Diamagnetismus

Diamagnetismus

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Vereinfachter Vergleich der Permeabilitäten von ferromagnetischen (μf), paramagnetischen (μp) und diamagnetischen Materialien (μd) zu Vakuum (μ0). Dabei ist μ jeweils die Steigung der Kurven B(H).
H: Feldstärke des äußeren Feldes
B: Flussdichte des induzierten Feldes

Diamagnetismus ist eine der Ausprägungsformen des Magnetismus in Materie. Diamagnetische Materialien entwickeln in einem externen Magnetfeld ein induziertes Magnetfeld in einer Richtung, die dem äußeren Magnetfeld entgegengesetzt ist. Diamagnetische Materialien haben die Tendenz, aus einem inhomogenen Magnetfeld herauszuwandern. Ohne äußeres Magnetfeld haben diamagnetische Materialien kein eigenes Magnetfeld, sie sind nichtmagnetisch.

Der Proportionalitätsfaktor der Feldabschwächung wird durch die relative Permeabilität $ \mu _{r} $ (bzw. die magnetische Suszeptibilität $ \chi =\mu _{r}-1 $) bestimmt und ist bei Diamagneten kleiner als 1 (vgl. Paramagnetismus).

In der Physik werden alle Materialien mit negativer magnetischer Suszeptibilität und ohne magnetische Ordnung als diamagnetisch klassifiziert. Die am stärksten diamagnetischen Elemente unter Normalbedingungen sind Bismut und Kohlenstoff.

Geschichte

Ein Stück Graphit, das durch Diamagnetismus über vier Permanentmagneten schwebt.

1778 beobachtete Sebald Justinus Brugmans, dass bestimmte Materialien von Magnetfeldern abgestoßen werden. 1845 erkannte Michael Faraday, dass alle Materialien in der Natur auf äußere Magnetfelder reagieren. Er führte den Begriff des „Diamagnetismus“ auf Vorschlag des Philosophen William Whewell in die Physik ein.

Modell

Wenn ein äußeres magnetisches Feld H auf diamagnetische Materialien einwirkt, ändert es die magnetische Ausrichtung der Bestandteile der Atome so, dass ein magnetisches Moment entsteht, welches dem äußeren magnetischen Feld entgegengesetzt ist. Das induzierte Feld B als Summe der magnetischen Momente der Atome des Materials schwächt dieses äußere Feld.

Bei einem inhomogenen Feld ist Arbeit aufzubringen, um einen Diamagneten in Bereiche höherer Feldstärke zu bewegen, da die kompensierenden Effekte verstärkt werden müssen. Von selbst strebt ein diamagnetisches Material in Richtung niedrigerer Feldstärke. Die tatsächlichen Vorgänge lassen sich nur quantenmechanisch erklären: Der Spin jedes Elektrons besitzt ein magnetisches Moment und erzeugt so ein Feld, das jedoch aufgrund des Pauli-Prinzips und der thermischen Bewegungen makroskopisch nicht in Erscheinung tritt. Erst das äußere Feld induziert gleichgerichtete magnetische Dipole.

Aufgrund dieser Überlegungen wird klar, dass jedes Material diamagnetisch ist. Weil die diamagnetischen Effekte jedoch schwächer als der Paramagnetismus und um Größenordnungen schwächer als der Ferromagnetismus sind, treten sie nur bei Materialien in Erscheinung, die weder para- noch ferromagnetisch sind. Man bezeichnet solche Stoffe dann als diamagnetisch.

Diamagnetische Materialien besitzen eine magnetische Suszeptibilität χ kleiner als 0 bzw. dementsprechend eine relative Permeabilität kleiner als 1.

Suszeptibilitäten ausgewählter Substanzen (Daten ohne Quellenangabe sind berechnet)
Material χV (SI)
auch χm oder χ
χV (cgs)
auch χm oder χ
χmol (SI)
m3·mol−1
χmol (cgs)
cm3·mol−1
χmass (SI)
m3·kg−1
χmass (cgs)
cm3·g−1
Aluminium (paramagnetisch) p4952.12,1·10−5 p4941.71,7·10−6 p4902.12,1·10−10 p4951.71,7·10−5[1] p4917.77,7·10−9 p4936.16,1·10−7
Aluminiumsulfat wasserfrei m5060.7−9,3·10−6 m5072.6−7,4·10−7 m5098.8−1,2·10−9 m5050.7−9,3·10−5[1] m5096.6−3,4·10−9 m5077.3−2,7·10−7
Aluminiumsulfat · 18 H2O m5058.4−1,6·10−5 m5068.7−1,3·10−6 m5095.9−4,1·10−9 m5046.8−3,2·10−4[1] m5093.9−6,1·10−9 m5075.2−4,8·10−7
Beryllium m5057.7−2,3·10−5 m5068.2−1,8·10−6 m5108.9−1,1·10−10 m5061−9,0·10−6[1] m5088.7−1,3·10−8 m5069−1,0·10−6
Bismut m5048.3−1,7·10−4[2] m5058.7−1,3·10−5 m5096.5−3,5·10−9 m5047.2−2,8·10−4[1] m5088.3−1,7·10−8 m5068.7−1,3·10−6
Blei m5058.4−1,6·10−5 m5068.7−1,3·10−6 m5107.1−2,9·10−10 m5057.7−2,3·10−5[1] m5098.6−1,4·10−9 m5078.9−1,1·10−7
Bor m5058.1−1,9·10−5 m5068.5−1,5·10−6 m5111.6−8,4·10−11 m5063.3−6,7·10−6[1] m5092.2−7,8·10−9 m5073.8−6,2·10−7
Cadmium m5058.1−1,9·10−5 m5068.5−1,5·10−6 m5107.5−2,5·10−10 m5058−2,0·10−5[1] m5097.8−2,2·10−9 m5078.2−1,8·10−7
Germanium m5052.9−7,1·10−5 m5064.4−5,6·10−6 m5100.3−9,7·10−10 m5052.3−7,7·10−5[1] m5088.7−1,3·10−8 m5068.9−1,1·10−6
Gold m5056.6−3,4·10−5 m5067.3−2,7·10−6 m5106.5−3,5·10−10 m5057.2−2,8·10−5[1] m5098.2−1,8·10−9 m5078.6−1,4·10−7
Kohlenstoff (Diamant) m5057.8−2,2·10−5 m5068.3−1,7·10−6 m5112.6−7,4·10−11 m5064.1−5,9·10−6[1] m5093.8−6,2·10−9 m5075.1−4,9·10−7
Kohlenstoff (pyrolytischer Graphit, senkrecht) m5045.5−4,5·10−4[2] m5056.4−3,6·10−5 m5097.6−2,4·10−9 m5048.1−1,9·10−4 m5078−2,0·10−7 m5058.4−1,6·10−5
Kohlenstoff (pyrolytischer Graphit, parallel) m5051.5−8,5·10−5[2] m5063.2−6,8·10−6 m5105.5−4,5·10−10 m5056.4−3,6·10−5 m5086.2−3,8·10−8 m5067−3,0·10−6
Kupfer m5060.4−9,6·10−6 m5072.3−7,7·10−7 m5113.1−6,9·10−11 m5064.5−5,5·10−6[1] m5098.9−1,1·10−9 m5081.4−8,6·10−8
Silber m5057.6−2,4·10−5 m5068.1−1,9·10−6 m5107.5−2,5·10−10 m5058−2,0·10−5[1] m5097.7−2,3·10−9 m5078.2−1,8·10−7
Wasser m5060.9−9,1·10−6 m5072.8−7,2·10−7 m5108.4−1,6·10−10 m5058.7−1,3·10−5[1] m5090.9−9,1·10−9 m5072.8−7,2·10−7
Zink m5058.4−1,6·10−5 m5068.8−1,2·10−6 m5108.6−1,4·10−10 m5058.9−1,1·10−5[1] m5097.8−2,2·10−9 m5078.3−1,7·10−7

Die Suszeptibilität ist nur in geringem Maße von der Temperatur, häufig jedoch stark vom Aggregatzustand, vom Kristallsystem und von der Richtung des Kristallgitters abhängig.[1] Eine große Anisotropie ist zum Beispiel bei pyrolytisch abgeschiedenem Graphit zu beobachten (siehe sortierbare Tabelle). Verbindungen von paramagnetischen Elementen, wie dem hier angeführten Aluminium, können diamagnetisch sein.

Effekte

Supraleiter

Supraleiter sind perfekte Diamagneten mit der Suszeptibilität −1: sie verdrängen die magnetischen Feldlinien aus ihrem Inneren (Meißner-Ochsenfeld-Effekt).

Schweben

Pyrolytischer Graphit schwebt im starken Magnetfeld

Durch den Effekt des Herauswanderns aus einem Magnetfeld ist es möglich, bei genügend starkem Magnetfeld (etwa 15 Tesla im Labor), Wasser und sogar Lebewesen schweben zu lassen. Diesen Effekt nennt man auch diamagnetische Levitation; bekannt wurden vor allem Versuche mit einem schwebenden Frosch, einer Spinne oder einem Holzklotz.

Pyrolytischer Graphit ist orthogonal zur Kristallebene stark diamagnetisch. Mit einem starken Neodym-Magneten kann Graphit in der Schwebe gehalten werden.

Siehe auch

Fachliteratur

  • Hans Fischer: Werkstoffe in der Elektrotechnik. 2. Auflage, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1982 ISBN 3-446-13553-7
  • Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1628-4
  • Prof. Dr. Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18.Auflage, Verlag – Europa – Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9
  • L. N. Mulay, E. A. Boudreaux: Theory and applications of molecular diamagnetism. Wiley, New York 1976, ISBN 0-471-62358-X
  • Dorfman: Diamagnetismus und chemische Bindung Teubner, Leipzig, 1964

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 CRC Handbook of Chemistry and Physics. CRC (Chemical Rubber Publishing Company), Boca Raton 1990. Seiten E-129 bis E-145.
  2. 2,0 2,1 2,2 Simon MD, Geim AK (2000): Diamagnetic levitation: Flying frogs and floating magnets. Journal of Applied Physics 87: 6200–6204, doi:10.1063/1.372654.