Luigi Ferdinando Marsigli

Luigi Ferdinando Marsigli

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Luigi Ferdinando Marsigli

Luigi Ferdinando Marsigli, gelegentlich auch Marsili oder Marsilius, (* 10. Juli 1658 in Bologna; † 1. November 1730 ebenda) war ein italienischer Soldat und Gelehrter. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „L.Marsili“. Er gilt als Pionier der Ozeanographie.

Leben

Marsigli studierte bis 1674 in Padua und Bologna Mathematik und Naturwissenschaften. Danach reiste er durch Italien (Besteigung des Vesuvs) und nach Konstantinopel (1679).

Graf Marsigli diente ab 1681 als Offizier auf österreichischer Seite in den Türkenkriegen und geriet 1683 bei Raab in türkische Gefangenschaft, wurde aber schon im folgenden Jahr ausgetauscht, dann zum Obersten ernannt und wiederholt für diplomatische Missionen herangezogen.

Während des spanischen Erbfolgekriegs war Marsigli Unterkommandant (stellvertretender Kommandeur) der Festung Altbreisach. Als er 1703 nahezu kampflos die Festung an Ludwig von Frankreich, Herzog von Burgund übergab, um so das Leben seiner Soldaten zu schonen, wurde er durch ein kaiserliches Kriegsgericht des Landesverrats angeklagt, 1704 degradiert und unehrenhaft aus der Armee entlassen.

Danach widmete er sich ausschließlich der Wissenschaft, besonders der Geologie, Astronomie und der Ozeanografie. Er bereiste zu naturwissenschaftlichen Untersuchungen die Schweiz (1705 mit seinem Sekretär Johann Scheuchzer), England und Südfrankreich, in der Folge hielt er sich meist in Bologna auf. Aus dem wissenschaftlichen Kreis, welcher sich um Marsigli gebildet hatte, entstand die Academia delle Scienze dell’Istituto di Bologna, an deren Gründung er beteiligt war.

Graf Luigi Ferdinando Marsigli starb am 1. November 1730 im Alter von 72 Jahren in Bologna. Testamentarisch vermachte er seine Bibliothek und eine reichhaltige Sammlung an Instrumenten, Mineralien und antiken Kunstwerken der Stadt Bologna, welche sie dann später im Palazzo Poggi Wissenschaftlern zur Verfügung stellte.

Forschung

In Konstantinopel wies er 1679 durch Messungen nach, dass salzarmes Wasser an der Oberfläche aus dem Schwarzen Meer durch den Bosporus ins Mittelmeer strömt und salzigeres Wasser in der Tiefe in umgekehrter Richtung. Diese Ergebnisse veröffentlichte er 1681 in Rom. 1726 veröffentlichte er in Amsterdam und Den Haag eine sechsbändige, mit 288 Kupferstichen illustrierte Monographie über den Donauraum, seine Geschichte und Geographie. Von 1706 bis 1708 war er in der südfranzösischen Küstenregion und unternahm meereskundliche Studien von einem Schiff aus. Dabei entdeckte er Küstenstrukturen (Schelf) unter Wasser und Meeres-Canyons. 1725 erschien sein Buch über Meereskunde. Im selben Jahr untersuchte er den Gardasee, was aber erst 1930 publiziert wurde.

Marsigli entfachte durch seine Experimente mit alkoholischer Gärung kontroverse Diskussionen, da er mit ihnen die Unmöglichkeit der Urzeugung zu beweisen versuchte. Zusammen mit Giovanni Maria Lancisi veröffentlichte er 1714 die Dissertatio de Generatione Fungorum ..., in der beide entschieden der seit der Antike verbreiteten Ansicht widersprechen, Pilze entstünden aus Fäulnis, wobei das Myzel ein Zwischenstadium zwischen verfaulenden Pflanzen und den Pilzen sei.

Im Gebiet der Astronomie machte sich Marsigli insbesondere durch seine Förderung der Sternwarte Specola in Bologna verdient, die er hervorragend ausstattete und interessierten jungen Forschern zur Verfügung stellte.

Ehrungen

  • 1691 wurde Marsigli zum Mitglied (Fellow) der Royal Society gewählt.[1]
  • Carl von Linné widmete ihm die Gattung Marsilea der Pflanzenfamilie der Kleefarngewächse (Marsileaceae).[2][3]
  • Der in den 1920ern entdeckte Unterwasservulkan Marsili wurde nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

  • Bevanda asiatica. Trattello sul caffè. Edizione Salerno, Rom 1998, ISBN 88-8402-236-3
  • Danubius Pannonico-Mysicus. Observationibus geographicis, astronomicis, hydrographicis, historicis, physicis perlustratus. Vízügyi Múzeum, Budapest 2004, ISBN 963-217-033-4 (Repr. d. Ausg. Den Haag 1726)
  • Histoire physique de la mer. Linosprint, Bologna 1999 (Repr. d. Ausg. Amsterdam 1725)
  • Lettere. Liguori, Bologna 1978, ISBN 88-207-0731-4 (hrsg. von Ornella Moroni)
  • Ragguaglio della schiavitú. Salerno Edizione, Rom 1996, ISBN 88-8402-186-3
  • Stato militare dell'Imperio Ottomanno. ADEVA, Graz 1972, ISBN 3-201-00769-2 (Repr. d. Ausg. Den Haag 1732)

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Marsigli, Ludwig Ferdinand Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 17. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1867, S. 15–18 (Digitalisat).
  • Christian Wißmüller: Der Geograph Luigi Ferdinando Graf Marsigli 1658–1730. Dissertation, Universität Erlangen 1900.
  • Max Pfannenstiel: Das Meer in der Geschichte der Geologie, Geologische Rundschau 60, 1970, 1–72.
  • F. Rodolico: Marsigli, in Dictionary of Scientific Biography.
  • Peter Broucek: Marsili, Luigi Ferdinando Conte di. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 259 f. (Digitalisat).
  • John Stoye: Marsigli's Europe. The life and times of Luigi Ferdinando Marsigli, soldier and virtuoso. Yale University Press, New Haven, N. J. 1994, ISBN 0-300-05542-0.
  • Eugen Seibold, Ilse Seibold: Antonio Vallisnieri – ein moderner Geologe vor 300 Jahren, Geologische Rundschau, 90, 2001, 903-910 (auch zu Marsigli).

Weblinks

Commons: Luigi Ferdinando Marsigli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Marsigli, Luigi Ferdinand (1658–1730) im Archiv der Royal Society, London
  2. Carl von Linné: Critica Botanica. Leiden 1737, S. 93
  3. Carl von Linné: Genera Plantarum. Leiden 1742, S. 508