Das Physikalische Institut der Universität Tübingen unterhält seit 1959 das Hochspannungslaboratorium Rosenau. Es befindet sich nördlich der naturwissenschaftlichen Institute auf der Morgenstelle.
1965 wurde nach vergeblichen Versuchen, einen Beschleuniger von AEG in Betrieb zu nehmen, ein 2-MeV-Beschleuniger der Firma High Voltage Engineering Company angeschafft. Dieser wurde 1978 durch einen 3-MeV-Van-de-Graaff-Beschleuniger derselben Firma ersetzt. Nach fünf Jahren Aufbau und Steuerungsentwicklung in Eigenregie ging er 1983 in Betrieb und wird bis heute (2011) unter anderem für Praktika benutzt.
Als Spannungsquelle dient ein Van-de-Graaff-Generator. Die zur Beschleunigung benötigte Hochspannung wird dadurch erzeugt, dass positive Ladung mittels eines Bandes aus isolierendem Material zur isolierten Hochspannungselektrode (Terminal) transportiert wird. Die Ladung wird vom Band (ca. 50 km/h) in das Innere des Terminals geleitet und wandert zu dessen Oberfläche, solange dort die Ladungsdichte niedriger ist als auf dem Band. Begrenzt wird die Spannung durch Funkenüberschläge zwischen (hier) positiv geladenem Terminal und geerdetem Gehäuse. Um genügende Maximalspannung zu ermöglichen, befindet sich der Generator in einer Druckkammer mit Isolieratmosphäre (30 % $ SF_{6} $, 30 % $ CO_{2} $, 40 % $ N_{2} $, bei 1,9 MPa).
Die erzeugte Spannung (maximal 3,7 MV) kann über ein "Generating Voltmeter" oder direkt über die Energie der Ionen am Analysiermagneten gemessen werden. Um die Spannung so konstant wie möglich zu halten, ist ein Regelkreis eingebaut, der die Spannung erhöht, sollten die beschleunigten Ionen einen zu kleinen Radius im Magneten haben, bzw. erniedrigt, sollten die Ionen einen zu großen Radius haben. Um die Hochspannung schnell genug regeln zu können, sind gegenüber dem Terminal so genannte Korona-Nadeln angebracht. Zwischen den Nadeln und dem Terminal fließt ein Gasentladungsstrom, dessen Stärke über den Abstand der Nadeln zum Terminal geregelt werden kann. Dieser Koronastrom wird einer schnell regelnden Röhrentriode zugeführt. Die so minimierte Strahlunschärfe liegt bei 1-2 keV.
Die zu beschleunigenden Ionen werden durch eine Hochfrequenzionenquelle in feldfreien Inneren des Terminals erzeugt. Diese nutzt das Prinzip der Ionisation durch hochfrequente elektromagnetische Felder im GHz-Bereich. Das Gas (man kann derzeit wahlweise Wasserstoff, Deuterium, Helium oder Kohlendioxid ionisieren) befindet sich in einem Glaszylinder, der von Hochfrequenzelektroden umgeben ist. Im Inneren des Zylinders wird nun ein Feld erzeugt, welches die natürlich vorhandenen Elektronen auf Spiralbahnen zwingt. Dabei ionisieren sie die Atome und Moleküle des Gases und erzeugen neue Elektronen. Das entstehende Plasma wird mit Hilfe eines Magnetfeldes in der Nähe des Extraktionskanals konzentriert und durch ein überlagertes elektrisches Feld (U ~ 3-10 kV) zwischen dem Extraktionskanal und der Elektrode am oberen Ende der Quelle extrahiert. Um einen höheren Quellstrom zu bekommen, fokussiert man den austretenden Ionenstrahl vor der eigentlichen Beschleunigungsstrecke. Dazu liegt zwischen der ersten Elektrode des Beschleunigungsrohrs und dem Extraktionskanal eine gegenüber dem Terminal negative Fokusspannung an. Der maximal extrahierbare Strom bei der Ionisation von Wasserstoff liegt bei ca. 2 mA.
Um die beschleunigten Ionen zu den Experimentierplätzen zu leiten, wird ein Strahlführungssystem benötigt. Die Strahlrohre sind evakuiert, um Streuung der Ionen mit Restgas zu vermeiden und somit eine ausreichend große freie Weglänge zu garantieren. Zudem wird der Strahl durch strahloptische Elemente fokussiert und auf das Target gelenkt.
Der vom Generator erzeugte Ionenstrahl kann an sechs verschiedene Experimentierplätze geleitet werden: Die Experimentierplätze 1, 4, 5 und 6 werden zur Erzeugung von Neutronen genutzt, die wiederum für weitere Experimente verwendet werden. An Experimentierplatz 2 und 3 werden die Experimente direkt mit den im Generator beschleunigten Ionen betrieben. Aus diesem Grund befinden sich an diesen Experimentierplätzen evakuierte Streukammern. Die Ortec-Streukammer an Experimentierplatz 3 ist aus Aluminium gefertigt und elektrisch isoliert. Zur Bündelung des Ionenstrahls reicht ein 44 cm langes Kollimatorrohr vom Ende des Strahlrohres bis in die Streukammer hinein. In der Mitte befindet sich eine sogenannte Targetleiter; sie ist um 360° drehbar und kann bis zu sechs Targets aufnehmen. Das ermöglicht das Wechseln des Targets ohne die Kammer belüften zu müssen. Auf einem schwenkbaren Arm sitzen (bis zu) 5 Silizium-Halbleiter-Detektoren im Abstand von 14,8 cm vom Target. Der Winkel zwischen zwei benachbarten Detektoren beträgt ca. 15°.
Zurzeit werden Siliziumdetektoren für astronomische Röntgensatelliten auf Strahlungshärte gegenüber niederenergetischen Protonen getestet. Zu diesem Zweck wurde die Ortec-Streukammer an Strahlrohr 3 vorübergehend abgebaut und das Strahlrohr verlängert. Ein Protonenstrahl wird mittels dünner Metallfolien auf Energien im Bereich 100 - 1000 keV abgebremst und aufgefächert. Der Protonenfluss am zu bestrahlenden Detektor wird mit mehreren Oberflächensperrschichtdetektoren überwacht.
Des Weiteren befindet sich ein Experiment zur Bestrahlung von Siliziumdetektoren für zukünftige Hochenergieexperimente mit monoenergetischen Neutronen im Aufbau. Die Neutronen werden in einem Deuteriumgastarget, das mit einem Deuteriumstrahl beschossen wird, mittels DD-Fusion erzeugt. Problematisch ist hierbei die Haltbarkeit des dünne Fensters zwischen dem evakuierten Strahlrohr und dem mit mehreren Bar Deuterium gefüllten Target. Beobachtet wird der Neutronenfluss mit einem kollimierten NE213-Detektor und Aktivierungsfolien.
Die D-Kammer an Strahlrohr 2 wird gelegentlich für Messungen der Zusammensetzung dünner Schichten oder zur Dickenbestimmung dünner Folien eingesetzt. Das verwendete Verfahren ist Rutherford-Rückstreu-Spektrometrie (Rutherford Backscattering Spectrometry, RBS), bei dem ein oder mehrere Detektoren unter großen Streuwinkeln nahe 180° das Energiespektrum zurückgestreuter Alphateilchen oder Protonen messen. Mit den vom Beschleuniger erreichbaren Energien lassen sich damit je nach Material Schichten bis zu einigen Mikrometern Dicke untersuchen.
Das sogenannte Rosenau-Praktikum (zweiwöchiges kernphysikalisches Kompaktpraktikum) findet seit 1986 jährlich in der Zeit um Ostern statt. Die Zielgruppe sind Studenten der Physik im Hauptstudium sowie Diplomanden und Doktoranden.
Koordinaten: 48° 32′ 20,1″ N, 9° 1′ 48,8″ O