Adolphe Quetelet

Adolphe Quetelet

Version vom 10. September 2017, 18:32 Uhr von imported>Horst Gräbner (Die letzte Textänderung von 188.117.244.138 wurde verworfen; ist bereits verlinkt)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Quetelet ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Für den Mondkrater, siehe Quetelet (Mondkrater).
Adolphe Quetelet

Lambert Adolphe Jacques Quetelet (* 22. Februar 1796 in Gent; † 17. Februar 1874 in Brüssel) war ein belgischer Astronom und Statistiker.

Leben

Nachdem sein Vater 1803 früh verstorben war, musste Adolphe Quetelet sich schon in jungen Jahren mit dem Aufbau einer eigenen Existenz beschäftigen. Quetelet studierte in Gent und wurde 1815 Dozent der Mathematik. An der Universität Gent legt er 1819 seine Dissertation über Kegelschnitte vor, De quibusdam locis geometricis nec non de curva focali. Später hat er zusammen mit Germinal Pierre Dandelin daran weitergearbeitet. Deshalb heißt das den Dandelinschen Kugeln zugrundeliegende mathematische Theorem im Französischen auch "Théorème de Dandelin-Quetelet" oder "Théorème belge sur la section conique" (Belgisches Theorem über die Kegelschnitte).

1819 kam er für kurze Zeit an das Athenäum nach Brüssel und am 24. Februar 1820 an die Académie Royale des Sciences et Belles-Lettres de Bruxelles, wo er 1836 auch Professor der Astronomie und Mathematik an der Kriegsschule wurde. Seit 1826 arbeitete Quetelet am belgischen Landesamt für Statistik. 1828 wurde er Direktor der unter seiner Leitung errichteten Sternwarte, dem Observatoire royal de Belgique.

Seine Arbeit im statistischen Landesamt und die Bekanntschaft mit dem Mathematiker Pierre-Simon Laplace weckten in Quetelet das Interesse an der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Er versuchte, diese Erkenntnisse auch auf neue Gebiete anzuwenden, wie die Meteorologie und den Erdmagnetismus.

1841 wurde Quetelet zum Präsidenten der statistischen Zentralkommission für Belgien ernannt.

Einen großen Ruf hatte sich Quetelet insbesondere durch seine sozialstatistischen und anthropometrischen Arbeiten erworben. Er versuchte, sowohl die physischen als auch die moralischen Erscheinungen des individuellen und gemeinschaftlichen Lebens zu ergründen. Dabei ging er oft rein mechanisch vor, auch wurden seine Methoden bereits zu Lebzeiten angezweifelt. So führte er eine Untersuchung zur Verteilung der Werte des menschlichen Brustumfanges durch. Die beobachteten Werte bei 5.738 schottischen Soldaten führten zu einer Normalverteilung.

Quetelet suchte weiterhin nach statistischen Besonderheiten der Lebenserwartung oder charakterlicher und sozialer Eigenschaften wie die Neigung zur Schriftstellerei oder zur Kriminalität. Er entdeckte, dass viele dieser Eigenschaften normalverteilt sind. Quetelet fasste dies unter dem Idealtyp des mittleren Menschen (frz. homme moyen) zusammen. Dieses von ihm begründete Wissensgebiet nannte er Sozialphysik.

Er gründete verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften und versuchte, den internationalen Austausch unter den Wissenschaftlern verschiedener Staaten zu verbessern. Quetelet gilt heute als Begründer der modernen Sozialstatistik. Unter anderem organisierte er 1846 die erste Volkszählung in Belgien. Am 20. September 1824 heiratete Quetelet Cécile Virginie Curtet, die Tochter des französischen Arztes François-Antoine Curtet [1] in Brüssel. Ihr Salon wurde später zu einer Begegnungsstätte zahlreicher Gelehrter und Künstler mit internationaler Ausstrahlung.

Lambert Adolphe Jacques Quetelet starb am 17. Februar 1874 in Brüssel, wo ihm 1880 die belgische Akademie ein Denkmal errichtete (eine sitzende Marmorfigur von Charles Auguste Fraikin).

Wirkung

Quetelets Untersuchungen zum menschlichen Körper hatten großen Einfluss auf Alphonse Bertillon, der basierend auf seinen Untersuchungen die Grundlagen seines später Bertillonage genannten Systems zur Personenidentifikation schuf.

In seiner Anthropometrie[2] entwickelte Quetelet Körper-Kennzahlen für den "mittleren" Menschen, von denen der Quetelet-Index (Body-Mass-Index) bis heute verwendet wird.

Sein großes Verdienst besteht darin, den Nachweis geliefert zu haben, dass die scheinbaren Zufälle des sozialen Lebens durch ihre periodische Wiederholung und ihre periodische Durchschnittsbildung eine innere Notwendigkeit besitzen. Karl Marx vermisste jedoch eine Interpretation derselben.[3]

Adolphe Quetelet entwickelte eine Erklärung für die nach ihm benannten Queteletschen Ringe.

Ehrungen

Seit 1820 war er Mitglied, seit 1834 ständiger Sekretär der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften. 1837 wurde Quetelet in die American Academy of Arts and Sciences und in die Göttinger Akademie der Wissenschaften,[4] 1838 zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina [5] und 1839 zum auswärtigen Mitglied der Royal Society gewählt. 1832 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen und 1854 zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Der Mondkrater Quetelet und der Asteroid (1239) Queteleta sind nach ihm benannt.

Schriften

  • Astronomie élémentaire, 2 Bde., Brüssel 1826
  • Positions de physique, 3 Bde., Brüssel 1827 (frz. Nachdruck 2010)
  • Recherches sur la réproduction et la mortalité et sur la population de la Belgique, Brüssel 1832
  • Statistique des tribunaux de la Belgique, Brüssel 1833
  • (Hg.) Annales de l'observatoire de Bruxelles, Brüssel 1834 ff.
  • (Hg.) Annuaire de l'observatoire Royal de Bruxelles, Brüssel 1834 ff.
  • Sur l'homme et le développement de ses facultés, ou essai de physique sociale, 2 Bde., Paris 1835 (dt. Über den Menschen und die Entwicklung seiner Fähigkeiten 1838; engl. A treatise on man and the development of his faculties)
  • Sur l'influence des saisons sur la mortalité aux différens ages dans la Belgique, Brüssel 1838
  • Sur la théorie des probabilités apliquée aux sciences morales et politique. Lettres au duc de Saxe-Coburg et Gotha, Brüssel 1846
  • Du système sociale et des lois qui le régissent, Paris 1848
  • Sur le climat de la Belgique, 2 Bde., Brüssel 1849–1857
  • Théorie des probabilités, Brüssel 1853
  • Histoire des sciences mathématiques et physiques chez les Belges, Brüssel 1864
  • Science mathématiques et physiques chez les Belges au commenceent du 19e siècle, Brüssel 1866
  • Physique sociale ou essai sur le développement des facultés de l'homme, Brüssel 1869
  • Anthropométrie ou mesure des différentes facultés de l'homme, Brüssel 1870

Weblinks

Einzelbelege

  1. 1965: Jean de Launois, "Descendance belge de Christophe Curtet, notaire à Chaumont (Haute-Savoie)", Présence savoisienne en Belgique sous le Consulat et l'Empire dans De Schakel, année 1965, n°1, pp.11 à 14.
  2. Anthropométrie ou mesure des différentes facultés de l'homme. Brüssel 1870
  3. Marx an Kugelmann, London, 3. März 1869. In: Karl Marx: Briefe an Kugelmann. Verlag JHW Dietz Nachf. Berlin. S. 64
  4. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 194.
  5. Mitgliederverzeichnis Leopoldina, Adolphe Quetelet