Multipolarität der Gammastrahlung

Multipolarität der Gammastrahlung

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Übergänge zwischen angeregten Zuständen (oder angeregten Zuständen und dem Grundzustand) eines Nuklids führen zur Emission von Gammaquanten. Diese kann man nach ihrer Multipolarität klassifizieren.[1] Es gibt zwei Arten: Elektrische und magnetische Multipolstrahlung (beides sind elektromagnetische Strahlung).

Elektrische Dipolstrahlung. Der Dipol liegt in der Zeichenebene, zeigt vertikal nach oben und oszilliert mit etwa 1 Hz. Die Farbe zeigt die Stärke des Feldes, das nach außen wandert. Die magnetischen Feldlinien stehen senkrecht auf der Zeichenebene.

Elektrische Dipol-, Quadrupol-, Oktupolstrahlung (allgemein: 2-Polstrahlung) nennt man auch E1-, E2-, E3-Strahlung (allgemein: Eℓ-Strahlung).

Analog wird magnetische Dipol-, Quadrupol-, Oktupolstrahlung (allgemein: 2-Polstrahlung) auch als M1-, M2-, M3-Polstrahlung (allgemein: Mℓ-Strahlung) bezeichnet (siehe auch: hertzscher Dipol).

Monopolstrahlung ($ \ell =0 $) gibt es nicht.[1]

In der Quantenmechanik ist der Drehimpuls quantisiert. Die verschiedenen Multipolfelder haben verschiedene Werte des Drehimpulses: Eℓ-Strahlung hat einen Drehimpuls $ \ell $ in Einheiten von $ \hbar $; analog hat Mℓ-Strahlung einen Drehimpuls $ \ell $ in Einheiten von $ \hbar $. Das Gesetz der Drehimpulserhaltung führt zu Auswahlregeln, d. h. zu Regeln, welche Multipolstrahlung in konkreten Übergängen stattfinden kann oder nicht.

Ein einfacher klassischer Vergleich: betrachte die Abbildung des oszillierenden elektrischen Dipols. Er erzeugt nach außen wandernde elektrische und magnetische Feldlinien, die durch die maxwellschen Gleichungen gekoppelt sind. Dieses System von Feldlinien ist dann das der E1-Strahlung. Ähnliche Überlegungen gelten für oszillierende elektrische oder magnetische Multipolfelder höherer Ordnung.

Anderseits ist es plausibel, dass die Multipolarität der Strahlung aus der Winkelverteilung der emittierten Strahlung erschlossen werden kann.

Quantenzahlen und Auswahlregeln für Multipolstrahlung

Vereinfachtes Zerfallsschema von 60Co, mit Angabe der Drehimpulse und Paritäten

Der Quantenzustand eines Nuklids wird beschrieben durch seine Energie über dem Grundzustand, durch seinen Drehimpuls $ J $ und durch seine Parität, d. h., durch sein Verhalten bei Raumspiegelung (positiv + oder negativ −). Da der Spin eines Nukleons 1/2 und der Bahndrehimpuls ganzzahlig ist, kann $ J $ ganzzahlig oder halbzahlig sein (in Einheiten von $ \hbar $).

Elektrische und magnetische Multipolstrahlung derselben Ordnung $ \ell $, d. h. Dipol- oder Quadrupol-Strahlung, haben den gleichen Bahndrehimpuls $ \ell $ (in Einheiten von $ \hbar $), aber verschiedene Parität. Die folgenden Beziehungen gelten für $ \ell >0 $:[1]

  • Elektrische Multipolstrahlung: Parität$ {}=+(-1)^{\ell } $
    Hier hat das elektrische Feld die Parität $ -(-1)^{\ell } $, und das magnetische Feld $ +(-1)^{\ell } $.
  • Magnetische Multipolstrahlung: Parität$ {}=-(-1)^{\ell } $
    Hier hat das elektrische Feld die Parität $ +(-1)^{\ell } $, und das magnetische Feld $ -(-1)^{\ell } $.

Die Bezeichnung „elektrische Multipolstrahlung“ ist passend, da der Hauptteil dieser Strahlung durch die Ladungsdichte in der Quelle erzeugt wird; die „magnetische Multipolstrahlung“ anderseits beruht hauptsächlich auf der Stromdichte in der Quelle.[1]

Ein Beispiel: in dem vereinfachten Zerfallschema von 60Co oben sind die Drehimpulse und Paritäten der verschiedenen Zustände angegeben (Plus bedeutet positive Parität, Minus bedeutet negative Parität). Betrachte den 1,33-MeV-Übergang zum Grundzustand. Der muss offenbar einen Drehimpuls von 2 haben, ohne Änderung der Parität. Er ist also ein E2-Übergang. Der 1,17-MeV-Übergang erfordert eine etwas kompliziertere Überlegung: beim Übergang von $ J=4 $ nach $ J=2 $ könnten alle Drehimpulse zwischen 2 und 6 emittiert werden. In der Praxis sind aber die kleinsten Werte am wahrscheinlichsten; es ist daher auch ein Quadrupolübergang, und zwar E2, da die Parität unverändert bleibt.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 J.M. Blatt, V.F. Weisskopf: Theoretical Nuclear Physics. Springer, New York 1979.