Die Neutronenaktivierungsanalyse (NAA) ist eine kernphysikalische Methode zur quantitativen Analyse der Element- oder Isotopenzusammensetzung von Proben, die dazu mit Neutronen bestrahlt werden. Die zu bestimmenden Atomkerne (Analytkerne) der Probe treten mit den Neutronen in Wechselwirkung und es können, in Abhängigkeit von der Art der Kernreaktion, verschiedene Produkte entstehen. Dieser Vorgang, der in einem Forschungsreaktor oder mit Hilfe einer anderen Neutronenquelle durchgeführt wird, heißt Neutronenaktivierung. Die entstandenen Aktivierungsprodukte können radioaktiv sein und zerfallen dann mit ihrer charakteristischen Halbwertszeit. Sowohl bei Aktivierung als auch beim Zerfall wird Strahlung mit ebenfalls charakteristischen Energien frei, die zur Analyse benutzt wird.
Meist läuft die Neutronenaktivierungsanalyse in vier Phasen ab.
Am häufigsten werden thermische Neutronen zur Aktivierung verwendet. Die meisten Targetkerne weisen für Neutronen dieses Energiebereichs günstige Einfangquerschnitte auf und liefern daher eine gut messbare Ausbeute an Aktivierungsprodukten. Es kann aber auch mittels epithermischer oder schneller Neutronen aktiviert werden.
Durch die Dauer der Abklingphase lässt sich steuern, ob man bevorzugt Aktivierungsprodukte mit langen oder kurzen Halbwertszeiten messen will. Durch geeignete Wahl der Aktivierungs- und Abklingzeiten können in vielen Fällen spektrale Interferenzen ausgeschlossen werden.
Mittels Gammaspektrometrie wird ein Gammaspektrum der bestrahlten Probe aufgezeichnet. Aus der Lage der peakförmigen Signale lässt sich die Art der vorhandenen Aktivierungsprodukte ablesen. Die Höhe der Signale steht in Zusammenhang mit der Menge. Über einen internen Standard oder eine Kalibrierungsreihe kann auf die Ausgangsmenge an Analyt geschlossen werden.
Mittels Computer wird nun die gewonnene Information analysiert und über mathematische Algorithmen in Graphen umgerechnet.
Es existieren mehrere Varianten der Neutronenaktivierungsanalyse:
Die Neutronenaktivierungsanalyse gestattet die quantitative Elementbestimmung in sehr verschiedenartigen Probenmaterialien, die teilweise nur mit erheblichem Aufwand aufzuschließen wären (Gesteine, Legierungen), oder deren Zerstörung unerwünscht wäre (archäologische Artefakte und Kunstgegenstände). Bei letzteren kommt der Vorteil zum Tragen, dass die NAA mit kleinsten Probenmengen das Auslangen finden kann. Bei vielen Elementen (beispielsweise Gold und Arsen) ist die Erfassung winziger Spuren möglich. Die exzellente Leistungsfähigkeit der Neutronenaktivierungsanalyse kommt auch dadurch zustande, dass nicht unbedingt eine Probenvorbereitung (mit der damit verbundenen Kontaminationsgefahr) erforderlich ist.
Gemälde können auch durch eine Neutronenautoradiografie, eine Variante der Neutronenaktivierungsanalyse, untersucht werden[1]. In letzter Zeit wurde diese Methode erfolgreich bei der Untersuchung mehrerer Werke alter Meister angewendet, so beispielsweise bei Rembrandts "Susanna im Bade"[2] und "Porträt eines Mannes im Militärkostüm"[3], Titians "Mädchen mit der Früchteschale[4] und Vermeers "Junge Dame mit Perlenhalsband"[5].
Nachteilig ist der hohe instrumentelle Aufwand. Die höchste Leistung wird nur bei hohen Neutronenflussdichten erreicht. Dazu muss ein Forschungsreaktor zur Verfügung stehen. Kleinere Neutronenquellen sind erheblich einfacher zu handhaben. Dafür sind sie in ihren Leistungsparametern eingeschränkt, für viele Untersuchungen aber gleichwohl geeignet. Nachteilig ist auch, dass je nach Bestrahlung und Zusammensetzung der Probe für längere Zeit eine Restaktivität erhalten bleiben kann.
An einer Haarprobe von Napoléon, entnommen am Tage nach seinem Tode (5. Mai 1821), wurde 1961 mittels Neutronenaktivierungsanalyse nachgewiesen, dass er sukzessive mit Arsen vergiftet wurde. Durch die abschnittsweise Analyse einer 13 cm langen Strähne, konnte man, entsprechend dem natürlichen Wachstum der Haare, zeigen, dass er während einer einjährigen Phase Arsen mit Unterbrechungen verabreicht bekam und zu welchen Zeitpunkten dies geschah.[6] Allerdings gibt es auch Zweifel an dieser Theorie.[7]
In der Archäologie wird die NAA vor allem zur Herkunftsbestimmung von Rohmaterialien eingesetzt.