Gustav Hertz: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Physiker Gustav Hertz. Zum Juristen und Politiker siehe [[Gustav Ferdinand Hertz]].}}
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[[Datei:Stamps of Germany (DDR) 1977, MiNr 2202.jpg|mini|Gustav Hertz auf einer DDR-Briefmarke]]
[[Datei:Berliner Gedenktafel Fabeckstr 11 (Dahlem) Gustav Hertz.jpg|mini|[[Berliner Gedenktafel]] am Haus Fabeckstraße 11, in [[Berlin-Dahlem]]]]
[[Datei:Berliner Gedenktafel Fabeckstr 11 (Dahle) Gustav Hertz.jpg|mini|[[Berliner Gedenktafel]] am Haus Fabeckstraße 11, in [[Berlin-Dahlem]]]]
'''Gustav Ludwig Hertz''' (* [[22. Juli]] [[1887]] in [[Hamburg]]; † [[30. Oktober]] [[1975]] in [[Ost-Berlin]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Physiker]] und Neffe des Physikers [[Heinrich Hertz]]. Für den [[Franck-Hertz-Versuch]] erhielt er 1925 zusammen mit [[James Franck]] den [[Nobelpreis]].  
'''Gustav Ludwig Hertz''' (* [[22. Juli]] [[1887]] in [[Hamburg]]; † [[30. Oktober]] [[1975]] in [[Ost-Berlin]]) war ein deutscher Physiker und Nobelpreisträger und ein Neffe des Physikers [[Heinrich Hertz]].


== Leben ==
== Leben ==
=== Erste Jahre ===
=== Erste Jahre ===
Hertz wuchs in Hamburg auf und besuchte das Realgymnasium der [[Gelehrtenschule des Johanneums]].
Hertz wuchs in Hamburg auf und besuchte das Realgymnasium der [[Gelehrtenschule des Johanneums]].
Er studierte Physik mit dem Interessenschwerpunkt auf der sich neu entwickelnden [[Quantenmechanik]] in den damaligen Zentren der modernen Physik in [[Georg-August-Universität Göttingen|Göttingen]], [[Ludwig-Maximilians-Universität München|München]] und [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]]. Nach seiner Promotion 1911 bei [[Heinrich Rubens]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]] war er als Assistent am Physikalischen Institut der Universität Berlin tätig.<ref>{{internetquelle |url=http://www.catalogus-professorum-halensis.de/hertzgustav.html |titel=Gustav Hertz im Professorenkatalog der Universität Halle |zugriff=2015-10-30}}</ref>
Er studierte Physik mit dem Interessenschwerpunkt auf der sich neu entwickelnden [[Quantenphysik]] in den damaligen Zentren der modernen Physik in [[Georg-August-Universität Göttingen|Göttingen]], [[Ludwig-Maximilians-Universität München|München]] und [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]]. Nach seiner Promotion 1911 bei [[Heinrich Rubens]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]] war er als Assistent am Physikalischen Institut der Universität Berlin tätig.<ref>{{CPH}}</ref>


Zusammen mit dem ebenfalls an der Berliner Universität lehrenden Physiker [[James Franck]] konzipierte er 1912/1913 Elektronenstoßversuche, die sich später als eine wesentliche Stütze der [[Bohrsches Atommodell|Bohrschen Atomtheorie]] und der [[Quantenhypothese|Quantentheorie]] erwiesen und unter dem Namen [[Franck-Hertz-Versuch]] in die Geschichte eingehen sollten. 1925 erhielten beide dafür den [[Nobelpreis für Physik]].
Zusammen mit dem ebenfalls an der Berliner Universität lehrenden Physiker [[James Franck]] konzipierte er 1912/1913 Elektronenstoßversuche, die sich später als eine wesentliche Stütze der [[Bohrsches Atommodell|Bohrschen Atomtheorie]] und der [[Quantenhypothese|Quantentheorie]] erwiesen und unter dem Namen [[Franck-Hertz-Versuch]] in die Geschichte eingehen sollten. 1925 erhielten beide dafür den [[Nobelpreis für Physik]].


=== Im Ersten Weltkrieg ===
=== Im Ersten Weltkrieg ===
Ab 1914 nahm Hertz als Offizier am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] teil und wurde 1915 zu der Spezialtruppe für [[Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges|Gaskampf]], dem sogenannten ''[[Pionierregiment 35]]'' unter Leitung [[Fritz Haber]]s, abgeordnet.<ref>[http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=4049 ''Otto Hahn – Entdecker der Kernspaltung''.] pro-physik.de, Stand 16. August 2009.</ref> Hertz nahm nicht am ersten Einsatz chemischer Waffen bei [[Ypern]] am 22. April 1915 teil, da er zu diesem Zeitpunkt einen anderen Frontabschnitt auf seine Tauglichkeit für Gasangriffe prüfte. Am 7. Juli 1915 wurde Hertz in Polen bei einem Gasangriff auf russische Truppen schwer verwundet, da sich während des Angriffs der Wind drehte und Hertz dadurch selber dem Gas ausgesetzt wurde. Nach mehrmonatigem Lazarettaufenthalt wurde Hertz aus der Armee entlassen.<ref>William Van der Kloot: [http://rsnr.royalsocietypublishing.org/content/58/2/149.full.pdf ''April 1915: Five future Nobel prize-winners inaugurate weapons of mass destruction and the academic-industrial-military complex''.] (PDF) In: ''Notes & Records of the Royal Society of London.'' Band 58, Nr. 2 (2004) S.&nbsp;149–160.</ref> 1917 [[Habilitation|habilitierte]] er sich mit einer Arbeit ''Über den Energieaustausch bei Zusammenstößen zwischen langsamen Elektronen und Gasmolekülen'' und war anschließend bis 1920 [[Privatdozent]] für Physik an der Universität Berlin.
Ab 1914 nahm Hertz als Offizier am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] teil und wurde 1915 zu der Spezialtruppe für [[Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges|Gaskampf]], dem sogenannten ''[[Pionierregiment 35]]'' unter Leitung [[Fritz Haber]]s, abgeordnet.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=4049 |wayback=20071012082818 |text=''Otto Hahn – Entdecker der Kernspaltung''. |archiv-bot=}} pro-physik.de, Stand 16. August 2009.</ref> Hertz nahm nicht am ersten Einsatz chemischer Waffen bei [[Ypern]] am 22. April 1915 teil, da er zu diesem Zeitpunkt einen anderen Frontabschnitt auf seine Tauglichkeit für Gasangriffe prüfte. Am 7. Juli 1915 wurde Hertz in Polen bei einem Gasangriff auf russische Truppen schwer verwundet, da sich während des Angriffs der Wind drehte und Hertz dadurch selber dem Gas ausgesetzt wurde. Nach mehrmonatigem Lazarettaufenthalt wurde Hertz aus der Armee entlassen.<ref>William Van der Kloot: ''April 1915: Five future Nobel prize-winners inaugurate weapons of mass destruction and the academic-industrial-military complex''. (PDF) In: ''Notes & Records of the Royal Society of London.'' Band 58, Nr. 2 (2004) S.&nbsp;149–160, {{doi|10.1098/rsnr.2004.0053}}.</ref> 1917 [[Habilitation|habilitierte]] er sich mit einer Arbeit ''Über den Energieaustausch bei Zusammenstößen zwischen langsamen Elektronen und Gasmolekülen'' und war anschließend bis 1920 [[Privatdozent]] für Physik an der Universität Berlin.


=== In der Forschung ===
=== In der Forschung ===
1920 übernahm Hertz für fünf Jahre die Leitung des Physikalischen Labors der [[Philips|Philips Glühlampenfabriken]] [[Eindhoven]] und beschäftigte sich dort mit der Physik der [[Gasentladung]]. Ab 1925 wirkte er als Professor für [[Physik]] an der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Universität Halle]]. Nach der Verleihung des Nobelpreises für Physik 1925 erhielt Hertz 1927 einen Ruf an die [[TU Berlin|Technische Hochschule Charlottenburg]], wo er [[Ordentlicher Professor|Ordinarius]] für Physik und Leiter des neu eingerichteten Physikalischen Instituts wurde.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.tu-berlin.de/presse/doku/200jahre/ausstellung/2.etage/flure/nr.20/nr20.2.htm| wayback=20051128105823| text=TU Berlin über jüdische Wissenschaftler}}</ref> 1931 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref>{{Literatur|Autor=Holger Krahnke|Titel=Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751-2001|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=Vandenhoeck & Ruprecht|Ort=Göttingen|Datum=2001|Seiten=112|ISBN=3-525-82516-1}}</ref>
1920 übernahm Hertz für fünf Jahre die Leitung des Physikalischen Labors der [[Philips|Philips Glühlampenfabriken]] [[Eindhoven]] und beschäftigte sich dort mit der Physik der [[Gasentladung]]. Ab 1925 wirkte er als Professor für [[Physik]] an der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Universität Halle (Saale)]]. Nach der Verleihung des ''Nobelpreises für Physik'' 1925 erhielt Hertz 1927 einen Ruf an die [[TU Berlin|Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg]], wo er [[Ordentlicher Professor|Ordinarius]] für Physik und Leiter des neu eingerichteten Physikalischen Instituts wurde.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.tu-berlin.de/presse/doku/200jahre/ausstellung/2.etage/flure/nr.20/nr20.2.htm| wayback=20051128105823| text=TU Berlin über jüdische Wissenschaftler}}</ref> 1931 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Göttinger Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref>Holger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, Bd. 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 112.</ref>


=== In der NS-Zeit verfolgt ===
=== In der NS-Zeit verfolgt ===
1935 wurde ihm wegen jüdischer Vorfahren die Prüfungsberechtigung entzogen, worauf er auf sein Lehramt verzichtete. Zwar blieb er Honorarprofessor, zog einer „halben Professorenschaft“ jedoch die Tätigkeit als Direktor des [[Siemens & Halske]]-Forschungslabors&nbsp;II in Berlin vor. Seine Wohnung befand sich in [[Berlin-Dahlem]], Fabeckstraße 11.<ref>{{Berliner Adressbuch|1943|1131|Hertz, Gustav|Teil=Teil 1|Seite=1101}}</ref> Am Forschungslabor beschäftigte er sich mit Diffusionstrennanlagen für leichte [[Isotope]], die sich später als zentrale Technik im System der Uranbombenentwicklung erwiesen.
1935 wurde ihm wegen jüdischer Vorfahren die Prüfungsberechtigung entzogen, worauf er auf sein Lehramt verzichtete (sein Nachfolger wurde [[Hans Geiger (Physiker)|Hans Geiger]]). Zwar blieb er Honorarprofessor, zog einer „halben Professorenschaft“ jedoch die Tätigkeit als Direktor des [[Siemens & Halske]]-Forschungslabors&nbsp;II in Berlin vor. Seine Wohnung befand sich in [[Berlin-Dahlem]], Fabeckstraße 11.<ref>{{Berliner Adressbuch|1943|1131|Hertz, Gustav|Teil=Teil 1|Seite=1101}}</ref> Am Forschungslabor beschäftigte er sich mit Diffusionstrennanlagen für leichte [[Isotope]], die sich später als zentrale Technik im System der Uranbombenentwicklung erwiesen.


=== Als Atom-Forscher in der Sowjetunion ===
=== Als Atom-Forscher in der Sowjetunion ===
Aus diesem Grund wurde er mit [[Manfred von Ardenne]], [[Max Steenbeck]] und anderen „Atom-Spezialisten“ im April 1945 von einer Spezialeinheit der [[Rote Armee|Roten Armee]] nach [[Suchumi]] am [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]] verbracht, wo Hertz ein Forschungslabor für die deutschen Spezialisten zu leiten hatte - nach transkribiertem '''G'''ertz ''Institut G'' genannt.<ref>Siehe dazu den Artikel-Abschnitt: [[Werner Hartmann (Physiker)#1945–1955: das UdSSR-Jahrzehnt|Werner Hartmann: 1945–1955: Das UdSSR-Jahrzehnt]]</ref>
Aus diesem Grund wurde Hertz zusammen mit [[Manfred von Ardenne]], [[Max Steenbeck]] und anderen „Atom-Spezialisten“ im April 1945 von einer Spezialeinheit der [[Rote Armee|Roten Armee]] nach [[Suchumi]] am [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]] gebracht. In [[Agudsera]] bei ''Suchumi'' hatte Hertz dann ein Forschungsinstitut mit deutschen Spezialisten zu leiten nach transkribiertem '''G'''ertz ''Institut G'' genannt, in dem auch sein Neffe [[Hardwin Jungclaussen]] sechs Jahre gearbeitet hat.<ref>Siehe dazu den Artikel-Abschnitt: [[Werner Hartmann (Physiker)#1945–1955: das UdSSR-Jahrzehnt|Werner Hartmann: 1945–1955: Das UdSSR-Jahrzehnt]]</ref><ref>[[Hardwin Jungclaussen]]: ''Frei in drei Diktaturen - Wie ich mein Leben erlebte und wie ich mein Glück fand.'' Autobiografie. trafo Verlagsgruppe Dr. Wolfgang Weist, trafo Literaturverlag, Reihe Autobiographien Band 48, Berlin 2015, ISBN 978-3-86465-050-5.</ref>


[[Datei:Hamburg Friedhof Ohlsdorf Gustav Hertz 01.jpg|mini|Grab von Gustav Hertz auf dem Friedhof&nbsp;Ohlsdorf]]
Neben den Arbeiten von [[Nikolaus Riehl]] zur Reinstdarstellung von [[Uran]] wurden die Gruppen des ''Instituts G'' in ''Agudsera'', die Trennkaskaden zur <sup>235</sup>U-Erzeugung erarbeiteten, mit hohen Preisen ausgezeichnet, darunter Hertz selbst gemeinsam mit [[Heinz Barwich]] mit dem [[Stalinpreis]] als der höchsten zivilen Auszeichnung in der damaligen Sowjetunion.
Neben den Arbeiten [[Nikolaus Riehl]]s zur Reinstdarstellung von [[Uran]] wurden die Gruppen seines Instituts in Suchumi, die Trennkaskaden zur <sup>235</sup>U-Erzeugung erarbeiteten, mit hohen Preisen ausgezeichnet.


=== Rückkehr in die DDR ===
=== Rückkehr in die DDR ===
Seine Rückkehr bereits im Herbst 1954 war Bestandteil der Vorbereitungen der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] auf den Wiedereinstieg in die Kerntechnik. Er übernahm diese Vorbereitungen und erhielt 1955 die Leitung des forschungspolitisch zentralen [[Amt für Kernforschung und Kerntechnik#Wissenschaftlicher Rat für die friedliche Anwendung der Atomenergie|Wissenschaftlichen Rates für die friedliche Anwendung der Atomenergie]] beim [[Ministerrat der DDR]]. Sämtliche Vorbereitungen von der Konzentration der zerstreuten Institute bis zum Ausbau des neuen Dresdner Zentralinstitut für Kernforschung (heute [[Forschungszentrum Dresden-Rossendorf]]) wurden dort erarbeitet.
[[Datei:Hamburg Friedhof Ohlsdorf Gustav Hertz 01.jpg|mini|Grab von Gustav Hertz auf dem Friedhof&nbsp;Ohlsdorf in Hamburg]]


Ab 1954 war er außerdem Direktor des physikalischen Instituts an der [[Universität Leipzig|Karl-Marx-Universität]] in [[Leipzig]], Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften der DDR]] und Gründungsmitglied des [[Forschungsrat der DDR|Forschungsrates der DDR]]. 1958 wurde er als ausländisches Mitglied in die damalige [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]] aufgenommen.<ref>{{Internetquelle| hrsg=Russische Akademie der Wissenschaften| url=http://www.ras.ru/win/db/show_per.asp?P=.id-50101.ln-ru| sprache=russisch| titel=Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724| titelerg=Gustav Ludwig Hertz| zugriff=2015-08-17}}</ref> Er erhielt hohe Auszeichnungen wie den Nationalpreis und war als Autor und Herausgeber eines dreibändigen Standardwerkes zur Kernphysik, dessen erster Band 1958 erschien, eine zentrale Persönlichkeit in der Entwicklung der Kernphysik in der DDR. 1975 starb er als einziger Nobelpreisträger, der jemals nach der Preisverleihung in der DDR wissenschaftlich tätig war, in Berlin.
Seine Rückkehr bereits im Herbst 1954 war Bestandteil der Vorbereitungen der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] auf den Wiedereinstieg in die Kerntechnik. Er übernahm diese Vorbereitungen und erhielt 1955 die Leitung des forschungspolitisch zentralen [[Amt für Kernforschung und Kerntechnik#Wissenschaftlicher Rat für die friedliche Anwendung der Atomenergie|Wissenschaftlichen Rates für die friedliche Anwendung der Atomenergie]] beim [[Ministerrat der DDR]]. Sämtliche Vorbereitungen von der Konzentration der zerstreuten Institute bis zum Ausbau des neuen Dresdner Zentralinstituts für Kernforschung (heute [[Forschungszentrum Dresden-Rossendorf]]) wurden dort erarbeitet.
 
Ab 1954 war er außerdem Direktor des physikalischen Instituts an der [[Universität Leipzig|Karl-Marx-Universität]] in [[Leipzig]], Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften der DDR]] und Gründungsmitglied des [[Forschungsrat der DDR|Forschungsrates der DDR]]. 1958 wurde er als ausländisches Mitglied in die damalige [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]] aufgenommen.<ref>{{Internetquelle| hrsg=Russische Akademie der Wissenschaften| url=http://www.ras.ru/win/db/show_per.asp?P=.id-50101.ln-ru| sprache=russisch| titel=Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724| titelerg=Gustav Ludwig Hertz| zugriff=2015-08-17}}</ref> Er erhielt hohe Auszeichnungen wie den [[Nationalpreis der DDR]] und war als Autor und Herausgeber eines dreibändigen Standardwerkes zur Kernphysik, dessen erster Band 1958 erschien, eine zentrale Persönlichkeit in der Entwicklung der Kernphysik in der DDR. 1975 starb er als einziger Nobelpreisträger, der jemals nach der Preisverleihung in der DDR wissenschaftlich tätig war, in Berlin.


Gustav Hertz ist auf dem [[Friedhof Ohlsdorf]] in Hamburg im Familiengrab, unter anderem mit Heinrich Hertz, begraben.
Gustav Hertz ist auf dem [[Friedhof Ohlsdorf]] in Hamburg im Familiengrab, unter anderem mit Heinrich Hertz, begraben.
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* Zusammen mit [[James Franck]] wurde Gustav Hertz 1925 mit dem [[Nobelpreis für Physik]] ausgezeichnet
* Zusammen mit [[James Franck]] wurde Gustav Hertz 1925 mit dem [[Nobelpreis für Physik]] ausgezeichnet
* Mitglied der [[Leopoldina]] ab 1927
* Mitglied der [[Leopoldina]] ab 1927
* Gustav Hertz erhielt 1951 in der Sowjetunion den [[Stalinpreis]].
*Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]] ab 1931
* Gustav Hertz erhielt 1951 in der Sowjetunion den [[Stalinpreis]] als höchste zivile Auszeichnung des Landes.
* Träger des [[Nationalpreis der DDR|Nationalpreises der DDR]] I.&nbsp;Klasse für Wissenschaft und Technik
* 1959 wurde ihm die [[Helmholtz-Medaille]] der Akademie der Wissenschaften der DDR verliehen.
* 1959 wurde ihm die [[Helmholtz-Medaille]] der Akademie der Wissenschaften der DDR verliehen.
* 1995 wurde zu Ehren von Gustav Hertz das Gustav-Hertz-Gymnasium in Leipzig-Heiterblick eröffnet.
* 1995 wurde zu Ehren von Gustav Hertz das Gustav-Hertz-Gymnasium in Leipzig-Heiterblick eröffnet.
* Er ist Namensgeber des [[Gustav-Hertz-Preis]]es der [[Deutsche Physikalische Gesellschaft|Deutschen Physikalischen Gesellschaft]] (DPG) für herausragende Nachwuchswissenschaftler der Physik.
* Er ist Namensgeber des [[Gustav-Hertz-Preis]]es der [[Deutsche Physikalische Gesellschaft|Deutschen Physikalischen Gesellschaft]] (DPG) für herausragende Nachwuchswissenschaftler der Physik.
* 2007 wurde der Asteroid [[(160512) Franck-Hertz]] nach [[James Franck]] und ihm benannt.<ref>{{Internetquelle | url=https://www.minorplanetcenter.net/iau/ECS/MPCArchive/2007/MPC_20070926.pdf | titel=The Minor Planet Circulars/Minor Planets and Comets | hrsg=Minor Planet Center, Smithsonian Astrophysical Observatory | datum=2007-09-26 | seiten=118 | abruf=2020-05-24 | format=PDF | sprache=en}}</ref>


== Familie ==
== Familie ==
Hertz war ein Sohn des Hamburger Rechtsanwalts ''Gustav Theodor Hertz'' (1858–1904) und seiner Frau ''Anna Augusta'' geborene Arning. Seine Großväter waren der Senator [[Gustav Ferdinand Hertz]] sowie der Landgerichtspräsident [[Christian Arning]].<ref name="Hertz II." /> Gustav Hertz war seit 1919 mit Ellen Dihlmann verheiratet.<ref>[http://www-groups.dcs.st-and.ac.uk/history/Biographies/Hertz_Gustav.html Biografie von Gustav Hertz], School of Mathematical and Computational Sciences, [[University of St Andrews]]</ref> Seine Söhne [[Carl Helmut Hertz]] und Johannes Heinrich Hertz wurden ebenfalls Physiker.<ref name="Hertz II.">''Hertz II.'' In: ''Deutsches Geschlechterbuch.'' Band 216, 2003.</ref>
Gustav Hertz war ein Sohn des Hamburger Rechtsanwalts ''Gustav Theodor Hertz'' (1858–1904) und seiner Ehefrau ''Anna Augusta'' geborene Arning. Seine Großväter waren der Senator [[Gustav Ferdinand Hertz]] sowie der Landgerichtspräsident [[Christian Arning]].<ref name="Hertz II." /> Gustav Hertz war seit 1919 mit Ellen Dihlmann verheiratet.<ref> {{MacTutor Biography|id=Hertz_Gustav}} </ref> Seine Söhne [[Carl Helmut Hertz]] und ''Johannes Heinrich Hertz'' aus dieser Ehe wurden ebenfalls Physiker.<ref name="Hertz II.">''Hertz II.'' In: ''Deutsches Geschlechterbuch.'' Band 216, 2003.</ref> Nach dem Tod seiner Frau (1941) heiratete Gustav Hertz 1942 Charlotte Hertz, geborene Jollasse.<ref>Curriculum Vitae von Hertz bei der Leopoldina</ref> Aus der Ehe seiner Schwester ''Susanne Hertz'' mit dem Pfarrer ''Hermann Jungclaussen'' ist sein Neffe [[Hardwin Jungclaussen]] hervorgegangen, der gleichfalls als [[Atomphysiker]] gearbeitet hat.<ref>[[Hardwin Jungclaussen]]: ''Frei in drei Diktaturen - Wie ich mein Leben erlebte und wie ich mein Glück fand.'' Autobiografie. trafo Verlagsgruppe Dr. Wolfgang Weist, trafo Literaturverlag, Reihe Autobiographien Band 48, Berlin 2015, S. 82–91, ISBN 978-3-86465-050-5.</ref> Der Onkel von Gustav Hertz war der berühmte Physiker [[Heinrich Hertz]],<ref>Kuczera, Gustav Hertz, 1985, S. 12</ref> der Entdecker der elektromagnetischen Wellen, nach dem auch die physikalische Einheit [[Hertz (Einheit)|Hertz]] (Hz) für die Frequenz benannt wurde. Gustav Hertz liegt in Hamburg auf dem [[Friedhof Ohlsdorf]] nahe dem Grab seines Onkels Heinrich Hertz begraben.
Während seiner Tätigkeit in der DDR hatte Gustav Hertz eine Wohnung in [[Berlin-Köpenick]], Lienhardweg 47. Dort wurde eine Gedenktafel angebracht.<ref>{{Literatur|Herausgeber=Institut für Denkmalpflege| Titel=Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II| Verlag=Henschelverlag| Ort=Berlin| Jahr=1984| Seiten=439}}</ref>
 
Während seiner Tätigkeit in der DDR bewohnte Gustav Hertz ein am Flusslauf der [[Dahme (Fluss)|Dahme]] eigens für ihn errichtetes Haus in [[Berlin-Köpenick]], Lienhardweg 47. Dort wurde eine Gedenktafel angebracht.<ref>{{Literatur|Herausgeber=Institut für Denkmalpflege| Titel=Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II| Verlag=Henschelverlag| Ort=Berlin| Jahr=1984| Seiten=439}}</ref> Nach ihm wohnte in diesem Haus der langjährige und vorletzte Präsident der Akademie der Wissenschaften der DDR, [[Werner Scheler]], bis zu dessen Tod im Jahre 2018.


== Publikationen ==
== Publikationen ==
* ''Über das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensäure in seiner Abhängigkeit von Druck und Partialdruck.'' Vieweg, Braunschweig 1911, {{OCLC|250285606}} ([[Dissertation]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]], 5. Juli 1911, 39 Seiten, Referenten: [[Heinrich Rubens]] und [[Max Planck]]).
* ''Über das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensäure in seiner Abhängigkeit von Druck und Partialdruck.'' Vieweg, Braunschweig 1911, {{OCLC|250285606}} ([[Dissertation]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]], 5. Juli 1911, 39 Seiten, Referenten: [[Heinrich Rubens]] und [[Max Planck]]).


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{WWW-DDR|1389|Hertz, Gustav|[[Horst Kant]]}}
* {{WWW-DDR|id=gustav-hertz|lemma=Hertz, Gustav|autor=[[Horst Kant]]|band=1|idNum=1389}}
* Stefan L. Wolff: ''Jüdische oder Nichtjüdische Deutsche? Vom öffentlichen Umgang mit Heinrich Hertz und seiner Familie im Nationalsozialismus.'' In: Ralph Burmester, Andrea Niehaus (Hrsg.): ''Heinrich Hertz vom Funkensprung zur Radiowelle''. [[Deutsches Museum Bonn|Deutsches Museum]], Bonn 2012, ISBN 978-3-940396-33-4, S.&nbsp;38–57.
* Stefan L. Wolff: ''Jüdische oder Nichtjüdische Deutsche? Vom öffentlichen Umgang mit Heinrich Hertz und seiner Familie im Nationalsozialismus.'' In: Ralph Burmester, Andrea Niehaus (Hrsg.): ''Heinrich Hertz vom Funkensprung zur Radiowelle''. [[Deutsches Museum Bonn|Deutsches Museum]], Bonn 2012, ISBN 978-3-940396-33-4, S.&nbsp;38–57.
* {{Literatur | Autor = [[Werner Hartmann (Physiker)|Hartmann, W.]] | Titel = Gustav Hertz 80 Jahre | Sammelwerk = Gustav Hertz in der Entwicklung der modernen Physik – Festschrift zum 80. Geburtstag von Gustav Hertz am 22. Juli 1967| Verlag = Akademie-Verlag | Ort = Berlin | Jahr = 1967 | Seiten = 5 - 8}}
* {{Literatur | Autor = [[Werner Hartmann (Physiker)|Hartmann, W.]] | Titel = Gustav Hertz 80 Jahre | Sammelwerk = Gustav Hertz in der Entwicklung der modernen Physik – Festschrift zum 80. Geburtstag von Gustav Hertz am 22. Juli 1967| Verlag = Akademie-Verlag | Ort = Berlin | Jahr = 1967 | Seiten = 5 8}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* {{DNB-Portal|118703927}}
* {{DNB-Portal|118703927}}
* {{nobel-ph|1925|Gustav Hertz}}
* {{nobel-ph|1925|Gustav Hertz}}
* {{CPH}}
* {{Internetquelle |autor=Gustav Hertz |url=http://www.mediatheque.lindau-nobel.org/videos/31438/the-application-of-stable-isotopes-german-presentation-1959/laureate-hertz |titel=Die Anwendung stabiler Isotope |kommentar=Tonbandmitschnitt des Vortrags auf der 9. [[Tagung der Nobelpreisträger in Lindau]] im Jahr 1959 |zugriff=2017-02-26}}
* {{Internetquelle |autor=Gustav Hertz |url=http://www.mediatheque.lindau-nobel.org/videos/31438/the-application-of-stable-isotopes-german-presentation-1959/laureate-hertz |titel=Die Anwendung stabiler Isotope |kommentar=Tonbandmitschnitt des Vortrags auf der 9. [[Tagung der Nobelpreisträger in Lindau]] im Jahr 1959 |zugriff=2017-02-26}}
* [http://fredriks.de/ohlsdorf/k01.php?f=4 Familiengrab Hertz, Friedhof Ohlsdorf]
* [http://fredriks.de/ohlsdorf/k01.php?f=4 Familiengrab Hertz, Friedhof Ohlsdorf]
* [http://www.sipt.org/photo.html Gedenkfotos] der am sowjetischen Atomprojekt beteiligten deutschen Wissenschaftler; [[Sochumi-Institut der Physik und Technologie]] (SIPT) in [[Tiflis]]/[[Georgien]]
* [http://www.sipt.org/photo.html Gedenkfotos] der am sowjetischen Atomprojekt beteiligten deutschen Wissenschaftler; [[Sochumi-Institut der Physik und Technologie]] (SIPT) in [[Tiflis]]/[[Georgien]]
* [https://recherche.staatsarchiv.hamburg.de/ScopeQuery5.2/detail.aspx?ID=6517 Staatsarchiv Hamburg Nachlass 622-1/335]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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{{Navigationsleiste Träger des Nobelpreises in Physik}}
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{{SORTIERUNG:Hertz, Gustav}}
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[[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Nobelpreisträger für Physik]]
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[[Kategorie:Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)]]
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Aktuelle Version vom 10. August 2021, 08:31 Uhr

Gustav Hertz (1925)
Berliner Gedenktafel am Haus Fabeckstraße 11, in Berlin-Dahlem

Gustav Ludwig Hertz (* 22. Juli 1887 in Hamburg; † 30. Oktober 1975 in Ost-Berlin) war ein deutscher Physiker und Neffe des Physikers Heinrich Hertz. Für den Franck-Hertz-Versuch erhielt er 1925 zusammen mit James Franck den Nobelpreis.

Leben

Erste Jahre

Hertz wuchs in Hamburg auf und besuchte das Realgymnasium der Gelehrtenschule des Johanneums. Er studierte Physik mit dem Interessenschwerpunkt auf der sich neu entwickelnden Quantenphysik in den damaligen Zentren der modernen Physik in Göttingen, München und Berlin. Nach seiner Promotion 1911 bei Heinrich Rubens an der Universität Berlin war er als Assistent am Physikalischen Institut der Universität Berlin tätig.[1]

Zusammen mit dem ebenfalls an der Berliner Universität lehrenden Physiker James Franck konzipierte er 1912/1913 Elektronenstoßversuche, die sich später als eine wesentliche Stütze der Bohrschen Atomtheorie und der Quantentheorie erwiesen und unter dem Namen Franck-Hertz-Versuch in die Geschichte eingehen sollten. 1925 erhielten beide dafür den Nobelpreis für Physik.

Im Ersten Weltkrieg

Ab 1914 nahm Hertz als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1915 zu der Spezialtruppe für Gaskampf, dem sogenannten Pionierregiment 35 unter Leitung Fritz Habers, abgeordnet.[2] Hertz nahm nicht am ersten Einsatz chemischer Waffen bei Ypern am 22. April 1915 teil, da er zu diesem Zeitpunkt einen anderen Frontabschnitt auf seine Tauglichkeit für Gasangriffe prüfte. Am 7. Juli 1915 wurde Hertz in Polen bei einem Gasangriff auf russische Truppen schwer verwundet, da sich während des Angriffs der Wind drehte und Hertz dadurch selber dem Gas ausgesetzt wurde. Nach mehrmonatigem Lazarettaufenthalt wurde Hertz aus der Armee entlassen.[3] 1917 habilitierte er sich mit einer Arbeit Über den Energieaustausch bei Zusammenstößen zwischen langsamen Elektronen und Gasmolekülen und war anschließend bis 1920 Privatdozent für Physik an der Universität Berlin.

In der Forschung

1920 übernahm Hertz für fünf Jahre die Leitung des Physikalischen Labors der Philips Glühlampenfabriken Eindhoven und beschäftigte sich dort mit der Physik der Gasentladung. Ab 1925 wirkte er als Professor für Physik an der Universität Halle (Saale). Nach der Verleihung des Nobelpreises für Physik 1925 erhielt Hertz 1927 einen Ruf an die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg, wo er Ordinarius für Physik und Leiter des neu eingerichteten Physikalischen Instituts wurde.[4] 1931 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[5]

In der NS-Zeit verfolgt

1935 wurde ihm wegen jüdischer Vorfahren die Prüfungsberechtigung entzogen, worauf er auf sein Lehramt verzichtete (sein Nachfolger wurde Hans Geiger). Zwar blieb er Honorarprofessor, zog einer „halben Professorenschaft“ jedoch die Tätigkeit als Direktor des Siemens & Halske-Forschungslabors II in Berlin vor. Seine Wohnung befand sich in Berlin-Dahlem, Fabeckstraße 11.[6] Am Forschungslabor beschäftigte er sich mit Diffusionstrennanlagen für leichte Isotope, die sich später als zentrale Technik im System der Uranbombenentwicklung erwiesen.

Als Atom-Forscher in der Sowjetunion

Aus diesem Grund wurde Hertz zusammen mit Manfred von Ardenne, Max Steenbeck und anderen „Atom-Spezialisten“ im April 1945 von einer Spezialeinheit der Roten Armee nach Suchumi am Schwarzen Meer gebracht. In Agudsera bei Suchumi hatte Hertz dann ein Forschungsinstitut mit deutschen Spezialisten zu leiten – nach transkribiertem Gertz Institut G genannt, in dem auch sein Neffe Hardwin Jungclaussen sechs Jahre gearbeitet hat.[7][8]

Neben den Arbeiten von Nikolaus Riehl zur Reinstdarstellung von Uran wurden die Gruppen des Instituts G in Agudsera, die Trennkaskaden zur 235U-Erzeugung erarbeiteten, mit hohen Preisen ausgezeichnet, darunter Hertz selbst gemeinsam mit Heinz Barwich mit dem Stalinpreis als der höchsten zivilen Auszeichnung in der damaligen Sowjetunion.

Rückkehr in die DDR

Grab von Gustav Hertz auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg

Seine Rückkehr bereits im Herbst 1954 war Bestandteil der Vorbereitungen der DDR auf den Wiedereinstieg in die Kerntechnik. Er übernahm diese Vorbereitungen und erhielt 1955 die Leitung des forschungspolitisch zentralen Wissenschaftlichen Rates für die friedliche Anwendung der Atomenergie beim Ministerrat der DDR. Sämtliche Vorbereitungen von der Konzentration der zerstreuten Institute bis zum Ausbau des neuen Dresdner Zentralinstituts für Kernforschung (heute Forschungszentrum Dresden-Rossendorf) wurden dort erarbeitet.

Ab 1954 war er außerdem Direktor des physikalischen Instituts an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR und Gründungsmitglied des Forschungsrates der DDR. 1958 wurde er als ausländisches Mitglied in die damalige Akademie der Wissenschaften der UdSSR aufgenommen.[9] Er erhielt hohe Auszeichnungen wie den Nationalpreis der DDR und war als Autor und Herausgeber eines dreibändigen Standardwerkes zur Kernphysik, dessen erster Band 1958 erschien, eine zentrale Persönlichkeit in der Entwicklung der Kernphysik in der DDR. 1975 starb er als einziger Nobelpreisträger, der jemals nach der Preisverleihung in der DDR wissenschaftlich tätig war, in Berlin.

Gustav Hertz ist auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg im Familiengrab, unter anderem mit Heinrich Hertz, begraben.

Ehrungen

  • Zusammen mit James Franck wurde Gustav Hertz 1925 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet
  • Mitglied der Leopoldina ab 1927
  • Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ab 1931
  • Gustav Hertz erhielt 1951 in der Sowjetunion den Stalinpreis als höchste zivile Auszeichnung des Landes.
  • Träger des Nationalpreises der DDR I. Klasse für Wissenschaft und Technik
  • 1959 wurde ihm die Helmholtz-Medaille der Akademie der Wissenschaften der DDR verliehen.
  • 1995 wurde zu Ehren von Gustav Hertz das Gustav-Hertz-Gymnasium in Leipzig-Heiterblick eröffnet.
  • Er ist Namensgeber des Gustav-Hertz-Preises der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) für herausragende Nachwuchswissenschaftler der Physik.
  • 2007 wurde der Asteroid (160512) Franck-Hertz nach James Franck und ihm benannt.[10]

Familie

Gustav Hertz war ein Sohn des Hamburger Rechtsanwalts Gustav Theodor Hertz (1858–1904) und seiner Ehefrau Anna Augusta geborene Arning. Seine Großväter waren der Senator Gustav Ferdinand Hertz sowie der Landgerichtspräsident Christian Arning.[11] Gustav Hertz war seit 1919 mit Ellen Dihlmann verheiratet.[12] Seine Söhne Carl Helmut Hertz und Johannes Heinrich Hertz aus dieser Ehe wurden ebenfalls Physiker.[11] Nach dem Tod seiner Frau (1941) heiratete Gustav Hertz 1942 Charlotte Hertz, geborene Jollasse.[13] Aus der Ehe seiner Schwester Susanne Hertz mit dem Pfarrer Hermann Jungclaussen ist sein Neffe Hardwin Jungclaussen hervorgegangen, der gleichfalls als Atomphysiker gearbeitet hat.[14] Der Onkel von Gustav Hertz war der berühmte Physiker Heinrich Hertz,[15] der Entdecker der elektromagnetischen Wellen, nach dem auch die physikalische Einheit Hertz (Hz) für die Frequenz benannt wurde. Gustav Hertz liegt in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf nahe dem Grab seines Onkels Heinrich Hertz begraben.

Während seiner Tätigkeit in der DDR bewohnte Gustav Hertz ein am Flusslauf der Dahme eigens für ihn errichtetes Haus in Berlin-Köpenick, Lienhardweg 47. Dort wurde eine Gedenktafel angebracht.[16] Nach ihm wohnte in diesem Haus der langjährige und vorletzte Präsident der Akademie der Wissenschaften der DDR, Werner Scheler, bis zu dessen Tod im Jahre 2018.

Publikationen

  • Über das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensäure in seiner Abhängigkeit von Druck und Partialdruck. Vieweg, Braunschweig 1911, OCLC 250285606 (Dissertation an der Universität Berlin, 5. Juli 1911, 39 Seiten, Referenten: Heinrich Rubens und Max Planck).

Literatur

  • Kurzbiografie zu: Gustav Hertz. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1, Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Stefan L. Wolff: Jüdische oder Nichtjüdische Deutsche? Vom öffentlichen Umgang mit Heinrich Hertz und seiner Familie im Nationalsozialismus. In: Ralph Burmester, Andrea Niehaus (Hrsg.): Heinrich Hertz vom Funkensprung zur Radiowelle. Deutsches Museum, Bonn 2012, ISBN 978-3-940396-33-4, S. 38–57.
  • Hartmann, W.: Gustav Hertz 80 Jahre. In: Gustav Hertz in der Entwicklung der modernen Physik – Festschrift zum 80. Geburtstag von Gustav Hertz am 22. Juli 1967. Akademie-Verlag, Berlin 1967, S. 5 – 8.

Weblinks

Commons: Gustav Hertz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Gustav Hertz im Catalogus Professorum Halensis
  2. Otto Hahn – Entdecker der Kernspaltung. (Memento vom 12. Oktober 2007 im Internet Archive) pro-physik.de, Stand 16. August 2009.
  3. William Van der Kloot: April 1915: Five future Nobel prize-winners inaugurate weapons of mass destruction and the academic-industrial-military complex. (PDF) In: Notes & Records of the Royal Society of London. Band 58, Nr. 2 (2004) S. 149–160, doi:10.1098/rsnr.2004.0053.
  4. TU Berlin über jüdische Wissenschaftler (Memento vom 28. November 2005 im Internet Archive)
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 112.
  6. Hertz, Gustav. In: Berliner Adreßbuch, 1943, Teil 1, S. 1101.
  7. Siehe dazu den Artikel-Abschnitt: Werner Hartmann: 1945–1955: Das UdSSR-Jahrzehnt
  8. Hardwin Jungclaussen: Frei in drei Diktaturen - Wie ich mein Leben erlebte und wie ich mein Glück fand. Autobiografie. trafo Verlagsgruppe Dr. Wolfgang Weist, trafo Literaturverlag, Reihe Autobiographien Band 48, Berlin 2015, ISBN 978-3-86465-050-5.
  9. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Gustav Ludwig Hertz. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 17. August 2015 (russisch).
  10. The Minor Planet Circulars/Minor Planets and Comets. (PDF) Minor Planet Center, Smithsonian Astrophysical Observatory, 26. September 2007, S. 118, abgerufen am 24. Mai 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  11. 11,0 11,1 Hertz II. In: Deutsches Geschlechterbuch. Band 216, 2003.
  12. John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Gustav Hertz. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)
  13. Curriculum Vitae von Hertz bei der Leopoldina
  14. Hardwin Jungclaussen: Frei in drei Diktaturen - Wie ich mein Leben erlebte und wie ich mein Glück fand. Autobiografie. trafo Verlagsgruppe Dr. Wolfgang Weist, trafo Literaturverlag, Reihe Autobiographien Band 48, Berlin 2015, S. 82–91, ISBN 978-3-86465-050-5.
  15. Kuczera, Gustav Hertz, 1985, S. 12
  16. Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 439.