Kartierung eines kurzlebigen Atoms

Kartierung eines kurzlebigen Atoms



Physik-News vom 21.12.2020

Ein internationales Team aus Deutschland, Schweden, Russland und den USA unter der Leitung von Wissenschaftern des European XFEL hat Ergebnisse eines Experiments veröffentlicht, das neue Möglichkeiten zur Untersuchung von Übergangszuständen in Atomen und Molekülen eröffnet. Damit könnten Forschende künftig neue Einblicke in die Photokatalyse, in den Ablauf der Photosynthese und die Entstehung von Strahlungsschäden gewinnen.

Es ist das allererste Nutzerexperiment, das an der SQS-Experimentierstation (Small Quantum System) des European XFEL durchgeführt worden ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwendeten hochauflösende Elektronenspektroskopie, um eine Momentaufnahme eines kurzlebigen Übergangszustands zu erhalten, der entsteht, wenn Röntgenstrahlen ein Loch in das Innerste der atomaren Elektronenwolke stanzen. Die Ergebnisse der Studie, die an Neon-Atomen durchgeführt wurde, wurden in der Zeitschrift Physical Review X veröffentlicht.


Ein Blick in die Experimentierstation atomic-like quantum systems (AQS). Das Experiment wird am wissenschaftlichen Instrument SQS mit der Experimentierstation AQS.

Publikation:


T. Mazza et al.
Mapping Resonance Structures in Transient Core-Ionized Atoms
Phys. Rev. X 10, 041056 – Published 18 December 2020

DOI: 10.1103/PhysRevX.10.041056



Der extrem kurzlebige Übergangszustand von in den innersten Schalen angeregtem Neon existiert nur 2,4 Femtosekunden. Das ist eine fast unvorstellbar kurze Zeitspanne: Eine Femtosekunde verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zu etwa 31,71 Millionen Jahren. "Der European XFEL ermöglicht es uns, eine hohe Anzahl von Laserpulsen pro Sekunde und eine hohe Pulsenergie zu nutzen. Das bedeutet, dass wir eine sehr hohe Anzahl von Photonen auf die Probe bringen können, was für die Untersuchung solcher Übergangs-Atomzustände entscheidend ist", erklärt Tommaso Mazza, der Hauptautor der Arbeit.

"Wir benutzten intensive Röntgenpulse, um erst die Elektronen aus einer inneren Schale eines Neon-Atoms zu entfernen, und dann mit einem zweiten Photon aus demselben Puls das 'ausgehöhlte' Atom zu charakterisieren", sagt Mazza. "Es ist das erste Mal, dass Informationen über die elektronische Struktur dieses Übergangszustandes durch röntgeninduzierte Elektronenspektroskopie zugänglich sind. Möglich war dies durch eine präzise Messung der Energie der nach der Anregung durch das zweite Photon emittierten Elektronen, während gleichzeitig die Wellenlänge des Röntgenpulses kontinuierlich verändert wurde."



Michael Meyer, leitender Wissenschaftler bei SQS, betont, dass die Ergebnisse zusammen mit einer kürzlich in Science veröffentlichten Arbeit eine wichtige Besonderheit der SQS-Experimentierstation aufzeigen: Die Möglichkeit, Anregungen spezifischer elektronischer Unterschalen im Atom effizient zu kontrollieren und somit gezielt zu sondieren. "Wir können atom- oder elementspezifische Anregungen in molekularen Proben erzeugen und untersuchen, wie jedes einzelne Atom im Molekül die von den Lichtpulsen ausgelösten Veränderungen beeinflusst", sagt er. Diese zielgerichtete Abfrage eines spezifischen Atoms im Molekül ermöglicht es den Wissenschaftlern, ein tieferes Verständnis des Verhaltens der einzelnen Bausteine des Moleküls unter intensiver Bestrahlung zu gewinnen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der European XFEL GmbH via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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