Studie: Zusammenstoß einzelner Atome führt zu zweifacher Änderung des Drehimpulses

Studie: Zusammenstoß einzelner Atome führt zu zweifacher Änderung des Drehimpulses



Physik-News vom 23.01.2019

Dank neuer Technik ist es möglich, einzelne Atome festzuhalten, gezielt zu bewegen oder ihren Zustand zu verändern. Auch Kaiserslauterer Physiker arbeiten damit. In einer aktuellen Studie haben sie die Folgen des Zusammenstoßes zweier Atome in einem schwachen Magnetfeld bei geringer Temperatur untersucht. Erstmals haben sie beobachtet, dass die Atome, die ihren Drehimpuls gewissermaßen in einzelnen Paketen (Quanten) tragen, hierbei zwei Pakete austauschen. Auch zeigte sich, dass sich die Wechselwirkungsstärke zwischen den Atomen dabei steuern lässt. Interessant ist das, um etwa chemische Reaktionen zu untersuchen. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Physical Review Letters erschienen.

Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war es für die Physikwelt undenkbar, Experimente mit einzelnen atomaren Teilchen durchzuführen. Erwin Schrödinger, einer der Väter der modernen Quantentheorie, erwartete von dieser Idee „lächerliche Konsequenzen“ und bezeichnete sie als ähnlich wahrscheinlich wie das Großziehen eines Ichtyosaurus-Dinosauriers im Zoo. Allerdings machen die Fortschritte in der Lasertechnik und der Atomphysik heutzutage Experimente mit einzelnen Atomen möglich.

Professor Widera (rechts) und Felix Schmidt erforschen Quantensysteme.

Auch an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) beschäftigen sich Physiker um Professor Artur Widera und seinem Doktoranden Felix Schmidt im Lehrgebiet Individual Quantum Systems damit. Sie setzen dabei auf ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat, das aus Rubidium-Atomen besteht. „Damit bezeichnet man in der Physik einen Zustand von Materie, der vergleichbar mit flüssigen und gasförmigen Zuständen ist. Allerdings ist ein solches Kondensat ein perfekter quantenmechanischer Zustand, der sich wie eine Welle verhält“, sagt Professor Widera. Das Kondensat ist vergleichbar mit einem Gas, das aus sehr wenigen Atomen besteht.

In einer aktuellen Studie haben sie gemeinsam mit Professor Eberhard Tiemann von der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover untersucht, welche Effekte es gibt, wenn ein einzelnes Cäsium-Atom auf ein Rubidium-Atom trifft. Um die Teilchen zu beobachten, müssen die Forscher sie zunächst auf Temperaturen dicht über dem absoluten Temperaturnullpunkt abkühlen. „Im Anschluss haben wir die Atome mit einer optischen Pinzette miteinander in Kontakte gebracht“, sagt Felix Schmidt. Hierbei werden Atome mithilfe von Laserstrahlen festgehalten. Die Forscher haben nun ein einzelnes Cäsium-Atom in das Rubidium-Gas gegeben, um zu messen, was vor und nach dem Zusammenstoß der Atome passiert.

Die Physiker haben beobachtet, wie die Teilchen beim Stoß ihren Drehimpuls ändern, indem sie den Zustand des einzelnen Cäsium-Atoms vor und nach dem Zusammenstoß vermessen haben. Der Drehimpuls der Teilchen liegt bei Atomen gewissermaßen in einzelnen Paketen vor – sogenannten Elementar-Quanten. Die Forscher haben nun beobachtet, dass die Atome bei einem einzelnen Stoß gleich zwei solcher Drehimpuls-Quanten auf einmal austauschen können. Beobachtet wurde bisher lediglich der Austausch eines einzelnen Pakets (Quants). „Dies ist nur möglich, weil wir das Experiment in einem niedrigen Magnetfeld durchgeführt haben“, sagt Schmidt. Auf diese Weise ist die Energie der Atome so niedrig, dass vor allem die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Bausteinen der beiden das Ergebnis des Stoßes bestimmt. „Dadurch ist es möglich, dass es gleichzeitig zum Übertrag von zwei sogenannten Elementar-Quanten kommt, also zur zweifachen Änderung des Drehimpulses“, fährt der Physiker fort.

Darüber hinaus haben die Wissenschaftler einen weiteren Effekt beobachtet. „Das schwache Magnetfeld und die geringe Bewegungsenergie führen dazu, dass die Atome auch bei einem Abstand tausendmal größer als die Atome selbst zueinander in Wechselwirkung stehen“, fährt Schmidt fort. Ändert man gezielt die Stärke des Magnetfelds, ließe sich auch diese Wirkung steuern. Der Effekt steht im direkten Zusammenhang mit einem sehr großen und sehr schwach gebundenen Molekülzustand zwischen beiden Teilchen. „Indirekt konnten wir so ein riesiges Molekül von circa zwei Mikrometern Größe beobachten“, sagt Schmidt.

Diese Kenntnisse über die Wechselwirkung zwischen Teilchen bei sehr niedrigen Energien können zum Beispiel helfen, um Bindungen bei Molekülen zu untersuchen. Sie bestehen wenigstens aus zwei Atomen, die über Wechselwirkungen miteinander verbunden sind. Damit wäre es unter anderem möglich, sehr große Moleküle zu präparieren und zu erforschen.


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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