Nir Joseph Shaviv (hebräisch ניר יוסף שביב; * 6. Juli 1972 in Ithaca, New York) ist ein israelisch-amerikanischer Physiker. Er ist Professor am Racah Institut für Physik der Hebräischen Universität Jerusalem.[1]
Shaviv studierte 1987 bis 1990 Physik am Israel Institute of Technology in Haifa und schloss seinen BA als Jahrgangsbester ab. Während seines Wehrdiensts bei der IDF (1990–93) setzte er bereits 1992 seine Studien fort und war Coautor bei ersten Veröffentlichungen zur Astrophysik. Er erlangte 1994 den Master of Science in Physik und promovierte 1994 bis 1996. 1996 bis 1999 war er Lee DuBridge Prize Fellow bei der TAPIR (Theoretical Astrophysics Group) am California Institute of Technology. 1999 bis 2001 war er als Postdoc beim Kanadischen Institut für Theoretische Astrophysik der Universität Toronto und 2001 bis 2006 als Dozent am Racah Institut für Physik der Hebräischen Universität Jerusalem tätig.
Innerhalb der Astrophysik wurde er zu seinen Arbeiten zur Eddington-Grenze bekannt.[2] Er zeigte, dass astrophysikalische Objekte heller sein können, als die Eddington-Grenze vorgibt. Er konnte dabei den Masseverlust bei der Eta Carinae und bei klassischen Novae besser deuten.
Shaviv hatte den Einfluss von Kosmischer Strahlung auf Eisen-Meteoriten und deren Isotopenverteilung untersucht und dabei einen Zusammenhang zwischen Zeiten relativ kühlen Klimas in der Erdgeschichte und erhöhter Kosmischer Strahlung postuliert. Dies nutzte er zu einer Deutung des Paradoxon der schwachen, jungen Sonne wie des Temperaturverlaufs über die gesamte Erdgeschichte.[3] Shaviv identifizierte vier Peaks im Fluss kosmischer Strahlung (CRF, Cosmic Ray Flux) auf die Erde in den letzten 500 Millionen Jahren etwa mit einem Abstand von 143 plus/minus 10 Millionen Jahren, die er mit vier Durchgängen der Sonne durch Spiralarme in unserer Galaxie in Verbindung brachte, in denen aufgrund höherer Sterndichte mehr Supernovae auftreten, die Quellen kosmischer Strahlung sind. Den Peaks im CRF entsprachen Minima im globalen Temperaturverlauf. Shaviv arbeitete hier mit Jan Veizer zusammen.[4]
Er bezieht sich dabei auf die Hypothese Henrik Svensmarks zu einem kühlenden Effekt Kosmischer Strahlung auf das Klima. Demnach hätte als Erklärung des Paradoxons der schwachen jungen Sonne der stärkere Sonnenwind der jungen Sonne die Erde vor der galaktischen kosmischen Strahlung abgeschirmt.[3] Experimentelle Ergebnisse aus dem CLOUD-Experiment am CERN und anderen Experimenten konnten keinen größeren Einfluss kosmischer Strahlung auf die Aerosolbildung (Keime für Wolkenbildung) in der unteren Atmosphäre finden[5].
Die von Shaviv angenommene Korrelation zwischen den Spiralarmdurchgängen der Erde und den Eiszeiten in der Erdgeschichte wurde 2009 mit Hinweis auf neuere Thesen zu einer anderen Mechanik der Spiralarmdurchgänge angezweifelt.[6] Eine 2012 bei der Royal Astronomical Society erschienene Studie[7] von Henrik Svensmark erkennt dagegen einen Zusammenhang zwischen kühlen Klimaperioden auf der Erde und mariner Biodiversität und dem in der Studie rekonstruierten Verlauf der Häufigkeit von Supernovae in der Umgebung der Sonne in den letzten 500 Millionen Jahren.[7] Dabei stützte er sich weniger auf eine Rekonstruktion der Durchgänge der Sonne durch die Spiralarme (deren Struktur unsicher ist) der Galaxie, als auf die Analyse von Stern-Clustern in der Sonnenumgebung.[7]
Eine erhitzte Kontroverse mit dem Klimatologen Stefan Rahmstorf führte unter anderem zu juristischen Verwicklungen und dem Austausch von Presseerklärungen der zugehörigen Institute.[8][9] Shavivs Blog sciencebits eröffnete dieser, nachdem Rahmstorf versucht hatte, Shavivs Darstellung auf dessen Universitätswebseite juristisch zu unterbinden (Shaviv hatte den Austausch der Wissenschaftler veröffentlicht und Rahmstorf sah darin eine Copyright Verletzung).[10] Rahmstorf äußerte grundsätzliche Kritik am methodischen Vorgehen und den Schlußfolgerungen der Arbeiten von Shaviv und Veizer.[11]
2012 unterzeichnete Shaviv mit einer Reihe anderer Wissenschaftler einen offenen Brief, der im Wall Street Journal veröffentlicht wurde. [12] Demnach sei weder eine Dekarbonisierung noch sonstige drastische Maßnahmen erforderlich. Während seines Forschungsaufenthalt in Princeton als IBM Einstein Fellow und Mitglied des Institute for Advanced Study (2014/15) untersucht er den Zusammenhang von Klima und solarer kosmischer Strahlung, die Ausbreitung kosmischer Strahlung in der Galaxie und sehr leuchtstarke Entwicklungsstadien von Sternen jenseits der Eddington-Grenze. [13]
Shaviv stammt aus Haifa und wuchs in einer Familie von Wissenschaftlern des dortigen Technion auf. Dies betraf auch sein Elternhaus, welches von seiner Mutter Edna Shaviv, einer Professorin für Architektur und Städteplanung im Rahmen ihrer Forschung gestaltet wurde. Nirs Vater Giora Shaviv war als Physiker Dekan der Physikfakultät bei Technion und stand der israelischen Physikalischen Gesellschaft vor. Aufgrund seiner Jugend wurde Shaviv noch als Professor gelegentlich um den Studentenausweis gebeten, wenn er Bücher aus der Bibliothek entnahm.[14]
Shaviv lebt mit seiner Frau Hila in Jerusalem. Die beiden haben zwei Söhne.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Shaviv, Nir |
ALTERNATIVNAMEN | Shaviv, Nir Joseph |
KURZBESCHREIBUNG | israelisch-US-amerikanischer Astrophysiker |
GEBURTSDATUM | 6. Juli 1972 |
GEBURTSORT | Ithaca, New York |