Der Bumerang (Plural -e oder -s) ist eine traditionelle Wurfwaffe der australischen Aborigines. Er wird in der Neuzeit vor allem als Sportgerät genutzt. Bumerangs können aus Holz, Knochen, Metall oder Kunststoffen gefertigt sein. Während Sportbumerangs bei korrektem Wurf zum Werfer zurückkehren, war dies beim traditionellen australischen Boomerang („Kylie“) nicht zwingend der Fall. Der Vorteil des Jagdbumerangs besteht darin, dass er weiter, geradliniger und damit auch zielsicherer fliegt als ein zurückkehrender Bumerang.
Bumerange werden aus natürlich gewachsenem Hartholz, Sperrholz, Kunststoff oder anderen festen Materialien gefertigt. In der bekannten traditionellen Form sieht ein Bumerang wie ein „L“ mit zwei ungefähr gleich langen Armen aus. Wettkampfbumerangs haben jedoch oft drei oder mehr Arme, die nicht symmetrisch angeordnet sein müssen. In jedem Fall weisen die Arme ein Profil auf, das dynamischen Auftrieb erzeugt.
Der älteste bekannte Bumerang wurde 1985 in der Oblazowa-Höhle in den polnischen Karpaten entdeckt und konnte mit der Radiokohlenstoffdatierung auf ein Alter von etwa 23.000 Jahren BP bestimmt werden.[1][2] Er wurde aus dem Stoßzahn eines Wollhaarmammuts gefertigt und entstammt Siedlungsschichten des Gravettien. Das Gewicht des Originals beträgt 800 Gramm, also wesentlich mehr als bei einem gleich großen Holzbumerang, wie er der Form nach bei Aborigines in Gebrauch war. Wurfversuche mit einer gleich schweren Replik aus Kunststoff erbrachten dennoch sehr gute Wurfeigenschaften.[3]
Die ältesten Bumerangs aus Holz wurden 1973 im Wyrie Swamp in Südaustralien ausgegraben. Sie sind ca. 10.000 Jahre alt.[4]
In der Uferzone der Gelben Lake, eines Altarms der Elbe in Magdeburg-Neustadt, wurde 1990 bei der Auskiesung ein nur leicht beschädigter Bumerang geborgen.[5] Es handelt sich um ein „wiederkehrendes Exemplar“ aus Eschenholz. Das Gerät ist 7–10 mm dick und weist einen Winkel von 110° auf. Der erhaltene Arm ist 22 cm lang. Eine Altersbestimmung mittels Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass der Bumerang zwischen 800 und 400 v. Chr. (Ältere Eisenzeit) geschnitzt wurde. Neben dem deutschen Fund gibt es einen 1962 gefundenen Bumerang aus Velsen (Niederlande), der auf 300 v. Chr. (Jüngere Eisenzeit) datiert wurde und in Gyttjaschlamm eingelagert war.[6] Dieser ist mit 60° aber wesentlich flacher gewinkelt als der Magdeburger Fund.
Ob nordische Felsbilder der Jungsteinzeit und Bronzezeit in einigen Fällen Schamanen mit Bumerangs zeigen (Insel Notön und Brådön in Schweden), ist angesichts der Abbildungsungenauigkeit nicht zu entscheiden.[7] Auf einem Felsbild, das sich auf einer Klippe im Fluss Ångermanälven (Schweden) befindet, sind in typisch abstrahierter Form die Ruderer eines Ahnenschiffs dargestellt, über denen gebogene Striche (möglicherweise Bumerangs) schweben.[8] Auf einem bronzezeitlichen Felsbild in der Provinz Østfold (Norwegen) trägt ein Mann ein magisches Bumerang-Paar, das sich in seiner Ausführung deutlich von den Paddeln der anderen Bootsinsassen unterscheidet.
In einer ägyptischen Grabkammer entdeckte man Wurfhölzer, von denen man vermutet, dass es sich um rückkehrende Bumerangs handelt. Ägyptische Darstellungen aus der Zeit des Neuen Reichs zeigen vornehme Ägypter, die mit Wurfhölzern im Schilfdickicht Wasservögel jagen.
Heute sind es in erster Linie die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, die für die Verwendung von Bumerangs in ihrer jahrtausendealten Geschichte und bis in die Gegenwart bekannt sind.[9]
Aber auch in Afrika, Amerika und Asien (Indien) wurden Jagd-Bumerangs gefunden.
Auch bei manchen Indianerstämmen Nordamerikas werden Bumerangs noch heute als Waffe für die Jagd eingesetzt, so dass man heute als gesichert annimmt, dass dieses Wurfgerät schon sehr lange weltweit verbreitet war.
Ursprünglich wurde der Bumerang als Jagdwaffe entwickelt und war meist schwerer und größer als heutige Spiel- oder Sportbumerangs. Nach den wissenschaftlichen Untersuchungen von Hanns Peter[10] gab es 11 Typen von australischen Bumerangs. Von diesen waren 95 % nicht für den Rückkehrflug geeignet, sondern Jagdgeräte, die in geradem Flug ihr Ziel erreichten. Bumerangs wurden von den australischen Ureinwohnern auch als Grabstock, Musikinstrument oder Schlagwaffe verwendet. Einzelne Typen von Bumerangs konnten bis 2 kg schwer und 1,30 m lang sein.
James Cook brachte 1770 den ersten australischen Bumerang von seiner Reise nach Europa mit.
In den 1930er Jahren wurde der Bumerang als Sportgerät entdeckt. Inzwischen gibt es auf der ganzen Welt Bumerang-Clubs. In den geraden Jahren finden Weltmeisterschaften und in den ungeraden Jahren Europameisterschaften statt. Geübte Werfer können Nachbauten von Jagd-Bumerangs bis zu 100 m weit werfen.
Rückkehrende Bumerangs wurden in Australien zur Jagd auf Vögel eingesetzt, die in Schwärmen fliegen. Als Sport- und Spielgerät wurden sie von den jungen Aborigines schon immer verwendet, um die Handhabung dieses Geräts zu üben.
Heutige Sportbumerangs haben je nach Form und Profil stark unterschiedliche Flugeigenschaften und werden bei Wettkämpfen in entsprechenden Disziplinen eingesetzt.
Manche fliegen sehr lange, bevor sie zum Werfer zurückkehren. Andere kommen sehr genau zurück und werden zum Trick Catch (Trickfangen) oder zum Juggling (Jonglieren) eingesetzt. Wieder andere kommen schon nach ca. 3 Sekunden zurück, wodurch sie sich zum „Fast Catch“ eignen. Eine weitere Disziplin ist die „Australische Runde“, bei der Wurfweite und Rückkehrgenauigkeit zugleich bewertet werden.
Heute werden an Turnieren meist folgende Disziplinen durchgeführt: Für alle Disziplinen außer Weitwurf gilt: Der Bumerang muss mindestens den 20-m-Kreis überqueren. Geworfen wird in einem Feld, das aus mehreren konzentrischen Kreisen besteht.
Es gibt jedoch noch viele weitere, weniger übliche Disziplinen, von denen manche nur zum Spaß ausgeübt werden und keinen Wettkampfcharakter haben.
Der Bumerang-Sport wird vor allem in Europa, Nordamerika, Japan, Australien und Südamerika betrieben. Die führenden Nationen sind Brasilien (Weltmeister 2016), Deutschland, Frankreich, die Schweiz, die Vereinigten Staaten, Japan und Australien. Je nach Land existieren außer den nationalen Organisationen auch regionale Bumerang-Clubs. Die regionalen und nationalen Clubs führen Demonstrationen und Workshops durch, um den Bumerang-Sport bekannter zu machen.
(Stand Juni 2010)[11]
Disziplin | Resultat | Name | Land | Jahr | Turnier |
---|---|---|---|---|---|
Accuracy 50 | 68 Punkte | Thomas Stehrenberger | CHE | 2001 | Lausanne (CHE) |
Accuracy 100 | 99 Punkte | Alexander Opri | DEU | 2007 | Viareggio (ITA) |
Aussie Round | 99 Punkte | Fridolin Frost | DEU | 2007 | Viareggio (ITA) |
Endurance | 81 Fänge | Manuel Schütz | CHE | 2005 | Mailand (ITA) |
Fast Catch | 14,07 s | Manuel Schütz | CHE | 2017 | Besançon (FRA) |
Trick Catch/Doubling | 533 Punkte | Manuel Schütz | CHE | 2009 | Bordeaux (FRA) |
Consecutive Catch | 2251 Fänge | Haruki Taketomi | JPN | 2009 | n. k. (JPN) |
MTA 100 | 139,1 s | Nick Citoli | USA | 2010 | Rom (ITA) |
MTA unlimited | 380,59 s | Billy Brazelton | USA | 2010 | Rom (ITA) |
Long Distance | 238 m | Manuel Schütz | CHE | 1999 | Kloten (CHE) |
Ein Boomerang wurde benutzt, um den derzeit gültigen Guinness Weltrekord für das weiteste mit Muskelkraft geworfene Objekt aufzustellen. David Schummy warf am 15. März 2005 eine Weite von 427,2 Metern auf dem Murrarie Recreation Ground in Australien.
Die Rotation des Bumerangs wirkt wie die Drehung eines Kreisels. Sie hält die Ausrichtung der Rotationsachse auch bei kleinen Störungen stabil. Außerdem bewirkt die Rotation eine Auftriebskraft an den Flügeln des Bumerangs. Die Stärke des Auftriebs hängt von der Geschwindigkeit der umströmenden Luft ab.
Durch die Rotation bekommt immer der sich in Flugrichtung bewegende Flügel mehr Auftrieb, da sich dort die Strömungsgeschwindigkeit der Luft aus Rotationsgeschwindigkeit plus Fluggeschwindigkeit ergibt, während sich beim entgegengesetzt bewegenden Flügel die Rotationsgeschwindigkeit von der Fluggeschwindigkeit subtrahiert. Diesen Effekt findet man auch beim Hauptrotor eines Hubschraubers. Dort wird dieser unerwünschte Effekt durch die zyklische Blattverstellung korrigiert, bei der die sich in Flugrichtung bewegenden Rotorblätter einen geringeren Anstellwinkel erhalten als die rückläufigen.
Die Summe aller auf den fliegenden Bumerang wirkenden Auftriebskräfte ergibt eine Kraft, die die (virtuelle) Achse des rotierenden Bumerangs in einer Weise kippen möchte, dass der Bumerang geradeaus fliegen und sich dabei um eine virtuelle Achse in Flugrichtung drehen würde. Also würde bei einem rechtshändig geworfenen Bumerang der voreilende Flügel an der höchsten Stelle nach links kippen. Dass dies nicht der Fall ist, begründet sich in einem weiteren Kreiselgesetz, welches besagt, dass eine Kraft, die auf die Achse eines Kreisels wirkt, erst 90° in Drehrichtung versetzt zu einer Abweichung der Achse führt. Also kippt der voreilende Flügel nicht an der höchsten Stelle, sondern 90° später an der vordersten Stelle nach links, was den Bumerang zum Kurvenflug zwingt.
Ein Bumerang wird mit etwas Schräglage geworfen, um durch effektiven Auftrieb die Gravitation auszugleichen.
Die Orientierung des Flügelprofils und der Anstellwinkel bestimmen die Drehrichtung, die dem Bumerang beim Abwurf gegeben werden muss. Daher gibt es spiegelbildlich gefertigte Bumerangs für Rechts- und Linkshänder.
Von einem „Bumerangeffekt“ wird gesprochen, wenn eine Maßnahme zunächst Erfolg zu haben scheint, dieser Erfolg aber nach einiger Zeit wieder zunichte gemacht wird oder sich sogar ins Gegenteil verkehrt. In Ökonomie und Medizin wird dieser Vorgang als Rebound-Effekt bezeichnet, in der Psychologie spricht man von Reaktanz.
Als „politischer Bumerang“ wird eine Strategie bezeichnet, die, anstatt den beabsichtigten Effekt auszulösen, aus verschiedenen Gründen genau das Gegenteil bewirkt und sich gegen den Urheber der Strategie wendet: Sie fällt auf ihn zurück.[12]