Lunisolarkalender

Lunisolarkalender

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Ein Lunisolarkalender (lat. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) ‚Mond‘ und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) ‚Sonne‘) oder gebundener Lunarkalender enthält wie jeder Lunarkalender als Kalender-Monate primär 12 Mond-Monate. Zur Annäherung an das Sonnen-Jahr wird durchschnittlich alle nicht ganz drei Jahre ein dreizehnter Mond-Monat eingeschaltet.

Zweck eines Lunisolarkalenders

Die älteren Kalender waren Lunarkalender, weil sie sich an sicher beobachtbaren Himmelserscheinungen, nämlich den Mondphasen orientierten. Für einen Solarkalender müssen die ungleich schwerer festzustellenden Sonnenphasen, zum Beispiel die Tagundnachtgleichen oder die Sonnenwenden, bekannt sein.[1]

Ein reiner Lunarkalender hat keinerlei Bindung an das Sonnenjahr und an die Jahreszeiten. Er verschiebt sich um etwa elf Tage in jedem Sonnen-Jahr rückwärts. Ein Lunisolarkalender schafft hingegen eine angenäherte Angleichung an die Jahreszeiten, die das religiöse (jahreszeitlich bedingte Fest-Termine) und das wirtschaftliche (Saat- und Ernte-Termine) Leben bestimmen. Er folgt dem Sonnenjahr mit einer maximalen Abweichung von ± 2 Wochen.

Astronomische Grundlagen

Die langfristige Synchronisation in einem Lunisolarkalender zwischen Monaten und Jahren ist alle 19 Jahre möglich, denn 19 Solar-Jahre sind in guter Näherung gleich lang wie 235 Mond-Monate. Diese mit 6940 Tagen gleichgesetzte Zeitdauer ist die Meton-Periode, der entstehende Zyklus der Meton-Zyklus.

Als sich herausstellte, dass 6940 Tage für 19 Solar-Jahre etwa einen Viertel-Tag zu viel sind, wurde die Periode auf die vierfache Dauer vergrößert und diese mit 27.759 Tagen gleichgesetzt. Es entstand die kallippische Periode, die dem kallippischen Zyklus zu Grunde liegt.

In Lunisolarkalendern, in denen das durchschnittliche Kalender-Jahr durch einen Schalttag alle vier Jahre auf 365,25 Tage gehalten wird, ist die durch vier geteilte kallippische Periode anwendbar. Er ist die korrigierte Meton-Periode zu 6.939,75 Tagen (6.939,75 ÷ 19 = 365,25).

Konstruktion eines Lunisolarkalenders

Es ist naheliegend, dass, da der Lunisolarkalender aus einem Lunarkalender entwickelt wurde, seine Konstruktion auf diesem aufbaut.

Kalender-Monate sind weiterhin entweder volle Monate aus 30 Tagen oder hohle Monate aus 29 Tagen. Die bisherigen lunaren Kalenderjahre zu je 12 Monaten und 354 Tagen (mit Schalttag zu 355 Tagen) bleiben als gemeine Kalenderjahre erhalten, werden nur durch gelegentliche Schaltjahre ergänzt. Letzteren ist ein 13. Kalendermonat angehängt.

Das Lösungsmuster wurde in der Antike wie folgt beschrieben:[2]
Analog zum Meton-Zyklus bestehen 19 Kalenderjahre aus 235 Kalendermonaten. 110 davon sind hohle Monate, 125 sind volle Monate. Das ergibt 6940 Tage, die Länge der Metonperiode.

In welcher Zusammensetzung daraus in der Antike Kalenderjahre gebildet wurden, ist nicht überliefert. Folgende Konstruktion könnte möglich gewesen sein:

8 gemeine Jahre zu je 6 hohlen und 6 vollen Monaten = 48 hohle Monate und 48 volle Monate   (je 354 Tage)
4 gemeine Jahre zu je 5 hohlen und 7 vollen Monaten = 20 hohle Monate und 28 volle Monate   (je 355 Tage, mit Schalt-Tag zur Anpassung an das Mondjahr)
7    Schalt-Jahre zu je 6 hohlen und 7 vollen Monaten = 42 hohle Monate und 49 volle Monate   (je 384 Tage)

Diese Konstruktion ist im jüdischen Kalender erkennbar, obwohl dort wegen religiöser Traditionen auch Jahre mit 353, 383 und 385 Tagen vorkommen. Die für die Antike ebenfalls nicht überlieferte Reihenfolge der Schaltjahre besteht im jüdischen Kalender aus den Jahren 3, 6, 8, 11, 14, 17 und 19.

Es gibt auch eine antike Beschreibung, nach der sich hohle und volle Monate nicht gesetzmäßig folgen:[3]
Alle 235 Monate werden als volle Monate angesetzt. Alle 64 Tage wird aber ein Tag weggelassen (ausgeschaltet). Das passiert in der 6940-Tage-Periode nahezu regelmäßig 110-mal, wodurch indirekt aus vollen Monaten hohle Monate entstehen. Nur ist der ausfallende Tag in der Regel nicht der 30. Tag eines vollen Monats. Es wird angenommen, dass diese komplizierte Regel nur in einem astronomischen, nicht aber in einem bürgerlichen Kalender angewendet wurde.[4]

In einem kallippischen Lunisolarkalender folgte nach drei 19-Jahre-Perioden zu je 6940 Tagen eine 19-Jahre-Periode zu 6.939 Tagen, in der gegenüber dem beschriebenen Schema ein Tag entfiel. Auch zu diesem Detail ist nichts bekannt.

Die Schwierigkeiten bei der Berechnung des Osterdatums rühren daher, dass im Gegensatz zum jüdischen Kalender weder der julianische noch der gregorianische Kalender Lunisolarkalender sind. Um den das Osterfest bestimmenden Frühlingsvollmond zu ermitteln, ist eine Kalenderrechnung mit Monaten aus einem Lunarkalender anzustellen. Man bildet zunächst wie dort Jahre zu je 354 Tagen. Wenn der 13. Vollmond vor den 22. März fällt, wird das Jahr um einen lunaren Kalendermonat verlängert (Mond-Sprung). Das ergibt sich in einer Metonperiode siebenmal. Sechs Mondsprünge werden mit 30 Tagen versehen, der siebente mit 29 Tagen. Da der im Julianischen Kalender alle vier Jahre zugefügte Schalttag mit einem Anteil von 4,75 Tagen auf 19 Jahre auch die lunaren Kalendermonate verlängert, lautet die Bilanz für 19 Jahre:

19·354 Tage + 6·30 Tage + 29 Tage + 4,75 Tage = 6939,75 Tage = korrigierte Meton-Periode

Die drei in 400 Jahren im gregorianischen Kalender weggelassenen Schalttage ändern das Verfahren nicht. Die obige Bilanz bleibt bestehen, die “Ausfalltage” verschieben den berechneten Tag des Frühlings-Vollmondes indirekt (Sonnengleichung).

Beispiel

Würde man heute einen Lunisolarkalender erstellen, so kann man für hohe Genauigkeit den Kettenbruch nutzen:

12 / 1 = 12 = [12] (Fehler = −0.368266... synodische Monate/Jahr)
25 / 2 = 12.5 = [12; 2] (Fehler = 0.131734... synodische Monate/Jahr)
37 / 3 = 12.333333... = [12; 2, 1] (Fehler = −0.034933... synodische Monate/Jahr)
99 / 8 = 12.375 = [12; 2, 1, 2] (Fehler = 0.006734... synodische Monate/Jahr)
136 / 11 = 12.363636... = [12; 2, 1, 2, 1] (Fehler = −0.004630... synodische Monate/Jahr)
235 / 19 = 12.368421... = [12; 2, 1, 2, 1, 1] (Fehler = 0.000155... synodische Monate/Jahr)
4131 / 334 = 12.368263... = [12; 2, 1, 2, 1, 1, 17] (Fehler = −0.000003... synodische Monate/Jahr)

Einen Zyklus von 334 Jahren kann man in 17 19-Jahres-Zyklen mit je 235 Monaten und einem 11-Jahres-Block mit 136 Monaten aufteilen (4131 - 17 * 235 = 136). Zunächst erstellt man den 19-jährigen Zyklus, welchen man an die Osterberechnung im gregorianischen Kalender anlehnen kann: jedes Jahr wird zuerst mit 12 Monaten versehen, die alternierend 30 und 29 Tage haben, was 354 Tage ergibt. Für ein (Sonnen)Jahr nimmt man erst mal 365 Tage; die Korrektur erfolgt erst in einem späteren Schritt. Damit hat man eine Differenz von 11 Tagen pro Jahr - 209 gesamt (11*19). Verteilt hat man schon 228 (=19*12) Monate und 7 fehlen noch. 209 Tage lassen sich auf die 7 Monate so verteilen, dass 6 Monate 30 Tage haben und ein Monat nur 29 Tage. Die Schaltmonate verteilt man gleichmäßig in dem 19-jährigen Block, sodass der erste Monat des Jahres immer nach dem Jahreswechsel des Sonnenjahres erfolgt: Jahr 1, 3, 6, 9, 11, 14 und 17 (den 29-Tage-Schaltmonat auf Jahr 17). Diesen 19-Jahres-Zyklus lässt man 17 mal durchlaufen. Danach folgt dann ein 11 Jahre dauernder Block der ähnlich konstruiert wird (Schaltmonate im Jahr 1, 3, 6 und 9). Nur hat man da einen Tag zu viel (11 * 11 - 4 * 30 = 1) für die Schaltmonate. Damit die Länge des Schaltmonates nicht 3 verschiedene Werte hat, fügt man diesen Tag dem letzten Schaltmonat des siebzehnten 19-Jahres-Zyklus zu, welcher zuerst mit 29 Tagen Länge festgelegt wurde. Jetzt muss nur noch die Korrektur des Sonnenjahres erfolgen. Diese macht man der Genauigkeit wegen analog zum iranischen Kalender: 8 Schalttage in 33 Jahren. Diesen Schalttag fügt man einfach jeweils dem zwölften Monat des (Sonnen)Schaltjahres hinzu, da dieser durchweg 29 Tage hat und damit dann eine Länge von 30 Tagen erhält. Möchte man das mit den 334 Jahren synchronisieren, so beginnt man nach 330 Jahren nicht gleich mit einem neuen 33-Jahres-Zyklus, sondern fügt einen 4-Jahres-Block mit einem Schalttag ein. Dies senkt aber die Genauigkeit des (Sonnen)Jahres von 1 Tag Differenz in 4269 Jahren auf 1 Tag in 3077 Jahren ab (entspricht fast exakt der Ungenauigkeit des gregorianischen Kalenders von 1 Tag in 3225 Jahren). Bei den Monaten entstände nach 2441 Jahren ein Versatz von einem Tag.
Vorteil dieser Kalenderkonstruktion ist die durchweg gleiche Länge von elf Monaten in einem Jahr - einzig der zwölfte Monat und der Schaltmonat variieren in ihrer Länge -, außerdem liegt alle 19 Jahre der (Sonnen)Jahresbeginn auf dem Beginn des ersten Monates. Der Nachteil liegt in der ungleichmäßigen Verteilung der 30-Tages-Monate. Teilweise folgen 4 dieser Monate aufeinander (Monat 11, Monat 12 in einem Sonnenschaltjahr, Schaltmonat mit 30 Tagen, erster Monat des Folgejahres), was dann zeitweise dazu führt, dass der Monatsanfang vom Neumond um 1 bis 2 Tage abweicht. Einzig durch das Abkoppeln der Monate vom Jahr oder eine astronomische Berechnung der Monats- und Jahresanfänge kann man diese Abweichung vermeiden. Damit fällt aber der erste Tag des ersten Monates nur noch in 3,386 % der Jahre auf den ersten Tag des (Sonnen)Jahres, statt in 5,389 % der Jahre. Auch kann es bis zu 57 Jahre dauern, bis der Monatsanfang des ersten Monats des Jahres auf dem Beginn des Sonnenjahres fällt. Zusätzlich gibt es keine fixe Länge der einzelnen Monate mehr - in maximal 4 aufeinanderfolgenden Jahren hat ein Monat die gleiche Tagesanzahl (bezieht sich auf das Abkoppeln der Monate vom Jahr, damit diese synchroner mit dem Mond laufen und nicht auf eine exakt astronomische Berechnung).

Anwendungen eines Lunisolarkalenders

Zu den Lunisolarkalendern gehören der tibetische, chinesische (und damit auch andere Kalender in Ostasien wie der japanische bis 1872), griechische, vermutlich der römische (bis zur Einführung des julianischen Kalenders 46 v. Chr.) und der jüdische Kalender. Die meisten Völker verwenden hingegen entweder reine Lunar- oder Solarkalender.

Siehe auch

  • Kalender (Begriffsklärung)
  • Liste der Kalendersysteme
  • Jahreslänge

Literatur

  • L. E. Dogett: Calendars. In: Explanatory Supplement to the Astronomical Almanac. University Science Books, Sausalito CA (englisch), online.
  • B. L. van der Waerden: Greek Astronomical Calendars. II. Callippos and his Calendar. In: Archive for History of Exact Sciences. 29, 2, 1984, ISSN 0003-9519, S. 115–124.

Weblinks

Wiktionary: Lunisolarkalender – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Die Länge des Sonnenjahrs war bereits im Altertum sehr gut bekannt. Die Solar-Lunar Konzeption kommt dadurch zustande, dass sich die Landwirte am Sonnenjahr orientieren mussten, während es für die Termine im Alltag praktisch war, sich z.B. "drei Tage nach Neumond" zu verabreden.
  2. Evans, J. and Berggren, J. L.: Geminus, Introduction to the Phenomena, Princeton University Press 2006, VIII 52, Seite 184
  3. Evans, J. and Berggren, J. L.: Geminus, Introduction to the Phenomena, Princeton University Press 2006, VIII 53-55, Seite 184
  4. B. L. van der Waerden: Greek Astronomical Calendars, II. Callippos and his Calendar, Archive for History of Exact Sciences 29 (2), 1984, S. 122–123