweier verschieden gebundener Atome im Reaktionsverlauf untersuchen.[1] Der Vorteil der Isotopenmarkierung ist dabei, dass kein Zusatz störender Substanzen erforderlich ist.[1] Das zur Markierung genutzte Isotop lässt sich im Anschluss an die Reaktion mittels Analyseverfahren, wie der NMR-Technik oder Massenspektrometrie in dem gebildeten Produkt und seiner entsprechenden Bindungssituation nachweisen.[1]
Da es sich bei den markierten Verbindungen meist um kostspielige Stoffe handelt, wird eine markierte Verbindung mit einem Überschuss an unmarkierter Verbindung verdünnt.[1] Beispiele eines Austausch von Isotopen sind der Ersatz von H, durch schweren Wasserstoff wie D (Deuterium) oder T (Tritium), 12C durch 13C, 14C oder 16O durch 17O, 18O.[1][3]
Melvin Calvin wendete die Isotopenmarkierung bei der Entdeckung des Calvin-Zyklus an.[4] Der Meselson-Stahl-Versuch ist ein weiteres bekanntes Beispiel für die Anwendung der Isotopenmarkierung, durch den Versuch wurde die semikonservative Replikation der DNA nachgewiesen.[5]
Ein Beispiel zur Anwendung der Isotopenmarkierung als Aufklärungsmethode in der organischen Chemie ergibt sich nach Roberts und Urey mit der Esterbildung.[1] Die Aufklärung des zugehörigen Mechanismus warf zunächst die Frage auf, ob das alkylgebundene hydroxide Sauerstoffatom des Alkohols nach Abschluss der Reaktion im Ester oder im entstandenen Wasser vorliegt.[1] Durch die Verwendung eines mit 18O-markierten Alkohols (nachfolgend blau dargestellt) ließ sich zeigen, dass das 18O-Isotop ausschließlich im Ester nachzuweisen ist, demnach nur der obere Reaktionsweg (A) abläuft (es wird lediglich eine Richtung der Reaktion betrachtet, wobei es sich bei dem gewöhnlich gebundenen Sauerstoff um das 16O-Isotop handelt):[1]
Mittels Isotopenmarkierung ließ sich zudem die Unbeständigkeit der Carbonylgruppe der Carbonsäure im Laufe der Esterbildung feststellen.[1]
Gezielt isotopenmarkierte Verbindungen, wie Arzneistoffe, Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln oder Proteine werden hergestellt, um den Metabolismus dieser Stoffe gezielt untersuchen zu können. Mittels isotopenmarkierter Wirkstoffe kann der Abbau dieser Stoffe im Körper, die Ausscheidung (z. B. über den Urin) und deren Verbleib in der Umwelt studiert werden.[6] Dies wird beispielsweise mit der Methode der metabolischen Markierung erreicht, bei der bestimmte Zellkulturen in speziellen Nährmedien unter anderen mit isotopisch markierten Verbindungen (zum Beispiel 35S) angereichert werden können, um anschließend ihren Verbleib im Metabolismus von Organismen untersuchen zu können.[6]
Das Verfahren der metabolischen Markierung findet beispielsweise im Rahmen der SILAC-Methode (zum Beispiel in Form einer 15N-Markierung) Anwendung.[7]
Eine chemische Variante der Isotopenmarkierung ist die Dimethyl-Markierung (ICAT).[8]
Die Isotopenmarkierung findet zudem Anwendung in Form der Isobarenmarkierung.[9][10]
Exemplarisch lässt sich, ausgehend von 13C-markiertem Bariumcarbonat (1), mittels Zusatz von Schwefelsäure 13C-markiertes Kohlenstoffdioxid herstellen.[11][12] Über eine Grignard-Reaktion mit Butylmagnesiumbromid kann das markierte Kohlenstoffdioxid anschließend zur Carbonsäure (2) mit 13C-markierter Carbonylgruppe umgesetzt werden.[13]