Bellsche Ungleichung

Bellsche Ungleichung

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Die bellsche Ungleichung wurde 1964 von John Bell für die Korrelationen zwischen Messergebnissen von Beobachtungsgrößen (Observablen) angegeben. Sie ist für lokale klassische Theorien erfüllt, sogenannte Theorien verborgener Variablen auf dem Gebiet der Interpretationen der Quantenmechanik, aber in der Quantenmechanik im Allgemeinen nicht mehr erfüllt. In Experimenten wurde gezeigt, dass sie verletzt wird, was als Bestätigung der Quantenmechanik gilt.

Realismus und Lokalität

Die bellsche Ungleichung zeigt insbesondere, dass aus der Gültigkeit bestimmter grundlegender Annahmen der Quantenmechanik ein Widerspruch mit gleichzeitigem Vorhandensein von Realismus und Lokalität folgt:[1]

  1. Eine physikalische Theorie ist realistisch, wenn Messungen nur Eigenschaften ablesen, die unabhängig von der Messung vorliegen, wenn also das Ergebnis jeder denkbaren Messung feststeht, auch wenn es wegen ungenügender Kenntnis verborgener Parameter nicht vorher bekannt ist.
  2. Eine physikalische Theorie ist lokal, wenn sich bei zwei Teilchen mit raumartigem Abstand im Sinn der speziellen Relativitätstheorie die Wahl dessen, was beim einen Teilchen gemessen wird, bei der Messung nicht unmittelbar auf das andere Teilchen auswirkt. Das liegt daran, dass sich die gegenseitigen Einflüsse nach der Relativitätstheorie maximal mit Lichtgeschwindigkeit auswirken können.

Die Verwendung der Begriffe in der Analyse der Interpretation der Quantenmechanik stammt aus dem Aufsatz zum Gedankenexperiment von Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen (Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon).

„Klassische“ Theorien wie die newtonsche Mechanik oder die maxwellsche Elektrodynamik besitzen beide dieser Eigenschaften. Die bellsche Ungleichung ist damit in besonderer Weise dazu geeignet, um eine Gegenüberstellung oder einen Vergleich der Eigenschaften von Quantenmechanik und klassischer Physik durchzuführen.

Die Quantenmechanik ist keine realistische lokale Theorie. Die in der Quantenmechanik berechneten Mittelwerte verletzen die bellsche Ungleichung. Daher kann die Quantenmechanik – im Gegensatz zu einer Annahme Albert Einsteins – nicht durch Hinzufügen von verborgenen Variablen zu einer realistischen und lokalen Theorie vervollständigt werden.

Bei verschränkten Photonenpaaren ist die Verletzung der bellschen Ungleichung gemessen worden. Ihre Polarisationseigenschaften stimmen mit der Quantenmechanik überein und sind nicht mit der Annahme von Realität und Lokalität verträglich. Dies bedeutet, dass nicht alle Messwerte vor der Messung feststehen oder dass die Messwerte nichtlokal von weit entfernten, unvorhersehbaren Entscheidungen abhängen oder dass man nicht beliebig wählen kann, welche Eigenschaft des Systems gemessen werden soll.

Herleitung innerhalb der klassischen Physik

Wir betrachten Polarisationsmessungen an Paaren von Photonen, die von einer Quelle in entgegengesetzte Richtungen emittiert werden und an zwei Orten getrennt gemessen werden, wie oben erläutert innerhalb einer realistischen, lokalen Theorie.

Polarisationsfilter polarisieren Photonen in einer zur Ausbreitungsrichtung senkrechten Richtung $ \mathbf {a} \,. $ Sie lassen Photonen, die in Richtung $ \mathbf {a} $ polarisiert sind, ungehindert durch und absorbieren mit Sicherheit Photonen, deren Polarisationsrichtung senkrecht zu $ \mathbf {a} $ steht. Dabei ist $ \mathbf {a} $ ein Einheitsvektor in der Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Photons.

Dreht man den Filter in seiner Ebene, so erhält man einen Filter, der in gedrehter Richtung $ \mathbf {b} $ polarisiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon, das in Richtung $ \mathbf {a} $ polarisiert ist, ungehindert durch einen Filter geht, der in Richtung $ \mathbf {b} $ polarisiert, beträgt nach dem Gesetz von Malus

$ w(\mathbf {a} ,\mathbf {b} )=(\mathbf {a} \cdot \mathbf {b} )^{2}=\cos ^{2}\theta _{ab}\,. $

Mit der Wahrscheinlichkeit $ \,1-\cos ^{2}\theta _{ab}=\sin ^{2}\theta _{ab} $ wird es demnach absorbiert. $ \,\theta _{ab} $ ist dabei der von $ \mathbf {a} $ und $ \mathbf {b} $ eingeschlossene Winkel.

Die Polarisation der untersuchten Photonenpaare ist wegen ihrer Herkunft nicht unabhängig, sondern verschränkt. Stimmen die Richtungen der Polarisationsfilter an beiden Messorten überein, so wird das eine Photon genau dann absorbiert, wenn auch das andere Photon absorbiert wird.

Bei Polarisationsmessungen an Photonen fordert die Realitätsannahme, dass bei allen Messungen und für alle Richtungen eindeutig feststeht, ob das Photon absorbiert wird, auch wenn in jedem Einzelfall der Polarisationsfilter nur in einer Richtung messen kann.

Bei den Messungen wird vorausgesetzt, dass die Richtung beider Polarisationsfilter beliebig gewählt werden kann. Welche Richtung des Polarisationsfilters gewählt wird, soll also nicht vom jeweiligen Photonenpaar abhängen.

Lokalität bedeutet, dass sich die Richtung des einen Polarisationsfilters nicht auf das Absorptionsverhalten des Photons am anderen Filter auswirkt. Dies stellt man dadurch sicher, dass die Richtungen erst so spät zufällig gewählt werden, dass man von dieser Wahl selbst mit lichtschnellen Signalen bei der anderen Messung noch nichts wissen kann.

Man kann sich nun eine Reihe von wiederholten Messungen an Photonenpaaren vorstellen und diese fortlaufend mit $ \,i=1,2,\ldots ,N $ durchnummerieren. Wenn bei der $ i $-ten Messung der eine Filter in Richtung $ \mathbf {a} $ polarisiert und das erste Photon des Photonenpaares durchkommt, schreibt man dieses Ergebnis als $ \,a_{1i}=1 $ auf. Wird dieses erste Photon absorbiert, setzt man $ \,a_{1i}=-1 $. Mit $ \,b_{1i} $ bezeichnet man das Ergebnis, das sich bei der Messung Nummer $ i $ ergäbe, wenn am ersten Photon des Paares die Polarisation in Richtung $ \mathbf {b} $ gemessen würde, mit $ \,b_{2i} $ das entsprechende Ergebnis, wenn am zweiten Photon des Paares die Polarisation in Richtung $ \mathbf {b} $ gemessen würde. Entsprechend notiert man $ \,c_{2i}=1 $ oder $ \,c_{2i}=-1 $, je nachdem ob das zweite Photon des Paares im Versuch mit der Nummer $ i $ durch den zweiten, in Richtung $ \mathbf {c} $ polarisierten Filter kommt oder nicht.

Da die Ergebnisse $ \,a_{1i} $, $ \,b_{2i} $ und $ \,c_{2i} $ nur die Werte 1 oder -1 haben können, gelten in allen Fällen die Ungleichungen

$ a_{1i}\,(b_{2i}-c_{2i})\leq 1-b_{2i}c_{2i}\,. $

Denn entweder ist $ \,b_{2i}=c_{2i} $, dann sind beide Seiten gleich 0, oder es gilt $ \,b_{2i}=-c_{2i} $, dann hat die rechte Seite den Wert 2 und die linke Seite den Wert 2 oder −2.

Da bei gleicher Richtung beider Filter das eine Photon genau dann absorbiert wird, wenn auch das andere Photon absorbiert wird, gilt in allen Fällen

$ \,b_{2i}=b_{1i}\,. $

In die Ungleichungen eingesetzt, ergibt sich

$ a_{1i}\,b_{2i}-a_{1i}\,c_{2i}+b_{1i}\,c_{2i}\leq 1\,. $

Der Mittelwert $ \langle a_{1}\,b_{2}\rangle $ der Produkte der Messergebnisse ist die Summe der Produkte $ a_{1i}\,b_{2i} $, geteilt durch die Anzahl der Versuche,

$ \langle a_{1}\,b_{2}\rangle ={\frac {1}{N}}\sum _{i=1}^{N}a_{1i}\,b_{2i}\,. $

Entsprechend erhält man die Mittelwerte der Messergebnisse $ \langle a_{1}\,c_{2}\rangle $ und $ \langle b_{1}\,c_{2}\rangle $.

Summiert man die Ungleichungen und teilt man das Ergebnis durch die Anzahl der Versuche, so erhält man die bellsche Ungleichung[2] für Mittelwerte von Produkten von Polarisationswerten

$ \langle a_{1}\,b_{2}\rangle -\langle a_{1}\,c_{2}\rangle +\langle b_{1}\,c_{2}\rangle \leq 1\,. $

Bei der Herleitung der bellschen Ungleichung wurde vorausgesetzt, dass in jedem Versuch die Ergebnisse der Polarisationsmessungen in den drei Richtungen von $ \mathbf {a} ,\,\,\mathbf {b} $ und $ \mathbf {c} $ festliegen, obwohl tatsächlich nur in jeweils einer Richtung gemessen werden kann. Es wurde ferner davon ausgegangen, dass die Ergebnisse bei einem Photon nicht davon abhängen, in welcher Richtung am anderen Photon gemessen wird. Die Ergebnisse $ a_{1i} $ am ersten Photon sollen also nicht von der Richtung des zweiten Filters also $ a_{2i} $ oder $ b_{2i} $ oder $ c_{2i} $ abhängen. Schließlich wurde vorausgesetzt, dass der Mittelwert über alle gedachten Versuchsergebnisse mit dem Mittelwert über alle tatsächlich ausgeführten Versuche übereinstimmt und dass keine Eigenschaft des Photonenpaares die zufällige Wahl der Messrichtungen beeinträchtigt.

Quantenmechanische Mittelwerte

In der Quantenmechanik ergibt sich für den Mittelwert der Polarisationsmessungen

$ \langle {a}_{1}\,{b}_{2}\rangle =\cos(2\,\theta _{ab})\,. $

Dies folgt aus:

$ \langle {a}_{1}\,{b}_{2}\rangle =\langle {a}_{1}\,{b}_{1}\rangle \,, $
$ P({a}_{1}\ {b}_{1}=1)=\cos ^{2}\theta _{ab}\,, $
$ P({a}_{1}\ {b}_{1}=-1)=\sin ^{2}\theta _{ab}\,, $
$ \langle {a}_{1}\,{b}_{2}\rangle =(1)\cos ^{2}\theta _{ab}\ +(-1)\sin ^{2}\theta _{ab}\ =\cos(2\ \theta _{ab})\,. $

Es ist aber die Linearkombination der Mittelwerte, wie sie in der bellschen Ungleichung vorkommt,

$ \cos(2\,\theta _{ab})-\cos(2\,\theta _{ac})+\cos(2\,\theta _{bc})\,, $

nicht für alle Richtungen kleiner als 1. Wählt man beispielsweise $ \mathbf {b} $ als Winkelhalbierende zwischen $ \mathbf {a} $ und $ \mathbf {c} \,, $ die 60 Grad einschließen,

$ \theta _{ab}=\theta _{bc}={\frac {\pi }{6}} $ und $ \theta _{ac}={\frac {\pi }{3}}, $

so ergibt sich für die Linearkombination der quantenmechanischen Mittelwerte

$ \underbrace {\cos(2\,\theta _{ab})} _{\frac {1}{2}}-\underbrace {\cos(2\,\theta _{ac})} _{-{\frac {1}{2}}}+\underbrace {\cos(2\,\theta _{bc})} _{\frac {1}{2}}={\frac {3}{2}}\,, $

in deutlichem Widerspruch zur bellschen Ungleichung für lokale, realistische Theorien.

Die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten können also – im Gegensatz zur Annahme Albert Einsteins – nicht von einer vollständigeren, lokalen Theorie infolge der Unkenntnis verborgener Parameter herrühren, die den Ausgang jeder denkbaren Messung festlegen. Der Grund für die Abweichung in der Korrelationsabschätzung liegt darin begründet, dass in der bellschen Ungleichung vier unabhängige (lokale) Elemente drei Korrelationen ausbilden wohingegen in der Quantenmechanik drei unabhängige (nichtlokale) Wellenfunktionen drei Korrelationen ausbilden.

Experimentelle Untersuchungen

Anforderungen

Um die Verletzung der bellschen Ungleichung überzeugend nachzuweisen, muss das Experiment folgende Anforderungen erfüllen:

  1. Die Messungen an den beiden Photonen jedes Paares müssen raumzeitlich getrennt sein: es muss ausgeschlossen sein, dass die Wahl der einen Messrichtung bei der anderen Messung bekannt ist. Dies stellten Aspect und Weihs in ihren Experimenten dadurch sicher, dass die Richtungen erst so spät zufällig gewählt wurden, dass man von dieser Wahl selbst mit lichtschnellen Signalen bei der anderen Messung noch nichts wissen konnte. Es darf also kein Lokalitätsschlupfloch bezüglich unterlichtschneller oder lichtschneller Signale geben.
  2. Falls es aber überlichtschnelle Signale gäbe, dann wäre denkbar, dass die Entscheidung, in welche Richtung am einen Ort die Polarisation gemessen wird, sich auf das Ergebnis am anderen Ort auswirkt und die bellsche Ungleichung deshalb verletzt ist. Für solch ein Lokalitätsschlupfloch bzgl. überlichtschneller Signale gibt es allerdings keinen Hinweis.
  3. Bei den Photonexperimenten gibt es aber noch ein drittes Problem: Jeder Photodetektor weist nur einen Bruchteil der Photonen nach (im Experiment von Weihs nur 5 Prozent). Man muss zusätzlich annehmen, dass die nicht nachgewiesenen Photonen dieselben Eigenschaften haben wie die nachgewiesenen. Das ist das sogenannte Nachweisschlupfloch. Es wird beim Experiment von Rowe geschlossen.

Widerlegungsexperimente

Seit Ende der 1960er-Jahre wurden viele Experimente durchgeführt, um die Verletzung einer bellschen Ungleichung nachzuweisen:

  • C. A. Kocher und Eugene Commins (1967) beobachteten Korrelationen in Photonenpaaren, die von angeregten Kalziumatomen ausgesandt werden.[3]
  • Stuart J. Freedman und John Clauser (1972) benutzten diesen Prozess, um eine erste Verletzung einer bellschen Ungleichung zu demonstrieren.[4]
  • Aspect, Dalibard und Roger (1982) benutzten einen anderen Prozess im Kalziumatom, der höhere Zählraten und dadurch eine signifikantere Verletzung ergab. Außerdem waren beide Polarisationsfilter 12 m entfernt und die Wahl ihrer Messrichtungen erfolgte durch einen schnellen Zufallsgenerator erst nachdem beide Photonen die Quelle verlassen hatten.[5]
  • Weihs und Mitarbeiter (1998) benutzten polarisationsverschränkte Photonen, die durch spontane parametrische Fluoreszenz erzeugt worden waren. Die Polarisationsfilter waren 400 m entfernt, so dass eine Informationsübertragung über die Messrichtung wegen der endlichen Lichtgeschwindigkeit nicht möglich war.[6]
  • Rowe und Mitarbeitern (2001) gelang es, eine Verletzung der Ungleichung anhand von Messungen an Ionen in einer Falle zu demonstrieren. Dabei konnten alle Ereignisse detektiert werden (siehe: Anforderungen an das Experiment).[7]

Das Resultat des jeweiligen Experiments – dass die bellsche Ungleichung verletzt ist – zeigt explizit, dass die relevante Physik, die der beteiligten Quantenphänomene, nichtklassisch ist.

Neue Experimente, über die im Februar 2016 im Physik-Journal berichtet wird [8] lassen „Schlupfloch-Interpretationen“ mit ihren extrem kleinen p-Werten keine Berechtigung mehr.

Folgerungen

Man kann die Quantenmechanik nicht einfach als falsch abtun. Sie stimmt mit den experimentellen Befunden überein.

Man kann stattdessen Einsteins Postulate, insbesondere die Vorstellung verborgener Variablen, aufgeben und hinnehmen, dass die Wellenfunktion nur die Wahrscheinlichkeit der Messwerte festlegt, nicht aber, welcher Messwert in jedem Einzelfall auftritt. Dies ist die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik, die unter Physikern vorherrscht. So aufgefasst ist die Quantenmechanik nicht-real, im Gegensatz zu den Vorstellungen von Einstein, Podolski und Rosen (siehe Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon), weil eine Messung nicht einfach eine Eigenschaft abliest, sondern feststellt (präziser: herstellt), was zuvor nicht feststand. Zudem ist die Quantenmechanik auch nicht-lokal, weil sich der quantenmechanische Zustand des Photonenpaares über beide Messplätze erstreckt.

In ihrer Kopenhagener Deutung genügt die Quantenmechanik also nicht Einsteins Forderungen an eine vollständige, reale und lokale Beschreibung der Physik. Dies hatte Einstein erkannt und bemängelt. Aber er irrte in der Annahme, die Quantenmechanik könne durch Hinzufügen verborgener Variablen real und lokal werden.

Man kann die Lokalität aufgeben und an der Realität festhalten, wie beispielsweise in der bohmschen Mechanik. Bohm deutet die Wellenfunktion als nicht-lokales Führungsfeld klassischer Teilchen. Ob diese Deutung zu physikalischen Einsichten führt, ist unter Physikern strittig.

Verwandtes

Die CHSH-Ungleichung (1969 von John Clauser, Michael Horne, Abner Shimony und Richard Holt entwickelt[9]) verallgemeinert die bellsche Ungleichung auf beliebige Observable. Sie ist experimentell einfacher zu überprüfen.

D. M. Greenberger, M. A. Horne und A. Zeilinger beschrieben 1989 einen Versuchsaufbau, das GHZ-Experiment mit drei Beobachtern und drei Elektronen, um mit einer einzigen Gruppe von Messungen die Quantenmechanik von einer quasi-klassischen Theorie mit verborgenen Variablen zu unterscheiden.[10]

Hardy untersuchte 1993 eine Situation, mit der theoretisch Nicht-Lokalität gezeigt werden kann.

Die Experimente zur Verletzung der bellschen Ungleichung lassen offen, ob (wie in der Kopenhagener Interpretation) neben der Annahme der Lokalität auch die Annahme einer „objektiven Realität“ aufgegeben werden muss. Leggett formulierte 2003 eine Ungleichung, die unabhängig von der Annahme der Lokalität gilt und die Annahme objektiver Realität zu überprüfen erlauben soll.[11] Aktuelle Experimente von Gröblacher et al. deuten darauf hin, dass die Leggettsche Ungleichung verletzt wird.[12] Die Deutung der Ergebnisse ist jedoch strittig.[13][14][15]

Sonstiges

2001 veröffentlichten Karl Hess und der Mathematiker Walter Philipp Aufsätze, in denen sie auf ein mögliches Schlupfloch im bellschen Theorem hinwiesen.[16] Ihr Argument und ihr Modell ist von Zeilinger und anderen kritisiert worden.[17]

Siehe auch

Literatur

  • J. S. Bell: Speakable and Unspeakable in Quantum Mechanics, 2. Aufl, Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 978-0521523387 (mit einer Einführung von Alain Aspect, bündelt Bells Originalaufsätze, dt. Übersetzung: Quantenmechanik, Sechs mögliche Welten und weitere Artikel, de Gruyter, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-044790-3).
  • L. Hardy: Nonlocality for 2 particles without inequalities for almost all entangled states. In: Physical Review Letters. 71, Nr. 11, 1993, S. 1665–1668 (doi:10.1103/PhysRevLett.71.1665).
  • A. Aspect: Bell's inequality test: more ideal than ever. (PDF; 222 kB) In: Nature. 398, Nr. 6724, 1999, S. 189–190 (doi:10.1038/18296).
  • James T. Cushing (Hrsg.): Philosophical consequences of quantum theory: reflections on Bell's theorem. Univ. of Notre Dame Press, Notre Dame, Ind. 1989, ISBN 0-268-01578-3.
  • Michael Redhead: Incompleteness, nonlocality and realism a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics. Clarendon Pr., Oxford 1987, ISBN 0-19-824937-3.
  • M. Kafatos (Hrsg.): Bell’s Theorem. Quantum Theory and Conceptions of the Universe. Kluwer, Dordrecht-Boston-London 1989, ISBN 0-7923-0496-9.
  • T. Maudlin: Quantum Non-Locality and Relativity. Blackwell, Oxford U. K. and Cambridge MA, 1993, ISBN 0-631-18609-3.
  • A. Peres: All the Bell inequalities. In: Foundations of Physics 29 (1999), S. 589–614, (Preprint: arxiv:quant-ph/9807017).
  • A. Ekert: Feature Less Reality, More Security (PDF; 3.8 MB) In: Physics World September 2009, S. 29–32
Lehrbuchdarstellung
  • J. J. Sakurai: Modern Quantum Mechanics. 2. Auflage, Addison-Wesley, 1993, ISBN 0-201-53929-2, S. 174–187, 223–232.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bellsche Ungleichung bei scholarpedia.org (Englisch)
  2. J. S. Bell: On the Einstein-Podolsky-Rosen paradox. In: Physics. Band 1, Nr. 3, 1964, S. 195–200 (PDF).
  3. C. A. Kocher, E. D. Commins: Polarization Correlation of Photons Emitted in an Atomic Cascade. In: Physical Review Letters. Band 18, Nr. 15, 1967, S. 575–577, doi:10.1103/PhysRevLett.18.575.
  4. S. J. Freedman, J. F. Clauser: Experimental Test of Local Hidden-Variable Theories. In: Physical Review Letters. Band 28, Nr. 14, 1972, S. 938–941, doi:10.1103/PhysRevLett.28.938.
  5. Alain Aspect, Jean Dalibard, Gérard Roger: Experimental Test of Bell's Inequalities Using Time- Varying Analyzers. In: Physical Review Letters. Band 49, Nr. 25, 1982, S. 1804–1807, doi:10.1103/PhysRevLett.49.1804.
  6. G. Weihs, T. Jennewein, C. Simon, H. Weinfurter, A. Zeilinger: Violation of Bell's Inequality under Strict Einstein Locality Conditions. In: Physical Review Letters. Band 81, Nr. 23, 1998, S. 5039–5043, doi:10.1103/PhysRevLett.81.5039, arxiv:quant-ph/9810080v1.
  7. M. A. Rowe, D. Kielpinski, V. Meyer, C. A. Sackett, W. M. Itano, C. Monroe, D. J. Wineland: Experimental violation of a Bell's inequality with efficient detection. In: Nature. Band 409, Nr. 6822, 2001, S. 791-4, doi:10.1038/35057215.
  8. O. Gühne: Keine Ausreden mehr, in: Physik Journal 15 (2), S. 18–19 (2016)
  9. J. F. Clauser, M. A. Horne, A. Shimony, R. A. Holt: Proposed Experiment to Test Local Hidden-Variable Theories. In: Physical Review Letters. Band 23, Nr. 15, 1969, S. 880–884, doi:10.1103/PhysRevLett.23.880.
  10. M. Kafatos: Bell's Theorem, Quantum Theory and Conceptions of the Universe. 2. Auflage. Springer-Verlag GmbH, 1989, ISBN 0-7923-0496-9.
  11. A. J. Leggett: Nonlocal Hidden-Variable Theories and Quantum Mechanics: An Incompatibility Theorem. In: Foundations of Physics 33, Nr. 10, 2003, S. 1469–1493 (doi:10.1023/A:1026096313729, PDF)
  12. Simon Gröblacher, Tomasz Paterek, Rainer Kaltenbaek, Caslav Brukner, Marek Zukowski, Markus Aspelmeyer, Anton Zeilinger: An experimental test of non-local realism. In: Nature. 446, Nr. 7138, 2007, S. 871–875. (doi:10.1038/nature05677, arxiv:0704.2529)
  13. Alain Aspect: To be or not to be local. In: Nature 446, Nr. 7137, 2006, S. 866 (doi:10.1038/446866a).
  14. Ulf von Rauchhaupt: Weltbild der Physik. Die Wirklichkeit, die es nicht gibt Auf: faz.net 22. April 2007 (Zitat von Tim Maudlin)
  15. Brian Weatherson : Testing Realism?. 25. April 2007 (Bezug auf Tim Maudlin)
  16. Hess, Philipp: A possible loophole in the theorem of Bell, Proc. Nat. Acad. Sci. (PNAS), Band 98, 2001, S. 14224–14227, Bell's theorem and the problem of decidability between the views of Einstein and Bohr, PNAS, Band 98, 2001, S. 14228–14233, Breakdown of Bell's theorem for certain objective local parameter spaces, Proc. Nat. Acad. Science, Band 101, 17. Februar 2004, S. 1799
  17. Gill, Weihs, Zeilinger, Zukowski No time loophole in Bell's theorem; the Hess-Philipp model is non-local, PNAS, Band 99, 2002, 14632