Version vom 17. September 2017, 16:35 Uhr von imported>Hardenacke
Philipp Ludwig Ritter von Seidel (* 24. Oktober 1821 in Zweibrücken; † 13. August 1896 in München) war ein deutscher Mathematiker, Optiker und Astronom. In einigen Quellen ist er nur als Ludwig Seidel bekannt.
Leben und Werk
Seidel studierte an der Universität Berlin, der Albertina in Königsberg sowie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1846 erlangte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München den Doktorgrad mit der Dissertation De optima forma speculorum telescopicorum. Seit 1847 Privatdozent, wurde er 1851 außerordentlicher, 1855 ordentlicher Professor an der Universität München.
Um 1855 schuf er die nach ihm benannte Seidelsche Theorie der optischen Abbildungsfehler. 1857 erschien sein weit beachtetes Buch darüber, das lange Zeit das Standardwerk des Gebiets war, unter anderem weil Josef Maximilian Petzvals geplante Gesamtdarstellung vor der Drucklegung verlorenging.
Enge Zusammenarbeit mit Carl August von Steinheil, mit dem er zunächst vor allem metrologische, dann aber auch physikalische und photometrische Untersuchungen durchführte und mit seiner Arbeit von 1856 die theoretischen Grundlagen für ein vereinfachtes Herstellungsverfahren optischer Gläser für die Firma Steinheil lieferte. Zusammen mit Steinheil führte Seidel die ersten photometrischen Messungen an Sternen durch.
1874 veröffentlichte er seine Arbeit zur iterativen Lösung linearer Gleichungssysteme, eine Methode, die als Gauß-Seidel-Verfahren in der numerischen Mathematik bekannt ist. Von 1879 bis 1882 war Seidel als Nachfolger von Johann von Lamont geschäftsführender Direktor der Sternwarte Bogenhausen. Unter seinen Studenten an der Universität München war auch Max Planck.
Ehrungen
1851 wurde er zum außerordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt, 1861 wurde er ordentliches Mitglied. 1854 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[1] Seit 1863 war er korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1864 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[2]
Schriften
- 1846 Über die beste Form der Spiegel in Teleskopen, Diss.
- 1847 Untersuchungen über die Konvergenz und Divergenz der Kettenbrüche, Habilitationsschrift.
- 1848 Carl August von Steinheil und Philipp Ludwig von Seidel, Tafeln zur Reduction von Wägungen, mit einer Beilage, in: Gelehrte Anzeigen, hg. von den Mitgliedern der k. Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1848, Bd. 26, S. 301–308.
- 1852 Untersuchungen über die gegenseitigen Helligkeiten der Fixsterne erster Größe und über die Extinction des Lichtes in der Atmosphäre. Nebst einem Anhange über die Helligkeit der Sonne verglichen mit Sternen, und über die Licht reflektierende Kraft der Planeten, in: Denkschriften der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 28, S. 539–660. (Digitalisat)
- 1857 Ueber die Theorie der Fehler, mit welchen die durch optische Instrumente gesehenen Bilder, behaftet sind, und über die mathematischen Bedingungen ihrer Aufhebung., in: Abhandlungen der naturwissenschaftlich-technischen Commission bei der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, Nr. 1. (1857) 227-267
- 1859 Untersuchungen über die Lichtstärke der Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn.
- 1863 Resultate photometrischer Messungen an 208 der vorzüglichsten Fixsterne, in: Denkschriften der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 34, 3. Abteilung, S. 419–610. (Digitalisat)
- 1866 zusammen mit Eugen Leonhard, Helligkeitsmessungen an 208 Fixsternen mit dem Steinheil'schen Photometer in den Jahren 1852–1860, in: Denkschriften der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 37, 1. Abteilung 1866, S. 201–319. (Digitalisat)
- 1867 Ein Beitrag zur Bestimmung der Grenzen der mit der Wage gegenwärtig erreichbaren Genauigkeit, in: Sitzungsberichte der k. Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, Sitzung am 6. Juli, Jg. 1867, Bd. II, S. 231–246.
- Ueber eine Darstellung des Kreisbogens, des Logarithmus und des elliptischen Integrales erster Art durch unendliche Producte., 1871, Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 73 S. 273–291
- Ueber eine eigenthümliche Form von Functionen einer complexen Variabeln und über transcendente Gleichungen, die keine Wurzeln haben., 1871, Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 73 S. 297–304
- Über ein Verfahren, die Gleichungen, auf welche die Methode der kleinsten Quadrate führt, sowie lineare Gleichungen überhaupt, durch successive Annäherung aufzulösen, Abhandlungen der Mathematisch-Physikalischen Klasse der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 11, III. Abtheilung, S. 81–108, 1874 (Digitalisat)
Literatur
- Siegmund Günther: Seidel, Philipp Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 304–306.
- Rudolf Fritsch: Seidel, Philipp Ludwig Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 176–178 (Digitalisat).
- H. Seeliger: Todes-Anzeige. In: Astronomische Nachrichten, Bd. 141 (1896), S. 319. (Nachruf auf L. P. v. Seidel)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 223.
- ↑ Mitgliedseintrag von Philipp Ludwig Ritter von Seidel bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 18. November 2015.