Anorthosite (auch Plagioklasite[1]) sind leukokrate plutonische Gesteine, die sich durch einen sehr hohen Anteil von Plagioklasen auszeichnen.[2] Sie fallen oft durch intensiv irisierende Lichtreflexe in ihren Kristallen auf.
Der bestimmende Plagioklasanteil von mehr als 90 Vol.-% wird durch Anorthit (CaAl2Si2O8 (90–100 % Anorthit)) und ähnliche Mitglieder seiner Gruppe, wie Andesin oder Labradorit gebildet. Es handelt sich um einen Ca-reichen Feldspat.
Die Feldspäte der Anorthosite sind meistens großkörnig und schillern je nach Lichteinfall lebhaft. Die Wirkung ihrer spektakulären Lichtreflexe wird auch als „labradorisieren“ bezeichnet. Der wissenschaftliche Begriff für diese Erscheinung lautet Pseudochromasie.[3]
Als weitere mineralische Bestandteile treten Ortho- und Klinopyroxen, Olivin und weitere Mafite wie Titanomagnetit, Almandin sowie Eisen bzw. Kupfersulfide, ferner die Minerale Biotit, Korund und Rutil auf. Manche Vererzungen sind abbauwürdig.
Je nach Feldspartart unterscheidet man zwischen Andesin-Anorthosit oder Labradorit-Anorthosit. Das ist die gebräuchlichste Unterscheidungsweise bei dieser Gesteinsgruppe.
Nach den Anteilen einiger akzessorischer Mineralanteile bezeichnet man auch:
Ferner werden zwei weitere Typen beschrieben:
Der Gesteinsname leitet sich von der Feldspatart Anorthit ab. Ein veralteter Name lautet Anortholith und wurde durch Thomas Sterry Hunt 1864 zitiert.[2]
Bei der geologischen Erkundung der Region um Château-Richer in der kanadischen Provinz Québec untersuchte Thomas Sterry Hunt einen kristallinen Komplex mit einer Flächenausdehnung von etwa 125 Quadratkilometern. Seine Ergebnisse publizierte er 1855 unter dem Titel Examinations of some feldspathic rocks (Phil. Mas., Ser. 4, 9, Seite 354–363) und beschrieb damit nach heutiger Terminologie ein Massiv aus Andesin-Anorthosit.[4] Später erfolgte eine erneute Erkundung durch William Edmond Logan in diesem Gebiet.
Die wissenschaftliche Erstbeschreibung des Gesteins stammt jedoch aus dem Jahr 1863 von Thomas Sterry Hunt und erschien in dem Werk Géologie du Canada der Commission géologique du Canada unter der Redaktionsleitung von William Edmond Logan.[5][6][7] Dieses Vorkommen ist heute als Anorthosit-Komplex bzw. als Grenville-Orogen der kanadischen Grenville-Provinz bekannt.
Anorthosite kommen in einzelnen Plutonen vor, jedoch wesentlich häufiger als Band oder Lage in Gabbrovorkommen.
Bedeutende Lagerstätten des Gesteins finden sich in Kanada (bei Ottawa), der Ukraine (bei Golowino), in Finnland (bei Ylämaa und Nuijamaa) und Norwegen (bei Sokndal und Hå).
Der überwiegende Teil der primären Mondkruste, insbesondere auf den Hochlagen, besteht aus Anorthosit. Infolge der unzähligen Impakte von Partikeln aus dem Weltraum über große Zeiträume sind jedoch die oberen Gesteinsstrukturen stark verändert worden. Aufschmelzungen und mechanische Zertrümmerungen haben an der Mondoberfläche nur wenige unveränderte Anorthositlagen erhalten und die ursprünglichen Gesteinsstrukturen verändert. Dieser Vorgang wird als Impaktmetamorphose bezeichnet.[8] Durch seine Kristallstruktur enthält der dortige Anorthosit relativ große Mengen an dem damit kompatiblen schweren Spurenelement Europium.[9]
Anorthosite sind ein wichtiger Ausgangsstoff für die Steinwolleherstellung. Aufgrund ihrer auffälligen optischen Effekte werden sie für die Innengestaltungen und für Grabmäler verwendet.