Der Brechungsindex, auch Brechzahl oder optische Dichte, seltener refraktiver Index, früher auch Brechungszahl genannt, ist eine optische Materialeigenschaft. Er ist das Verhältnis der Wellenlänge des Lichts im Vakuum zur Wellenlänge im Material, und damit auch der Phasengeschwindigkeit des Lichts im Vakuum zu der im Material. Der Brechungsindex ist eine Größe der Dimension Zahl, und er ist im Allgemeinen von der Frequenz des Lichts abhängig, was Dispersion genannt wird.
An der Grenzfläche zweier Medien unterschiedlicher Brechungsindizes wird Licht gebrochen und reflektiert. Dabei nennt man das Medium mit dem höheren Brechungsindex das optisch dichtere.
Beachte, dass mit „optische Dichte“ zuweilen auch ein Maß für die Extinktion bezeichnet wird.
Die Bezeichnung „Brechungsindex“ kommt vom Begriff Brechung und seinem Auftreten im Snelliusschen Brechungsgesetz. Der Brechungsindex $ n $ ist eine Größe der Dimension Zahl. Er gibt das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit $ c_{0} $ zur Ausbreitungsgeschwindigkeit $ c_{\mathrm {M} } $ des Lichts im Medium an:
Beschreibt man die zeitliche und räumliche Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle der Kreisfrequenz $ \omega $ mit Hilfe der Wellengleichung
so stellt man fest, dass man sowohl den klassischen Brechungsindex als auch die Dämpfung der Welle in einem komplexwertigen Brechungsindex $ {\boldsymbol {n}}=n_{\mathrm {r} }+\mathrm {i} \,n_{\mathrm {i} } $ vereinen und mittels einer Gleichung sowohl das zeitliche als auch das räumliche Fortschreiten der Welle und deren Absorption beschreiben kann. Der reellwertige Anteil $ n_{\mathrm {r} } $, der meist größer als 1 ist, verkürzt die Wellenlänge im Medium, $ E(x)=\mathrm {e} ^{-\mathrm {i} {\big (}-{\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {r} }{\big )}}=\mathrm {e} ^{\,\mathrm {i} {\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {r} }} $, der komplexwertige Anteil $ n_{\mathrm {i} } $ dämpft die Welle $ E(x)=\mathrm {e} ^{-\mathrm {i} {\big (}-{\frac {\omega }{c}}x\,\mathrm {i} n_{\mathrm {i} }{\big )}}=\mathrm {e} ^{-{\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {i} }} $.
Hierbei sind unterschiedliche, gleichwertige Darstellungen für den komplexwertigen Brechungsindex üblich:
Das in einigen Darstellungen enthaltene Minuszeichen vor dem Imaginärteil wird gewählt, damit der Imaginärteil ($ n_{\mathrm {i} } $, $ n'' $ oder $ K $ bzw. $ k $) bei absorbierendem Material ein positives Vorzeichen bekommt.[3] Dieser Imaginärteil wird Extinktionskoeffizient oder Absorptionsindex genannt.[6][7] Davon abweichend bezeichnen Autoren, die die Darstellung als Produkt verwenden, die Größe $ \kappa $, also den Imaginärteil geteilt durch $ n $, als Absorptionsindex.[5]
Sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil des Brechungsindex sind, wenn sie ungleich 1 sind, von der Frequenz und damit von der Wellenlänge abhängig. Dieser als Dispersion bezeichnete Effekt ist unvermeidlich und ermöglicht die Zerlegung von weißem Licht in seine Spektralfarben an einem Prisma. Die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex in Materie kann recht gut über das Modell des Lorentz-Oszillators beschrieben werden.
Da die Reaktion eines optischen Mediums auf eine elektromagnetische Welle kausal sein muss, ist der komplexwertige Brechungsindex eine meromorphe Funktion, Real- und Imaginärteil sind über die Kramers-Kronig-Beziehungen verkoppelt.
In anisotropen Medien ist der Brechungsindex kein Skalar, sondern ein Tensor zweiter Stufe. Wellenvektor und Ausbreitungsrichtung stimmen dann nicht mehr überein.
Ist der Brechungsindex von der Polarisation (und damit zwangsweise auch von der Richtung) abhängig, spricht man von Doppelbrechung.
Der komplexe Brechungsindex ist mit der Permittivitätszahl (dielektrische Funktion) $ \varepsilon _{\mathrm {r} } $ und der Permeabilitätszahl $ \mu _{\mathrm {r} } $ verknüpft:
Dabei sind alle Größen im Allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Permittivitäts- und der Permeabilitätszahl sind Näherungen, die sich je nach System besser oder schlechter zur Beschreibung des Polarisierungs- und des Magnetisierungs-Effekts eignen.
Die Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindexes eines Materials lässt sich über die elektrische Suszeptibilität theoretisch ermitteln. Diese Größe erfasst die Beiträge der verschiedenen Mechanismen im Material zu seinen Eigenschaften und mündet in der komplexen Permittivität. Im Fall von nichtmagnetischem Material ist $ \mu _{r}\approx 1 $, und der komplexe Brechungsindex kann direkt aus Real- ($ \varepsilon _{1} $) und Imaginärteil ($ \varepsilon _{2} $) der Permittivitätszahl angegeben werden:
Durch Vergleich mit dem komplexen Brechungsindex in den beiden o. g. Darstellungen 1 und 2 (Summe bzw. Differenz) kann man die Größen $ n $ und $ k $ berechnen:
Das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit $ c_{0} $ zur Gruppengeschwindigkeit $ c_{\mathrm {g} } $ des Lichts im Medium ist der Gruppenbrechungsindex $ n_{\mathrm {g} } $. Über die Gruppengeschwindigkeit ist diese Materialeigenschaft von der Wellenlänge $ \lambda $ des Lichts abhängig:
Im Vakuum hat die Gruppengeschwindigkeit den gleichen Wert wie die Phasengeschwindigkeit, zudem ist dieser Wert unabhängig von der Wellenlänge des Lichts. Im Medium ist das nicht notwendigerweise der Fall; besonders bei Wellenlängen, für die das Material große Dispersion zeigt, ergeben sich Unterschiede.
Die Definition des Brechungsindex erfolgte oben über die Geschwindigkeit, mit der sich Licht im Material ausbreitet. Dieses Vorgehen ist naheliegend, aber nicht in allen Fällen anwendbar. Beispielsweise können Metamaterialien dem geometrischen Strahlengang nach einen negativen Brechungsindex (s. u.) aufweisen. Ein negativer Wert der Lichtgeschwindigkeit ist jedoch nicht sinnvoll definiert.
Alternative Definitionen des Brechungsindex, bei denen dieses Problem nicht auftritt, sind:
Alle diese Definitionen liefern für gewöhnliche optische Materialien denselben Wert.
Material | Brechungs- index n |
---|---|
Vakuum | exakt 1 |
Helium (Normbed.) | 1,000 034 911 |
Luft (Normbed.) | 1,000 292 |
Schwefelhexafluorid (Normbed.) | 1,000 729 |
Aerogel | 1,007 … 1,24 |
Eis | 1,31 |
Wasser (liqu.) 20 °C | 1,3330 |
menschl. Augenlinse | 1,35 … 1,42 |
Ethanol[10] (liqu.) | 1,3614 |
Magnesiumfluorid | 1,38 |
Flussspat (Calciumfluorid) | 1,43 |
menschliche Epidermis | 1,45 |
Tetrachlorkohlenstoff (liqu.) | 1,4630 |
Quarzglas | 1,46 |
Glycerin (liqu.) | 1,473 99 |
Celluloseacetat (CA) | 1,48 |
PMMA (Plexiglas) | 1,49 |
Kronglas | 1,46 … 1,65 |
Benzol (liqu.) | 1,5011 |
Fensterglas[11] | 1,52 |
Mikroskopische Deckgläser | 1,523 |
COC (ein Kunststoff) | 1,533 |
PMMI (ein Kunststoff) | 1,534 |
Quarz | 1,54 |
Halit (Steinsalz) | 1,54 |
Polystyrol (PS) | 1,58 |
Polycarbonat (PC) | 1,585 |
Epoxidharz | 1,55 … 1,63 |
Flintglas | 1,56 … 1,93 |
Kohlenstoffdisulfid (liqu.) | 1,6319 |
Kunststoffglas für Brillen | bis 1,76 |
Diiodmethan (liqu.) | 1,7425 |
Rubin (Aluminiumoxid) | 1,76 |
Mineralglas für Brillen (polarisierend) | bis 1,9 (1,5) |
Glas | 1,45 … 2,14 |
Bleikristall | bis 1,93 |
Zirkon | 1,92 |
Schwefel | 2,00 |
Zinksulfid | 2,37 |
Diamant | 2,42 |
Titandioxid (Anatas) | 2,52 |
Siliciumcarbid | 2,65 … 2,69 |
Titandioxid (Rutil) | 3,10 |
Das Vakuum hat per Definition einen Brechungsindex von exakt 1. Dies stellt zum einen einen Referenzwert dar, zum anderen ergibt es sich aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Vakuum, die genau der Vakuumlichtgeschwindigkeit entspricht.
In „normalen“ Stoffen gibt es bewegliche elektrische Ladungsträger (und bewegliche magnetische Dipole). Diese bewirken durch Kompensation des elektrischen (und des magnetischen) Feldes eine verlangsamte Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes. Dies wird durch den Brechungsindex $ \mathbf {n} $ beschrieben. Dieses Kompensationsverhalten ist allerdings frequenzabhängig, da die Ladungsträger (und magnetischen Dipole) nur bis zu einer bestimmten Frequenz dem elektrischen Feld folgen können. So fangen Stoffe bei einem bestimmten Brechungsindex bei sehr kleinen Frequenzen an (Wasser z. B. bei $ n\approx 9 $) und reduzieren diesen Wert hin zu hohen Frequenzen. Jede Reduktion erfolgt in der Nähe einer Elektronenresonanz (oder Magnetdipolresonanz) des Stoffes und führt zu einer zunächst vergrößerten Brechzahl, die sich danach verkleinert und anschließend auf einem niedrigeren Niveau wieder einpegelt.
Im sichtbaren Bereich sind die Brechungsindizes transparenter bzw. schwach (bis mittel) absorbierender Materialien in der Regel größer als 1. Bei elektrisch leitfähigen, und daher stark absorbierenden Materialien wie Metallen herrschen andere physikalische Bedingungen. Sichtbares Licht kann nur wenige Nanometer in solche Materialien eindringen. Aus der oben genannten Beziehung mit der Permittivität und Permeabilität ergibt sich daher zwar oft ein Realteil des Brechungsindexes zwischen 0 und 1, dies kann aber nicht in der gleichen Weise interpretiert werden wie bei transparenten Materialien (Bezug zur Lichtgeschwindigkeit), da der komplexe Brechungsindex in diesem Fall vom Imaginärteil dominiert wird.
Darüber hinaus gibt es für jeden Stoff jedoch Wellenlängenbereiche (z. B. oberhalb des sichtbaren Bereichs), bei denen der Realteil des Brechungsindexes kleiner als 1 ist (aber positiv bleibt). So ist für sehr kleine Wellenlängen (Röntgenstrahlung, Gammastrahlung) der Brechungsindex immer kleiner als 1 und nähert sich mit sinkender Wellenlänge der 1 von unten an. Daher hat sich beispielsweise im Röntgenbereich die Darstellung $ n=1-\delta $ etabliert, wobei typische Werte für $ \delta $ zwischen 10−9 und 10−5 liegen (stark abhängig von der Wellenlänge, abhängig von der Ordnungszahl und Dichte des Materials).
Der Brechungsindex für sichtbares Licht von Luft beträgt auf Meeresniveau 1,00028[12] (trockene Luft bei Normatmosphäre). Er hängt von der Dichte und damit von der Temperatur der Luft ab, sowie von der speziellen Zusammensetzung der Luft – insbesondere der Luftfeuchtigkeit. Da die Luftdichte nach oben – entsprechend den Gasgesetzen in einem Schwerefeld, siehe barometrische Höhenformel – exponentiell abnimmt, beträgt der Brechungsindex in 8 km Höhe nur mehr 1,00011. Durch diese astronomische Refraktion scheinen Sterne höher zu stehen, als das ohne Atmosphäre der Fall wäre. Im technischen Bereich wird manchmal zur Vereinfachung der Brechungsindex der Materialien auf den von Luft bezogen.
Da wie in der Einleitung beschrieben der Brechungsindex jedes Materials von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängt (was auch bei elektromagnetischer Strahlung außerhalb des sichtbaren Bereichs gilt), wäre es notwendig, diesen auch wellenlängenabhängig (tabellarisch oder als Funktion) anzugeben. Da dies aber für viele einfache Anwendungen nicht notwendig ist, wird der Brechungsindex üblicherweise für die Wellenlänge der Natrium-D-Linie (589 nm) angegeben. In der Abbildung sind als Beispiel Kurven des wellenlängenabhängigen Brechungsindex einiger Glassorten dargestellt. Sie zeigen den typischen Verlauf einer normalen Dispersion.
Die Stärke der Dispersion lässt sich im sichtbaren Spektralbereich in erster Näherung durch die Abbe-Zahl beschreiben, genauere Abschätzung ergeben sich durch Anwendung der Sellmeier-Gleichung.
Jede linear polarisierte Welle kann als Überlagerung zweier zirkularer Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn interpretiert werden. Verläuft die Ausbreitungsrichtung parallel zu den Magnetfeldlinien, ergeben sich für die Brechzahlen n folgende Formeln:[13]
Dabei ist $ f $ die Frequenz der Welle, $ f_{P} $ die Plasmafrequenz der freien Elektronen im Plasma und $ f_{B} $ die Gyrationsfrequenz dieser Elektronen. Der Unterschied beider Formeln verschwindet, falls der Wellenvektor mit der Richtung des Magnetfeldes einen rechten Winkel einschließt, weil dann $ f_{B}=0 $ ist.
Falls $ n $ positiv ist, lässt sich damit die Phasengeschwindigkeit der Welle
und damit wiederum die Wellenlänge
berechnen. Weil sich die rechts- bzw. linksdrehenden zirkularen Wellen in ihren Wellenlängen unterscheiden, ist eine davon nach einer gewissen Weglänge um einen kleinen Winkel weiter gedreht als die andere. Der resultierende Vektor (und damit die Polarisationsebene) als Summe der beiden Komponenten wird deshalb beim Durchlaufen des Plasmas gedreht, was man als Faraday-Rotation bezeichnet.[14] Nach einer längeren Strecke kann die Gesamtdrehung sehr groß sein und ändert sich wegen der Bewegung der Ionosphäre ständig. Eine Sendung in vertikaler Polarisation kann den Empfänger in unregelmäßigen Zeitabständen auch horizontal polarisiert erreichen. Falls die Empfangsantenne darauf nicht reagiert, ändert sich die Signalstärke sehr drastisch, was als Fading bezeichnet wird.
Beim Funkverkehr mit Satelliten unterscheiden sich $ n_{\text{links}} $ und $ n_{\text{rechts}} $ wegen der wesentlich höheren Frequenzen nur geringfügig, entsprechend geringer ist auch die Faradayrotation.
Die ungebundenen freien Elektronen der Ionosphäre können sich schraubenförmig um die Magnetfeldlinien bewegen und entziehen dabei einer parallel laufenden elektromagnetischen Welle Energie, wenn Frequenz und Drehrichtung übereinstimmen. Diese Zyklotronresonanz kann nur bei der rechtszirkulär polarisierten außerordentlichen Welle beobachtet werden, weil für $ f=f_{B} $ der Nenner in obiger Formel Null wird. Die linkszirkulär polarisierte ordentliche Welle kann im Plasma auf diese Weise keine Energie verlieren.
Die Feldlinien des Erdmagnetfeldes sind so orientiert, dass sie auf der nördlichen Halbkugel von der Ionosphäre zur Erde zeigen, man „blickt“ ihnen gewissermaßen entgegen, weshalb rechts und links vertauscht werden müssen. Deshalb wird hier eine nach oben abgestrahlte linkszirkuläre Welle absorbiert, bei HAARP wird so die Ionosphäre aufgeheizt.
Strahlt man dagegen (auf der nördlichen Halbkugel) eine Welle im unteren Kurzwellenbereich mit rechtem Drehsinn vertikal nach oben ab, verliert diese in der Ionosphäre keine Energie durch Zyklotronresonanz und wird in einigen hundert Kilometern Höhe von der Ionosphäre reflektiert, falls die Plasmafrequenz nicht überschritten wird.[15] Strahlt man eine linear polarisierte Welle nach oben ab, heizt die Hälfte der Sendeenergie die Ionosphäre und nur der Rest kommt linkszirkular polarisiert wieder hier unten an, weil sich bei Reflexion der Drehsinn ändert.
Beim Funkverkehr mit Satelliten liegen die Frequenzen weit oberhalb der Plasmafrequenz der Ionosphäre, um vergleichbar gravierende Phänomene zu vermeiden.
Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindex eines Mediums mit $ \mu _{r2}\ ({\text{med}})=\mu _{r1}\ ({\text{Luft}}) $ (zum Beispiel nicht magnetisch) $ n_{\text{med}} $ kann man zum Beispiel den Brewster-Winkel beim Übergang von Luft in dieses Medium messen. Für diesen Fall gilt
Für die Messung wird ein Refraktometer angewandt.
Eine Abschätzung des Brechungsindexes ist mit der sogenannten Immersionsmethode durch das Eintauchen eines Gegenstands in durchsichtige Flüssigkeiten mit verschiedener Dichte möglich. Wenn der Brechungsindex von Gegenstand und Flüssigkeit identisch sind, verschwinden die Konturen des Gegenstands. Dieses Verfahren kann leicht eingesetzt werden, um zum Beispiel Rubine oder Saphire mit einem Brechungsindex von rund 1,76 zu identifizieren, indem sie in eine geeignete Schwerflüssigkeit eingetaucht werden, wie beispielsweise Diiodmethan (Brechungsindex = 1,74).
Der Brechungsindex ist eine der zentralen Bestimmungsgrößen für optische Linsen. Die Kunst der Optikrechnung zur Auslegung optischer Instrumente (Objektive, Messinstrumente, Belichtungsanlagen der Fotolithografie) beruht auf der Kombination verschiedener brechender Linsenoberflächen mit passenden Glassorten.
In der Chemie und Pharmazie wird der Brechungsindex bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur und die Wellenlänge, bei der der Brechungsindex bestimmt wurde, werden dabei dem Symbol für den Brechungsindex angefügt, für 20 °C und die Natrium-D-Linie z. B. $ n_{D}^{20} $.[16]
Die Bestimmung des Brechungsindex erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel:
Der Brechungsindex eines kristallinen Materials hängt direkt von seinem atomaren Aufbau ab, da sich der Grad der Kristallinität und das Kristallgitter eines Festkörpers auf seine Bandstruktur auswirken. Im sichtbaren Spektrum zeigt sich dies beispielsweise bei der Verschiebung der Bandlücke.
Durch einen anisotropen Kristallaufbau können zusätzlich Effekte wie die Doppelbrechung entstehen, bei der das Material für unterschiedlich polarisiertes Licht abweichende Brechungsindizes besitzt. In diesem Fall ist die Indikatrix ein dreiachsiges Ellipsoid (Indexellipsoid), und es ergeben sich die Hauptbrechungsindizes $ n_{\alpha } $, $ n_{\beta } $ und $ n_{\gamma } $ (auch als n1, n2 und n3 bezeichnet), deren Indizierung stets so vorgenommen wird, dass gilt: $ n_{\alpha }<n_{\beta }<n_{\gamma } $.[17]
In den wirteligen Kristallsystemen (trigonal, tetragonal und hexagonal) fällt die Hauptachse des Tensors, die auch als optische Achse bezeichnet wird, mit der kristallographischen c-Achse zusammen. Bei diesen optisch einachsigen Materialien
Siehe auch Konstruktion des Indexellipsoids und des Fresnel-Ellipsoids.
Bei teilkristallinen oder amorphen Materialien hat der atomare Aufbau ebenfalls deutlichen Einfluss auf den Brechungsindex. So erhöht sich in der Regel der Brechungsindex von Silikat-, Bleisilikat- und Borosilikatgläsern mit ihrer Dichte.
Trotz dieses allgemeinen Trends ist die Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte nicht immer linear, und es treten Ausnahmen auf, wie im Diagramm dargestellt:
1968 beschrieb der sowjetische Physiker Wiktor Wesselago das seltsame Verhalten von Materialien mit negativem Brechungsindex: „Würde die Herstellung gelingen, könnte man damit Linsen fertigen, deren Auflösungsvermögen weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen“.[19]
1999 schlug Sir John Pendry ein Design für Metamaterialien mit negativem Brechungsindex für Mikrowellen vor,[20] das kurz darauf realisiert wurde.[21][22]
2003 hat eine Gruppe um Yong Zhang in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus Yttrium-Vanadat (YVO4), einer Verbindung von Yttrium, Vanadium und Sauerstoff, auch ohne Weiterverarbeitung einen negativen Brechungsindex für Lichtwellen eines großen Frequenzbereichs aufweisen.[23] Der Kristall besteht aus zwei ineinandergeschachtelten Kristallgittern mit symmetrischen optischen Achsen. Die negative Lichtbrechung tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des Einfallswinkels auf. In künftigen Experimenten wollen die Forscher weitere vermutete Eigenschaften der negativen Brechung prüfen – wie etwa die Umkehrung des Dopplereffekts und der Tscherenkow-Strahlung.[24]
2007 stellten Vladimir Shalaev und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen Infrarotbereich vor.[25]
2007 ist es Physikern um Ulf Leonhardt von der Universität St Andrews unter Verwendung von Metamaterial mit negativem Brechungsindex („linkshändiges Material“) gelungen, den sogenannten Casimir-Effekt umzukehren (reverser Casimir-Effekt, auch Quanten-Levitation genannt). Dies eröffnet die Zukunftsperspektive auf eine (nahezu) reibungslose Nanotechnologie.[26][27]
Im Jahr 2000 zeigte John Pendry, dass mit einem Material mit negativem Brechungsindex eine Linse hergestellt werden kann, deren Auflösung nicht durch das Beugungslimit begrenzt ist.[28] Eine einschränkende Bedingung ist dabei, dass sich die Linse im Nahfeld des Objekts befinden muss, damit die evaneszente Welle noch nicht zu stark abgeklungen ist. Für sichtbares Licht bedeutet das einen Abstand von etwa < 1 µm. Einige Jahre später gelang es Forschern um Xiang Zhang an der Universität Berkeley, ein Mikroskop mit einer Auflösung von einem Sechstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts zu bauen.[29]