Bei den meisten Stoffen nimmt die Dichte mit abnehmender Temperatur zu, auch über eine Aggregatzustandsänderung hinweg. Ein chemischer Stoff zeigt eine Dichteanomalie, wenn sich seine Dichte unterhalb einer bestimmten Temperatur bei Temperaturabnahme verringert, der Stoff sich also bei Abkühlung ausdehnt.
Dichteanomalien treten bei den chemischen Elementen Bismut, Gallium, Germanium, Plutonium und Silicium auf, ebenfalls bei Legierungen wie Woodsches Metall und Verbindungen wie Zirkoniumwolframat oder Zinkcyanid. Wasser ist der wichtigste Stoff, bei dem eine solche Anomalie auftritt: Hier wird zum einen die maximale Dichte des flüssigen Wassers oberhalb von 0 °C erreicht, zum anderen besitzt Eis eine geringere Dichte als flüssiges Wasser.
Bei Normaldruck hat Wasser seine größte Dichte von ca. 1000 Kilogramm pro Kubikmeter bei 3,98 °C und ist flüssig. Unterhalb von 3,98 °C dehnt sich Wasser bei (weiterer) Temperaturverringerung – auch beim Wechsel zum festen Aggregatzustand – (wieder) aus. Die Anomalie des Wassers besteht also im Bereich zwischen 0 °C und 3,98 °C, das Eis verhält sich nicht anomal, wenn auch untypischerweise die Dichte des Eises geringer ist als die des flüssigen Wassers. Die derzeit genauesten publizierten Werte für die maximale Dichte liegen bei (999,974950 ± 0,00084) kg/m3 bei einer Temperatur von (3,983 ± 0,00067) °C. Die Werte stellen einen Mittelwert der von verschiedenen physikalischen Instituten veröffentlichten Zahlen dar (Stand 2005).
Die Berechnung der Dichte von luftfreiem Wasser DLF in Abhängigkeit von der Temperatur T ([T] = °C) kann mit Hilfe der folgenden Virialgleichung erfolgen:
mit den Koeffizienten: a0 = 999,83952; a1 = 16,952577 (°C)−1; a2 = −7,9905127·10−3 (°C)−2; a3 = −4,6241757·10−5 (°C)−3; a4 = 1,0584601·10−7 (°C)−4; a5 = −2,8103006·10−10 (°C)−5 und b = 0,0168872. Für die Berechnung der Dichte von luftgesättigtem Wasser korrigiert man den Wert nach DLG/(g/l) = DLF/(g/l) − 0,004612 + 0,000106 (°C)−1·T.[1]
Im festen Aggregatzustand – in diesem Fall bei Eis – wird normalerweise eine hohe Fernordnung durch Ausbildung eines Kristallgitters im Zuge der Kristallisation erreicht. Im flüssigen Zustand herrscht eine Mischung von Ordnung und Chaos, wobei die Moleküle aufgrund ihrer höheren Geschwindigkeit ein größeres Volumen ausfüllen. Es erhöht sich also das Volumen, die Dichte wird damit geringer. Im gasförmigen Zustand ist die maximale Unordnung erreicht, d. h. die Atome verteilen sich dementsprechend gleichmäßig über den maximal zur Verfügung stehenden Raum.
Der Grund der Anomalie des Wassers liegt in der Verkettung der Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen. Durch sie benötigt die Struktur im festen Zustand mehr Raum als bei beweglichen Molekülen. Die Strukturbildung ist ein fortschreitender Vorgang, das heißt, es sind schon im flüssigen Zustand so genannte Cluster aus Wassermolekülen vorhanden. Bei 3,98 °C ist der Zustand erreicht, bei dem die einzelnen Cluster das geringste Volumen einnehmen und damit die größte Dichte haben. Wenn die Temperatur weiter sinkt, wird durch einen stetigen Wandel der Kristallstrukturen mehr Volumen benötigt. Wenn die Temperatur steigt, benötigen die Moleküle wieder mehr Bewegungsfreiraum, wodurch das Volumen ebenfalls steigt.
Die Dichteanomalie des Wassers ist wichtig für das Leben in Gewässern kälterer Klimazonen. Unterhalb einer Temperatur von etwa 4 °C sinkt Oberflächenwasser nicht nach unten. Statt des damit verbundenen Auskühlens tieferer Gewässerschichten und eines vollständigen Durchfrierens von unten her können sich thermische Schichten bilden. Wassertiere und -pflanzen können unter der Eisschicht überleben.