Kugelstoßpendel: Unterschied zwischen den Versionen

Kugelstoßpendel: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Newtons cradle animation book.gif|thumb|220px|Animation eines schwingenden Kugelstoß- oder Newton-Pendels, wobei die mittleren Kugeln in der Realität immer stärker mitschwingen]]
[[Datei:Newtons cradle animation book 2.gif|mini|Ein Kugelstoßpendel veranschaulicht den elastischen [[Stoß (Physik)|Stoß]]]]
[[File:Kugelstoszpendel.jpg|thumb|220px|Ein handelsübliches Kugelstoßpendel zur Dekoration]]
[[Datei:TSD Kugelstoß.ogv|alternativtext=|miniatur|Beispiel in den Technischen Sammlungen Dresden]]
Ein '''Kugelstoßpendel''' (auch '''Kugelpendel, Newtonpendel''' oder '''Newton-Wiege''') ist eine Anordnung von (typischerweise fünf) identischen Kugeln (meist aus Metall), die [[Bifilar|an je zwei bei allen Kugeln gleich langen Fäden]] in einer Reihe und auf gleicher Höhe aufgehängt sind. Die Kugeln bilden damit einzelne [[Pendel]] gleicher Masse und Pendellänge, deren Bewegungsfreiheit durch die trapezförmige Aufhängung auf die gleiche vertikale Ebene beschränkt ist. Der Abstand der Aufhängepunkte im Rahmen ist dabei gleich dem Durchmesser der Kugeln, sodass diese in Ruhe senkrecht hängen und sich gerade berühren.


Wenn man nun eine der äußeren Kugeln mit gestreckten Fäden seitlich anhebt und gegen die Reihe der anderen Kugeln zurückfallen lässt, wird am gegenüberliegenden Ende genau eine Kugel abgestoßen; die ursprünglich bewegte Kugel „bleibt stehen“, alle anderen Kugeln bleiben in Ruhe. Wenn die abgestoßene Kugel dann zurück pendelt und ihrerseits aufprallt, stößt sie die äußerste Kugel auf der anderen Seite wieder ab – das System „schwingt“.
Ein '''Kugelstoßpendel''', auch '''Kugelpendel''', '''Newtonpendel''' oder '''Newton-Wiege''' genannt, ist eine Anordnung von identischen elastischen Kugeln (meist aus Metall), die je an zwei ([[bifilar]]) gleichen [[Fäden]] in einer Reihe aufgehängt sind. Jede Kugel bildet ein [[Pendel]] gleicher Masse und Pendellänge und vorgegebenem Bewegungspfad. Der Abstand der Aufhängepunkte im Rahmen ist gleich dem Durchmesser der Kugeln, sodass diese in Ruhe senkrecht hängen und sich gerade berühren.


Bemerkenswert ist insbesondere das Verhalten bei mehr als einer bewegten Kugel: Auch wenn man zwei oder mehr Kugeln pendeln lässt, werden auf der anderen Seite immer genau so viele Kugeln mit genau der Geschwindigkeit abgestoßen, wie auf der Gegenseite mit dieser Geschwindigkeit aufgeprallt sind, und nicht etwa nur eine Kugel mit höherer Geschwindigkeit, wie man intuitiv vermuten könnte. Ein Kugelstoßpendel ist daher eine Vorrichtung zur Demonstration des Impuls- und Energieerhaltungssatzes.
Wenn eine der äußeren Kugeln seitlich mit gestreckten Fäden abgehoben wird und gegen die Reihe der anderen Kugeln zurückfällt, bewirkt der Anprall, dass genau eine Kugel gegenüberliegend abgestoßen wird, während die anderen Kugeln in Ruhe bleiben. Pendelt diese Kugel zurück und prallt auf, wird durch den [[Stoß (Physik)|Stoß]] wieder die äußerste Kugel auf der anderen Seite abgestoßen – das System „[[Schwingung|schwingt]]“.


Die Vorrichtung geht auf den französischen Physiker [[Edme Mariotte]] zurück, der sie erstmals 1673 in seinem Werk ''Traitté de la percussion ou chocq des corps''<!--im Original so altertümlich benannt--> veröffentlichte. Sie wurde in den 1960er Jahren als kleines, dekoratives Spielzeug beliebt.
Bemerkenswert ist das Verhalten bei mehr als einer bewegten Kugel. Wenn zwei oder mehrere Kugeln an die verbleibenden Kugeln prallen, werden auf der anderen Seite immer ebensoviele Kugeln abgestoßen, wie sie auf der Gegenseite aufgeprallt sind – und nicht etwa nur eine einzelne Kugel mit höherer Geschwindigkeit, wie man vielleicht vermuten könnte.


== Funktionsweise ==
Die Vorrichtung geht auf den französischen [[Physiker]] [[Edme Mariotte]] zurück, der sie erstmals 1673 in seinem Werk ''Traitté de la percussion ou chocq des corps''<!-- im Original so altertümlich benannt --> veröffentlichte. Sie verbreitete sich ab den 1960er Jahren als kleines, dekoratives [[Spielzeug]].
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== Physikalische Erklärung ==
[[Datei:Kugelstoßpendel2.png|mini|
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! width="50%" | vor dem Stoß
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Varianten mit fünf Kugeln]]
Varianten mit fünf Kugeln]]


Die im nebenstehenden Bild am weitesten links liegende, ruhende Kugel nimmt den [[Impuls]] der aufprallenden Kugel auf und gibt ihn an die rechts daneben liegende Kugel ab, und die dann an die rechts daneben und so weiter. Die am weitesten rechts liegende Kugel kann allerdings keinen Impuls mehr weitergeben und wird abgestoßen.
Oft wird vermutet, dass eine Erklärung des Verhaltens vollständig durch [[Impulserhaltungssatz|Impuls]]- und [[Energieerhaltungssatz|Energieerhalt]] möglich sei. Jedoch bieten beide Sätze im Falle von 5 Kugeln gleicher Masse (<math>m</math>) – davon eine zum Anstoß mit Geschwindigkeit (<math>v_1</math>) benutzt und vier Kugeln anfänglich ruhend – lediglich zwei Gleichungen mit 5 Unbekannten (<math>v_1',v_2',v_3',v_4',v_5'</math>):
 
:<math>m v_1=m v_1'+m v_2'+m v_3'+m v_4'+m v_5'</math>
Dabei handelt es sich um [[elastischer Stoß|elastische Stöße]], bei denen die [[kinetische Energie]] und der [[Impuls]] erhalten bleiben. Da beim Stoß keine äußeren Kräfte in Bewegungsrichtung wirken, muss der Impuls der <math>l</math> Kugeln der Masse <math>m</math>, die mit der Geschwindigkeit <math>v_l</math> von links auf die ruhenden Kugeln treffen, gleich dem Impuls der <math>r</math> angestoßenen Kugeln der Masse <math>m</math> sein. Nimmt man weiterhin an, dass die angestoßenen Kugeln sich kollektiv mit der Geschwindigkeit <math>v_r</math> nach rechts bewegen, besagt die Impulserhaltung:
:<math>\frac{m}{2}v_1^2=\frac{m}{2}v_1'^2+\frac{m}{2}v_2'^2+\frac{m}{2}v_3'^2+\frac{m}{2}v_4'^2+\frac{m}{2}v_5'^2</math>
: <math>l\,m\,v_l = r\,m\,v_r</math>
Mit den Geschwindigkeiten <math>v, v'</math> vor bzw. nach dem Stoß der jeweiligen Kugeln. So wäre nach diesen Gleichungen auch eine Lösung im Einklang mit den Erhaltungssätzen möglich in der nach den Stößen zwei Kugeln abheben und die erste Kugel einen Rückstoß erfährt. Dies ist beispielsweise der Fall wenn die Kugeln vier und fünf miteinander verklebt werden (zusätzliche Bedingung <math>v_4'=v_5'</math>).
Weiterhin muss die Energie vor und nach dem Stoß übereinstimmen, wobei man die Energie vernachlässigt, die in Schwingungen der Kugeln geht:
: <math>l\,m\,\frac{v_l^2}{2} = r\,m\,\frac{v_r^2}{2}</math>
Schreibt man dies als
: <math> l\,m\,v_l\,\frac{v_l}{2} = r\,m\,v_r\,\frac{v_r}{2}</math>
und berücksichtigt man die erste Gleichung, so sind, da <math>l\,m\,v_l</math> nicht Null ist, die Geschwindigkeiten gleich:
: <math>v_l=v_r.</math>
Dann besagt die erste Gleichung <math>l=r:</math> Es fliegen so viele Kugeln weg wie auftreffen.


Hier wurde angenommen, dass sich die angestoßenen Kugeln alle mit der gleichen Geschwindigkeit wegbewegen und die restlichen ruhen. Dass sie das tun, kann man aber bei mehr als zwei Kugeln nicht aus der Energie- und Impulserhaltung folgern.
Bezieht man jedoch die zeitliche Abfolge in die Betrachtung ein, kann man zusätzliche Annahmen treffen: Die im nebenstehenden Bild am weitesten links liegende, ruhende Kugel nimmt den [[Impuls]] der aufprallenden Kugel auf und gibt ihn an die rechts daneben liegende Kugel ab, und die dann an die rechts daneben und so weiter. Dabei handelt es sich um eine schnelle Abfolge [[Elastischer Stoß|elastischer Stöße]] zwischen jeweils nur zwei Kugeln gleicher Masse. Die am weitesten rechts liegende Kugel kann allerdings keinen Impuls mehr weitergeben und wird abgestoßen. Werden zwei Kugeln für den Anstoß benutzt, pflanzt sich zunächst der zuerst eintreffende Impuls von Kugel zwei auf Kugel drei fort, bevor Kugel eins an Kugel zwei weitergibt, und so weiter.


Denn wenn im Schwerpunktsystem <math>l</math> Kugeln von links mit Geschwindigkeit <math>v_l</math> auf <math>r</math> Kugeln mit Geschwindigkeit <math>v_r</math> stoßen, wobei <math>l\,v_l+r\,v_r=0</math> gilt, so ist mit Energie- und Impulserhaltung verträglich, dass nach dem Stoß <math>l</math> Kugeln mit Geschwindigkeit <math>v_l</math> nach rechts und <math>r</math> Kugeln mit Geschwindigkeit <math>v_r</math> nach links weiterlaufen. Aber auch <math>l</math> Kugeln mit umgedrehter Geschwindigkeit <math>-v_l</math> und <math>r</math> Kugeln mit Geschwindigkeit <math>-v_r</math> sind möglich.
Diese zeitliche Abfolge wurde 2014 durch Kristof Heck und Simon Huppertz bei „[[Jugend forscht]]“ (2.&nbsp;Bundessieger) und in den 90er Jahren von Prof. [[Albrecht Böhm]] im Rahmen von Vorlesungen zur Experimentalphysik an der [[RWTH Aachen University|RWTH Aachen]] mittels eines [[Piezoelektrizität|Piezo]]-Sensors zwischen den Kugeln untersucht und bestätigt.<ref>{{Literatur |Autor=Kristof Heck, Simon Huppertz |Titel=Jugend-forscht 2014, Physik: Untersuchungen zur Kugelstoß-Pendelkette und zur Hertzschen Kontakt-Theorie |Datum= |Online=[http://www.mgm-monschau.de/data/media/downloads/KugelstossPendelkette-1_1402689257.pdf ''mgm-monschau.de9'']  |Format=PDF |KBytes=3210 |Abruf=2016-12-29}}</ref>


Zur Erklärung des Verhaltens der Kugelkette muss man genauer bedenken, wie eine [[Stoßwelle]] durch die Kette hindurchläuft. Dies wurde 2014 durch Kristof Heck und Simon Huppertz bei „[[Jugend forscht]]“ (2. Bundessieger) untersucht.<ref>{{Literatur |Titel=Jugend-forscht 2014, Physik: Untersuchungen zur Kugelstoß-Pendelkette und zur Hertzschen Kontakt-Theorie |Autor=Kristof Heck, Simon Huppertz |Online=[http://www.mgm-monschau.de/data/media/downloads/KugelstossPendelkette-1_1402689257.pdf ''mgm-monschau.de9''] |Format=PDF |KBytes=3210 |Abruf=2016-12-29}}</ref>
Die einzelnen Stöße gleicher Kugeln mit Masse <math>m</math> pflanzen ihren Impuls sowie ihre kinetische Energie vollständig auf die jeweils nächste Kugel fort, wie sich für dieses vereinfachte System mit nur zwei Kugeln mittel Impuls- und Energieerhalt zeigen lässt:
:<math>m v_1 = m v_1' + m v_2'</math> und <math>\frac{m}{2}v_1^2=\frac{m}{2}v_1'^2+\frac{m}{2}v_2'^2</math>
:<math>v_1 - v_2' = v_1'</math> und <math>v_1^2 = v_1'^2 + v_2'^2</math>
:<math>v_1^2 = (v_1 - v_2')^2 + v_2'^2</math>
:<math>0 = -2v_1v_2' + 2v_2'^2</math>
Die Lösungen dieser [[Quadratische Gleichung|quadratischen Gleichung]] (und eingesetzt in die zweite Zeile) sind <math>v_1' = v_1</math> und <math>v_2' = 0</math> (zu einem Zeitpunkt vor dem Stoß) sowie <math>v_1' = 0</math> und <math>v_2' = v_1</math>(nach dem Stoß).


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=F. Herrmann, P. Schmälzle |Titel=Simple explanation of a well-known collision experiment |Verlag=Am. J. Phys. 49 |Datum=1981 |Seiten=761 ff. |Online=[http://www.physikdidaktik.uni-karlsruhe.de/publication/ajp/Ball-chain_part1.pdf ''physikdidaktik.uni-karlsruhe.de''] |Format=PDF |KBytes=295}}
* {{Literatur
* {{Literatur |Autor=F. Herrmann, M. Seitz |Titel=How does the ball-chain work? |Verlag=Am. J. Phys. 50 |Datum=1982 |Seiten=977 ff. |Online={{Webarchiv |url=http://www.oebv.at/sixcms/media.php/229/Ball-chain_part2.pdf |wayback=20121224081531 |text=''oebv.at''}} |Format=PDF |KBytes=360}}
  |Autor=F. Herrmann, P. Schmälzle
  |Titel=Simple explanation of a well-known collision experiment
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  |Band=49
  |Datum=1981
  |Seiten=761&nbsp;ff.
  |Online=[https://www.researchgate.net/profile/Friedrich_Herrmann/publication/243489750_Simple_explanation_of_a_well-known_collision_experiment/links/54d0ad030cf29ca811028cef/Simple-explanation-of-a-well-known-collision-experiment.pdf][http://www.physikdidaktik.uni-karlsruhe.de/download/ball-chain_part1.pdf]
  |Format=PDF
  |KBytes=295}}
* {{Literatur
  |Autor=F. Herrmann, M. Seitz
  |Titel=How does the ball-chain work?
  |Sammelwerk=Am. J. Phys.
  |Band=50
  |Datum=1982
  |Seiten=977&nbsp;ff.
  |Online={{Webarchiv|url=http://www.oebv.at/sixcms/media.php/229/Ball-chain_part2.pdf |wayback=20121224081531 |text=oebv.at}}
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commons|Newton's cradle|Kugelstoßpendel}}
{{Commons|Newton's cradle|Kugelstoßpendel|audio=0|video=1}}
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.lhup.edu/~dsimanek/scenario/newton.htm Interaktives Modell eines Kugelstoßpendels]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Physikalisches Demonstrationsexperiment]]
[[Kategorie:Physikalisches Demonstrationsexperiment]]
[[Kategorie:Physikalisches Spielzeug]]
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Aktuelle Version vom 15. Februar 2022, 14:31 Uhr

Ein Kugelstoßpendel veranschaulicht den elastischen Stoß

Ein Kugelstoßpendel, auch Kugelpendel, Newtonpendel oder Newton-Wiege genannt, ist eine Anordnung von identischen elastischen Kugeln (meist aus Metall), die je an zwei (bifilar) gleichen Fäden in einer Reihe aufgehängt sind. Jede Kugel bildet ein Pendel gleicher Masse und Pendellänge und vorgegebenem Bewegungspfad. Der Abstand der Aufhängepunkte im Rahmen ist gleich dem Durchmesser der Kugeln, sodass diese in Ruhe senkrecht hängen und sich gerade berühren.

Wenn eine der äußeren Kugeln seitlich mit gestreckten Fäden abgehoben wird und gegen die Reihe der anderen Kugeln zurückfällt, bewirkt der Anprall, dass genau eine Kugel gegenüberliegend abgestoßen wird, während die anderen Kugeln in Ruhe bleiben. Pendelt diese Kugel zurück und prallt auf, wird durch den Stoß wieder die äußerste Kugel auf der anderen Seite abgestoßen – das System „schwingt“.

Bemerkenswert ist das Verhalten bei mehr als einer bewegten Kugel. Wenn zwei oder mehrere Kugeln an die verbleibenden Kugeln prallen, werden auf der anderen Seite immer ebensoviele Kugeln abgestoßen, wie sie auf der Gegenseite aufgeprallt sind – und nicht etwa nur eine einzelne Kugel mit höherer Geschwindigkeit, wie man vielleicht vermuten könnte.

Die Vorrichtung geht auf den französischen Physiker Edme Mariotte zurück, der sie erstmals 1673 in seinem Werk Traitté de la percussion ou chocq des corps veröffentlichte. Sie verbreitete sich ab den 1960er Jahren als kleines, dekoratives Spielzeug.

Physikalische Erklärung

vor dem Stoß nach dem Stoß
Varianten mit fünf Kugeln

Oft wird vermutet, dass eine Erklärung des Verhaltens vollständig durch Impuls- und Energieerhalt möglich sei. Jedoch bieten beide Sätze im Falle von 5 Kugeln gleicher Masse ($ m $) – davon eine zum Anstoß mit Geschwindigkeit ($ v_{1} $) benutzt und vier Kugeln anfänglich ruhend – lediglich zwei Gleichungen mit 5 Unbekannten ($ v_{1}',v_{2}',v_{3}',v_{4}',v_{5}' $):

$ mv_{1}=mv_{1}'+mv_{2}'+mv_{3}'+mv_{4}'+mv_{5}' $
$ {\frac {m}{2}}v_{1}^{2}={\frac {m}{2}}v_{1}'^{2}+{\frac {m}{2}}v_{2}'^{2}+{\frac {m}{2}}v_{3}'^{2}+{\frac {m}{2}}v_{4}'^{2}+{\frac {m}{2}}v_{5}'^{2} $

Mit den Geschwindigkeiten $ v,v' $ vor bzw. nach dem Stoß der jeweiligen Kugeln. So wäre nach diesen Gleichungen auch eine Lösung im Einklang mit den Erhaltungssätzen möglich in der nach den Stößen zwei Kugeln abheben und die erste Kugel einen Rückstoß erfährt. Dies ist beispielsweise der Fall wenn die Kugeln vier und fünf miteinander verklebt werden (zusätzliche Bedingung $ v_{4}'=v_{5}' $).

Bezieht man jedoch die zeitliche Abfolge in die Betrachtung ein, kann man zusätzliche Annahmen treffen: Die im nebenstehenden Bild am weitesten links liegende, ruhende Kugel nimmt den Impuls der aufprallenden Kugel auf und gibt ihn an die rechts daneben liegende Kugel ab, und die dann an die rechts daneben und so weiter. Dabei handelt es sich um eine schnelle Abfolge elastischer Stöße zwischen jeweils nur zwei Kugeln gleicher Masse. Die am weitesten rechts liegende Kugel kann allerdings keinen Impuls mehr weitergeben und wird abgestoßen. Werden zwei Kugeln für den Anstoß benutzt, pflanzt sich zunächst der zuerst eintreffende Impuls von Kugel zwei auf Kugel drei fort, bevor Kugel eins an Kugel zwei weitergibt, und so weiter.

Diese zeitliche Abfolge wurde 2014 durch Kristof Heck und Simon Huppertz bei „Jugend forscht“ (2. Bundessieger) und in den 90er Jahren von Prof. Albrecht Böhm im Rahmen von Vorlesungen zur Experimentalphysik an der RWTH Aachen mittels eines Piezo-Sensors zwischen den Kugeln untersucht und bestätigt.[1]

Die einzelnen Stöße gleicher Kugeln mit Masse $ m $ pflanzen ihren Impuls sowie ihre kinetische Energie vollständig auf die jeweils nächste Kugel fort, wie sich für dieses vereinfachte System mit nur zwei Kugeln mittel Impuls- und Energieerhalt zeigen lässt:

$ mv_{1}=mv_{1}'+mv_{2}' $ und $ {\frac {m}{2}}v_{1}^{2}={\frac {m}{2}}v_{1}'^{2}+{\frac {m}{2}}v_{2}'^{2} $
$ v_{1}-v_{2}'=v_{1}' $ und $ v_{1}^{2}=v_{1}'^{2}+v_{2}'^{2} $
$ v_{1}^{2}=(v_{1}-v_{2}')^{2}+v_{2}'^{2} $
$ 0=-2v_{1}v_{2}'+2v_{2}'^{2} $

Die Lösungen dieser quadratischen Gleichung (und eingesetzt in die zweite Zeile) sind $ v_{1}'=v_{1} $ und $ v_{2}'=0 $ (zu einem Zeitpunkt vor dem Stoß) sowie $ v_{1}'=0 $ und $ v_{2}'=v_{1} $(nach dem Stoß).

Literatur

  • F. Herrmann, P. Schmälzle: Simple explanation of a well-known collision experiment. In: Am. J. Phys. Band 49, 1981, S. 761 ff. ([1][2] [PDF; 295 kB]).
  • F. Herrmann, M. Seitz: How does the ball-chain work? In: Am. J. Phys. Band 50, 1982, S. 977 ff. (oebv.at (Memento vom 24. Dezember 2012 im Internet Archive) [PDF; 360 kB]).

Weblinks

Commons: Kugelstoßpendel – Album mit Bildern und Videos
Wiktionary: Kugelstoßpendel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Kristof Heck, Simon Huppertz: Jugend-forscht 2014, Physik: Untersuchungen zur Kugelstoß-Pendelkette und zur Hertzschen Kontakt-Theorie. (mgm-monschau.de9 [PDF; 3,3 MB; abgerufen am 29. Dezember 2016]).