Victor Mordechai Goldschmidt

Victor Mordechai Goldschmidt

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V. M. Goldschmidt

Victor Mordechai Goldschmidt (Rufname Victor Goldschmidt; * 10. Februar 1853 in Mainz; † 8. Mai 1933 in Salzburg) war ein deutscher Mineraloge, Kristallograph, Naturphilosoph, Mineraliensammler und Mäzen.

Leben

Grabstätte von Victor und Leontine Goldschmidt auf dem Heidelberger Bergfriedhof (Abt. S).

Victor Goldschmidt studierte an der Bergakademie Freiberg in Sachsen und bestand 1874 dort sein Staatsexamen im Ingenieurwesen für Metallurgie.[1]

1880 wurde er in Heidelberg mit seiner Arbeit über mechanische Gesteinsanalyse zum Dr. rer. nat. promoviert, anschließend setzte er seine Studien von 1882 bis 1887 in Wien fort. 1888 habilitierte er sich bei seinem Doktorvater über Projektion und graphische Krystallberechnung. Im selben Jahr heiratete er seine Cousine Leontine von Portheim (Porges), Tochter eines Prager Großindustriellen aus der Verwandtschaft mütterlicherseits.

Victor Goldschmidt gründete in Heidelberg das Institut für Mineralogie und Kristallographie. 1892 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Heidelberg, 1909 ordentlicher Honorarprofessor. 1912 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg aufgenommen.[2] Im Jahr 1913 wurde er zum Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt, 1914 in die American Academy of Arts and Sciences.

Sein Werk Atlas der Krystallformen entstand in den Jahren 1913 bis 1923. In diese Zeit fällt auch seine Ernennung zum Geheimen Hofrat 1917. Im Jahr 1923 wurde Goldschmidt Ehrenmitglied des Naturhistorisch-Medizinischen Vereins Heidelberg.

1919 schenkten Victor und Leontine Goldschmidt dem Freistaat Baden ihre umfangreiche Privatsammlung völkerkundlicher Objekte und begründeten damit das Völkerkundemuseum Heidelberg. Trägerin wurde die finanziell großzügig ausgestattete „Josephine und Eduard von Portheim-Stiftung für Wissenschaft und Kunst“, benannt nach Leontine Goldschmidts Eltern.[1] 1933 gab das Kuratorium der Portheim-Stiftung dem Mineralogisch-Kristallographischen Institut den Namen Victor-Goldschmidt-Institut für Kristallforschung.

Obwohl er getauft war, sah sich Goldschmidt aufgrund seiner jüdischen Herkunft gezwungen, nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 nach Österreich zu emigrieren. Victor Goldschmidt war Freimaurer und Mitglied der Heidelberger Freimaurerloge Ruprecht zu den fünf Rosen. Er fand seine letzte Ruhe in Heidelberg, der Stätte seines wissenschaftlichen Wirkens und des Verbleibs seines Lebenswerkes. Sein Grab befindet sich auf dem Bergfriedhof in Heidelberg. Leontine Goldschmidt beging am 25. August 1942 Suizid, um sich der bevorstehenden Deportation nach Theresienstadt zu entziehen.[3]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Index der Kristallformen, Katalog bekannter Kristallformen aller Mineralien, 3 Bände, 1886–1891.
  • Die Gesetze der Mineralassoziationen vom Standpunkt der Phasenregel, Z. f. Anorgan. Chemie, Band 71, 1911
  • Anwendung der Phasenregel auf Silikatgesteine, Z. f. Elektrochemie, Band 17, 1911
  • Die Gesetze der Gesteinsmetamorphose, mit Beispielen aus der Geologie des südlichen Norwegens, Vid.-Selsk. Skr. 1, Mat.-Naturv. Klasse, 1912
  • Atlas der Krystallformen, 9 Tafelbände mit je einem Textband, Winter, Heidelberg 1913–1923.
  • Über Complikation und Displikation, Winter, Heidelberg 1921. (Digitalisat Univ. Heidelberg)
  • Unser Alphabet, Winter, Heidelberg 1932.
  • Die Entstehung unserer Ziffern, Winter, Heidelberg 1932. (Digitalisat Univ. Heidelberg)

Literatur

  • Ferdinand Herrmann: Goldschmidt, Victor Mordechai. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 612 (Digitalisat).
  • Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 120.
  • Clara Schlichtenberger: Harmony and Complication. The collection of Victor Goldschmidt, founder of the Ethnographic Museum of the J. u. E. von Portheim-Stiftung in Heidelberg. In: Journal of the History of Collections. Band 10, 1998, S. 199–206 (Digitalisat).
  • Hans Jürgen Rösler: Der Kristallograph Victor Goldschmidt 1853–1933. Seine Jugendjahre und seine Beziehungen zu Berlin und Freiberg. TU Bergakademie Freiberg, 2004. ISBN 3-86012-232-0.
  • Renate Marzolff: Leontine und Victor Goldschmidt. Heidelberg 2007.
  • Frank Engehausen: Die Josefine und Eduard von Portheim-Stiftung für Wissenschaft und Kunst 1919–1955. Heidelberger Mäzenatentum im Schatten des Dritten Reiches. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher, 2008. ISBN 3-89735-531-0.
  • Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. (Hrsg.): Rektorat der Ruprecht-Karls-Universität-Heidelberg. Springer Berlin Heidelberg Tokio. 2012. 324 S. ISBN 978-3-642-70761-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Ferdinand Herrmann: Goldschmidt, Victor Mordechai. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 612 (Digitalisat).
  2. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Victor Goldschmidt. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 20. August 2015 (englisch).
  3. Spurensuche (PDF) mattes.de, abgerufen am 3. November 2017.

Weblinks