Das Cos4-Gesetz (lies: Kosinus-hoch-4-Gesetz) beschreibt den natürlichen Randlichtabfall. Es besagt, dass die Bildhelligkeit beim Abbilden eines gleichmäßig hellen Motivs durch ein Objektiv um den Faktor $ \cos ^{4}\alpha $ gegenüber der Helligkeit in der Bildmitte abnimmt. Die Bildhelligkeit $ B(\alpha ) $ im Winkel $ \alpha $ außerhalb der Bildmitte beträgt
Das Gesetz gilt unter den Voraussetzungen, dass die Abbildung verzeichnungsfrei ist und das Objektiv nicht vignettiert und keine Pupillenaberration (also bei der Abbildung durch die Hauptstrahlen auftretende sphärische Aberration) aufweist und sonstige Lichtverluste, etwa durch Reflexion an den Linsenoberflächen, vernachlässigt werden. In der Praxis sind diese Voraussetzungen aber oft nicht erfüllt. Die meisten Objektive vignettieren bei weit geöffneter Blende, was den Helligkeitsabfall verstärkt, und die Pupillenaberration vieler Weitwinkelobjektive vermindert den Helligkeitsabfall erheblich.
Im Cos4-Gesetz sind verschiedene Faktoren zusammengefasst. Zur Veranschaulichung der einzelnen Ursachen für den natürlichen Randlichtabfall geht man von einem flächenhaften Motiv aus, z. B. einer gleichmäßig ausgeleuchteten Wand mit der Leuchtdichte L. Diese Voraussetzung gilt nicht für alle Objektive. Siehe Abschnitt Objektivkonstruktionen.
Die Abbildung soll mit einer idealen Linse erfolgen. Betrachtet man ein infinitesimales Oberflächenelement der Wand von der Größe $ dA=dx\cdot dy $, das sich auf der optischen Achse befinden soll, dann beträgt die photometrische Lichtstärke I senkrecht zur Oberfläche (also in Richtung der Linse)
Der die Linse durchsetzende Lichtstrom Φ ist vom Raumwinkel ω des Lichtkegels abhängig, der durch die Linse (Kegelbasis) und den Objektpunkt (Kegelspitze) gebildet wird:
Liegt das Oberflächenelement auf der optischen Achse, so ergibt sich der Raumwinkel ω aus Linsendurchmesser d und dem Abstand g zur Wand (näherungsweise für $ d\ll g $):
Verschiebt man nun das Oberflächenelement seitlich um einen Betrag s, so dass es von der Linse aus gesehen unter dem Winkel α zur optischen Achse erscheint, dann ändern sich sowohl die photometrische Lichtstärke I also auch der Raumwinkel ω:
Analog zu Gleichung 1 ergibt sich der resultierende Lichtstrom Φ zu
Setzt man $ \omega ' $ und I aus den Gleichungen 2 und 3 ein, ergibt sich:
Der Bildwinkel β entspricht dabei dem doppelten von α, denn er überstreicht denselben Winkel auch auf der α gegenüberliegenden Seite der optischen Achse, also gilt:
Dieser Ausdruck gibt an, wie groß der Lichtstrom von einem kleinen, im Winkel $ \alpha =\beta /2 $ zur Achse stehenden, Flächenelement durch eine kreisförmige Öffnung (hier der Linsenrand) ist. Er gilt universell, selbst wenn überhaupt keine abbildende Optik vorhanden ist.
Wird nun das Flächenelement $ dA $ von der Linse bzw. dem Objektiv verzeichnungsfrei und ohne weitere Lichtverluste mit dem Abbildungsmaßstab $ m $ auf die Bildebene abgebildet, so nimmt es unabhängig von $ \alpha $ immer die gleiche Fläche $ dA'=m^{2}\cdot dA $ auf dem Bild ein. Die Beleuchtungsstärke $ E $ der Bildebene an dieser Stelle beträgt dann
Somit nimmt die Beleuchtungsstärke des Bildes unter den beschriebenen Voraussetzungen mit dem Faktor $ \cos ^{4}\left({\frac {\beta }{2}}\right) $ ab (Cos4-Gesetz).
Wenn das Objektiv andererseits verzeichnet, dann hängt die Fläche des Bildelements $ dA' $ vom Bildwinkel ab. Einen erheblichen Einfluss hat dies bei Fischaugenobjektiven, die stark tonnenförmig verzeichnen. Mit zunehmendem Bildwinkel $ \alpha $ wird hier $ dA' $ immer kleiner, und das Licht konzentriert sich auf eine kleinere Fläche, was eine höhere Beleuchtungsstärke und somit eine Verminderung des Randlichtabfalls ergibt.
Bei Lichtverlusten innerhalb des optischen Systems – z. B. durch Filter, Blenden, Reflexions- und Absorptionsverluste – die das Bildfeld gleichmäßig abdunkeln, entspricht die gemessene Helligkeitsverteilung immer noch dem Cos4-Gesetz, denn dieses macht ja keine konkreten Helligkeitsangaben, sondern beschreibt das Verhältnis der Helligkeiten im Zentrum bzw. am Rand des Bildfeldes. Das gilt jedoch nicht für bildwinkelabhängige Lichtverluste.
Die scheinbare Verkleinerung des Oberflächenelementes $ dA $ durch die perspektivische Verkürzung und die Vergrößerung seines Abstandes vom Objektiv lässt sich nicht beeinflussen. Doch das „Zusammenquetschen“ des Lichtkegels durch die perspektivische Verkürzung der Linse (beziehungsweise der Eintrittspupille als Bild der Blende bei einem Objektiv) zur Ellipse lässt sich mit technischen Maßnahmen reduzieren.
So könnte man eine Linse durch eine Glaskugel (oder eine Schusterkugel) ersetzen – deren Projektion erscheint unter jedem Winkel als Kreis und erfährt daher keine perspektivische Verkürzung.
In realen Objektiven nutzt man zu diesem Zweck oft eine Pupillenaberration: Die Linsen vor der Blende, die diese auf die Eintrittspupille (EP) abbilden, werden so ausgelegt, dass die EP verzerrt wird. Mit zunehmendem Einfallswinkel $ \beta /2 $ des Lichts wird die Fläche der EP größer. Der Querschnitt des vom Objektiv eingelassenen Strahlenbündels reduziert sich dadurch um weniger als den Faktor $ \cos(\beta /2) $, und bei entsprechend starker Pupillenaberration kann er sogar größer werden. Mit vertretbarem Aufwand kann der Helligkeitsabfall um maximal etwa zwei Kosinus-Faktoren vermindert werden:
Allerdings ist eine so starke Pupillenaberration mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Die dadurch entstehen Abbildungsfehler müssen durch die Linsen nach der Blende wieder korrigiert werden. Der Helligkeitsgewinn fällt außerdem erst bei großen Bildwinkeln $ \beta $ deutlich ins Gewicht, deshalb kommt eine auf diesem Prinzip basierende Korrektur in der Fotografie erst bei Weitwinkelobjektiven mit großen Bildwinkeln zur Anwendung.
Dem Randlichtabfall kann bei der Aufnahme von unbewegten Motiven durch Stitching entgegengewirkt werden. Dabei werden einzelne Aufnahmen zu einer Aufnahme mit einem größeren Bildwinkel kombiniert. Die Kamera wird zwischen den einzelnen Aufnahmen jeweils horizontal bzw. vertikal um einen kleinen Winkel geschwenkt. Dadurch wird auch die Schärfeebene (ähnlich wie bei einem Fischaugenobjektiv – siehe nächster Abschnitt) und die Bildebene jeweils geschwenkt. Der Randlichtabfall kann dadurch im Prinzip völlig eliminiert werden. Während dem Randlichtabfall durch Stitching entgegengewirkt werden kann, wirkt sich umgekehrt der durch den Randlichtabfall verursachte Helligkeitsunterschied gerade beim Kombinieren von Aufnahmen besonders störend aus, vor allem wenn die Einzelaufnahmen selbst bereits einen größeren Bildwinkel abdecken.
Einige Objektivkonstruktionen zeigen einen gegenüber dem Cos4-Gesetz unterschiedlichen Randlichtabfall:
Während der absolute Helligkeitsabfall also nur unwesentlich beeinflusst werden kann, kann der relative Helligkeitsabfall hingegen einfach korrigiert werden, indem das Bild einfach im Bildzentrum abgedunkelt wird. So werden bei extremen Weitwinkelobjektiven beispielsweise Verlaufsfilter (Centerfilter) eingesetzt, die die Bildmitte abdunkeln und nach außen heller werden.
Durch das Abdunkeln mit einem Centerfilter wird zwar das Bild insgesamt dunkler (der absolute Helligkeitsabfall wird also noch größer), so dass bei der Fotografie längere Belichtungszeiten erforderlich werden. Aber der Helligkeitverlauf ist dafür weniger steil und die Bildausleuchtung gleichmäßiger.
Bei Digitalkameras kann die Firmware der Kamera während der Aufnahme oder später die Bildbearbeitungssoftware anhand der Metadaten über die Aufnahmeparameter in den digitalen Bilddaten eine Kompensation des Randlichtabfalls berechnen. In den Bildecken ist wegen der Verstärkung der Helligkeitswerte dann allerdings auch mit einer Verstärkung des Bildrauschens zu rechnen.[1]