Großes Bombardement

Großes Bombardement

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Als Großes Bombardement (englisch Late Heavy Bombardment, LHB) wird eine Zeit während der Entwicklung des Sonnensystems bezeichnet, in der auf die noch jungen inneren Planeten (die Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde, Mars) und den Erdmond zahlreiche große Asteroiden und andere Restkörper der Planetenbildung stürzten.

Diese Epoche wird auf die Zeit vor etwa 4,1 bis 3,8 Milliarden Jahren angesetzt. Sie hatte großen Einfluss auf die Oberflächengestalt des Mondes und auf die ersten Entwicklungsstufen des irdischen Lebens. Viele der einschlagenden Körper waren Planetesimale mit Größen zwischen 1 und 50 km.

Wirkung auf Mond und Erde

Entstehung der Oberflächengestalt des Mondes (künstlerische Darstellung)

Das Große Bombardement konnte vor allem durch die Altersbestimmungen von Mondgestein erforscht werden, das von den Apollo-Astronauten 1969–1972 zur Erde gebracht worden war. Dabei zeigte sich, dass die meisten (etwa 50) der aufgeschmolzenen Gesteine durch Einschläge innerhalb einer geologisch relativ kurzen Periode entstanden waren. Mineralogische Besonderheiten dieser Mondproben ließen auf mehrere große Kollisionen etwa 500 Mio. Jahre nach der Entstehung des Erde-Mond-Systems schließen.

Durch neuere Forschungen sind allerdings Zweifel an der Herkunft des datierten Materials entstanden. Es wird für möglich gehalten, dass speziell die von Apollo 17 im Mare Serenitatis entnommenen Proben tatsächlich Ejekta aus dem Einschlag sind, der das Mare Imbrium formte, die zeitliche Nähe von Gesteinen aus Mare Serenitatis und Mare Imbrium somit nur scheinbar wäre und der Einschlag, durch den das Mare Serenitatis entstand, wesentlich länger zurückliegt. Dadurch wird die Theorie vom Großen Bombardement insgesamt in Frage gestellt.[1]

Auf dem Erdmond führten die größeren Körper zur Bildung der Mondmeere, da aus ihren Einschlagstellen Magma nach oben drang und weitreichende flache Basalt- und Lavadecken bildete. An Anomalien im Schwerefeld des Mondes sind bis heute lokale Massenüberschüsse im Inneren unseres Trabanten nachzuweisen, die sogenannten Mascons, die wohl durch die schweren Kerne oder Reste der eingeschlagenen Asteroiden bedingt sind.

Die mittelgroßen Körper des Bombardements (1 bis 20 km) bildeten die meisten der noch heute sichtbaren Mondkrater und Ringgebirge, die bis zu 300 km Durchmesser haben. Als Richtwert kann angenommen werden, dass der entstehende Einschlagkrater 10- bis 20-mal größer ist als der Impaktkörper selbst war. Dies ist die Folge der explosiven, schlagartigen Verdampfung des einschlagenden Materials.

Nach dem Großen Bombardement wurden die Einschläge seltener, weil die acht Planeten die Umgebung ihrer Umlaufbahnen von kleineren Körpern „gesäubert“ hatten. Daher haben die später entstandenen Mondkrater wesentlich kleinere Durchmesser.

Die Verhältnisse auf den Planeten Merkur und Mars waren ähnlich und ihre Spuren sind ebenfalls bis heute zu sehen. Auf der Erde sind von den Kratern des Bombardements wegen der Umwälzung der Erdkruste durch die Plattentektonik und der Erosion (Kreislauf der Gesteine) wesentlich weniger Spuren erhalten, überdies auf den Ozeanböden nur solche, die jünger als etwa 300 Millionen Jahre sind, also erst lange nach dem Bombardement entstanden.

Mögliche Ursachen

Zu den Ursachen des Großen Bombardements gibt es verschiedene Hypothesen. Anfänglich vermuteten die Planetologen, dass die Einschlagkörper sowohl Asteroiden (früh gebildete Planetoiden) als auch Kometen waren, was sich bald zugunsten ersterer verschob.

Die am häufigsten vertretene Theorie ist, dass die vier großen, neu entstandenen Gasplaneten (Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun) durch gravitative Wechselwirkung mit den Kleinkörpern in ihre heutigen Umlaufbahnen migrierten, wodurch sie bei den kleineren Körpern wie denen des heutigen Asteroiden- und Kuipergürtels massive Bahnstörungen verursachten. Dadurch gelangten viele Kleinkörper auch auf stark exzentrische Bahnen, was sie vermehrt in die Nähe der vier terrestrischen Planeten brachte.

Andere Wissenschaftler führen die vielen vor 3900 Jahrmillionen aufgeschmolzenen Mondgesteine auf einen einzigen gewaltigen Einschlag zurück, der mit dem Südpol-Aitken-Becken zusammenhängen könnte.

Siehe auch

Literatur

  • P. Moore, G. Hunt: Atlas des Sonnensystems Herder, Freiburg-Basel-Wien 1990

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Paul D. Spudis, Don E. Wilhelms, Mark S. Robinson: The Sculptured Hills of the Taurus Highlands: Implications for the relative age of Serenitatis, basin chronologies and the cratering history of the Moon. In: Journal of Geophysical Research Bd. 116 (2011), doi:10.1029/2011JE003903. Siehe auch New Research Casts Doubt on Late Heavy Bombardment (astrobio.net).