Als Verdichtungsverhältnis $ \varepsilon $ bezeichnet man (vor allem im Zusammenhang mit Verbrennungsmotoren) das Verhältnis des gesamten Zylinderraumes vor der Verdichtung (Gesamtvolumen) zum verbliebenen Raum nach der Verdichtung (Restvolumen):
mit
Das Verdichtungsverhältnis hängt eng zusammen mit dem Kompressionsdruck – denn da mit der Kompression auch die Temperatur stark steigt, bedeutet ein Verdichtungsverhältnis von z. B. 10:1 nicht, dass die eingebrachte Luft genau auf den zehnfachen Druck komprimiert wird.
Das Verdichtungsverhältnis wurde im Laufe der Entwicklung von Verbrennungsmotoren immer weiter gesteigert. So betrug es beim Mercedes-Knight (1910–1916) nur 4:1. Im Jahr 1912 wurde sie auf 4,6:1 und 1916 auf 5:1 erhöht. 1928 lag sie beim Modell 27/170/225 PS bei 6,2:1. Beim Typ SSKL (1929–1932) erreichte man 7:1.
Bei den Motoren M116/M117, die ebenfalls von Mercedes-Benz stammen, lag sie bis zum Herbst 1987 bei 9:1. Danach wurde eine elektronische Klopfregelung eingeführt und man erreichte 10:1. Bei aktuellen Motoren wie beispielsweise dem 4,2-l-V8-FSI von Audi ist die Verdichtung 12,5:1.
Die allmähliche Steigerung der Verdichtung liegt vor allem an der Kraftstoffrezeptur. Heute sind Oktanzahlen bis 102 ROZ an der Tankstelle verfügbar. Ältere Motoren haben tendenziell niedrigere Anforderungen an die Kraftstoffqualität, da die Kraftstoffqualität noch nicht so hoch war, als sie entwickelt wurden. Ausnahmen sind etwa der 1,3-l-Motor mit 55 kW des VW Polo von 1982, der ein Verdichtungsverhältnis von 11:1 einsetzt und 98-ROZ-Benzin benötigt. Ein anderes Beispiel ist der Mehrfachsternmotor R-2600 von Curtiss-Wright, der nur mit 6,9:1 verdichtet ist und Flugbenzin mit 100 Oktan benötigt, weil er mit einem Radialkompressor aufgeladen wird. Auch die turbogeladenen Motoren des BMW 2002 turbo und des Porsche 930 haben mit 6,9:1 beziehungsweise 6,5:1 für ihre Zeit keine hohen Verdichtungsverhältnisse.
Das Verdichtungsverhältnis eines nicht aufgeladenen Ottomotors bei Kraftfahrzeugen liegt heute bei 10:1 bis 14:1. Auf Zuverlässigkeit optimierte Flugmotoren, die mit AVGAS betrieben werden, laufen oft mit nur 7:1. Sportmotoren mit hoher spezifischer Leistung nutzen Verdichtungen bis 15:1, bei Serien-Motorrädern werden Verdichtungen bis 13:1 eingesetzt.[1]
Bei Dieselmotoren liegt die Verdichtung prinzipbedingt höher. Sie beträgt ohne Aufladung etwa 19:1 bis 23:1. Aufgeladene Motoren sind meist niedriger verdichtet, etwa 14:1 bis 18:1.
Bei höherem Verdichtungsverhältnis ist auch der Wirkungsgrad höher, aber die Zunahme wird immer geringer. Beim idealen Ottoprozess ergibt sich der Wirkungsgrad $ \eta $ mit der Verdichtung $ \varepsilon $ und dem Adiabatenexponenten $ \varkappa $ (kann für Luft zu 1,4 angenommen werden) zu:
$ \eta _{th\,\mathrm {Otto} }=1-{\frac {1}{\varepsilon ^{\varkappa -1}}}=1-{\frac {1}{\varepsilon ^{0,4}}} $ ,
beim Diesel ist es etwas weniger.
Gleichzeitig nimmt bei Ottomotoren allerdings auch die Klopfneigung zu. Das Klopfen kann wiederum durch Benzin mit höherer Oktanzahl, Optimierung der Brennraumform oder den Einsatz mehrerer Zündkerzen reduziert werden. Teilweise wird auch ein Klopfsensor eingesetzt, der bei minderwertigem Benzin Vibrationen erkennt und den Zündzeitpunkt in Richtung spät verlegt. Eine etwas höhere Verdichtung lässt sich auch realisieren, indem mit einer Direkteinspritzung die Temperatur des Frischgases gesenkt wird.
Mit der Dicke der Zylinderkopfdichtung kann in geringem Maße Einfluss auf das Verdichtungsverhältnis genommen werden. Weiterhin wird bei dem im Rahmen einer Überholung notwendigen Planschleifen des Zylinderkopfes teilweise mehr Material abgenommen, um die Verdichtung und damit die Leistung und den Wirkungsgrad geringfügig zu erhöhen.
Bei erhöhter Verdichtung ist ggf. der Zündzeitpunkt zu korrigieren, da das Gemisch im kleineren Verdichtungsraum später gezündet werden muss, um eine optimale Leistung zu erreichen, denn die Flammfront durchläuft das geringere Volumen schneller.