Ein Kapillarelektrometer ist ein historisches Gerät zur Messung von elektrischer Ladung beziehungsweise von elektrischer Spannung. Es ist eine besondere Bauform des Elektrometers, die eine physikalische Eigenschaft der Oberflächenspannung als Messprinzip ausnutzt.
Das Kapillarelektrometer besteht aus einer Quecksilbersäule in einem Kapillarröhrchen, die oben mit verdünnter Schwefelsäure bedeckt ist. Um eine Spannung (oder genauer gesagt die elektrischen Potenzialdifferenz zwischen zwei Punkten) zu messen, werden die beiden Punkte mit den beiden Elektroden des Kapillarelektrometers verbunden. Eine Elektrode hat Kontakt mit der Säure, die andere mit dem Quecksilber. Das Gerät nutzt nun die Eigenschaft aus, dass an der Berührungsfläche zwischen Quecksilber und verdünnter Schwefelsäure die kapillare Oberflächenspannung der Quecksilberkuppe beim Durchgang eines elektrischen Stromes durch die elektromotorische Kraft der galvanischen Polarisation vergrößert wird. Das bedeutet, dass sich der Meniskus (= Wölbung der Oberfläche) der Quecksilbersäule verschiebt. Es können damit kleine Spannungsänderungen schon ab 25 µV gemessen werden.
Um das Ablesen des Messergebnisses zu vereinfachen wird der vergrößerte Schatten des Meniskus auf Film projiziert und das Profil anschließend analysiert.
Das Kapillarelektrometer wurde 1872 von Gabriel Lippmann in Heidelberg entwickelt. Das Gerät von Lippmann besteht aus einem 1 m hohen, 7 mm weiten, vertikalen Glasrohr, welches unten in ein 10 mm langes, nach oben umgebogenes Kapillarrohr ausgezogen ist; letzteres taucht in ein oben offenes Glasgefäß, welches verdünnte Schwefelsäure und darunter Quecksilber enthält.[1]
1876 benutzte der französische Physiologe Étienne-Jules Marey den Apparat, um die elektrische Aktivität des Herzens aufzuzeichnen. Dies war ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Elektrokardiographie.[2] 1887 konnte der Physiologe Augustus Desiré Waller erstmals Herzströme mit Hilfe eines Kapillarelektrometers aufzeichnen.