Eine chemische Reaktion ist exotherm, wenn sie mehr Energie freisetzt, als ihr zunächst als Aktivierungsenergie zugeführt wurde. (Die Bezeichnung kommt von griechisch ἔξω exo ‚außen‘ und θερμός thermós ‚warm‘, ‚heiß‘, ‚hitzig‘).
Die Produkte einer exothermen Reaktion haben eine geringere Enthalpie
Findet die Reaktion bei konstantem Druck statt (also unter isobaren Bedingungen), ist die Enthalpieabnahme zahlenmäßig gleich der abgegebenen Wärmemenge (siehe → Enthalpie für eine nähere Erläuterung). Im isobaren Fall sind die exothermen Reaktionen also gerade diejenigen, bei denen Wärme an die Umgebung abgegeben wird.
Gelegentlich werden exotherme Reaktionen auch pauschal definiert als Reaktionen, die Wärme abgeben.[4][5] Im isobaren Fall sind beide Definitionen identisch, darüber hinaus aber im Allgemeinen nicht. Findet die Reaktion beispielsweise bei konstant gehaltenem Volumen statt, entspricht die abgegebene Wärmemenge der Änderung der inneren Energie[4] des Systems, nicht der Änderung der Enthalpie (siehe → Enthalpie für eine nähere Erläuterung). Dieser Artikel verwendet im Folgenden die eingangs benutzte Definition als Reaktion mit negativer Reaktionsenthalpie. Diese Definition hat den Vorteil, dass die Enthalpie eine Zustandsgröße ist, die Kenntnis von Anfangs- und Endzustand also ausreicht, um die Enthalpieänderung zu ermitteln. Die abgegebene Wärme hingegen ist eine Prozessgröße und es ist im Allgemeinen notwendig, auch Details über den Prozessverlauf zu wissen, um sie berechnen zu können.
Den Gegensatz zur exothermen Reaktion bildet die endotherme Reaktion, deren Reaktionsenthalpie positiv ist und die im isobaren Fall die der Enthalpiezunahme zahlenmäßig entsprechende Wärmemenge aufnimmt. Ist eine betrachtete Reaktion exotherm, dann ist die Umkehrreaktion endotherm, und umgekehrt.
Falls die Reaktion in einem adiabatischen Behälter stattfindet, so dass keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht werden kann, führt eine exotherme Reaktion zu einer Erhöhung der Temperatur und eine endotherme Reaktion zu einer Erniedrigung der Temperatur.[6]
In der Physik bezeichnet man eine Kernreaktion, bei der Energie frei wird, als exotherm. Eine exotherme Kernfusion ist etwa das Wasserstoffbrennen, wie es in der Sonne geschieht. Ebenfalls stark exotherm ist die Kernspaltung von beispielsweise Uran.
Typische exotherme Reaktionen sind:
Exotherm, wenn auch in weit geringerem Maße, verläuft oft auch das Mischen von Stoffen (Mischungswärme) oder die Adsorption und Absorption von Stoffen etwa an Aktivkohle oder Zeolithen.
Es erscheint zunächst naheliegend anzunehmen, dass die exothermen Reaktionen gerade diejenigen Reaktionen seien, die freiwillig ablaufen, und dass sie umso heftiger abliefen, je mehr Wärme freigesetzt wird. In vielen Fällen verhalten sich die chemischen Reaktionen auch tatsächlich so. Diese Erfahrung führte in den Anfangsjahren der Thermochemie zur Formulierung des Prinzips von Thomsen und Berthelot. Diese empirische – aber nicht strikt gültige – Regel besagt: Werden Reaktanten unter isobaren und isothermen Bedingungen zusammengebracht, so dass eine chemische Reaktion ablaufen kann, dann ist der resultierende neue Gleichgewichtszustand dadurch gekennzeichnet, dass der zu ihm führende Prozess mehr Wärme freisetzt als jeder andere mögliche Prozess. Mit anderen Worten: Von allen möglichen Prozessen wird der am stärksten exotherme realisiert. Das Prinzip ist auch gleichbedeutend mit der Aussage, dass der realisierte Prozess den Enthalpieunterschied
Die Existenz freiwillig ablaufender endothermer Reaktionen (beispielsweise einer verdunstenden Flüssigkeit) zeigt freilich, dass dieses Prinzip keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Das tatsächliche Kriterium ist: Es laufen genau jene Reaktionen freiwillig ab, die zu einer Zunahme der Gesamtentropie des Systems und seiner Umgebung führen. Unter isobaren und isothermen Bedingungen ist dieses Kriterium der Gesamtentropie-Maximierung gleichbedeutend mit der Minimierung der Gibbs-Energie des Systems. Eine Reaktion, welche die Gibbs-Energie des Systems verringert, heißt exergone Reaktion. Die Unterscheidung zwischen freiwillig und nicht freiwillig ablaufenden Reaktionen ist gleichbedeutend mit der Unterscheidung zwischen exergonen und endergonen Reaktionen.
Ein Beispiel für eine zwar endotherme, aber trotzdem freiwillig ablaufende chemische Reaktion ist der Zerfall von Distickstofftrioxid in Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid:
Die Reaktionsenthalpie
Die Änderung der Gibbs-Energie
Bei kleinen Temperaturen ist
Wenn allerdings eine Reaktion mit einer hinreichend großen Entropiezunahme
Auch wenn eine Reaktion exergon ist, also aus energetischer Sicht freiwillig abläuft, ist damit noch nicht sichergestellt, dass sie auch ohne äußeren Anstoß selbstständig abzulaufen beginnt. Ein Beispiel dafür ist die Reaktion von Kohlenstoff mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid:
Diese Verbrennungsreaktion ist exergon (
In solchen Fällen liegen die Reaktanten ursprünglich nicht in einem reaktionsfähigen Zustand vor. Oft müssen erst Bindungen aufgebrochen werden, bevor sie in neuer Anordnung wieder gebildet werden können – in diesem Fall die des
Im Falle einer exothermen Reaktion kann diese Wärmeenergie aus der Reaktion selbst stammen. Wenn die Reaktion genügend Enthalpie freisetzt, ist sie selbsterhaltend, sobald sie einmal in Gang gesetzt wurde.
Legende: links: Ausgangszustand der Edukte: metastabil mittig: Übergangszustand des aktivierten Komplexes: instabil rechts: Endzustand der Produkte: stabil |
Für die endotherme Umkehrreaktion ist die aufzubringende Aktivierungsenthalpie größer als für die Hinreaktion, nämlich gerade die Summe aus Aktivierungsenthalpie
Auch bei Kernreaktionen wird der Begriff exotherm benutzt. Er besagt, dass bei der Reaktion Energie freigesetzt wird, die als kinetische Energie der Reaktionsprodukte auftritt. Technisch wichtige exotherme Kernreaktionen sind die neutroneninduzierte Kernspaltung und die Kernfusion von Wasserstoffisotopen.