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Stefan Walter Hell (* 23. Dezember 1962 in Arad, Volksrepublik Rumänien) ist ein rumäniendeutscher Physiker und Hochschullehrer. Er ist Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. 2014 wurde ihm zusammen mit Eric Betzig und William Moerner der Nobelpreis für Chemie verliehen.
Leben und Wirken
Stefan Hell entstammt einer Familie Banater Schwaben[1] aus dem zwanzig Kilometer von Arad entfernten Dorf Sântana (deutsch Sanktanna),[2] wo er die deutsche Schule besuchte.[3] Von 1977 bis 1978 war er Schüler des Nikolaus-Lenau-Lyzeums in Timișoara, bevor seine Familie 1978 mit ihm in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte und er am Carl-Bosch-Gymnasium in Ludwigshafen am Rhein das Abitur ablegte.[4]
Hell studierte ab 1981 Physik an der Universität Heidelberg. Er war von 1984 bis 1990 Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Nach dem Diplom-Examen 1987 nahm er bei Siegfried Hunklinger die Arbeiten zu seinem Dissertationsthema Abbildung transparenter Mikrostrukturen im konfokalen Mikroskop auf, die er 1990 mit der Promotion abschloss. Danach war er kurzzeitig als freier Erfinder tätig.[5] In dieser Zeit beschäftigte er sich mit Möglichkeiten, Lichtmikroskope zu konstruieren, die eine höhere Auflösung ermöglichen als die bis dahin entwickelten, und legte die Grundlage für die 4Pi-Mikroskopie.
Von 1991 bis 1993 arbeitete Hell im Heidelberger Hauptlabor des European Molecular Biology Laboratory.[6] Es gelang ihm hier, das Prinzip der 4Pi-Mikroskopie praktisch zu demonstrieren und die Tiefenauflösung wesentlich zu verbessern.
Hell war anschließend ab 1993 als Gruppenleiter an der Universität Turku in Finnland angestellt, und zwar in der Abteilung für Medizinische Physik,[5] wo er das Prinzip der STED-Mikroskopie (STED: Stimulated Emission Depletion) entwickelte.[7] Parallel dazu verbrachte er 1993 bis 1994 insgesamt sechs Monate an der Universität Oxford als Gastwissenschaftler im Bereich Ingenieurwissenschaften.[5] Seine Habilitation für Physik erfolgte 1996 wiederum in Heidelberg. Im darauf folgenden Jahr wurde er Leiter einer Nachwuchsgruppe am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, die im Bereich optische Mikroskopie forschte.[6] Um das Jahr 2000 gelang es der Gruppe, die Theorien von Hell und Wichmann experimentell zu bestätigen.[8][9]
Am 15. Oktober 2002 wurde Hell zum Direktor am Institut ernannt.[10] Neben seiner Tätigkeit in Göttingen wurde er 2003 als außerplanmäßiger Professor an die Universität Heidelberg berufen und wurde zudem Leiter der Abteilung „Hochauflösende Optische Mikroskopie“ am Deutschen Krebsforschungszentrum. 2004 wurde er zusätzlich zum Honorarprofessor für Experimentalphysik der Universität Göttingen ernannt.
Mit der Erfindung und Entwicklung der STED-Mikroskopie und verwandter Mikroskopieverfahren gelang es Hell, zu zeigen, dass man die herkömmlich auf etwa eine halbe Lichtwellenlänge (~200 Nanometer) begrenzte Auflösung im Fluoreszenz-Lichtmikroskop überwinden kann. Hell konnte erstmals experimentell nachweisen, dass das Auflösungsvermögen des Fluoreszenzmikroskops von der Beugung des Lichts (Diffraktion) entkoppelt und auf Bruchteile der Lichtwellenlänge (Nanometerbereich) gesteigert werden kann. Dies galt seit den Arbeiten von Ernst Abbe (1873) zur Beugungsbegrenzung des Auflösungsvermögens der Mikroskope bis dahin als undurchführbar. Für diese Leistung und ihre Bedeutung für andere Bereiche der Wissenschaft, wie den Lebenswissenschaften und der medizinischen Grundlagenforschung, erhielt er am 23. November 2006 den 10. Deutschen Zukunftspreis.[11] Seit 2013 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.[12]
2014 wurde Stefan Hell für die Entwicklung superauflösender Fluoreszenzmikroskopie[13] gemeinsam mit Eric Betzig und William E. Moerner der Nobelpreis für Chemie zuerkannt.[14]
Hell ist Mitglied des Exzellenzclusters CellNetworks, seine Arbeitsgruppe forscht im BioQuant-Zentrum der Universität Heidelberg.
2017 wurde Hell zum Honorarprofessor mit korporationsrechtlicher Stellung an der Fakultät für Physik und Astronomie der Universität Heidelberg bestellt.[15]
Hell ist verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter.
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2000: Preis der International Commission for Optics
- 2001: Helmholtz-Preis für Metrologie, Co-Rezipient
- 2002: Berthold Leibinger Innovationspreis, 3. Preis, Co-Rezipient
- 2002: Carl-Zeiss-Forschungspreis
- 2002: Karl Heinz Beckurts-Preis
- 2004: Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften – gestiftet von der Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung
- 2006: Robert B. Woodward Scholar, Harvard University, Cambridge, MA, USA
- 2006: Deutscher Zukunftspreis
- 2007: Julius-Springer-Preis für angewandte Physik
- 2007: ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- 2008: Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis[16]
- 2008: Niedersächsischer Staatspreis
- 2008: Nominierung für European Inventor of the Year des Europäischen Patentamtes[17]
- 2008: Methode des Jahres 2008 der Zeitschrift Nature Methods[18]
- 2009: Otto-Hahn-Preis für die Entwicklung neuer mikroskopischer Verfahren, die die bisherige Auflösungsgrenze überwunden haben.[16]
- 2009: Korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften[19]
- 2010: Ernst-Hellmut-Vits-Preis[20]
- 2011: Familie-Hansen-Preis[21]
- 2011: Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft[22]
- 2011: Meyenburg-Preis[23]
- 2011: Göteborg Lise Meitner Preis 2010/2011 der Chalmers Universität[24]
- 2012: Wissenschaftspreis der Fritz-Behrens-Stiftung[25]
- 2012: Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie[26]
- 2013: Carus-Medaille
- 2013: Paul-Karrer-Medaille
- 2014: Kavli-Preis in Nanowissenschaften[27]
- 2014: Nobelpreis für Chemie zusammen mit Eric Betzig und William E. Moerner „for the development of super-resolved fluorescence microscopy“.[28]
- 2015: Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie
- 2015: Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg
- 2015: Glenn T. Seaborg Medal
- 2015: Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
- 2015: Großkreuz des Sterns von Rumänien
- 2016: Mitglied der National Academy of Sciences
- 2016: Lars Onsager Lecture
- 2016: Markgräfler Gutedelpreis
- 2016: Wilhelm-Exner-Medaille
- 2016: Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)
Rundfunkberichte
Literatur
- Von der Mikroskopie zur Nanoskopie: Stefan W. Hell. In: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft 2003, München 2003, ISBN 3-598-24930-6, Seite 79–80 (Artikel über Hell als neues Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft).
- Autobiography Stefan Hell. In: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 2015, Heidelberg 2016, ISBN 978-3-8253-6633-9, S. 20–32 (autobiographischer Vortrag Hells).
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Christopher Schrader: Das Feld hat sich stürmisch entwickelt. sueddeutsche.de, 8. Oktober 2014, abgerufen am 8. Oktober 2014.
- ↑ adz.ro, ADZ, Werner Kremm: Noch ein guter Tag für das Banat. Dem aus Sanktanna stammenden Stefan W. Hell wurde der Nobelpreis für Chemie zugesprochen.
- ↑ adz.ro, ADZ, Banater Schwabe erhält Nobelpreis für Chemie
- ↑ EXCLUSIV Stefan W.Hell, al doilea elev de la Liceul „Nikolaus Lenau“ din Timişoara care a câştigat un Nobel (rumänisch) Adevarul. 8. Oktober 2014. Abgerufen am 8. Oktober 2014..
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Lebenslauf.
- ↑ 6,0 6,1 Homepage auf der Website des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie.
- ↑ Pressemitteilung Zukunftspreis, Juni 2006.
- ↑ Thomas. A. Klar, Stefan W. Hell: Subdiffraction resolution in far-field fluorescence microscopy. In: Optics Letters. Vol. 24, Nr. 14, 1999, S. 954–956, doi:10.1364/OL.24.000954.
- ↑ Fluorescence microscopy with diffraction resolution barrier broken by stimulated emission, T. A. Klar, S. Jakobs, M. Dyba, A. Egner, and S. W. Hell, Proc. Natl. Acad. Sci. USA (PNAS), 97, 8206-8210 (2000).
- ↑ Werdegang (PDF; 50 kB) von Stefan Hell.
- ↑ Artikel zum Zukunftspreis bei heise.de.
- ↑ Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Stefan Hell (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 06. Juni 2016..
- ↑ spiegel.de: Triumph für einen Dickkopf.
- ↑ www.nobelprize.org: Press release.
- ↑ Rhein-Neckar-Zeitung vom 16. Juni 2017, Seite 21 (Universitas - Uni-Info - Ehrungen - Ernennungen)
- ↑ 16,0 16,1 Auszeichnungen von Stefan Hell
- ↑ Göttinger Tageblatt, 11. April 2008 Hell für Innovationspreis nominiert
- ↑ Stefan Hell als Wegbereiter der Methode des Jahres geehrt, Informationsdienst Wissenschaft, 19. Dezember 2008.
- ↑ Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung 1909. Stefan W. Hell. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 2. Juli 2016.
- ↑ Vits-Preis für Prof. Dr. Stefan W. Hell, Presseinformation der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vom 8. November 2010.
- ↑ Familie-Hansen-Preis geht an Prof. Dr. Stefan W. Hell, Pressemitteilung Nr. 60, 2. November 2010.
- ↑ Stefan Hell – Körber-Preisträger 2011.
- ↑ Von der Mikroskopie zur Nanoskopie: Meyenburg-Preis 2011 geht an Stefan Hell beim DKFZ; abgerufen am 17. November 2011.
- ↑ Artikel über den Göteborg Lise Meitner Preis.
- ↑ Wissenschaftspreis 2012 der Fritz Behrens-Stiftung geht an Stefan Hell beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online); abgerufen am 17. Oktober 2012.
- ↑ Wissenschaftspreis 2012 für Stefan Hell, Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie.
- ↑ Stefan Hell erhält Kavli-Preis für Nanowissenschaften. Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Pressemitteilung), 29. Mai 2014, abgerufen am 6. Juni 2014. .
- ↑ The Nobel Prize in Chemistry 2014.