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Die Elementarzelle des Nickelaluminats. Blau: Sauerstoff, Rot: Nickel, Grau: Aluminium
Spinelle sind chemische Verbindungen des allgemeinen Typs AB2X4, wobei A,B Metallkationen sind, deren Oxidationszahl die Summe 8 ergibt, und X vorwiegend ein zweiwertiges Sauerstoff- bzw. Schwefel-Anion (also die Verbindung insgesamt ein Oxid bzw. Sulfid) ist. Wichtige Beispiele sind der Magnesiumspinell bzw. Spinell genannte Namensgeber der Verbindungsklasse (MgAl2O4) sowie Gahnit (ZnAl2O4). Bei den normalen Spinellen befinden sich alle 16 B-Atome auf den oktaedrischen Gitterplätzen, bei den inversen Spinellen sind je acht B-Atome und acht A-Atome oktaedrisch koordiniert[1].
Verwendung
Der Cobalt-Spinell CoAl2O4 Cobaltaluminat (Thénards Blau) ist als Farbpigment in der Industrie und in der klassischen analytischen Chemie als Nachweisreaktionen bekannt. Auch andere Spinelle werden als gegenüber Licht, Wetter und Chemikalien beständige Pigmente verwendet.[2], siehe auch Mischphasenoxidpigmente. Ferner werden farbige oder schwarze Spinelle als Schmucksteine verwendet, insbesondere die des eigentlichen Spinells.
Eisenspinelle werden als Fotokatalysatoren eingesetzt, Cobaltchromit als Katalysator beim Abbau von Schadstoffen.[3]
Magnetit ist eines der wichtigsten Eisenerze. Es dient als Pigment und wurde in der magnetischen Datenspeicherung eingesetzt.
Ähnlich wie Yttrium-Eisen-Granat werden Magnetit und verwandte Spinelle auch als Ferrite in Ferritkernen (auch für Mikrowellen geeignet) eingesetzt. Sie besitzen allerdings höhere Verluste.
Synthese
Die Synthese von Spinellen wird oft durch Coprezipitation erreicht. Dabei werden zum Beispiel erst die Chloride des jeweiligen Metalls in Lösung gebracht, als Hydroxide gefällt und abschließend gebrannt.
Varietäten
Spinell mit Zwillingsausbildung
- Aluminiumspinelle:
- Spinell MgAl2O4 (Magnesiumaluminat)
- Hercynit FeAl2O4 (Ferrospinell)
- Gahnit ZnAl2O4 (Zinkspinell)
- Cobaltaluminiumspinell (Thénards Blau) CoAl2O4
- Eisen(III)-Spinelle:
- Magnetit Fe3O4 (Magneteisenstein)
- Magnesioferrit MgFe2O4 (Magneferrit)
- Franklinit (Zn,Mn,Fe)(Fe,Mn)2O4
- Pleonast (Mg, Fe)(Al, Fe)O4 (Eisenspinell)
- Chromspinelle:
- Chromit FeCr2O4 (Chromeisenstein)
- Magnesiochromit MgCr2O4[4]
- Picotit (Fe, Mg)(Al, Cr, Fe)2O4[5]
- Titan-Spinell:
- Ulvit (Ulvöspinell) TiFe2O4[6]
- Cobaltspinelle:
- Cobaltaluminiumspinell CoAl2O4 (Thénards Blau)
- Cobaltschwarz Co3O4 (Cobalt(II,III)-oxid)
- Der Zink-Cobalt-Spinell ZnCo2O4 (Zinkkobaltit) ist grün-schwarz. Rinmans Grün hat eine ähnliche Zusammensetzung und ist irrtümlicherweise auch oft als Spinell bezeichnet worden, ist aber ein Mischoxid der Zusammensetzung ZnO*(CoO)*x (x=5 %).
Vorkommen
Spinelle sind geologisch außerordentlich wichtig.[7] Viele Mineralien sind Spinelle: 24 Oxide, 18 Sulfide und 3 Selenide sind bisher bekannte Mineralien mit Spinellstruktur.[7] Es wird vermutet, dass der Spinell Ringwoodit ein größerer Anteil des Erdmantels bildet.[7]
Kristallstruktur
Spinellstruktur
Grün Mg
2+, Blau Al
3+, Rot O
2−
Viele Verbindungen des Typs AB2O4 kristallisieren in der Kristallstruktur vom Spinelltyp, die zu den wichtigsten und häufigsten Strukturtypen gehört und nach dem Hauptmineral auch als Spinellstruktur bezeichnet wird.
Die O2−-Ionen bilden dabei ein kubisch-dichtes Kristallgitter, dessen Tetraederlücken zu einem Achtel von meist zweifach positiv geladenen A-Ionen wie Mg2+ und dessen Oktaederlücken zur Hälfte von meist dreifach positiv geladenen B-Ionen wie Al3+ besetzt sind. Andere Ladungen sind auch möglich, z.B. W6+(Na+2)O4
Inverse Spinelle haben auch die Formel AB2O4. Sie liegen im selben Gitter vor. Allerdings besetzen die A-Ionen ein Viertel der Oktaederlücken, die B-Ionen ein Viertel der Oktaeder- und ein Achtel der Tetraederlücken. Somit sind insgesamt wieder die Oktaederlücken zur Hälfte und die Tetraederlücken zu einem Achtel besetzt. Beispiele sind Magnetit Fe3O4 (=Fe(III)2Fe(II)) und TiMg2O4.
Berechnung
Es ist möglich, vorherzusagen, ob ein Spinell normal oder invers ist.
Dabei vergleicht man die Ligandenfeldstabilisierungsenergie (LFSE) im normalen Spinell mit der LFSE im inversen Spinell.
Beispiel
FeCr2O4:
- Fe2+:
- Tetraederlücke: Im tetraedrischen Ligandenfeld werden die 3 t2-Orbitale um 4 Dq angehoben und die 2 e-Orbitale um 6 Dq abgesenkt. Diese werden mit 6 Elektronen aufgefüllt (Fe2+ ist ein d6-Ion). Damit liegt die LFSE bei
- $ 3\cdot 6\,\mathrm {Dq} -3\cdot 4\,\mathrm {Dq} =6\,\mathrm {Dq} =0,6\,\Delta _{\mathrm {T} } $.
- Da $ \Delta _{\mathrm {T} }={\tfrac {4}{9}}\cdot \Delta _{\mathrm {O} } $,
- entspricht dies einer LFSE von
- $ \mathrm {LFSE} ={\tfrac {4}{9}}\cdot 0,6\,\Delta _{\mathrm {O} }=0,266\,\Delta _{\mathrm {O} } $.
- Oktaederlücke: Im oktaedrischen Ligandenfeld werden die 2 eg-Orbitale um 6 Dq angehoben und die 3 t2g-Orbitale um 4 Dq abgesenkt. Diese werden mit 6 Elektronen in der High-spin-Anordnung aufgefüllt. Damit liegt die LFSE bei
- $ \mathrm {LFSE} =4\cdot 4\,\mathrm {Dq} -2\cdot 6\,\mathrm {Dq} =4\ \mathrm {Dq} =0,4\Delta _{\mathrm {O} } $.
- Tetraederlücke: Cr3+ ist ein d3-Ion. Damit liegt die LFSE bei
- $ 2\cdot 6\,\mathrm {Dq} -1\cdot 4\,\mathrm {Dq} =8\,\mathrm {Dq} =0,8\,\Delta _{\mathrm {T} } $.
- Da $ \Delta _{\mathrm {T} }={\tfrac {4}{9}}\cdot \Delta _{\mathrm {O} } $,
- entspricht dies einer LFSE von
- $ \mathrm {LFSE} ={\tfrac {4}{9}}\cdot 0,8\,\Delta _{\mathrm {O} }=0,356\,\Delta _{\mathrm {O} } $.
- Oktaederlücke: Die LFSE liegt bei
- $ \mathrm {LFSE} =3\cdot 4\,\mathrm {Dq} -0\cdot 6\,\mathrm {Dq} =12\,\mathrm {Dq} =1,2\,\Delta _{\mathrm {O} } $.
Normaler Spinell (FeTCrOCrOO4): $ \mathrm {LFSE} =0,266\,\Delta _{\mathrm {O} }+2\cdot 1,2\,\Delta _{\mathrm {O} }=2,666\,\Delta _{\mathrm {O} } $
Inverser Spinell (FeOCrTCrOO4): $ \mathrm {LFSE} =0,4\,\Delta _{\mathrm {O} }+0,356\,\Delta _{\mathrm {O} }+1,2\,\Delta _{\mathrm {O} }=1,956\,\Delta _{\mathrm {O} } $
Damit hat der normale Spinell eine höhere Ligandenfeldstabilisierungsenergie. FeCr2O4 liegt als normaler Spinell vor.
Historisches
Die Spinellstruktur gehört zu den ersten Kristallstrukturen, an denen eine erfolgreiche Röntgenstrukturanalyse ausgeführt wurde, kurz nachdem 1912 die Röntgenbeugung entdeckt worden war. Die Spinellstruktur wurde 1915 durch Shoji Nishikawa (1884–1952) anhand von Laue-Diagrammen aufgeklärt,[8] und unabhängig davon durch William Henry Bragg. [9][10] 1931 wurde erkannt, dass die Kationen nicht völlig regelmäßig verteilt sind (Machatschki).
Literatur
- Will Kleber, Joachim Bohm, Hans-Joachim Bautsch: Einführung in die Kristallographie. 18. Ausgabe. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1998, ISBN 978-3-486-27319-9; S. 160.
- Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, Lange K. + Löcherer K.H., Springer-Verlag, ISBN 3-540-54715-0, S. L38 (Spinelle)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag zu Spinelle. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. Januar 2017.
- ↑ http://www.kreidezeit.de/Produktinformationen/PDFs_Datenblaetter/Pigmente.pdf
- ↑ zur Verwendung siehe Seite 7, Kapitel 2.1 Chrom- und Eisen-basierte Spinelle
- ↑ Magnesiochromit im Mineralienatlas
- ↑ Picotit im Mineralienatlas
- ↑ Ulvöspinell im Mineralienatlas
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (Vorabversion online [PDF]).
- ↑ Shoji Nishikawa: Structure of some crystals of the spinel group. In: Proceedings of the Tokyo Mathematico-Physical Society. Band 8, 1915, S. 199–209.
- ↑ William Henry Bragg: XXX. The structure of the spinel group of crystals. In: Philosophical Magazine Series 6. Band 30, Nr. 176, 1915, S. 305–315, doi:10.1080/14786440808635400.
- ↑ R. Gross, Übersetzung und Erläuterung von "W. H. Bragg: Structure of the spinel group of crystals", in: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie and Paläontologie, 1. Band 1917 online