Ein neues Zuhause für Ultrakurzzeit-Solitonen

Ein neues Zuhause für Ultrakurzzeit-Solitonen



Physik-News vom 23.01.2019

Laserphysiker des Labors für Attosekundenphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik erzeugen erstmals dissipative Solitone in passiven Freistrahlresonatoren.

Solitonen sind die Standhaftesten aller Wellen: Unter Bedingungen, die jede andere Wellenform zum Zerfließen bringen, breiten sich diese kompakten Pulse aus, ohne ihre Form auch nur im Mindesten zu ändern. Ihre selbststabilisierenden Eigenschaften verleihen Solitonen herausragende Bedeutung in der Laseroptik und speziell in der Ultrakurzzeitphysik. Ein Team vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) unter der Leitung von Dr. Ioachim Pupeza am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat es erstmals geschafft, optische Solitonen in passiven Freistrahlresonatoren zu erzeugen. Hierdurch wird eine starke Verkürzung von Laserpulsen bei gleichzeitiger Leistungsüberhöhung erreicht und so neue Perspektiven für die Anwendung von Überhöhungsresonatoren in der Ultrakurzzeitphysik und der Präzisionsspektroskopie eröffnet.


Entwicklung neuer Überhöhungs-Resonatoren im Labor für Attosekundenphysik.

Publikation:


N. Lilienfein, C. Hofer, M. Högner, T. Saule, M. Trubetskov, V. Pervak, E. Fill, C. Riek, A. Leitenstorfer, J. Limpert, F. Krausz and I. Pupeza
Temporal solitons in free-space femtosecond enhancement cavities
Nature photonics, 21. Januar 2019

DOI: 10.1038/s41566-018-0341-y



Als der junge Ingenieur John Scott Russel das Phänomen der Solitonen 1834 anhand von Wasserwellen erstmals beobachtete, konnte er nicht ahnen, wie wichtig diese besondere Art von Wellen später einmal in der Physik werden sollte. Insbesondere optische Solitonen, also Lichtwellen, stellen heute in der Lasertechnik einen wesentlichen Baustein für die Erforschung der Quantenoptik und Ultrakurzzeitphysik dar.

Nun haben die Physiker des Labors für Attosekundenphysik am MPQ und der LMU es erstmals geschafft, Solitonen in einem passiven Freistrahlresonator zu produzieren. Dazu koppelten sie 350 Femtosekunden lange Infrarot-Laserpulse (1035 Nanometer Wellenlänge) mit 100 MHz Wiederholungsrate in eine Weiterentwicklung eines Überhöhungsresonators ein, dessen Herzstück eine kleine Saphirkristallplatte ist. „Das elektromagnetische Feld des Lichtpulses erzeugt im Kristall eine nichtlineare Änderung des Brechungsindex“, erklärt Nikolai Lilienfein, Erstautor der Veröffentlichung.

„Das bewirkt eine Phasenverschiebung, die die Dispersion im Resonator vollständig kompensiert und erlaubt zudem eine spektrale Verbreiterung“. Da die Leistungsverluste im Resonator gleichzeitig durch die interferometrisch eingekoppelte Laserquelle ausgeglichen werden, kann ein Soliton im Prinzip endlos im Resonator kreisen. Zudem entwickelten die Wissenschaftler eine Methode, die eine Energiezufuhr zum Resonator-Soliton mit noch nie dagewesener Effizienz ermöglicht. So erzeugten die Forscher Solitonen mit einer Pulsdauer von 37 Femtosekunden und einem Überhöhungsfaktor der Spitzenleistung von 3200.

Diese neue Überhöhungsresonator-Technik schafft neue Möglichkeiten zur hochpräzisen Erzeugung von Zügen extrem ultravioletter (XUV) Attosekundenblitze zur Erforschung des Mikrokosmos (eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde). Solche ultrakurzen Lichtblitze machen es wiederum möglich, die Bewegungen von Elektronen zu beobachten. „Über die letzten Jahre haben wir die einzigartigen Vorteile von Überhöhungsresonatoren für Experimente der Attosekundenphysik nutzbar gemacht. Mit unserer neuen Technik öffnen wir einen Weg für einen weiteren Sprung in Leistung und Stabilität solcher Systeme bei gleichzeitiger Reduzierung der Komplexität“, erklärt Dr. Ioachim Pupeza, Leiter der Forschungsgruppe im LAP-Team. Dies würde ebenso der XUV-Frequenzkammspektroskopie zugutekommen, die etwa für die Entwicklung einer neuen Generation optischer Uhren auf der Basis nuklearer Quantenübergänge von höchster Bedeutung ist.

Text: Thorsten Naeser


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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