Die Mikrofluidik beschäftigt sich mit dem Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Dieses kann sich wesentlich von dem Verhalten makroskopischer Fluide unterscheiden, weil in dieser Größenordnung Effekte dominieren können, welche in der klassischen Strömungslehre oft vernachlässigt werden. Wenn beispielsweise die Reibungskräfte die Trägheitskräfte dominieren, was einer Strömung bei kleinen Reynoldszahlen entspricht, entsteht eine laminare Strömung ohne nennenswerte Turbulenzen. Dies erschwert das Mischen von Flüssigkeiten, welches ohne Turbulenz nur noch durch Diffusion geschieht. Ein weiterer Unterschied ist die mögliche Dominanz von Kapillarkräften gegenüber der Gewichtskraft. Dies drückt sich in einer kleinen Bond-Zahl aus und führt dazu, dass beim Transport sehr kleiner Flüssigkeitsmengen entgegen der Alltagserfahrung die Schwerkraft vernachlässigt werden kann.
Beispiele finden sich in vielen Gebieten der Biologie und Medizin. Technische Anwendungen gibt es in der Biotechnologie, Medizintechnik, Prozesstechnik, Sensortechnik und neuerdings auch bei Konsumgütern. Dabei kommen unterschiedliche Technologien und Materialgruppen zum Einsatz, wie beispielsweise Glas (auch fotostrukturierbares Glas wie zum Beispiel Foturan), Kunststoff oder Silizium. Fluide werden bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert. Dies kann rein passiv, beispielsweise über kapillare Fluidstrukturen gelöst werden. Hier kommen unter anderem zusätzliche externe Antriebsmechanismen wie z. B. CD-Player-ähnliche Systeme zum Einsatz. Unter Nutzung der Zentrifugalkraft als rotatorischen Antrieb des Flüssigkeitstransports kann in den rein passiven Fluidiksystemen eine gezielte Führung des Medientransports erreicht werden. Von einer „aktiven Mikrofluidik“ wird gesprochen, wenn die Manipulation der Arbeitsflüssigkeiten durch aktive (Mikro-) Komponenten wie durch Mikropumpen oder Mikroventile gezielt gesteuert werden. Mikropumpen fördern oder dosieren Flüssigkeiten, Mikroventile bestimmen die Richtung bzw. den Bewegungsmodus von gepumpten Medien. Mikromischer ermöglichen ein gezieltes Vermengen von Fluidvolumina. Oft sollen Verfahren, die sonst in einem Labor durchgeführt werden, zur Steigerung der Effizienz und der Mobilität oder zur Verringerung der benötigten Substanzen auf einem einzelnen Chip, dem sogenannten Chiplabor, durchgeführt werden.
Werden zwei nichtmischbare Flüssigkeiten gezielt durch einen Mikrokanal geschickt, so bilden sich Phasengrenzen aus und eine Flüssigkeit bildet Tropfen innerhalb der anderen. Dies bezeichnet man als „tropfenbasierte Mikrofluidik“ oder "digitale Mikrofluidik". Üblicherweise werden ganze Sequenzen von Tropfen erzeugt. Diese Tropfen stellen Versuchsgefäße dar, in denen chemische Reaktionen und biologische Prozesse[1] untersucht werden. Auch für die logische Informationsverarbeitung[2] können sie verwendet werden. Die tropfenbasierte Mikrofluidik stellt eine (teil-) serielle Alternative zu Mikrotiterplatten dar. Die Mikrofluidsegmenttechnik ist einen Spezialfall der tropfenbasierten Mikrofluidik. Sie wird u.a. für Partikelsynthesen, für kombinatorische Syntheseexperimente, in Durchfluss-Thermocyclern für die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), in der Mikrodurchfluss-Kalorimetrie, für die Suche nach unbekannten Mikroorganismen und in der Mikrotoxikologie eingesetzt[3].