Leidener Flasche

Leidener Flasche

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Leidener Flasche

Die Leidener Flasche, auch Kleistsche Flasche, Kondensationsflasche oder Flaschenkondensator ist eine frühe historische Bauform eines elektrischen Kondensators. Der Aufbau besteht aus einem Glasgefäß, beispielsweise einer Flasche, an welchem auf der Innen- und Außenseite voneinander elektrisch isolierte Metallbeläge, beispielsweise zwei Metallfolien, angebracht sind. Das Glas stellt den Isolator zwischen den beiden Metallbeläge dar, die beiden Metallbeläge sind die Elektroden eines Kondensators.

Durch den Aufbau und verwendete Materialien wie Glas oder Keramik mit hoher Durchschlagsfestigkeit besitzen Leidener Flaschen im Regelfall eine hohe Spannungsfestigkeit die bis in den Bereich der Hochspannung geht und, da das zur Verfügung stehende Volumen der Flasche dabei nur unzureichend ausgenutzt wird, eine im Vergleich zu heute üblichen Kondensatorbauformen wie den Keramikkondensatoren oder Folienkondensatoren, eine nur geringe elektrische Kapazität.

Leidener Flaschen sind durch im Aufbau optimierte Bauformen abgelöst und haben keine wesentliche Bedeutung mehr. Sie werden der Einfachheit im Aufbau wegen als didaktisches Demonstrationsobjekt im Bereich der Ausbildung eingesetzt, ebenso bei Nachbauten von historischen elektrischen Geräten.

Geschichte

Das Prinzip der Leidener Flasche wurde unabhängig voneinander am 11. Oktober 1745 von dem Domdechanten Ewald Georg von Kleist in Cammin (Pommern)[1] und 1746 von dem Physiker Pieter van Musschenbroek in der Stadt Leiden erfunden, als sie bei Laborversuchen mit entsprechenden Anordnungen von Gläsern und Metallteilen elektrische Stromschläge erhielten.

Von verschiedenen Dokumenten wird auch Andreas Cunaeus (1712–1788)[2] als Miterfinder und Freund Musschenbroeks erwähnt, andere setzen Musschenbroek durch den in Klammern angehängten Namen Cunaeus fälschlich mit diesem gleich.

Aufbau

Kleist hatte bei Experimenten einen Nagel in eine wassergefüllte Flasche gesteckt und an eine Elektrisiermaschine angeschlossen. Beim späteren Herausziehen des Nagels erhielt er einen kräftigen elektrischen Schlag. Musschenbroek machte eine ähnliche Erfahrung. Verschiedene Gelehrte wiederholten den Versuch und variierten die Anordnung. Johann Heinrich Winckler verlegte den Leiter von der Mitte an die Innenwand der Flasche, umgab sie mit einer Ummantelung aus Metall und experimentierte mit verschiedenen Flüssigkeiten wie Wasser, geschmolzener Butter und Wein. Ihre endgültige Form erhielt die Leidener Flasche 1748 durch die beiden Londoner Ärzte William Watson und John Bevis. Sie verzichteten beide auf die Flüssigkeit und verkleideten die Flaschenwände innen und außen mit Zinnfolie, dem sogenannten Stanniol. Der Danziger Physiker Daniel Gralath der Ältere verband erstmals mehrere Leidener Flaschen zu einer Batterie und konnte so die Wirkung durch die Parallelschaltung erhöhen.

Erste Anwendungen

Bei den im 18. und bis Anfang des 19. Jahrhundert beliebten öffentlichen Demonstrationen der Elektrizität wurde auch der Kleistsche Stoß oder Erschütterungsschlag vorgeführt, bei dem einer Menschenkette ein Schlag aus einer Leidener Flasche versetzt wurde, wodurch die Versuchspersonen in Zuckungen verfielen. Georg Christoph Lichtenberg schrieb in einem Physiklehrbuch dazu:

„Zu Paris glaubte man vor einigen Jahren gefunden zu haben, dass der Stoß immer bey ‚frigidis et impotentibus‘ aufhöre. Der Graf von Artois, der davon hörte, berief dazu die Castraten der Oper; und man fand die Beobachtung falsch. Auf diese Weise ist die Elektrisiermaschine um die Ehre gekommen, dereinst als ein nützliches Instrument in den Versammlungs-Sälen der Consistorien und Ehegerichte zu prangen.“

Georg Christoph Lichtenberg

Diese Versuche blieben auch beliebt, nachdem 1750 der Nürnberger Mathematiklehrer Johann Gabriel Doppelmayr durch den Schlag einer Leidener Flasche gestorben war.[3]

Physikalisches

Eine Leidener Flasche stellt eine Bauform eines elektrischen Kondensators dar. In Form einer Flasche entspricht diese Bauform in guter Näherung einem Zylinderkondensator, die Berechnung der elektrischen Kapazität erfolgt daher wie bei einem Zylinderkondensator. Alternativ kann der konkrete Kapazitätswert einer Leidener Flasche mit einer Wechselspannungsbrücke messtechnisch ermittelt werden.

Die elektrische Kapazität beträgt bei typischen und dem historischen Aufbauten nachempfundenen Leidener Flaschen in der Größe einer handelsüblichen Glasflasche und mit elektrolytisch aufgebrachten Kupferüberzügen ca. 10 nF bis 100 nF.

Gefahrenhinweis

Durch den Aufbau bedingt weisen Leidener Flaschen nur einen sehr geringen äquivalenten Serienwiderstand (ESR) auf und können bei Kurzschluss im geladenen Zustand kurzzeitig hohe Stromimpulse abgeben. Sind Leidener Flaschen auf hohe Spannung aufgeladen, kann die gleichzeitige Berührung der beiden Metallelektroden zu einem Stromunfall führen.

Beim Zerlegen einer Leidener Flasche in ihre Einzelteile muss beachtet werden, dass die Ladung teilweise im Glaskörper gespeichert bleibt. Dieser Effekt hängt unter anderem von dem Isoliermaterial ab und ist Folge der dielektrischen Absorption. Nach dem Zusammenbau erscheint die Ladung wieder auf den Elektroden und kann zu einem Stromschlag führen. Ebenso kann eine entladene Leidener Flasche einige Zeit danach wieder Ladung aufweisen.

Größere Leidener Flaschen sollten daher so wie hochspannungsfeste Leistungskondensatoren nach deren Sicherheitsregeln gehandhabt werden: Nach Verwendung über einen Entladewiderstand gezielt die im Kondensator verbliebene Restladung entladen und bei Lagerung oder Transport die beiden Metallplatten kurzschliessen um eine ungewollte Aufladung zufolge der dielektrischen Absorption zu vermeiden.

Einzelnachweise

  1. Auszug aus der Familienbiografie der Kleists mit Link auf den Originalabdruck des Schreibens an Krüger
  2. Andreas Cunaeu. Families from the Netherlands.
  3. Walter Conrad (Hrsg.): Geschichte der Technik in Schlaglichtern, 1997, Meyers Lexikonverlag, S. 58.

Weblinks

Commons: Leidener Flaschen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien